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Jahrestag

Migration

Asyl

Tumulte vor dem Bundestag, Wortgefechte am Rednerpult




Aktion in aufgeheizter Atmosphäre: Pro Asyl verteilte 1989 "Begrüßungsgeld" an Asylbewerber.
epd-bild/Norbert Neetz
Zur Asylrechtsreform kam es 1993 nicht ohne Grund. Immer mehr Flüchtlinge vom Balkan strömten nach Deutschland - und lösten rassistische Übergriffe aus. Die Regierung geriet unter Druck und wollte das Asylrecht verschärfen. Teile der SPD trugen unter Schmerzen die Reform mit. Deren einst schwer umkämpfte Bestandteile gelten noch heute.

Im Bonner Regierungsviertel geht nichts an diesem Morgen des 26. Mai 1993: Über 10.000 Demonstranten sind auf den Beinen. Sie protestieren lautstark gegen den "Asylkompromiss", für den der Bundestag erstmals das Grundgesetz ändern will - zum Schrecken der Kirchen, der Flüchtlingsinitiativen und auch weiten Teilen der oppositionellen SPD. Die Gegner der Reform sehen das bis dato uneingeschränkt gültige Recht auf Asyl in Gefahr und warnen davor, sich in der Flüchtlingspolitik dem Druck der Straße zu beugen.

Die Protestierenden schwenken nicht nur ihre selbst gemalten Transparente, sie blockieren auch die Zugänge zum Parlament. Einige entsetzte Abgeordnete müssen mit dem Hubschrauber oder per Schiff an ihren Arbeitsplatz gebracht werden. Draußen wird es handgreiflich, und auch im Plenum schlagen die Wellen hoch.

"Stark polarisierte Debatte"

Schon zuvor tobte eine stark polarisierte Debatte, die der Freiburger Historiker Ulrich Herbert als "eine der schärfsten, polemischsten und folgenreichsten innenpolitischen Auseinandersetzungen der deutschen Nachkriegsgeschichte" bezeichnet.

"Polemische politische und publizistische Debatten und populistische Kampagnen verstärkten die Krisenstimmung", sagt der Migrationsforscher Jochen Oltmer. Vielfach wurde der Eindruck vermittelt, der Staat sei in der Flüchtlingsfrage "handlungsunfähig angesichts einer Bedrohung, die durch alarmistische Begriffe wie 'Asylantenflut' und 'Das Boot ist voll' gekennzeichnet wurden." Sogar der Begriff des "Staatsnotstandes" machte die Runde.

4.000 Polizisten sind in der Bundeshauptstadt Bonn im Einsatz, halten sich aber trotz etlicher Provokationen durch die Demonstranten auffallend zurück. Deeskalation heißt die Strategie, die aber nicht verhindern kann, dass innerhalb der Bannmeile Farbbeutel und Fäuste fliegen.

Zahl der Asylanträge verdoppelt

Die Politik musste Handlungsfähigkeit demonstrieren: 1992 war die Zahl der Asylanträge auf 438.000 gestiegen, fast doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Grund: Der Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegowina trieb massenhaft Menschen gen Westen. Mehrfach kam es zu gewaltsamen Protesten - rassistische Anschläge in Rostock-Lichtenhagen (August 1992), Mölln (November 1992) und Solingen (Mai 1993) schockten die Republik - und ließen zugleich die Rechten jubeln.

Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth eröffnet trotz aller widrigen Umstände die Plenarsitzung pünktlich um neun Uhr. Und sie hat schnell ihre liebe Not, die wegen der zum Teil gewaltsamen Proteste vor dem Bundestag aufgewühlten Redner im Zaum zu halten. Schon nach wenigen Minuten muss die Präsidentin intervenieren: "Einen Augenblick! Gepfiffen wird hier im Saal nicht". Hitzig bleibt es trotzdem: Erwin Marschewski nennt den Linken Gregor Gysi einen "Geschichtsfälscher", später ruft er an anderer Stelle dazwischen: "Noch nie ist hier ein solcher Quatsch gesprochen worden."

Mammutdebatte mit 93 Rednern

Konrad Weiß, Grüne, muss sich gegen den Vorwurf wehren, zum Gesetzesbruch aufzurufen. Peter Hintze beklagt "geistlose Zwischenrufe" - immer wieder schreitet die Sitzungsleitung ein, denn so manchem der 93 Rednern gehen bei Provokationen die Gäule durch.

Weiß, erklärter Gegner der geplanten Einschränkungen, verteidigt vehement das Asylrecht als verbrieftes Menschenrecht, das individuell und einklagbar sein müsse - eine Konsequenz aus den Menschenrechtsverletzungen durch die Nationalsozialisten. Er sagt voraus, "die beabsichtigte Änderung des Grundgesetzes wird an den tatsächlichen Problemen nichts ändern." Und, lange vor dem fulminanten Erstarken des Rechtspopulismus warnt Weiß: "Wir dürfen es nicht zulassen, dass dem dumpfen Wahn der Nationalisten, ihrem Gebrüll und ihrer Gewalt Grundwerte unserer Demokratie geopfert werden."

Vor allem die vorgesehene Drittstaatenregelung stieß auf Widerstand. FDP-Innenpolitiker Burkhard Hirsch: "Es ist egal, ob er in seiner Heimat politisch verfolgt wird oder nicht. Es ist egal, ob ihm in seiner Heimat eine unmenschliche Behandlung oder die Todesstrafe droht. Es ist egal, ob das Transitland, dem wir den Flüchtling zuschieben, die Genfer Konvention nach denselben Grundsätzen auslegt und handhabt wie wir. Es ist egal, ob das Transitland nach seiner Asylpraxis den Flüchtling seinerseits weiterschieben wird oder nicht. Vor der Abschiebung aus der Bundesrepublik wird dem Flüchtling jeder noch so minimale Rechtsschutz verweigert."

Klose: "Probleme beherrschbar machen"

Dagegen wirbt der Sozialdemokrat Hans-Ulrich Klose dafür, das Grundgesetz zu ändern: "Ein Asylrecht und, vorgeschaltet, ein Recht auf ein Verfahren in einem Land ihrer Wahl gibt es für Asylbewerber nicht." Aber auch er bekennt: "Wir können das Problem nicht lösen, wir können es nur begrenzen und damit beherrschbar machen."

Wolfgang Schäuble (CDU) lenkt den Blick gezielt nach Europa. Man wolle "nichts anderes als eine faire Lastenverteilung in Europa erreichen". Die könne man aber erst erreichen, "wenn wir eben nicht mehr Schutz gewähren als alle anderen".

Gregor Gysi sorgt für einen Tumult mit seiner Feststellung: "Sie werden es noch erleben: Wer heute der faktischen Abschaffung des Asylrechts zustimmt, muss wissen, dass er Mitverantwortung trägt, wenn eines Tages an den Grenzen auf Flüchtlinge geschossen wird." Das ruft erneut Erwin Marschewski auf den Plan: Er nannte Gysi einen "Mauerschützen" - wofür er sich anschließend kryptisch entschuldigte.

521 Stimmen für Grundgesetzänderung

Zehn Stunden später melden die Agenturen: "Bundestag beschließt Grundgesetzänderung. 521 gegen 132 Stimmen für neues Asylrecht." Am 1. Juli 1993 tritt die Neuregelung in Kraft.

Der ursprünglich schrankenlose Satz in Artikel 16 "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht" bleibt zwar als Absatz 1 des neuen Artikels 16a erhalten. Die folgenden Absätze schränken das Asylrecht aber massiv ein. Flüchtlinge können kein Asyl mehr beantragen, wenn sie aus einem Land der EU oder aus einem Land, das die Standards der Genfer Flüchtlingskonvention erfüllt, einreisen. Oder anders formuliert: Chancen auf ein ordentliches Verfahren und auf Anerkennung als Asylbewerber haben nur noch Flüchtlinge, die per Flugzeug oder Schiff aus einem Staat nach Deutschland kommen, in dem es politische Verfolgung gibt.

Leise Hoffnungen setzten die Gegner der Reform auf das Bundesverfassungsgericht. Das hatte im Mai 1996 in drei Fällen über die Klagen von Irakern auf Asyl zu entscheiden. Doch die Gerichtspräsidentin Jutta Limbach verkündete: "Die zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen."

"Reform wäre nicht nötig gewesen"

Der Migrationsforscher Jochen Oltmer sieht die einstige Reform kritisch. "Eine Änderung des Grundgesetzes wäre nicht nötig gewesen", sagte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Beschränkung des Zugangs zum Asyl sei in den Vorjahren bereits mehrfach über einfache Gesetze erfolgt. "Das Asylrecht musste auch aus symbolischen Gründen geändert werden", urteilt der Professor. Denn: "Es war im jahrelangen Streit zum Symbol geworden, dass das Versagen des Staates zu repräsentieren schien."

Auch für die Konstellation der wieder massiv gestiegenen Flüchtlingszahlen im Jahr 2015 seien die Instrumente, die 1993 geschaffen wurden, faktisch belanglos geblieben. "Schutz gewährte die Bundesrepublik vor allem nach der Genfer Flüchtlingskonvention, nicht nach dem Asylgrundrecht."

Zahlen sprechen für sich

Das belegen die aktuellen Daten einddrucksvoll: In Deutschland lebten laut dem Ausländerzentralregister zum Stichtag 31.12.2017 ungefähr 900.000 Menschen, die unter verschiedenen Voraussetzungen Schutz bekommen haben. Darunter sind "nur" 41.700 Asylberechtigte nach Artikel 16a des Grundgesetzes. 602.500 Flüchtlinge genießen Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Rund 192.000 Personen haben subsidiären Schutz.

Beate Rudolf, die Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte: "Das Asylrecht nach Art. 16a I Grundgesetz hat im Zuge der Grundgesetzänderung von 1993 grundlegende Einschränkungen erfahren und praktisch an Relevanz verloren." Stattdessen habe das Recht auf Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention, der EU-Grundrechte-Charta und der Europäischen Menschenrechtskonvention an Bedeutung gewonnen. "Danach ist es nicht zulässig, einen Antrag auf Schutz ohne effektive Rechtschutzmöglichkeiten einfach zurückzuweisen."

Die Flüchtlingshilfeorganisation Pro Asyl warnte aus Anlass des 25. Jahrestages des Asylkompromisses vor weiterer Abschottung in der Flüchtlingspolitik gewarnt. "Die militärische Mauer vor Europa wird ergänzt um eine Mauer aus Gesetzen, die den Zugang zum Recht auf Asyl systematisch verhindern sollen", sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Es gerät in Vergessenheit, dass Europa auf den Menschenrechten basiert."

Dirk Baas


Jahrestag

Migration

Interview

"Asylrecht musste aus symbolischen Gründen geändert werden"




Jochen Oltmer
epd-bild/Michael Gründel
Der "Asylrechtskompromiss" vor 25 Jahren fiel in eine politisch unruhige Zeit. Jochen Oltmer, der als Professor an der Universität Osnabrück lehrt, erinnert sich an heftige polemische politische Debatten und populistische Kampagnen. Es sei "vielfach der Eindruck vermittelt worden, der Staat sei angesichts hoher Flüchtlingszahlen handlungsunfähig, sagte er im Interview mit dem epd. Für ihn wurde das Asylrecht aus symbolischen Gründen geändert. Für Oltmer war die damalige Grundgesetzänderung unnötig.

Jochen Oltmer, Vorstandsmitglied des Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS), betont, auch für die Konstellation 2015 mit stark gestiegenen Flüchtlingszahlen sei der Asylkompromiss ohne Bedeutung gewesen. Denn, so das Mitglied im "Rat für Migration": Schutz gewährte die Bundesrepublik vor allem nach der Genfer Flüchtlingskonvention, nicht nach dem Asylgrundrecht.

epd sozial: Tumulte am Bundestag, heiße Wortgefechte im Parlament, eine Mammutsitzung mit 93 Rednern. Haben Sie persönlich noch eine Erinnerung an den denkwürdigen 26. Mai, als der Bundesrat den sogenannten "Asylkompromiss" beschloss?

Jochen Oltmer: Ich erinnere mich zwar nicht mehr an Details, aber durchaus an die Emotionalität der Debatte der vorangegangenen Monate. Alle hatten den Eindruck: Es steht viel für die Bundesrepublik auf dem Spiel.

epd: Der Begriff ist in der Rückschau irritierend. Wie kam dieser bis heute umstrittene Kompromiss zustande?

Oltmer: Heftig umstritten war das Asylgrundrecht nicht erst Anfang der 1990er Jahre. Bereits seit den 1970er Jahren drängten Stimmen aus Politik, Verwaltung und Medien auf eine Beschränkung des Zugangs zum Asyl: Ein Großteil der Antragstellenden sei nicht politisch verfolgt, sondern wolle aus ökonomischen Gründen die Bundesrepublik erreichen. Das Asylrecht werde als Möglichkeit zur ansonsten ausgeschlossenen Einwanderung genutzt.

epd: Aber der Asylrechtsanspruch steht nun mal im Grundgesetz...

Oltmer: Ja. Das Grundrecht auf Asyl blieb zunächst auch noch unangetastet. Je häufiger es aber seit den späten 1970er Jahren in Anspruch genommen wurde, desto stärker schränkten gesetzliche Maßnahmen und Verordnungen es ein. Und je stärker der Zugang zum Asyl beschränkt wurde, desto lauter war die Debatte um den 'Missbrauch des Asylrechts'.

epd: Und in dieser bereits angespannten Situation kamen weitere Flüchtlinge...

Oltmer: Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre war die Zahl der Asylsuchenden wegen des Zusammenbruchs des 'Ostblocks' stark angestiegen, zeitlich wuchs die Zuwanderung von Aussiedlerinnen und Aussiedlern, von Menschen aus der DDR beziehungsweise den neuen Bundesländern. Vorstellungen von einer 'Überflutung' Deutschlands durch 'neue Völkerwanderungen' verbreiteten sich. Vielen galt nicht nur die Stabilität der Arbeitsmärkte und des Sozialsystems als gefährdet, ein Anstieg gesellschaftlicher Konflikte schien zu drohen.

epd: Kann man sagen, dass die Stimung schon sehr aufgeheizt war?

Oltmer: Ja. Polemische politische und publizistische Debatten und populistische Kampagnen verstärkten die Krisenstimmung, in der vielfach der Eindruck vermittelt wurde, der Staat sei handlungsunfähig angesichts einer Bedrohung, die durch alarmistische Begriffe wie 'Asylantenflut' und 'Das Boot ist voll' gekennzeichnet wurden.

epd: Kommen wir auf die Formulierung "Kompromiss" zurück.

Oltmer: Ein Kompromiss war die Regelung insofern, als das Asylgrundrecht nicht, wie vielfach vor allem aus der Union gefordert, abgeschafft wurde. Und ein Kompromiss ergab sich auch deshalb, weil die SPD die Zustimmung abhängig machte von Beschränkungen der Aussiedlerzuwanderung und die Union sich einverstanden erklären musste, zukünftig über neue Einwanderungsregelungen zu sprechen. Das hielt die SPD angesichts von Fachkräftemangel und demographischem Wandel unbedingt für nötig.

epd: Musste es zwingend zu dieser Regelung kommen?

Oltmer: Alternativen gab es viele: Allein schon deshalb, weil sich die Polarisierungen zwischen den politischen Lagern und die populistischen Pauschalisierungen hätten vermeiden lassen, die schließlich in das mündete, was der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) als 'Staatskrise' bezeichnete. Es war auch eine selbstgemachte Staatskrise, weil sie Ergebnis der Geister war, die die Politik im Kampf um Mehrheiten in einer Selbstfindungsphase der neuen vereinigten Republik rief.

epd: Der Druck der Straße war hoch, mehrfach brannten Asylbewerberheime.

Oltmer: Eine Änderung des Grundgesetzes wäre dennoch nicht nötig gewesen. Die Beschränkung des Zugangs zum Asyl war in den Vorjahren bereits mehrfach über einfache Gesetze erfolgt. Das Asylrecht bot außerdem die mehr oder minder einzige Einwanderungsmöglichkeit nach Deutschland, je stärker in den 1990er Jahren aber Abkommen mit den Herkunftsländern in Ost-, Ostmittel- und Osteuropa über die Zulassung von Arbeitsmigration getroffen wurden, desto weniger war das Asylrecht für die Migration von Ost nach West relevant. Das Asylgrundrecht war im jahrelangen Streit zum Symbol geworden, dass das Versagen des Staates zu repräsentieren schien. Es musste auch aus symbolischen Gründen geändert werden.

epd: Kritiker sahen in dem Beschluss einen Scheinkompromiss, der zulasten Dritter, nämlich den umliegenden, für sicher erklärten Staaten ging. Wie ist das in der Rückschau zu bewerten?

Oltmer: Ja, mit der Änderung von Artikel 16 des Grundgesetzes begann die Geschichte einer bis heute wirkenden Externalisierung: Die Nachbarstaaten Deutschland wurden zunächst stärker belastet, weil Schutzsuchende nun hier Asylanträge stellten. Sie arbeiteten deshalb Regelungen aus, die den bundesdeutschen ähnelten. Schließlich schufen Einzelstaaten und die EU insgesamt in Fortsetzung der Regelungen zur Verlagerung der Verantwortung für die Asylverfahren, wie sie der bundesdeutsche Asylkompromiss zulasten Dritter einführte, ein System von Verträgen mit Drittstaaten jenseits der Grenzen der Union (zum Beispiel Ukraine, Albanien, Libyen, Marokko), die sich verpflichteten, potentielle Asylsuchende gar nicht erst an die Grenzen der EU kommen zu lassen. Über ein Jahrzehnt lang trug dieses System erheblich zur Verringerung der Zahl der Asylanträge in der EU bei.

epd: Was geschah dann?

Oltmer: Es kam zur globalen Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2008, die zum Teil zur politischen Krise wurde. Staaten wie die Ukraine oder Nordafrikas konnten und wollten Fliehende nicht mehr aufhalten, sondern wurden selbst zu Herkunftsländern – womit die Vorgeschichte einer verstärkten Zuwanderung von Asylsuchenden nach Europa im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts begann, die 2015 ihren Höhepunkt erreichte.

epd: Wäre es nicht besser gewesen, zu beschließen, dass Deutschland Verfolgten "nach Maßgabe ihrer Aufnahme- und Integrationsfähigkeit" Asyl gewährt, wie das viele andere Länder praktizieren? Es ging ja im Kern darum, die hohen Rechtsstandards in Deutschland abzusenken, in der Hoffnung, dann weniger attraktiv für Flüchtlinge zu sein.

Oltmer: Attraktiv war die Bundesrepublik nicht in erster Linie wegen des Asylgrundrechts, sondern wegen der Nähe zu den Staaten im Osten Europas, die nach 1989 ihre politischen Systeme konfliktreich umwälzten, in schwere wirtschaftliche und gesellschaftliche Krisen gerieten oder, wie insbesondere Jugoslawien, im Krieg zerfielen.

epd: Aus dem Osten Europas kamen ohnehin schon viele Menschen.

Oltmer: Ja. Man darf nicht unterschätzen, dass viele Menschen aus Polen sowie der Sowjetunion und ihren Nachfolgestaaten über die Aussiedler- und Asylzuwanderung insbesondere der 1980er und frühen 1990er Jahre – oder im Falle Jugoslawien über die Zuwanderung von 'Gastarbeitern' seit Ende der 1960er Jahre – viele Verwandte, Bekannte und Freunde in der Bundesrepublik hatten. Solche verwandtschaftlich-bekanntschaftlichen Netzwerke waren wichtiger für die Wahl des Ziels Deutschland als asylrechtliche Regelungen. Außerdem wissen wir, dass das Asylgrundrecht Anfang der 1990er Jahre schon lange bedeutungslos für die Zuerkennung eines Schutzstatus war: als viel wichtiger erwies sich, dass die Bundesrepublik schon in den 1950er Jahren die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet hatte. Jene, die in Deutschland bleiben durften, erhielten in der Regel keinen Schutzstatus nach dem Grundgesetz, sondern nach der Genfer Flüchtlingskonvention.

epd: Blicken wir von damals auf heute: Die Kernelemente der damaligen Regelungen gelten noch immer? Hat sich der heiß umkämpfte Kompromiss bewährt, vor allem mit Blick auf die hohen Zuzugszahlen im Jahr 2015?

Oltmer: Auch 2015 galt: Schutz gewährte die Bundesrepublik vor allem nach der Genfer Flüchtlingskonvention, nicht nach dem Asylgrundrecht. Auch die Instrumente, die 1993 geschaffen wurden, also die ›sicheren Herkunftsländer‹ und ›sicheren Drittstaaten‹ blieben faktisch belanglos. Für die Konstellation 2015 war der Asylkompromiss ohne Bedeutung.

epd: Immer wieder wurde das Asylrecht reformiert, meist gar verschärft, wie Kritiker sagen. Die Grundprobleme wurden indes nicht gelöst, Stichwort Obergrenze. Wäre es nicht höchste Zeit, eine EU-weite Lösung der Flüchtlingsaufnahme- und -verteilung zu erreichen? Warum geht es hier nicht voran?

Oltmer: Gewiss muss neu und intensiv diskutiert werden: über EU-weite asylrechtliche Regelungen, über eine Verbesserung der Position des Flüchtlingshochkommissars der Vereinten Nationen, der bislang nur bedingt in der Lage ist, bei einer Zunahme der Zahl der Schutzsuchenden weltweit rasch zu reagieren, aber auch über gemeinsamen Aktivitäten zur Begrenzung von inner- und zwischenstaatlichen Konflikten. Überall aber hakt es: Die Interessen der beteiligten Staaten sind sehr unterschiedlich, weithin hoffen sie darauf oder streben danach, dass sich andere Staaten um Schutzsuchende kümmern – das Grundprinzip des Abkommens der EU mit der Türkei oder mit Staaten Nord- und Westafrikas, wie sie seit 2016 in größerer Zahl abgeschlossen wurden.

epd: Die neue Regierung ist im Amt. Was erhoffen Sie sich als Experte von ihrer Migrationspolitik?

Oltmer: Deutschland hat international eine starke Position. Es könnte sich deutlich intensiver als bislang dafür einsetzen, dass es zu gemeinsamen Anstrengungen weltweit und in der EU kommt, das Thema Asyl und Aufnahme von Schutzsuchenden neu anzugehen. Ideen gibt es viele, allein am politischen Willen mangelt es.



Jahrestag

Migration

Interview

Jesuiten: "Europa muss Menschen gemeinsam Schutz bieten"




Pater Frido Pflüger
epd-bild/JRS/Peter Balleis SJ
Der vor 25 Jahren vom Bundestag beschlossene Asylkompromiss ist für den Jesuiten-Flüchtlingsdienst keineswegs alternativlos gewesen. Auf die wachsende Fremdenfeindlichkeit hätte die christlich-liberale Regierung anders reagieren können, betont die Organisation. Vor allem dadurch, die Fluchtursachen in den Krisenregionen einzudämmen. Eine Forderung, die bis heute nicht eingelöst ist.

Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS) sieht im vor 25 Jahren beschlossenen Asylkompromiss ein Fanal. Die Grundgesetzänderung "ging zulasten der Schutzsuchenden. Und er fügte der Gesellschaft in Deutschland großen Schaden zu", sagte JRS-Direktor Pater Frido Pflüger SJ im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dass auf einmal der Fluchtweg wichtiger wurde als die Fluchtgründe, habe sich als fatal erwiesen, kritisierte der Flüchtlingsseelsorger im Erzbistum Berlin: "Denn nun werden Menschen in Europa hin- und hergeschoben." Die Fragen stellte Dirk Baas.

epd sozial: Tumulte am Bundestag, heiße Wortgefechte im Parlament, eine Mammutsitzung mit 93 Rednern. Wie bewerten Sie in der Rückschau die Entscheidung des Parlamentes vom 23. Mai 1993, das Grundgesetz zu ändern?

Pater Frido Pflüger SJ: Der gravierende Einschnitt in das Grundgesetz war ein Fanal. Er ging zulasten der Schutzsuchenden. Und er fügte der Gesellschaft in Deutschland großen Schaden zu.

epd: Warum?

Pflüger: Seitdem wird das gesellschaftliche Denken zunehmend durch Verteilungskämpfe geprägt, bei denen die Schwächsten, vor allem die "Fremden" und Schutzsuchenden, am schlechtesten wegkommen. Sie sind die ersten Opfer einer institutionalisierten Entsolidarisierung. An ihnen werden gravierende Rechtsbeschränkungen zuerst "ausprobiert", bevor sie auf die übrige Bevölkerung ausgedehnt werden.

epd: Das müssen Sie erklären.

Pflüger: 25 Jahre "Asylrechtsreform" heißt auch 25 Jahre Asylbewerberleistungsgesetz. Der darin Praxis gewordene Gedanke, dass man Menschen noch am Existenzminimum etwas abknapsen kann, ist bereits Allgemeingut. Das erleben inzwischen auch deutsche Hartz-IV-Empfänger.

epd: Viele Flüchtlingsinitiativen sehen den 26. Mai noch immer als rabenschwarzen Tag. Wie stehen die Jesuiten dazu?

Pflüger: Es ist eine Ironie der Geschichte, dass die weitere Entwicklung etwas anders verlief, als man 1993 voraussagte. Heute spielt zwar das Asylgrundrecht in der Praxis kaum eine Rolle, aber es werden trotzdem viele Menschen als Schutzberechtigte anerkannt. Das ist die Folge einer europäischen Rechtsentwicklung, der die deutschen Gesetze angepasst werden mussten.

epd: Der Druck der Straße war hoch, Asylbewerberheime brannten. Musste die damalige Bundesregierung so handeln, wie sie es tat?

Pflüger: Nein. Die Fremdenfeindlichkeit wurde ja von interessierter politischer Seite geschürt. Die 1982 an die Macht gekommene christliberale Koalition hätte sich ihr entschieden entgegenstellen sollen. Dafür hätte sie, da bin ich sicher, auch Mehrheiten bekommen.

epd: Kritiker sahen in dem Beschluss einen Scheinkompromiss, der zulasten Dritter, nämlich den umliegenden, für sicher erklärten Staaten ging.

Pflüger: Der Kompromiss ging vor allem zulasten der Flüchtlinge. Und: Dass auf einmal der Fluchtweg wichtiger wurde als die Fluchtgründe, hat sich als fatal erwiesen. Denn nun werden Menschen in Europa hin- und hergeschoben. Man hat mit der sogenannten Dublin-Verordnung den zweiten Schritt vor dem ersten getan: Erst einmal hätte man dafür sorgen müssen, dass überall in Europa zumindest annähernd gleiche Chancen bestehen, als Flüchtling anerkannt zu werden und wirksamen Schutz zu bekommen. Das ist aber nicht passiert.

epd: Viele Redner im Bundestag betonten vor 25 Jahren, dass auch diese Reform des Asylrechts die Probleme des Zuzuges nach Deutschland nicht lösen werde. Was wäre die Alternative gewesen?

Pflüger: Die Alternative wäre das gewesen, was wir heute immer noch fordern: Beseitigung der Fluchtursachen.

epd: Sie werben vehement dafür, eine EU-weite Regelung für Asylbewerber zu finden. Angesichts der strikten Ablehnung einiger Staaten im Osten der EU scheint das kaum realistisch?

Pflüger: Trotzdem werden wir weiter dafür eintreten, dass Europa Menschen Schutz bietet, die vor Menschenrechtsverletzungen, Krieg und Gewalt fliehen mussten. Auch in den von Ihnen genannten Ländern können am Ende die Bürgerinnen und Bürger klüger sein als ihre Regierungen.

epd: Sie haben mit anderen Verbänden ein Memorandum vorgelegt, das statt Dublin III eine grundlegend andere Flüchtlingspolitik realisieren will. Worum geht es?

Pflüger: Das Dublin-System funktioniert nicht, weil es auf die legitimen Interessen der Schutzsuchenden keine Rücksicht nimmt und bestimmte Staaten – vor allem diejenigen an den Außengrenzen der EU – überfordert werden. Eine freie Wahl des Asyllandes würde dafür sorgen, dass den individuellen Interessen der Asylsuchenden Rechnung getragen wird. Und: Das Prinzip der freien Wahl sollte mit einem finanziellen Ausgleichfonds für die aufnehmenden Mitgliedstaaten verbunden werden.

epd: Was versprechen Sie sich davon?

Pflüger: Ein solches Ausgleichsystem würde den Ausbau von funktionierenden Asylverfahren und guten Aufnahmebedingungen zu fördern. Zudem werden mit dem Prinzip der freien Wahl des Asyllandes unverhältnismäßige Belastungen weniger stark ins Gewicht fallen, weil die Asylsuchenden durch ihre familiären und kulturellen Netzwerke aufgenommen und unterstützt werden.

epd: Führt das „Prinzip der freien Wahl des Mitgliedstaates“ nicht dazu, dass wegen der hohen Standards wieder viele Menschen nach Deutschland wollen?

Pflüger: Nein. Aus unseren Sprechstunden wissen wir, dass für die Wahl des Zufluchtlandes ausschlaggebend ist, wo die Flüchtlinge Verwandte, Freunde oder frühere Nachbarn treffen, die ihnen beim Zurechtfinden helfen. Oft geht es um die Frage: Wo bekomme ich Schutz, wo kann ich eine neue Existenz aufbauen?

epd: Wie begründen Sie Ihren Ansatz?

Pflüger: Wir müssen Asylsuchende als selbstständige Individuen ernst nehmen. Sie dürfen nicht bloße Objekte staatlichen Handelns sein, sondern müssen ihr Leben selbst in die Hand nehmen können. Nur das entspricht dem christlichen Menschenbild.



Jahrestag

Rechtsextremismus

Merkel gedenkt der Opfer des Brandanschlages




Das Mahnmal für die Opfer des Brandanschlags auf eine türkische Familie in Solingen.
epd-bild/Guido Schiefer
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu werden bei der Gedenkfeier des Landes NRW am 25. Jahrestag des Brandanschlags von Solingen sprechen.

Zu der Veranstaltung in kleinem Rahmen am 29. Mai in der Düsseldorfer Staatskanzlei begrüßt Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) nach Angaben eines Sprechers außerdem das Ehepaar Mevlüde und Durmus Genç, das bei dem ausländerfeindlichen Anschlag vom 29. Mai 1993 fünf Familienmitglieder verlor.

Minister sprechen am Mahnmal

Am Nachmittag schließen sich die offizellen Gedenkveranstaltungen in Solingen an. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und sein türkischer Kollege Mevlüt Cavusoglu sind als Redner am Mahnmal für die Opfer vorgesehen.

Außerdem sprechen der stellvertretende nordrhein-westfälische Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP), der Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) und die Superintendentin des evangelischen Kirchenkreises Solingen, Ilka Werner. Vorgesehen sind überdies eine Schweigeminute, eine Koranrezitation und ein Gebet.

Nach der Gedenkstunde ist ein stilles Gedenken mit Angehörigen der Opferfamilie Genç am Ort des Anschlags in der Unteren Wernerstraße geplant, wo das bei dem Anschlag zerstörte Wohnhaus stand. Anschließend sind ein interreligiöses Gebet sowie eine gemeinsame Iftar-Feier vorgesehen. Außerdem wird der Preis "Silberner Schuh" für besondere Zivilcourage verliehen. Am späten Abend schließt der Tag mit einem Schweigemarsch zur Unteren Wernerstraße.

Fünf Tote, acht Schwerverletzte

Bei dem Brandanschlag von vier jungen Männern mit Verbindungen zur rechtsextremen Szene waren am 29. Mai 1993 fünf türkische Mädchen und Frauen im Alter von vier bis 27 Jahren ums Leben gekommen, acht Menschen wurden schwer verletzt. Es war der mörderischste fremdenfeindliche Anschlag in der Geschichte der Bundesrepublik.

Die geplante Rede von Cavusoglu sorgt derweil für politischen Streit, weil in der Türkei vorgezogene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen bevorstehen. Kritiker fürchten, Cavusoglu könnte seinen Auftritt in Solingen nutzen, um Wahlkampf bei seinen Landsleuten in Deutschland zu machen. Aus diesem Grund wird es anders als ursprünglich geplant keine Gedenkfeier im NRW-Landtag in Düsseldorf geben. Laschet und Maas gehen nach eigenen Angaben davon aus, dass sich Cavusoglu ausschließlich zum Brandanschlag und seinen Folgen äußern wird.



Jahrestag

Rechtsextremismus

Gedenken

Der Schmerz hört nie auf




Das ausgebrannte Haus in Solingen, das von einer türkischen Großfamilie bewohnt wurde.
Tödlicher Höhepunkt ausländerfeindlicher Gewalt vor 25 Jahren: Zwei Frauen und drei Mädchen starben beim Brandanschlag von Solingen. Das feige Verbrechen junger Neonazis erschütterte die Bundesrepublik. Auch heute noch erlebt Deutschland rechte Gewalt gegen Ausländer.

Der Anschlag schockiert Deutschland und löst weltweit Entsetzen aus: Fünf Frauen und Mädchen einer türkischstämmigen Großfamilie sterben in der Nacht zum Pfingstsamstag 1993 in Solingen, nachdem vier junge Neonazis ihr Haus in Brand gesteckt haben. Das bis dahin schwerste fremdenfeindliche Verbrechen in der bundesdeutschen Geschichte jährt sich am 29. Mai zum 25. Mal. Bis heute wachse der Hass auf Ausländer und sei die Gefahr rechter Gewalt nicht gebannt, warnen Experten.

Neunzehn Menschen schliefen in ihren Betten in der Unteren Wernstraße 81, als das Inferno begann. Eine 27-jährige Frau sprang vor den Augen der Feuerwehrleute in den Tod, eine 18-Jährige und drei Mädchen im Alter von vier bis zwölf Jahren erstickten und verbrannten in den Flammen. Acht Bewohner wurden schwer verletzt. Die Überlebenden und Angehörigen der Opfer leiden bis heute unter den körperlichen und seelischen Folgen.

Bild des Hauses in Flammen ging um die Welt

Das Bild vom Haus mit dem ausgebrannten Dachstuhl ging um die Welt. In den folgenden Tagen zogen türkischstämmige Jugendliche und Autonome teils randalierend durch die Stadt.

Die vier Täter aus der Neonazi-Szene wurden 1995 vom Düsseldorfer Oberlandesgericht wegen fünffachen Mordes, 14-fachen versuchten Mordes und besonders schwerer Brandstiftung zu Höchststrafen verurteilt. Der 23-jährige Markus G. erhielt 15 Jahre Haft, gegen die drei Mittäter im Alter von 16 bis 20 Jahren wurden zehn Jahre verhängt. Alle vier sind seit Jahren wieder in Freiheit.

Der heimtückische Anschlag sei in einer aufgeheizten Stimmung verübt worden, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er verwies auf die rassistischen Ausschreitungen in Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen sowie den Mordanschlag in Mölln mit drei Toten in den Jahren 1991 und 1992.

Bundestag hatte Asylrecht geändert

Eine aggressive Asyldebatte hatte ein fremdenfeindliches Klima geschürt. Drei Tage vor dem Solinger Anschlag schränkte der Bundestag das Asylrecht drastisch ein. Es mache ihm Sorgen, dass auch heute Flüchtlingsheime angegriffen würden und eine aggressive Stimmung gegen Juden und Muslime herrsche, sagte Laschet. "Gesamtgesellschaftlich ist die Lage aber trotz der Hetze mancher Gruppen gelassener und ruhiger als vor dem Solinger Anschlag."

Dem widerspricht der Düsseldorfer Rechtsextremismus-Forscher Alexander Häusler und fordert "eine erhöhte Wachsamkeit gegenüber politischen Versuchen, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit gesellschaftsfähig zu machen". Die Gefahr des rechten Terrors sei seit den 90ern nicht gebannt und es sei sogar zu befürchten, "dass sich eine Tat wie die in Solingen wiederholt". Seit Jahren steige der Anteil an Menschen, die Hass gegenüber Migranten hegen.

"Eine Politik der Angst und Ausgrenzung bestärkt rechtsextreme Menschen in ihren Ansichten, so dass sie eher zu gewaltsamen Angriffen auf Ausländer bereit sind", warnte Häusler. In den vergangenen Jahren hätten "auch bislang der Polizei unbekannte Bürger Brandsätze auf Flüchtlingsheime geworfen".

Gedenkstein und fünf Kastanien

Wo in Solingen einst das Haus der Familie Genç stand, klafft heute eine Baulücke. Fünf Kastanienbäume und ein Gedenkstein erinnern an die Todesopfer. Außerhalb der City steht ein Mahnmal aus einem zerrissenen Hakenkreuz und Tausenden Metallringen.

Mevlüde Genç rief bereits kurz nach dem Anschlag zu Versöhnung auf. Die heute 75-Jährige verlor bei dem Verbrechen zwei Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte. Noch immer höre sie die Schreie ihrer Kinder, ihr Schmerz werde nie enden, sagte Genç dem epd. An Wegzug habe sie nie gedacht: "Solingen ist zu meiner Heimat geworden und ich möchte hier bleiben, bis ich sterbe."

Genç nahm die deutsche Staatsbürgerschaft an, für ihre Haltung erhielt sie das Bundesverdienstkreuz. Am 29. Mai nimmt sie mit ihrem Mann Durmus an den Gedenkveranstaltungen von Stadt und Land in Düsseldorf und Solingen teil. Mit "tiefer Trauer" nahm sie auf, "dass das Gedenken an den wichtigsten Tag meines Lebens von politischen Auseinandersetzungen überschattet wird": Die geplante Rede des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu in Solingen ist wegen des türkischen Wahlkampfs umstritten.

"Wir sollten in diesem Land friedlich und liebevoll zusammenleben und keinen Unterschied machen zwischen den Nationalitäten", wünscht sich Mevlüde Genç als zentrale Botschaft des Gedenkens. "Wir sind doch alle Menschen und sollten als Geschwister leben."

Ingo Lehnick



sozial-Politik

Pflege

Regierung an Pflegekräfte: "Wir haben verstanden"




Seniorenbetreuung im Priessnitzhaus im brandenburgischen Mahlow.
epd-bild/Stefan Trappe
Endlich wendet sich die Politik den Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte in Deutschland zu. Gesundheitsminister Spahn versteht das Sofortprogramm für mehr Stellen in der Alten- und Krankenpflege als einen Anfang - und als Signal für eine Trendwende.

Mit 13.000 zusätzlichen Pflegekräften und mehr Geld will die Koalition aus Union und SPD den Anfang machen für eine Trendumkehr in der Alten- und Krankenpflege. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte am 23. Mai in Berlin, von dem Sofortprogramm der Bundesregierung gehe das Signal aus: "Wir haben verstanden." Das Echo fiel verhalten aus. Mehrere Sozialverbände verwiesen darauf, dass der Fachkräftebedarf weit größer sei.

Die Arbeitsbedingungen in der Pflege hätten sich jahrelang immer weiter verschlechtert, viele Pflegekräfte der Branche den Rücken gekehrt. Das Sofortprogramm sei "ein erster, wichtiger Baustein, um die Vertrauenskrise in der Pflege zu überwinden", sagte Spahn.

Der Gesetzentwurf soll in Kürze vorliegen. Den Eckpunkten zufolge, auf die sich die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD verständigt haben, sollen nicht nur, wie zunächst verabredet, 8.000, sondern 13.000 neue Fachkraftstellen für die medizinische Behandlungspflege in Altenheimen geschaffen werden.

Kleine Heime können eine zusätzliche halbe Stelle einrichten, Einrichtungen mit 41 bis 80 Bewohnern eine Stelle, mit bis zu 120 Bewohnern anderthalb Stellen und darüber hinaus zwei neue Pflegestellen, deren Kosten von den Krankenkassen getragen werden.

Heime sollen bei Ausbildung Entlastung bekommen

Die Ausbildung von Altenpflege-Nachwuchs soll sich ab 2020 finanziell günstiger für die Einrichtungen auswirken als heute. Außerdem erhalten Pflegeeinrichtungen, die in die Digitalisierung ihrer Dokumentation investieren, für Ausgaben von bis zu 30.000 Euro 40 Prozent von den Pflegekassen zurück, also bis zu 12.000 Euro pro Einrichtung.

Die Krankenhäuser können von diesem Jahr an damit kalkulieren, dass Tarifsteigerungen für das Pflegepersonal voll durch die Krankenkassen refinanziert werden und vom kommenden Jahr an auch jede zusätzliche Pflegestelle vollständig finanziert wird. Bisher müssen die Kliniken einen Eigenanteil von zehn Prozent leisten, wenn sie neue Pflegekräfte einstellen. Wie in der Altenpflege sind auch für die Krankenhäuser darüber hinaus finanzielle Anreize für mehr Ausbildungsplätze vorgesehen.

Maßnahmen sollen schnell greifen

Das Sofortprogramm soll Spahn zufolge Anfang kommenden Jahres in Kraft treten. "Wir wollen Pflegekräfte, die der Pflege den Rücken gekehrt haben, dazu ermuntern, wieder zurückzukommen", sagte Spahn. Andere würden hoffentlich ihre Stundenzahl erhöhen. In der Pflege wird überwiegend Teilzeit gearbeitet.

Der CDU-Politiker räumte ein, dass es schwierig werden wird, die neu geschaffenen Stellen auch zu besetzen. Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben, sei eine Möglichkeit, sagte er. Noch wichtiger aber sei es, in die Ausbildung zu investieren. In der Kranken- und Altenpflege fehlen der Bundesregierung zufolge schon heute mindestens 25.000 Fachkräfte und weitere 10.000 Hilfskräfte. Freie Stellen bleiben so lange unbesetzt wie in keiner anderen Branche.

Das Pflege-Sofortpaket kostet Spahn zufolge rund eine Milliarde Euro pro Jahr, die fast vollständig aus Mitteln der Krankenversicherung aufgebracht werden soll. Die Krankenkassen verfügen über Rücklagen von rund 30 Milliarden Euro, während sich bei den Pflegekassen in diesem Jahr ein dreimal so hohes Defizit ankündigt wie erwartet. Sie rechnen zum Jahresende mit knapp 3,5 Millionen Pflegebedürftigen, eine halbe Million mehr als vor der jüngsten Reform, durch die seit vorigem Jahr vor allem Demenzkranke mehr Leistungen erhalten.

Über weitere Schritte wird beraten

Spahn und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sowie Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) wollen daher gemeinsam mit Berufsverbänden, Gewerkschaften und Arbeitgebern über weitere Schritte gegen die Personalnot in der Pflege beraten. Union und SPD hatten sich unter anderem darauf verständigt, im Rahmen einer "Konzertierten Aktion Pflege" Personaluntergrenzen festzulegen und die gesetzlichen Voraussetzungen für eine flächendeckende Anwendung von Tarifverträgen zu schaffen.

Kordula Schulz-Asche, Sprecherin der Grünen für Pflegepolitik, sagte, das von Spahn vorgestellte Sofortprogramm zur Entlastung der Personalsituation in der Kranken- und Altenpflege enthalte überwiegend Maßnahmen, "die höchstens mittel- eher langfristig ihre Wirkung entfalten können". Kurzfristig sollen zusätzliche 13.000 Stellen in der Altenpflege geschaffen werden. Auch mit den jetzt angekündigten 13.000 Stellen werde der tatsächliche Bedarf bei weitem nicht gedeckt. "Der liegt bei etwa 50.000 in der Kranken- und Altenpflege, weswegen wir in unseren Sofortprogrammen eben diese Zahl fordern."

"Nur ein paar Löcher gestopft"

Pia Zimmermann, Sprecherin der Linken für Pflegepolitik, zeigte sich ebenfalls unzufrieden. „Dieses Sofortprogramm kann maximal ein paar Löcher stopfen. Es wird den Pflegnotstand nicht beenden." Pflegekräfte bräuchten ausreichende Personalschlüssel, verlässliche Dienstpläne und wertschätzende Arbeitsbedingungen. "Dann kann gute Pflege gelingen."

"Dieser Aktionsplan ist leider ein Witz", sagte der Präsident der Diakonie, Ulrich Lilie, am 24. Mai den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Mit diesen 13.000 Symbolstellen gewinnen wir nichts in diesem Land." Spahn stehe vor einer Bewährungsprobe, sagte der Chef des evangelischen Wohlfahrtsverbands. Der Minister müsse nachhaltige Reformen durchsetzen.

Schneider: Pflege braucht deutlich mehr Geld

"Das Sofortprogramm kann punktuelle Entlastung bringen, aber es ersetzt keine Planung", bemängelte Ulrich Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Was es brauche, sei ein Gesamtkonzept und eine Aussage, wie und bis wann die Bundesregierung insgesamt 100.000 fehlende Pflegekräfte gewinnen und finanzieren will. "Es braucht endlich Antworten, wie der Pflegenotstand behoben werden soll. Und diese Antworten kann man von einer Bundesregierung erwarten", sagte Schneider.

Notwendig seien deutlich mehr finanzielle Mittel, um die Reformen zu finanzieren. "Eine menschenwürdige gute Pflege für alle ist nicht zum Nulltarif zu haben: Wenn die Bundesregierung den Pflegenotstand stoppen will, muss sie weitere Milliarden in die Hand nehmen."

GKV warnt vor Kostenverschiebung

Für den GKV-Spitzenverband sagte Sprecher Florian Lanz: "Die heute angekündigten zusätzlichen 13.000 Pflegenden für die Altenheime sind ein guter erster Schritt im Rahmen der Umsetzung des Koalitionsvertrages. Die geplante Querfinanzierung der neuen Pflegestellen in den Altenheimen aus der Krankenversicherung sehen wir jedoch skeptisch."

Wenn hier mit einem Finanztransfer von der Kranken- in die Pflegeversicherung begonnen werde, stelle sich die Frage, wo das dann aufhöre. Er sei an der Zeit, über die Einführung eines steuerfinanzierten Bundeszuschusses für die Pflegeversicherung nachzudenken, betonte Lanz.

Ver.di sieht ungelöste Fragen in der ambulanten Pflege

Auch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sprach von einem halbherzigen Vorgehen Spahns. "Die großen Probleme Personalmangel und Bezahlung in der Altenpflege werden nicht gelöst", erklärte Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. Außerdem plane Spahn kein Programm für die ambulante Pflege. In diesem Bereich seien die Beschäftigten jedoch genauso belastet.

Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, zufolge ist das Sofortprogramm ein Schritt in die richtige Richtung. "Allerdings kann das nur der Anfang sein. Wir brauchen gerade vor dem Hintergrund einer wachsenden Zahl älterer Menschen mit einem höheren Pflegebedarf mindestens 60.000 zusätzliche Pflegefachkräfte." Positiv zu bewerten sei, dass die Finanzierung nicht zulasten der pflegebedürftigen Menschen erfolgen soll.

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe begrüßte die geplanten Maßnahmen als zukunftsweisenden Schritt, mahnte aber ebenfalls Korrekturen an. Präsidentin Christel Bienstein sagte: "„Unzureichend ist das Sofortprogramm für eine Verbesserung der kritischen Situation im Bereich der ambulanten Pflege. Es ist seit Jahren bekannt und spitzt sich regional immer stärker zu, dass ambulante Pflegedienste mangels ausreichendem Personal und adäquater Refinanzierung der erbrachten Leistung die Versorgung von Patienten in zunehmenden Maße ablehnen müssen." In diesem Bereich sei dringend Abhilfe durch strukturelle Verbesserungen zu schaffen.

Bettina Markmeyer, Dirk Baas


Pflege

Hintergrund

Sofortprogramm für mehr Pflegekräfte



Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die Eckpunkte des Sofortprogramms der Koalition für mehr Pflegekräfte vorgestellt. Es soll 2019 in Kraft treten. Die wichtigsten Vorhaben:

- 13.000 zusätzliche Fachkraftstellen für die stationäre Altenpflege. Je nach Größe kann jede Einrichtung eine halbe, eine, anderthalb oder zwei neue Stellen einrichten. Das Programm wird von den Krankenkassen finanziert.

- Mit bis zu 12.000 Euro werden ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen bezuschusst, die in die Digitalisierung ihrer Dokumentation und Verwaltung investieren, um Pflegekräfte zu entlasten.

- In den Krankenhäusern wird von 2019 an jede zusätzliche Stelle in der Pflege von den Kostenträgern vollständig refinanziert. Bisher zahlen die Kliniken zehn Prozent der Lohnkosten selbst.

- Tarifsteigerungen werden rückwirkend von Januar 2018 finanziert. Bisher tragen die Kliniken die Hälfte der steigenden Personalkosten.

- Für Altenheime, Pflegedienste und Krankenhäuser wird es finanziell günstiger, Nachwuchs auszubilden.

- Statt für Koch- und Yogakurse zahlen die Krankenkassen künftig 70 Millionen Euro mehr pro Jahr zur betrieblichen Gesundheitsförderung im Gesundheitswesen selbst, damit Pflegekräfte länger im Beruf bleiben können.



Asyl

Bundesregierung

Bamf-Außenstelle in Bremen wird vorläufig kaltgestellt




Nur anerkannte Flüchtlinge können Integrationskurse besuchen. Die Bremer Nachprüfungen der Aslybescheide werden also Folgen haben.
epd-bild/Jörn Neumann
Nächste Konsequenz aus der Affäre um Asylbescheide in Bremen: Während der Ermittlungen soll die Außenstelle weitgehend aus dem Betrieb genommen werden. Minister Seehofer entschied, dass dort vorläufig keine Asylentscheidungen mehr getroffen werden.

In der Affäre um mutmaßlich unrechtmäßig erteilte Asylbescheide wird die Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Bremen vorläufig weitgehend aus dem Betrieb genommen. Bis zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens und der laufenden Überprüfungen sollen im dortigen Ankunftszentrum keine Asylentscheidungen mehr getroffen werden, entschied Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am 23. Mai.

Wie er in Berlin erklärte, soll auf diese Weise Vertrauen in die Qualität der Asylverfahren wiederhergestellt werden. Dies sei durch die Vorgänge in Bremen "massiv geschädigt" worden.

Asylverfahren, die derzeit im Ankunftszentrum Bremen anhängig sind, werden den Angaben zufolge mit sofortiger Wirkung von anderen Außenstellen des Bundesamts übernommen. Wie viele das sind, wurde zunächst nicht mitgeteilt.

Bremer Entscheider außen vor

Eine Sprecherin des Ministeriums erklärte zudem, dass die sogenannten Entscheider, die in Bremen tätig waren, künftig nicht mehr an Asylentscheidungen beteiligt sein sollen. Sie würden in anderen Bereichen des Bundesamts eingesetzt.

Seehofer kündigte zudem an, dass künftig zusätzlich zu bestehenden Qualitätssicherungsmaßnahmen nach dem Zufallsprinzip zehn Prozent aller Asylentscheide vor Zustellung an die Betroffenen überprüft werden sollen. In der Mitteilung des Ministeriums hieß es, Ergebnisse der Internen Revision des Bundesamts wiesen darauf hin, dass es Mängel beim seit September geltenden Vier-Augen-Prinzip bei Entscheidungen gibt.

In Bremen sollen mehr als 1.100 positive Asylbescheide ohne Rechtsgrundlage ergangen sein. Eine interne Untersuchung des Bundesamts kam zu dem Ergebnis, dass in Bremen überdurchschnittlich häufig unplausible Entscheidungen getroffen wurden.

18.000 Fälle werden aufgerollt

Das Bundesamt hatte in der vergangenen Woche umfangreiche Überprüfungen angekündigt. Unter anderem sollen alle seit dem Jahr 2000 in Bremen erteilten positiven Asylbescheide erneut geprüft werden. Insgesamt sind das rund 18.000 Verfahren. Auch weitere Außenstellen, deren Schutzquoten weit vom Durchschnitt abweichen, werden überprüft.

Zudem überprüft der Bundesrechnungshof auf Bitte des Innenministeriums Verfahren und Abläufe im Bundesamt. Seit Mitte April ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Bremen gegen die frühere Leiterin der Außenstelle und weitere Beschuldigte wegen der Vorwurfs des Asylmissbrauchs und Korruption.

Am nächsten Dienstag beschäftigt sich eine Sondersitzung des Innenausschusses des Bundestags mit der Affäre. Nach Angaben des Innenministeriums werden Minister Seehofer und Bamf-Präsidentin Jutta Cordt daran teilnehmen.

Weise: Kontrollmechanismen fehlten

Der frühere Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Frank-Jürgen Weise, führt die Missstände in der Bremer Außenstelle der Behörde auf fehlende Kontrollmechanismen zurück. "Es gab keine Strukturen, die dieser Belastung hätten gerecht werden können, keine funktionierende IT, keine Prozesskette», sagte Weise dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland".

Es habe kaum Kontrollmechanismen gegeben. Eine Innenrevision zur Prüfung von Vorgängen und Entscheidungen habe erst er selbst eingeführt, erklärte Weise. Zum anderen sei das Bamf durch "die enorm hohe Zahl von Asylanträgen überfordert" gewesen.

Der Deutsche Städtetag drängt auf eine rasche Aufklärung. "Wir müssen darauf vertrauen können, dass es bei den Asylverfahren korrekt zugeht. Deshalb müssen zügig alle Fakten auf den Tisch, es darf nichts unter den Teppich gekehrt werden", sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy am 23. Mai. der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Das Ansehen des Bundesamtes habe Schaden genommen. Dieser Schaden könne nur durch rückhaltlose Aufklärung und die daraus notwendigen Konsequenzen beseitigt werden. "An dieser Stelle muss Vertrauen wieder hergestellt werden", betonte Dedy.

Ob ein Untersuchungsausschuss sinnvoll sei, bezweifle er, weil es auf Tempo bei der Aufklärung ankomme. Entscheiden könnten über den Umgang mit dem Thema im Parlament aber nur die Abgeordneten selbst.

Corinna Buschow


Asyl

AfD klagt wegen Flüchtlingspolitik beim Bundesverfassungsgericht



Die AfD will die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung von 2015 vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen. Wie ein Sprecher des Gerichts am 18. Mai in Karlsruhe bestätigte, ist dort bereits am 14. April eine Organklage der AfD-Fraktion im Bundestag eingegangen. Im Zentrum stehe die Frage, ob durch Entscheidungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Spätsommer 2015 Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte des Bundestags verletzt wurden.

Merkel hatte 2015 entschieden, dass in Ungarn gestrandete Flüchtlinge in Deutschland aufgenommen werden. Nach der sogenannten Dublin-Verordnung wäre eigentlich Ungarn als Einreisestaat der Flüchtlinge zuständig für die Verfahren gewesen. Die Regelung enthält aber auch das sogenannte Selbsteintrittsrecht, wonach ein Land Verfahren dennoch an sich ziehen kann. Über die Rechtmäßigkeit von Merkels Entscheidung wird vor diesem Hintergrund seitdem gestritten.

Die AfD hatte am 18. Mai in Berlin über die Klage informiert und verwies dabei auf den damaligen bayerischen Ministerpräsidenten und heutigen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Als Kritiker von Merkels Flüchtlingspolitik hatte Seehofer seinerzeit selbst mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gedroht, dies letztlich aber nicht umgesetzt.

Im Bundestag wurde seit dem Spätsommer 2015, in dessen Folge die Flüchtlingszahlen bis Frühjahr 2016 stark gestiegen waren, oft debattiert. Eigene Beschlüsse zu den Entscheidungen der Regierung hatte es aber nicht gegeben. Es ist strittig, ob dies nötig gewesen wäre. Wann das Bundesverfassungsgericht über die Klage befindet und ob es eine mündliche Verhandlung dazu geben wird, lässt sich nach Angaben des Gerichtssprechers noch nicht sagen.



Asyl

Anwälte stellen Strafantrag gegen Dobrindt



Zwei Göttinger Rechtsanwälte haben Strafantrag gegen den CSU-Politiker Alexander Dobrindt wegen dessen Äußerungen über eine "Anti-Abschiebe-Industrie" gestellt. Sie verweisen darauf, Teil des Rechtsstaates zu sein.

Die Aussagen des Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Bundestag erfüllten die Straftatbestände der Verleumdung, der üblen Nachrede und der Beleidigung, sagten die Anwälte Bernd Waldmann-Stocker und Claire Deery am 22. Mai dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zuerst hatte das "Göttinger Tageblatt" über die Anzeigen berichtet.

Waldmann-Stocker und Deery, die auch Vorsitzende des Niedersächsischen Flüchtlingsrates ist, vertreten seit vielen Jahren Geflüchtete in Asyl- und ausländerrechtlichen Fragen. Die Behauptung Dobrindts, dass das Einreichen von Klagen den Rechtsstaat bewusst und zielgerichtet untergrabe, sei nicht haltbar, erklärten die Juristen. Sie zeugten auch nicht von einem Rechtsstaatsverständnis, das mit dem Grundgesetz vereinbar sei: "Im Rahmen unserer anwaltlichen Tätigkeit sind wir Teil des Rechtsstaates. Daran ändern die Aussagen des CSU-Landesgruppenchefs nichts."

"Arbeit gegen gesellschaftlichen Frieden"

Dobrindt hatte zuvor in einem Interview erklärt, es sei "nicht akzeptabel, dass durch eine aggressive Anti-Abschiebe-Industrie bewusst Bemühungen des Rechtsstaates sabotiert und eine weitere Gefährdung der Öffentlichkeit provoziert wird". Wer mit Klagen versuche, die Abschiebung von Kriminellen zu verhindern, arbeite nicht für das Recht auf Asyl, sondern gegen den gesellschaftlichen Frieden.

Mit den Äußerungen werde den betroffenen Personen die Bildung einer verfassungsfeindlichen Organisation und ein missbräuchliches Einlegen von Rechtsmitteln unterstellt, heißt es in der Anzeige, die dem epd vorliegt. Es sei auch "offenkundig unwahr, dass das Einlegen von gesetzlich vorgesehenen Rechtsmitteln einen Akt der Staatssabotage darstellt. Wäre dies der Fall, wären die jeweiligen Rechtsmittel im Gesetz nicht vorgesehen."

"Personen werden herabgewürdigt"

Dobrindts Behauptungen seien geeignet, die angesprochenen Personen verächtlich zu machen oder herabzuwürdigen, argumentieren die beiden Juristen. Die betroffenen Rechtsanwälte würden als "Staatssaboteure mit aggressivem Verhalten" bezeichnet, deren Ziel es sei, den Rechtsstaat von innen heraus zu bekämpfen und eine Gefährdung der Öffentlichkeit zu provozieren.

Ein solcher Sachverhalt werde in der Regel assoziiert mit schwerer Kriminalität wie etwa Terrorismus oder dem Bilden verfassungsfeindlicher Organisationen. Der Begriff der "Industrie" suggeriere zudem, dass die Vorgehensweise organisiert und systemisch auf die größtmögliche Wirkung ausgelegt sei und dass ein unbedingtes und rücksichtsloses Gewinnstreben der Betroffenen zugrunde liege, schreiben Waldmann-Stocker und Deery in ihrem Strafantrag.

Raimar Paul


Niedersachsen

Neues Angebot soll Flüchtlinge für Kultur interessieren



Ein neues Förderprogramm für Geflüchtete des niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur verknüpft Sprachkurse mit kulturellen Angeboten. Für das in Deutschland einmalige Programm unter dem Motto "Mit den Künsten sprechen lernen" werden rund fünf Millionen Euro zur Verfügung gestellt, wie das Ministerium am 22. Mai mitteilte. Die "Kulturkurse" sollen die bisherigen Sprachförderangebote des Landes ergänzen und werden gemeinsam von Einrichtungen für Erwachsenenbildung und verschiedenen Kultureinrichtungen angeboten.

"Wir führen Geflüchtete gezielt an Niedersachsens hervorragende Kultureinrichtungen heran", sagte Kulturminister Björn Thümler (CDU): "Mit dem neuen Programm möchten wir langfristig für das kulturelle Leben in unserem Land begeistern. Das wäre ein doppelter Erfolg für die Integration."



Arbeit

Heil besteht auf Umsetzung der Brückenteilzeit




Ab 2019 soll die Rückkehr aus der Teilzeit, die oft Frauen betrifft, auf einen Vollzeitjob leichter werden.
epd-bild/Jens Schulze
Vom kommenden Jahr an sollen Arbeitnehmer leichter zwischen Teilzeit- und Vollzeitarbeit wechseln können als bisher. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bekräftigte am 18. Mai, das Gesetz zur Brückenteilzeit solle Anfang 2019 in Kraft treten

In der Haushaltsdebatte im Bundestag sagte der Minister: "Wir werden das umsetzen." Arbeit müsse zum Leben passen. Viele Frauen seien ungewollt in Teilzeit. Alle seien eingeladen, konstruktiv an dem Gesetzesvorhaben mitzuarbeiten, sagte er an die Adresse der Union.

Nach einem Bericht der "Passauer Neuen Presse" hat SPD-Generalssekretär Lars Klingbeil der Union vorgeworfen, die Brückenteilzeit zu verzögern. "Getroffene Vereinbarungen ständig wieder infrage zu stellen, schafft kein Vertrauen", sagte er der Zeitung. Er reagierte damit auf Äußerungen der CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, die erklärt hatte, Heils Gesetzentwurf gehe über den Koalitionsvertrag hinaus. Deswegen müsse weiter verhandelt werden.

Heil erklärte demgegenüber im Interview mit der Zeitung, sein Entwurf entspreche den Vereinbarung im Koalitionsvertrag. Die Arbeitgeber würden mit dem Gesetz nicht überfordert.

Streitpunkt Beweislastumkehr

Streitpunkt zwischen SPD und Teilen der Union ist die sogenannte Beweislastumkehr. Arbeitgeber sollen auch weiterhin einem Teilzeit-Beschäftigten die Rückkehr in Vollzeit verwehren können, müssen dann aber nachweisen, dass kein Arbeitsplatz vorhanden ist, die Qualifikation des Arbeitnehmers nicht passt oder die Rückkehr aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist. Die Arbeitgeberverbände lehnen das ab.

Der Gesetzentwurf zur Brückenteilzeit sieht vor, dass Arbeitnehmer, die für ein bis fünf Jahre in Teilzeit gehen wollen, das Recht erhalten, in Vollzeit zurückzukehren. Es gilt für Betriebe ab 45 Beschäftigte. Für Unternehmen mit bis zu 200 Mitarbeitern gilt es eingeschränkt. Um die Arbeitgeber nicht zu überfordern, soll nur eine begrenzte Zahl von Beschäftigten einen Antrag auf befristete Teilzeit und Rückkehr in Vollzeit stellen können.

Kabinettsbeschluss verzögert sich

Der Entwurf sollte eigentlich bereits im Kabinett behandelt werden. Doch dazu kam es nicht. Das Gesetz sei in der Ressortabstimmung hängengeblieben, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am 23. Mai. Offenbar gibt es noch weiteren Klärungsbedarf in Sachen Beweislastumkehr. Eine Sprecherin des Arbeitsministeriums sagte auf Nachfrage, der Gesetzentwurf solle "schnellstmöglich" ins Kabinett. Die Verhandlungen befänden sich auf der Zielgeraden, hieß es.

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Karl Lauterbach forderte im Bundestag auch in Hinblick auf den Personalmangel in der Pflege eine Lösung. Die Koalition wolle, dass Pflegekräfte von Teilzeit in Vollzeit wechselten. Er hoffe, dass die "Blockade" die es derzeit bei den Verhandlungen um die Brückenteilzeit gebe, aufgelöst werde und das Rückkehrrecht auf einen Vollzeit-Arbeitsplatz bald komme, sagte Lauterbach.

Bettina Markmeyer


Bundesregierung

Behindertenbeauftragter fordert Wahlrecht für alle



Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, fordert die Abschaffung von Wahlrechtsausschlüssen für behinderte Menschen noch vor der Europawahl im kommenden Frühjahr. In Deutschland seien rund 81.000 Menschen, für die eine Vollbetreuung in allen Angelegenheiten dauerhaft angeordnet ist, vom aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen, sagte Dusel am 23. Mai in Berlin. Das gelte sowohl für die Bundestagswahl als auch für die Europawahl. Das solle laut Koalitionsvertrag noch in dieser Legislaturperiode geändert werden.

"Inklusion und Demokratie sind zwei Seiten einer Medaille", sagte der Behindertenbeauftragte. Auch Menschen mit Behinderungen seien politisch interessiert und wollten sich an Wahlen beteiligen. "Wichtig ist es daher, dass die Wahlrechtsausschlüsse zügig aufgehoben werden, möglichst noch vor der Europawahl."

Er vertraue darauf, dass die Verantwortlichen im Bundestag schnellstmöglich einen Gesetzentwurf zur Abschaffung der Wahlrechtsausschlüsse auf den Weg bringen werden. Der Umfang von Betreuungsbedarf sage nichts über die Fähigkeit zur Ausübung des Wahlrechts aus.

Nach Paragraf 13 Bundeswahlgesetz und Paragraf 6a Europawahlgesetz sind derzeit Menschen vom Wahlrecht ausgeschlossen, wenn sie unter dauerhafter Vollbetreuung stehen oder sich aufgrund einer Anordnung in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden. Dabei zeigten sich deutliche regionale Unterschiede, sagte Dusel.

So sei die Zahl der wegen einer dauerhaften Vollbetreuung vom Wahlrecht ausgeschlossenen Menschen in Bayern im Verhältnis 26 Mal so hoch wie in Bremen. In Bayern entfielen auf 100.000 Staatsbürger im Durchschnitt 203,8 Wahlrechtsausschlüsse, in Bremen lediglich 7,8.



Nordrhein-Westfalen

Gerhard Richter stiftet Kunstwerke für Obdachlosenprojekt




Gerhard Richter im Jahr 2017 im Dresdner Albertinum.
epd-bild/Matthias Rietschel
Der Maler und Bildhauer Gerhard Richter unterstützt mit Teilen des Verkaufserlöses seiner Bilder ein Wohnungsprojekt für Obdachlose. Davon soll die Initiative "Housing First" profitieren.

20 Prozent des Verkaufserlöses von 18 seiner Werke soll für die Initiative "Housing First" und damit für den Ankauf von Wohnungen für Obdachlose in Nordrhein-Westfalen genutzt werden, wie der Landessozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) am 23. Mai in Düsseldorf erklärte.

Der Minister stellte gemeinsam mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband NRW und der Obdachloseninitiative Asphalt aus Düsseldorf das bereits etablierte "Housing first"-Modellprojekt vor, das künftig landesweit angeboten werden soll.

Der Anteil der Erlöse aus den Richter-Bildern für das Projekt werde voraussichtlich rund eine Million Euro betragen, hieß es. Das nordrhein-westfälische Sozialministerium fördere das Projekt mit insgesamt 424.000 Euro. Er hoffe darauf, das mit dem Fonds bis zu 100 Wohneinheiten bezuschusst werden können, erklärte Laumann.

Fonds dient dem Kauf von Wohnungen

Aus dem Fonds sollen Träger der Freien Wohlfahrtspflege in ganz NRW geeignete Wohnungen ankaufen, um sie an zuvor Wohnungslose zu vermieten. Der Paritätische Wohlfahrtsverband NRW tritt nach den Worten seines Geschäftsführers Christian Woltering als Mittler zwischen interessierten Trägern der Wohlfahrtspflege und Banken auf.

Ziel des Projektes, das in Düsseldorf bereits seit einigen Jahren erfolgreich laufe, sei es, dauerhaft Wohnungslose in ein normales Mietverhältnis zu vermitteln, erläuterte die Sozialarbeiterin Julia von Lindern von "Asphalt". Der Verein hat gemeinsam mit dem Straßenmagazin "fiftyfifty" in der Landeshauptstadt in den vergangenen Jahren durch Spendengelder bereits 48 Wohneinheiten gekauft, in denen mit eigenen Mietverträgen 53 zuvor dauerhaft wohnungslose Menschen leben.

Nach den Worten von Sozialminister Laumann kommen von den landesweit offiziell gemeldeten etwa 25.000 Obdachlosen rund 2.000 Menschen als potenzielle Mieter für das Modellprojekt infrage. Alleine in der Landeshauptstadt Düsseldorf leben nach seinen Angaben etwa 150 Menschen dauerhaft auf der Straße.



Niedersachsen

Kostenübernahme für behinderte Menschen neu geregelt



Das Land Niedersachsen hat die Kosten für die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen neu aufgeteilt. Ab 2020 werden Kommunen für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre mit einer Behinderung oder Pflegebedarf zuständig sein, wie das Sozialministerium am 22. Mai in Hannover mitteilte. Das Land trägt die Kosten für erwachsene Menschen mit Behinderung.

Anlass für die Änderung ist eine neue Stufe des Bundesteilhabegesetzes, die am 1. Januar 2020 in Kraft tritt und Menschen mit einer Behinderung noch mehr individuellen Spielraum ermöglichen soll.

Bisher basiert die Aufteilung der Kosten auf dem Unterschied zwischen ambulanten und stationären Leistungen. Landkreise, kreisfreie Städte und die Region Hannover sind für ambulante Leistungen zuständig, das Land für stationäre Leistungen.

Für alle behinderten Menschen über 60 Jahre sind die Kommunen allein zuständig. Mit der Eingliederungshilfe soll behinderten Menschen die volle Teilhabe am gesellschaftlichen und beruflichen Leben ermöglicht werden.




sozial-Branche

Flüchtlinge

Gesundheit

Ein Jahr Wartezeit für einen Therapieplatz




Psychologin Hannah Plum in einem Beratungsgespräch im Therapiezentrum für Folteropfer der Caritas in Köln.
epd-bild/Jörn Neumann
Sie wurden ausgebombt, gefoltert oder vergewaltigt, erlebten den gewaltsamen Tod ihrer Familie und haben eine oft jahrelange Flucht hinter sich. Im Therapiezentrum für Folteropfer in Köln wird ihnen bei der Bewältigung ihrer Traumata geholfen. Doch Plätze für diese Therapien sind rar, die Wartezeiten sind lang.

Ali hat in seinem jungen Leben so viel Furchtbares erlebt, dass seine Therapeutin von "unterschiedlichsten Traumata" spricht: In Afghanistan geboren, verliert Ali schon früh seine Mutter, sein psychisch kranker Vater schlägt ihn. Sie fliehen vor den Taliban in den Iran, wo Ali keinen Zugang zu Schulen hat. Die Behörden stellen den Jugendlichen vor die Wahl, entweder dem Militär beizutreten oder nach Afghanistan zurückgeschickt zu werden. Er entschließt sich zur Flucht, besteigt in der Türkei ein völlig überfülltes Boot nach Griechenland und erlebt mit, wie die Schlepper kleine Kinder unterwegs einfach über Bord werfen.

"Als er hier ankam, war er volljährig", sagt die Psychologin Susanne Nießen, die das Therapiezentrum für Folteropfer der Caritas in Köln leitet, wo traumatisierte Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten Hilfe finden. "Jetzt wartet Ali seit Monaten auf die Entscheidung, ob er in Deutschland bleiben darf." Ein Trauma, erläutert die Psychotherapeutin, sei die maximale Form des Kontrollverlustes. "Dass die Leute hier so lange in Unsicherheit gehalten werden, untergräbt jegliche Therapieerfolge."

40 Prozent der Hilfebedürftigen werden abgelehnt

Es gibt bundesweit 37 Psychosoziale Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer. Die Wartelisten sind lang. Die Zentren mussten nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer im Jahr 2015 rund 40 Prozent mehr Geflüchtete ablehnen, als sie zur Behandlung aufnahmen.

Im Kölner Therapiezentrum beträgt die Wartezeit für Erwachsene laut Nießen bis zu einem Jahr. Allein 2017 hatten Nießen und ihre Kollegen 400 neue Anfragen: "Aber mit nur fünf Therapeuten und einer durchschnittlichen Therapiedauer von zwei Jahren ist das völlig unmöglich", sagt Nießen. Die Nachfrage ist enorm: Nach Schätzungen sind 40 bis 50 Prozent aller Flüchtlinge traumatisiert. Viele von ihnen sind nach Erkenntnissen der Bundespsychotherapeutenkammer suizidal gefährdet.

Bei Kindern sind Wartezeiten kürzer

Besser sehe es dagegen bei Kindern und Jugendlichen aus, wo die Wartezeiten deutlich kürzer seien, sagt die Heilpädagogin Hannah Plum, die im Caritaszentrum als Jugendtherapeutin arbeitet: "Das liegt wahrscheinlich daran, dass Jugendliche schneller Deutsch lernen als Erwachsene und besser an niedergelassene Therapeuten vermittelbar sind, weil kein Dolmetscher nötig ist."

Zu Plums Klienten gehört der 18-jährige Yusif aus dem Irak, der sich seit seinem neunten Lebensjahr als Straßenkind in der Türkei durchschlug. Mit 13 bestieg er ein überfülltes Flüchtlingsboot nach Griechenland und trieb tagelang ohne Treibstoff auf dem Meer. Auf seiner jahrelangen Flucht musste er immer wieder miterleben, dass Freunde und Reisegefährten starben. "Jetzt kann er sich schlecht in Strukturen einfinden", sagt Plum.

Bei schwer traumatisierten Menschen träten bestimmte Symptome sehr häufig auf, erläutert Psychologin Nießen: "Schlafstörungen und Alpträume, körperliche Beschwerden wie Kopf- und Rückenschmerzen, Depressionen, unkontrollierbare Flashbacks sowie ein Zustand der Übererregung und Anspannung."

Oft mischen sich Ängste und Traumata

Viele zögen sich aber auch innerlich zurück und vereinsamten völlig. "Oft mischen sich unterschiedliche Ängste und Traumata: ein schon früh zerstörtes Urvertrauen, Dinge, die ihnen selbst widerfahren sind, Dinge, die sie bei anderen miterleben mussten, und auch die Erkenntnis, zu was Menschen fähig sind." Ein erster Schritt sei es oft, am Selbstwertgefühl zu arbeiten, sagt Therapeutin Plum. Eine gute und vertrauensvolle Beziehung zum Therapeuten sei da sehr wichtig.

Nießen und Plum appellieren dringend an niedergelassene Therapeuten, in ihren Praxen auch Flüchtlinge aufzunehmen: "Es müssen ja nicht gleich ganz viele sein, aber einen oder zwei, das würde schon helfen." Das Zentrum selbst läuft über eine Mischfinanzierung, die gemeinsam von Kirche, Kommune, Land und Bund getragen wird. "Aber alle finanziellen Zusagen sind immer zeitlich begrenzt. Wir können nie sicher sein, dass es so auch weitergeht." Die Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren fordert, die Kapazitäten bundesweit umgehend zu erweitern und finanziell abzusichern.

Barbara Driessen


Flüchtlinge

Gesundheit

Psychotherapeutin warnt vor Abschiebezentren




Elise Bittenbinder
epd-bild/BAfF e.V
Die geplanten Ankerzentren für Flüchtlinge stoßen bei Ärzten und Psychotherapeuten auf Kritik. "Die Kasernierung von Menschen - zumal von traumatisierten Menschen – führt erwiesenermaßen zu erhöhtem psychischem Stress", sagte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer, Elise Bittenbinder, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die von der Bundesregierung geplanten Sammelunterkünfte für Flüchtlinge können nach Auffassung der Berliner Psychotherapeutin, Elise Bittenbinder, die Gesundheit der Bewohner ernsthaft gefährden. In den sogenannten Ankerzentren könnten diese Menschen weder neuen Lebensmut noch eine Lebensperspektive entwickeln - beides seien aber bei traumatisierten Menschen Voraussetzungen für einen Heilungsprozess. Mit Bittenbinder sprach Markus Jantzer.

epd sozial: In den vergangenen drei Jahren sind weit mehr als eine Million Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Viele von ihnen sind durch die Ereignisse in ihrem Land oder durch Erlebnisse auf der Flucht traumatisiert. Wie hoch schätzen Sie die Zahl der Flüchtlinge, die psychotherapeutisch behandelt werden müssten?

Elise Bittenbinder: Diese Frage lässt sich nicht genau beantworten. Es gibt Studien, die aufzeigen, dass ein Großteil der Menschen, die geflüchtet sind, traumatisiert sind. Die Angaben schwanken zwischen 20 bis 70 Prozent der Geflüchteten. Meist wird eine Zahl von 40 Prozent angegeben. Aus der Arbeit in den Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer wissen wir, dass sehr viele der hier ankommenden Menschen traumatisiert sind. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie eine Folgestörung entwickeln werden oder eine psychotherapeutische Behandlung benötigen oder wünschen. Nicht immer bedarf der Heilungsprozess therapeutischer Hilfe.

epd: Wie groß ist die Lücke zwischen Behandlungsbedarf und Behandlungskapazitäten?

Bittenbinder: Die rund 40 Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer in Deutschland haben jährlich etwa 15.000 Klienten. Davon werden etwa 36 Prozent psychotherapeutisch behandelt, also ungefähr 5.400 Menschen. Im Jahr 2015 mussten im Bereich Psychotherapie bundesweit 40 Prozent mehr Geflüchtete abgelehnt werden, als in die Behandlungsprogramme der Zentren aufgenommen werden konnten. Daher haben die meisten Zentren eine lange Warteliste.

Es darf nicht übersehen werden, dass Folter und Gewalt in einem sozialen Kontext geschieht, der Verletzungen ermöglicht, zulässt oder nicht verhindert. Der soziale und gesellschaftliche Kontext ist extrem wichtig und auch entscheidend, ob Traumata bzw. traumatische Sequenzen fortdauern oder heilen können. Etwa wenn weiterhin eine große Unsicherheit im Leben der Menschen existiert, wenn sie sich bedroht fühlen, angegriffen werden oder eingesperrt werden. Traumatisierte Menschen brauchen zuallererst Sicherheit und Schutz. Wenn sie frühzeitig und gut unterstützt werden, kann Behandlungsbedarf vermieden werden.

epd: Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang die von der Bundesregierung geplanten Ankerzentren, in denen Flüchtlinge bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag wohnen sollen?

Bittenbinder: Was wir bislang über die Ankerzentren wissen, führt zu einer großen Besorgnis. Die erzwungene Kasernierung von Menschen ohne sinngebende Beschäftigung – zumal von traumatisierten Menschen – führt erwiesenermaßen zu erhöhtem psychischem Stress. Auf der Basis von ohnehin schon großen psychischen Belastungen kann dies leicht zu sehr ernsthaften psychischen Krisen führen.

Wir wissen nicht, ob die Menschen überhaupt Zugang zu unabhängiger psychosozialer Beratung haben werden, ob deren Therapiebedarfe erkannt und diese so schnell wie nötig in eine Behandlung geführt werden. Darüber hinaus werden diese Zentren auch einen Einfluss auf unsere Gesellschaft und das politische Klima haben. Zivilgesellschaftliches Engagement wird dadurch voraussichtlich unterbunden. Dieses Engagement ist enorm wichtig, um das Selbstheilungspotenzial bei traumatisierten Menschen zu unterstützen.

epd: Was sind die häufigsten Folgen einer ausbleibenden oder zu spät erfolgenden therapeutischen Behandlung?

Bittenbinder: Es kann zu Chronifizierung und zu langwierigen oder sogar lebenslangen psychischen Belastungen führen, die leider auch die nächste Generation betreffen können. Nicht selten sind die Kinder die Leidtragenden, wenn Eltern keinen Weg finden, das Erlebte zu verarbeiten. Ereignisse werden "verschwiegen", um die Kinder nicht zu belasten. Kinder hören auf, Fragen zu stellen, weil sie merken, dass sie die Eltern belasten. Es entsteht eine Atmosphäre des Verschweigens, welches zu nachhaltigen Verstörungen der Kinder führen kann, die dann noch schwieriger zu behandeln sind, weil der Zusammenhang oft für professionelle Helfer – aber auch für die Betroffenen selbst – nicht so leicht erkennbar oder nachvollziehbar ist.

epd: Wie könnten zusätzliche Kapazitäten aufgebaut werden, um die Therapielücken zu schließen?

Bittenbinder: Zu allererst ist ein Mechanismus erforderlich, der die besonders vulnerablen, traumatisierten Menschen frühzeitig identifiziert, sowie geschulte Sozialarbeiter oder Psychotherapeuten, die die Bedarfe feststellen und sie in vorhandene Behandlungsstrukturen oder psychosoziale Hilfen verweisen. Ein solches System würde dafür sorgen, dass Menschen bei Bedarf professionelle psychosoziale Unterstützung erhalten und Menschen, die spezielle psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung benötigen, möglichst umgehend einen Platz bei Therapeuten erhalten. Eine umgehende finanzielle Absicherung und Erweiterung der vorhandenen Psychosozialen Zentren würde einen großen Teil der Lücke schließen können.

Darüber hinaus benötigen wir dringend eine weitere Öffnung der Regeleinrichtungen, also der Kliniken, Sozialpsychiatrischen Dienste und Krisendienste. Diese sind nach wie vor nicht auf die Behandlung von Geflüchteten oder die Arbeit mit Dolmetscher eingerichtet.

epd: Sind Therapeuten in Deutschland zeitlich und fachlich in der Lage, über ihren vorhandenen Kundenstamm hinaus traumatisierte Flüchtlinge aufzunehmen?

Bittenbinder: Was fachliches Wissen um Trauma angeht, sind sie das auf jeden Fall. Das alleine genügt jedoch nicht. Die Arbeit mit Menschen diverser Hintergründe, die extreme Menschenrechtsverletzungen erlebt haben und hier in einem komplexen, für sie rechtlich unsicheren System leben, ist für viele nicht vorstellbar oder einfach eine Neuheit. Aber dafür gibt es viele Schulungen und Hilfsangebote.

Wir erhalten oft Anfragen von Psychotherapeuten, die gerne Geflüchtete behandeln möchten und auch zeitlich dafür die Kapazitäten haben. Aber die Abrechnung der psychotherapeutischen Leistung ist bei Geflüchteten recht kompliziert. Die sogenannte Ermächtigung von Psychotherapeuten wollte dies vereinfachen. Bisher hat diese aber leider nicht das gewünschte Resultat erzielt – nämlich, dass flächendeckend mehr Psychotherapeuten mit traumatisierten Geflüchteten arbeiten.

epd: Welche therapeutischen und ärztlichen Fachgruppen kommen dafür in Frage?

Bittenbinder: Dafür sind grundsätzlich Psychotherapeuten, Fachärzte und Psychiater geeignet, die über ihre Qualifikation hinaus über Wissen im transkulturellen Bereich und über die rechtliche Situation verfügen. Außerdem müssen sie in der Lage sein, mit Dolmetschern zu arbeiten.

epd: Gibt es in Deutschland eine ausreichende Zahl an Dolmetschern?

Bittenbinder: Leider fehlt es an vielen Orten an ausreichend Dolmetschern. Das führt oftmals dazu, dass Familienangehörige oder sogar Kinder bei ärztlichen Terminen das Übersetzen übernehmen – was nicht akzeptierbar ist. Es fehlt hier vor allem an einem Konzept, wie gut qualifizierte Dolmetscher bezahlt werden können.



Arbeitslosigkeit

Sozialverbände verlangen höhere Hartz-IV-Leistungen




Geringe Hartz-IV-Sätze führen auch zu großer Nachfrage bei den Tafeln, wie hier in Frankfurt.
epd-bild/Thomas Lohnes
Caritas, Diakonie und Arbeiterwohlfahrt dringen auf eine andere Berechnung der Hartz-IV-Sätze, in deren Folge deutlich höhere Leistungen gezahlt werden müssten. Die Grünen unterstützen das Vorhaben, das zu einem rund 150 Euro höheren Regelsatz für Einzelpersonen führen würde.

Nach Berechnungen der Diakonie liegt der tatsächliche Bedarf für Alleinstehende und Alleinerziehende rund 150 Euro höher, was zu einem Regelsatz von 560,23 Euro führen würde. Diakonie-Präsident Ulrich Lilie nannte es am 18. Mai in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" "willkürlich und unsachgemäß", dass Einzelansprüche in den vergangenen Jahren vom Gesetzgeber herausgerechnet worden seien.

Die Bundesregierung hat laut einem Bericht des TV-Magazins "Monitor" in den vergangenen Jahren den Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger systematisch nach unten gerechnet. Auf diese Weise spare sie jährlich rund zehn Milliarden Euro, berichtete das Magazin am 17. Mai.

Grund für den zu niedrigen Regelsatz seien fragwürdige Berechnungen des Existenzminimums, die bestimmte Ausgaben wie etwa für Alkohol, Tabak, Verkehrsmittel oder Reisen nicht vollständig berücksichtigten, hieß es. Außerdem gelten als Referenzgruppe zur Ermittlung des Existenzminimums seit 2011 nicht mehr die einkommensschwächsten 20 Prozent der Bevölkerung, sondern nur noch 15 Prozent.

Neher fordert flexiblen Aufschlag zu Hartz IV

Caritas-Präsident Peter Neher kritisierte dieses Vorgehen als "nicht nachvollziehbar". Der Chef des katholischen Wohlfahrtsverbandes sprach sich in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" dafür aus, Hartz-IV-Empfängern zudem einen flexiblen Aufschlag für besondere Ausgaben zu zahlen, etwa für Reparaturkosten an Elektrogeräten.

Lilie sagte, die Streichungen würden vor allem die zwei Millionen Kinder in Deutschland treffen, die in Familien leben, die Hartz IV beziehen. "Malstifte, ein Eis im Sommer, Zimmerpflanzen oder ein frischer Blumenstrauß, ein Weihnachtsbaum oder eine Haftpflichtversicherung - wer Sozialleistungen erhält, soll darauf verzichten müssen", sagte der Präsident des evangelischen Verbandes. Das sei nicht akzeptabel.

Der AWO-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler erklärte, es sei beschämend, "bei den Ärmsten der Armen zu tricksen, um zu sparen". Das zeige wieder ganz deutlich, dass das aktuelle System der Grundsicherung, also HartzIV, nicht funktioniere.

AWO legt 20-Punkte-Plan vor

Die AWO fordert deshalb eine einfachere, transparentere und betroffenenorientiertere Grundsicherung für Arbeitsuchende. Sie müssten zuverlässiger nachvollziehen können, welche Ansprüche ihnen zustehen und welche Institution verantwortlich ist. Dazu fehle aber bis heute ein Konzept, so Stadler.

Die AWO hat deshalb 20 Forderungen für eine Grundsicherung im Sinne der Betroffenen entwickelt. Ziel sei "eine betroffenenzentrierte Reform des SGB II, die soziale Situation und Rechtsstellung der Leistungsbeziehenden stärkt und damit auch die Servicequalität der Jobcenter verbessert".

Zu den Vorschlägen gehört unter anderem, die Regelbedarfe bedarfsgerecht zu berechnen, das Bedürfnis der Empfänger nach Mobilität finanziell zu berücksichtigen und die realen Kosten für die Wohnungen zu erstatten. Zudem sollten die Sanktionsregelungen im SGB II überarbeitet werden und im Fall für unter 25-Jährige abgeschafft werden. Auch wirbt die AWO für Jobs in einem sozialen Arbeitsmarkt und sie Einführung einer einkommensabhängigen und bedarfsgerechten Kindergrundsicherung.

Grüne unterstützen Forderungen der Verbände

Sven Lehmann, Sprecher für Soziales der Grünen im Bundestag sagte, die Forderung nach höheren Regelsätzen werde zurecht erhoben. Die Hilfen seien "weit davon entfernt ein Existenzminimum zu garantieren, das ein Leben in Würde sowie soziale Teilhabe ermöglicht". Dass die Hartz IV-Regelsätze so niedrig sind wie sie sind, ist politisches Kalkül auf Kosten der Betroffenen.

Sozialminister Hubertus Heil (SPD) dürfe die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen "und ist bei der nächsten Regelsatzberechnung gefordert die statistischen Rechentricks über Bord zu werfen und die Referenzgruppe der unteren 20 Prozent wieder als Maßstab zu nehmen". Statt Hartz IV brauche Deutschland eine neue Garantiesicherung, die sanktionsfrei, möglichst unbürokratisch und armutsfest sei, sowie einen Anspruch auf Qualifizierung und Weiterbildung garantiere.

Dirk Baas


Freiwilligendienst

Down-Syndrom: Pionier in der Kita




Gian Luca Kahle (19), ein junger Mann mit Down-Syndrom, arbeitet als Bundesfreiwilliger in einer Kita.
epd-bild/Dieter Sell
Gian Luca Kahle ist 19 Jahre alt, hat das Down-Syndrom - und absolviert gerade seinen Freiwilligendienst in einer Bremer Kita. Der "Pionier" zeigt er Stärken, von denen alle profitieren.

Am liebsten wollen die Kinder sofort ins Bällebad springen. Doch vor dem Spaß stehen die Spielregeln. "Schubsen geht gar nicht, hauen auch nicht. Sonst gehen wir zurück in den Gruppenraum", sagt Gian Luca Kahle mit fester Stimme. Dann taucht er zusammen mit drei Jungs in die bunten Kugeln, die schon bald durch den Raum fliegen. Die Kinder der Kindertagesstätte der evangelischen Martin-Luther-Gemeinde in Bremen-Findorff quieken um die Wette.

"Ich bin hier der Spielbeauftragte", sagt Gian Luca Kahle, "ich passe auf". Der 19-Jährige hat das Down-Syndrom und gehört zu den wenigen Jugendlichen in Deutschland, die mit einer geistigen Behinderung einen Freiwilligendienst absolvieren. "Bisher gibt es nur Einzelbeispiele", sagt Martin Schulze, Geschäftsführer der Evangelischen Freiwilligendienste in Hannover, bei denen sich eine Arbeitsgruppe zu Diversität und Inklusion trifft.

Einsatz dank vieler engagierter Begleiter

Kahle gehört seit 1. August vergangenen Jahres als Bundesfreiwilliger zu diesen Pionieren - und konnte es werden, weil es eine Reihe engagierter Begleiter gibt, die sich für ihn einsetzen. Im Elternhaus, in der Kita, beim Träger des Dienstes. Denn einen geregelten und erprobten Zugang für Menschen mit geistigen Behinderungen in Jugendfreiwilligendienste gibt es in Deutschland noch nicht.

Modellprojekte wie das "FSJ Tandem" unter dem Dach der Freiwilligendienste der Lebenshilfe Nordrhein-Westfalen sind da die große Ausnahme: Zwei junge Leute mit und ohne Behinderung arbeiten an einer Aufgabe und lernen voneinander. Aktuell gibt es drei Tandems: Beteiligt sind eine körperbehinderte Frau in einer Kita, ein Mann mit Asperger-Autismus als Schulintegrationshelfer und ein Mann mit geistiger Behinderung in einem Altenheim.

An erster Stelle der Engagierten in Bremen steht Gian Lucas Mutter Gesa Ohse, Vorsitzende des örtlichen Vereins für Eltern von Kindern mit Trisomie 21. Sie ließ nicht locker und wollte ihrem Sohn nach der Schule einen Weg außerhalb einer Behinderten-Werkstatt ebnen. "Die Schule hat ihm das nicht zugetraut, der war das nicht geheuer. Sie war gegen ein Freiwilligenjahr", erinnert sie sich und ergänzt: "Wir brauchen Menschen, die nach den Stärken fragen und dann entscheiden."

"Wir hatten zunächst kein Konzept"

Einer davon ist Uwe Wrede, pädagogischer Mitarbeiter beim Sozialen Friedensdienst in Bremen, dem Träger des Bundesfreiwilligendienstes in der Kita. "Da sind wir mehr oder weniger reingeworfen worden", blickt Wrede zurück. "Ein Konzept hatten wir nicht. Wir haben Schritt für Schritt Seminarformen entwickelt, denen Gian Luca besser folgen kann, beispielsweise durch leichte Sprache und den verstärkten Einsatz von Bildsymbolen." Änderungen, die notwendig sind und allen nützen, die aber Zeit kosten, die bislang niemand bezahlt.

Dass geistig behinderte Jugendliche in einem Freiwilligendienst so selten sind, liegt oft auch an den Ansprüchen der Einsatzstellen, was die Arbeitsleistung angeht. Bei Gian Luca hingegen passt alles, zumal sich die Kita ohnehin dem Thema Inklusion verschrieben hat.

"Das ist wunderbar, wie sich Gian Luca hier beteiligt", meint Kita-Leiterin Kerstin Wührmann, die Inklusion als Akt der Bereicherung versteht: "Alle Menschen sind doch unterschiedlich. Das ist kein Problem, sondern Normalität. An diese Normalität wird das System angepasst, nicht umgekehrt."

25 Wochenstunden reichen

So arbeitet Gian Luca 25 Stunden in der Woche, damit er nicht überfordert wird. Das reicht ihm auch. "Ein langer Tag, immer", sagt er selbst. Trotzdem ist es genügend Zeit, damit er seine Stärken einbringen kann. Dazu gehört vor allem sein Einfühlungsvermögen, meint Gruppenleiterin Dietlind Schöppner: "Gian Luca kann zuhören, genau hinsehen und hat eine tolle Gabe: Er spricht alles ehrlich an."

So ist es auch auf dem Spielplatz, nachdem Ayda ihn gestoßen hat. "Das muss ich mit ihr klären", sagt er, läuft hinter dem Mädchen her und stellt sie an der Rutsche: "Hör auf zu hauen! Haben wir uns verstanden?" Ayda nickt.

Die Bundesregierung habe sich vorgenommen, inklusive Jugendfreiwilligendienste mehr zu fördern, sagt eine Sprecherin des Familienministeriums. Dazu gehöre die Möglichkeit, in begründeten Fällen in Teilzeit zu arbeiten. Das sei insbesondere für junge Menschen mit einer Behinderung von Bedeutung, die ein Vollzeitdienst überfordern würde. Auch eine Förderung von Assistenzleistungen zur barrierefreien Ausgestaltung des Dienstes sei angedacht.

"Wir brauchen finanzierte Strukturen, um das System anzupassen", bekräftigt der hannoversche Freiwilligen-Experte Schulze. Und auch Uwe Wrede beim Sozialen Friedensdienst sagt, dass noch viel zu tun sei, damit geistig behinderte Menschen leichter einen Freiwilligendienst antreten könnten. "Wir brauchen Zeit, Personal, Geld."

Dass es sich lohnt, davon ist er überzeugt: "Gian Luca hat große Stärken, wenn es beispielsweise darum geht, eine Gruppe zusammenzubringen", sagt Wrede. "Davon profitieren wir alle."

Dieter Sell


Studie

Diskriminierung von Roma in der Hauptstadt nimmt zu




Kundgebung zum "Romaday" gegen Diskriminierung von Sinti und Roma 2016 in Berlin.
epd-bild/Christian Ditsch
Welchen täglichen Diskriminierungen Roma in Berlin ausgesetzt sind, belegt eine aktuelle Studie des Vereins Amoro Foro. Dokumentiert werden Vorfälle aus dem Alltag - bei Behörden, in Schulen, Kitas oder bei Arbeitsgebern. Die Zahl der Ausfälle nimmt zu, bilanziert der Verein.

Insgesamt wurden der Erhebung zufolge 2017 in der Hauptstadt 252 antiziganistische Fälle dokumentiert. Erfasst 167 von Betroffenen, Sozialarbeitern oder ehrenamtlichen Helfern gemeldete Vorfälle (plus 14 Prozent). Weitere Vorfälle betrafen die Berichterstattung und Kommentare in den Medien. Damit setzt sich ein Trend offen geäußerter Roma Feindlichkeit oder Diskriminierung fort, den der Verein seit 2014 in der Hauptstadt beobachtet.

Der Verein erläutert, in den Einstellungen der Mehrheitsbevölkerung überlebten jahrhundertealte Klischees, die sich auch in den dokumentierten Einzelfällen widerspiegeln.

"Negative und romantisierte Vorstellungen"

Die Pressesprecherin des Vereins, Andrea Wierich, nennt in diesem Zusammenhang negative und romantisierte Vorstellungen, die es seit Jahrhunderten über "Zigeuner" gibt, zum Beispiel, dass sie "parasitär" lebten und mit Musik, Wahrsagerei, Betteln und Diebstahl ihr Auskommen sicherten. Zu den hartnäckigen Vorurteilen gehöre auch, dass die Betroffenen als von Natur aus identitätslos betrachtet würden und eine "naturverbundene“ Lebensweise führten ohne Disziplin und Moral.

Besonders häufig sind demnach Roma und andere Osteuropäer, die in prekären Verhältnissen leben, betroffen. Allein 61 Vorfälle gab es den Angaben nach im Kontakt mit den Leistungsbehörden.

So wird exemplarisch die Erfahrung eines Sozialarbeiters beschrieben, der regelmäßig Roma beziehungsweise Menschen bulgarischer oder rumänischer Herkunft zum Jobcenter im Wedding begleitet. Seine Klienten würden dort von einem Arbeitsvermittler immer wieder offen als "Sozialschmarotzer" beschimpft und aufgefordert: "Gehen Sie zurück in ihr Land".

Offene Diskriminierung in Behörden

In einem anderen Fallbeispiel habe eine Sachbearbeiterin in einem Jobcenter in Neukölln Betrug unterstellt und den vorgelegten Arbeitsvertrag mit den Worten kommentiert: "Das sind alles falsche Arbeitsverträge von Bulgaren." Sie habe dann damit gedroht, "Schritte einzuleiten", sollte der Klient seinen Antrag abgeben. Der bekam später vor Gericht im Eilverfahren Recht und die beantragten Leistungen wurden bezahlt.

Diana Botescu, die bei Amoro Foro das Dokumentationsprojekt koordiniert, spricht bei den vielen Einzelfällen von antiziganistischen Äußerungen von Behörden- und Justizmitarbeitern "von struktureller Diskriminierung".

Die Dokumentation listet zudem 26 Einzelfälle aus dem Bereich Bildung auf, darunter auch Vorfälle an Sprachschulen, die Deutsch- und Integrationskurse anbieten. Eine Schulmediatorin meldete demnach einen Fall, in dem das Bewerbungsgespräch an einer Kita sofort nach der Vorstellungsrunde abgebrochen wurde, als die Kitaleiterin erfuhr, dass die Eltern aus Bulgarien kamen.

Mobbing in der Kita

Eine andere Kita legte einen eigenen Dokumentationsordner für "Roma-Kinder" an, und eine Frau serbischer Herkunft meldete Mobbing aus einer Bildungseinrichtung, in der sie tätig war. Die Leitung unternahm nichts, als die Betroffene rassistische Äußerungen und Mobbing durch Arbeitskollegen meldete, der ehemalige Leiter nannte sie selbst abwertend „Esmeralda, die Zigeunerin“.

Verstärkt werden antiziganistische Einstellungen laut der Dokumentation auch oft durch die Medien. In diesem Bereich fand Amoro Foro nach der Auswertung von 105 Artikeln 51 diskriminierende Ausfälle.

Auch aus der Politik seien antiziganistische Äußerungen belegt, hieß es. So zum Beispiel von Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke), die stufte osteuropäische Wohnungslosen als "freiwillig obdachlos" ein. In diesem Zusammenhang nennt der Verein auch die Aussage der Sprecherin der Sozialverwaltung, dass die Betroffenen nicht in Obdachlosenunterkünfte wollten, weil sie dort keinen Alkohol und keine Drogen konsumieren dürften.

Positiv bewertet der Verein, dass negative oder klischeehafte Medienberichte im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen sind. Und: Warnungen vor Gewaltaufrufen rechter Parteien gegen Roma und Obdachlose in sozialen Medien werden vom Berliner Landeskriminalamt ernst genommen.

Jutta Geray


EU-Recht

Auch in evangelischer Kirche gilt neues Datenschutzgesetz



Das neue Datenschutzgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist am 24. Mai in Kraft getreten. "Damit haben wir in der evangelischen Kirche nach Jahren intensiver Beschäftigung nun ein zukunftsfähiges Datenschutzrecht, das sich unter Beachtung der europarechtlichen Vorgaben ganz eng an staatliches Recht anlehnt und gleichzeitig kirchliche Besonderheiten berücksichtigt", erklärte der EKD-Datenschutzbeauftragte Michael Jacob in Hannover.

Das neue Datenschutzgesetz gilt in der evangelischen Kirche einschließlich ihrer Diakonie. Ende vergangenen Jahres hatten es das Kirchenparlament der EKD, die Synode, und die Kirchenkonferenz der EKD verabschiedet. Das Datenschutzgesetz enthält auch Anpassungen an die EU-Datenschutz-Grundverordnung, die von Freitag an europaweit gilt.

"In der evangelischen und römisch-katholischen Kirche, in Deutschland und in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union werden wir mit diesen einheitlichen, gesetzlichen Datenschutzstandards dem Schutz des Persönlichkeitsrechts der Menschen zukünftig noch besser Geltung verschaffen können", betonte Jacob. Dafür brauche es auch in der evangelischen Kirche unabhängige und starke Datenschutzaufsichtsbehörden. Die vergangenen Monate habe die Kirche intensiv genutzt, um sich auf das neue Kirchengesetz einzustellen.




sozial-Recht

Bundesverfassungsgericht

Stichfeste Argumente für "offensichtlich unbegründeten" Asylantrag gefordert




Das Bundesverfassungsgericht hat präzisiert, wann eine Asylklage "offensichtlich unbegründet" ist.
epd-bild/Gustavo Alàbiso
Asylsuchende sind bei einem als offensichtlich unbegründeten Asylantrag zur Beschleunigung von Asylverfahren nur auf eine Gerichtsinstanz beschränkt. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden.

Diese eine Instanz muss dann aber auch genau begründen, warum der Asylantrag "offensichtlich unbegründet" ist und warum kein Abschiebungsschutz wegen der angeführten allgemeinen Gefahrenlage im Heimatland besteht, forderte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am 15. Mai veröffentlichten Beschluss im Fall eines afghanischen Flüchtlings.

In einer weiteren, am 18. Mai veröffentlichten Entscheidung entschieden die Verfassungsrichter, dass die Bundesländer zum Abbau des richterlichen Personalmangels und zur Beschleunigung von Asylverfahren ausnahmsweise Beamte als "Richter auf Zeit" einsetzen dürfen.

Im ersten Verfahren ging es um einen heute 19-jährigen Afghanen, der als unbegleiteter Minderjähriger 2016 nach seiner Einreise in Deutschland einen Asylantrag stellte. Als Verfolgungsgrund gab er Streitigkeiten mit den Taliban an, bei denen Dorfbewohner erschossen wurden. Die Taliban seien daraufhin zu seiner Mutter gekommen und hätten ihn als Verräter bezeichnet und ein Foto von ihm mitgenommen, gab der 19-Jährige damals an.

Klage scheiterte vor Verwaltungsgericht

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte den Asylantrag aber als unbegründet ab. Die dagegen eingelegte Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart zurück. Die Angaben des Klägers seien unglaubhaft, "krass widersprüchlich" und ungereimt, der Asylantrag damit "offensichtlich unbegründet". Damit ist nach dem Gesetz die Entscheidung unanfechtbar.

Abschiebungsverbote wegen allgemeiner Gefahren und schlechten Lebensbedingungen im Heimatland würden nicht greifen, entschied das Verwaltungsgericht. Das sei erst der Fall, "wenn der Ausländer sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde". Nach Berichten des Auswärtigen Amtes von Juli 2017 und Oktober 2016 und des UNHCR von Dezember 2016 sei die Sicherheitslage in vielen afghanischen Regionen dagegen "gar nicht so schlecht".

Der Kläger habe zwar noch eine psychische Erkrankung und eine fehlende psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeit in seinem Heimatland geltend gemacht. Die vorgelegten psychologischen Stellungnahmen würden aber nicht die gerichtlichen Anforderungen erfüllen, so die Richter. Beweisanträge hierzu sowie zur Feststellung einer landesweit drohenden Verfolgung durch die Taliban wurden abgelehnt.

"Beschwerde ist begründet"

Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde ist "offensichtlich begründet", entschied das Bundesverfassungsgericht. Schätzt ein Verwaltungsgericht eine Asylklage als "offensichtlich unbegründet" ein, dürften an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts "keine Zweifel" bestehen. Denn es gebe in solch einem Fall für den Asylsuchenden nicht die Möglichkeit, seinen Fall in einer zweiten Instanz überprüfen zu lassen.

Hier habe das Verwaltungsgericht nur behauptet, dass die Angaben des Klägers "krass widersprüchlich" seien, ohne das genauer auszuführen. Für jedes einzelne Schutzrecht eines Asylsuchenden müsse das Gericht aber einzeln begründen, warum dieses nicht beansprucht werden kann. Das gelte nicht nur für das Asylgrundrecht, sondern auch für Verfahren, die auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, der Gewährung subsidiären Schutzes oder der Feststellung von Abschiebungsverboten gerichtet sind.

Ob dem Kläger subsidiärer Schutz wegen einer Gefahr für Leib und Leben zu gewähren ist, habe das Verwaltungsgericht nur "rudimentär" erwogen. Es habe zum Zeitpunkt der Entscheidung auch gar keine obergerichtliche Rechtsprechung zur Sicherheitslage in der maßgeblichen Region Kundus gegeben. Gerade in einem Land wie Afghanistan, in dem sich die Sicherheitslage ständig ändert, müsse ein Gericht sich über die aktuellen Ereignisse laufend unterrichten und dies in seiner Entscheidung berücksichtigen. Das sei nicht geschehen, urteilten die Karlsruhe Richter.

Inwieweit dem Kläger wegen seiner psychischen Erkrankung eine Rückkehr in sein Heimatland nicht zuzumuten ist, habe das Verwaltungsgericht ebenfalls nicht ausreichend ermittelt, rügte das Bundesverfassungsgericht.

Gegen "Richter auf Zeit" spricht nichts

Allerdings müssen es Asylsuchende grundsätzlich hinnehmen, wenn bei den Verwaltungsgerichten Beamte als "Richter auf Zeit" ernannt werden und über ihren Fall entscheiden, so die Karlsruher Richter in dem zweiten Verfahren. Dieser Ausnahmefall, von dem bislang nur Mecklenburg-Vorpommern Gebrauch macht, wurde im Oktober 2015 eingeführt. Grund war die steigende Zahl an Asylverfahren und der damit einhergehende Personalmangel bei Richterstellen.

Die richterliche Unabhängigkeit werde nicht verletzt, wenn ein Richter auf Zeit bislang als verbeamteter Volljurist etwa beim Landeskriminalamt oder der Finanzverwaltung tätig war, entschied das Bundesverfassungsgericht. Es bestehe wegen des Respekts vor der Unabhängigkeit des Richteramtes keine Gefahr, dass der Richter bei einer Rückkehr in sein früheres Amt wegen seiner Rechtsprechung Nachteile von Vorgesetzten zu befürchten habe.

Um die Unabhängigkeit zu wahren, dürfe ein Beamter aber nur einmalig und nicht wiederholt als Richter auf Zeit ernannt werden. Auch dürfe er nicht in Verfahren tätig werden, an denen seine Stammbehörde beteiligt ist, betonten die Verfassungsrichter.

Az.: 2 BvR 2435/17 (Asylantrag)

Az: 2 BvR 780/16 (Richter auf Zeit)

Frank Leth


Bundessozialgericht

Kein Mutterschaftsgeld-Zuschuss für Tagesmütter



Eine selbstständige Tagesmutter kann im Falle einer Schwangerschaft vom Jugendamt keinen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld beanspruchen. Weil sie keiner weisungsabhängigen Beschäftigung nachgeht und nicht als Arbeitnehmerin gilt, steht ihr der vom Arbeitgeber gezahlte gesetzliche Zuschuss nicht zu, urteilte am 23. Mai das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt.

Mütter haben während der gesetzlichen Schutzfristen, in der Regel sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt, Anspruch auf Mutterschaftsgeld. Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen der schwangeren Arbeitnehmerin ein Mutterschaftsgeld von maximal 13 Euro am Tag. Zusätzlich zahlt der Arbeitgeber die Differenz zum durchschnittlichen Nettogehalt der letzten drei Monate als Zuschuss.

Im nun entschiedenen Fall bekam eine selbstständige Tagesmutter 2014 ein Kind. Auch sie wollte einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld haben und meinte, dass der Landkreis als Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe dafür geradestehen muss. Sie betreue in Absprache mit dem Kreis bis zu fünf Kinder in der Kindertagespflege und erhalte hierfür 3,90 Euro pro Kind und Betreuungsstunde. Damit sei sie als Arbeitnehmerin des Landkreises anzusehen, so dass dieser den Zuschuss zahlen müsse.

Dem widersprach das BAG. Die Klägerin sei nicht weisungsabhängig beschäftigt und keine Arbeitnehmerin. Den Arbeitgeber-Zuschuss zum Mutterschaftsgeld könne sie daher nicht beanspruchen. Auch aus EU-Recht ergebe sich kein unmittelbarer Anspruch.

Az.: 5 AZR 263/17



Oberlandesgericht

Adoption eines Leihmutter-Kindes nicht sittenwidrig



Bei Paare, die im Ausland legal mit Hilfe einer anonymen Eizellspende und einer Leihmutter Eltern geworden sind, ist eine spätere Adoption nicht sittenwidrig. Denn die Kinder haben ein Recht auf zwei Elternteile, entschied das Oberlandesgericht München (OLG) in einem am 15. Mai veröffentlichten Beschluss. Danach dürfen deutsche Behörden einem schwulen Ehepartner nicht wegen Gesetzes- und Sittenwidrigkeit die Adoption des mit Hilfe einer Leihmutter zur Welt gebrachten Kindes verweigern.

In Deutschland ist die Leihmutterschaft verboten. Viele Paare mit unerfülltem Kinderwunsch gehen deshalb ins Ausland, um mit einer Eizellspende und einer Leihmutter doch noch Eltern zu werden.

Im konkreten Fall reiste ein schwules, zunächst verpartnertes und später verheiratetes Paar in die Ukraine, um ihren Kinderwunsch zu erfüllen. In einer Kinderwunschklinik wurde mit Hilfe einer anonymen Eizellspende per künstlicher Befruchtung ein Kind gezeugt und die Eizelle bei einer Leihmutter eingesetzt. Diese Praxis ist in der Ukraine legal.

Mit der Geburt des Kindes erklärte die Leihmutter, dass das Kind Deutscher sein und der Vater die alleinige Sorge tragen solle. Sie stimmte auch einer Adoption durch den schwulen Lebenspartner zu.

Das Jugendamt und das Amtsgericht München lehnten das jedoch ab. Zwar sei die Adoption dem Kindeswohl dienlich, nicht aber erforderlich, hieß es zur Begründung. Eine Adoption sei nach dem Gesetz grundsätzlich ausgeschlossen, wenn "an einer gesetzes- oder sittenwidrigen Vermittlung oder Verbringung des Kindes zum Zwecke der Annahme mitgewirkt" oder eine andere Person hiermit beauftragt oder belohnt wurde. Ausnahme: Die Adoption ist für das Kind erforderlich. Das sei hier nicht der Fall, befand das Gericht.

Das OLG gab dem schwulen Paar recht. "Bei Zuhilfenahme von Eizellspende und Leihmutterschaft handelt es sich nicht um eine gesetzes- oder sittenwidrige Vermittlung oder Verbringung eines Kindes zum Zwecke der Annahme." Denn die Eizellspende und die Leihmutterschaft seien in der Ukraine erlaubt. Zwischen dem Annehmenden und dem Kind bestehe zudem ein Eltern-Kind-Verhältnis.

Es liege ein Familienverbund vor, weil sich sowohl der genetische Vater als auch der Annehmende von Anfang an um das Kind gekümmert haben. "Bei der Bewertung des Adoptionsbegehrens kommt es einzig auf das Wohl des Kindes und die Prognose des Entstehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses an", entschied das Oberlandesgericht. Werde trotzdem die Adoption versagt, liege ein Eingriff in die Rechte des Kindes vor. Denn das Kind habe ein Recht auf zwei Elternteile und auf ein beständiges und verlässliches Zuhause.

Az.: 33 UF 1152/17



Arbeitsgericht

Zwangspause für Leiharbeiterin muss nicht zur Kündigung führen



Zeitarbeitsunternehmen dürfen nach einem Gerichtsurteil die gesetzliche Lohngleichbehandlung von Leiharbeitnehmern mit dem Stammpersonal im eingesetzten Betrieb spätestens nach neun Monaten nicht durch Tricks umgehen. Eine Firma darf eine Leiharbeiterin nicht kurz vorher für drei Monate und einen Tag auf die Straße setzen, um sie dann wieder einzustellen, entschied das Arbeitsgericht Mönchengladbach in einem am 15. Mai veröffentlichten Urteil.

Im konkreten Fall arbeitete die Klägerin als Leiharbeiterin an der Kasse in einem Einzelhandelsbetrieb. Bevor sie dort neun Monate tätig war, teilte der Entleiher der Zeitarbeitsfirma mit, dass er auf die Frau für drei Monate und einen Tag verzichten will. Danach sollte sie wieder als Kassiererin dort arbeiten. Die Zeitarbeitsfirma kündigte der Frau wegen der vorübergehend fehlenden Einsatzmöglichkeit.

Hintergrund ist die gesetzliche Regelung im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, wonach Leiharbeiter in demselben Entleihbetrieb nach einem bestimmten Zeitraum das gleiche Arbeitsentgelt verlangen können, das für vergleichbare Arbeitnehmer in der jeweiligen Branche gezahlt wird. Bei Tarifverträgen, wie hier im Einzelhandel, sind Abweichungen von in der Regel bis zu neun Monaten zulässig.

Die Zeitarbeitsfirma begründete die Kündigung damit, dass das Einzelhandelsunternehmen ihr Hauptkunde sei. 98 Prozent aller Personaleinsätze würden dort stattfinden. Es bestehe nicht die Möglichkeit, die Leiharbeiterin anderweitig zu beschäftigen. Der Kunde habe erklärt, dass durch die Gleichstellung der Leiharbeitnehmer bei der Vergütung ab einer Beschäftigung von neun Monaten höhere Kosten entstehen würden, die er nicht tragen wolle.

Die ausgesprochene Kündigung erklärte das Arbeitsgericht jedoch für unwirksam. Zwar dürften Zeitarbeitsfirmen ihre Beschäftigten kündigen, wenn für sie keine dauerhafte Einsatzmöglichkeit mehr besteht. Als "dauerhaft" sehe das Gesetz grundsätzlich eine Frist von über drei Monaten vor. Im entschiedenen Fall könne die Klägerin später aber wieder bei dem Entleiher als Kassiererin arbeiten. Ein "dauerhafter" Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit liege damit nicht vor. "Dass die Wartezeit um einen Tag länger als drei Monate war, schadet angesichts der Wiedereinstellungszusage nicht", befand das Arbeitsgericht.

Das Vorgehen des Verleihunternehmens und des Entleihers würde zudem gegen das gesetzliche Ziel verstoßen, Leiharbeiter davor zu schützen, „dauerhaft als billige Arbeitskräfte eingesetzt zu werden". Das angeführte Verhalten des Entleihbetriebs ziele darauf ab, die gesetzliche Gleichstellung von Leiharbeitnehmern auszuhebeln. Das sei zu missbilligen, so die Richter.

Gegen das Urteil ließ das Arbeitsgericht Mönchengladbach die Berufung zum Landesarbeitsgericht Düsseldorf zu.

Az.: 1 Ca 2686/17



Sozialgericht

Krankenkasse muss keine Sterilisation bezahlen



Gesetzlich versicherte Frauen haben in der Regel keinen Anspruch darauf, dass ihre Krankenkasse die Kosten für eine Sterilisation übernimmt. Das Mainzer Sozialgericht wies in einer am 17. Mai veröffentlichten Entscheidung die Klage einer fünffachen Mutter zurück, die aus medizinischen Gründen eine weitere Schwangerschaft ausschließen wollte.

Damit medizinische Eingriffen an einem gesunden Organ als Krankenbehandlung gelten, müssten strenge Anforderungen erfüllt sein, urteilten die Richter.

Die Frau hatte die Kostenübernahme bei ihrer Krankenkasse beantragt, nachdem es bei der Geburt der jüngsten Kinder zu erheblichen Komplikationen gekommen war. Eine Verhütung mit der Pille komme in ihrem Fall aus medizinischen Gründen nicht in Betracht, die Benutzung von Kondomen sei ihr zu unsicher, hatte sie erklärt.

Auch die Mainzer Richter räumten ein, das es "medizinisch sinnvoll" sei, eine weitere Schwangerschaft zu verhindern. Es existierten jedoch Alternativen zu einer Sterilisation, etwa spezielle Spiralen, deren Kosten auch eher von der Krankenkasse getragen werden müssten.

Az.: S 16 KR 113/16




sozial-Köpfe

Helene Ignatzi ist Vizepräsidentin der Hochschule Nürnberg




Helene Ignatzi
epd-bild/EVHN/Christian Horn
Helene Ignatzi, Professorin für Handlungslehre und Methoden der Sozialen Arbeit an der Evangelischen Hochschule Nürnberg (EVHN), ist neu in das Präsidium der Hochschule eingezogen. Sie folgt auf Michael Kuch, der nicht mehr zur Wahl antrat.

Präsidentin der EVHN bleibt Barbara Städtler-Mach (62) für weitere vier Jahre. Das Kuratorium der Hochschule bestätigte die Professorin ebenso wie den Vizepräsidenten Joachim König in ihren Ämtern. Barbara Städtler-Mach (62) ist seit dem Wintersemester 2014 Präsidentin der EVHN. Die Professorin ist Gründerin des Instituts für Pflegeforschung, Gerontologie und Ethik der EVHN, das sich mit ethischen Herausforderungen im Gesundheitswesen befasst.

Helene Ignatzi (57), die zur neuen Vizepräsidentin gewählt wurde, ist seit 2015 Professorin in Nürnberg. Zuvor arbeitete sie als Professorenvertreterin und Lehrkraft für besondere Aufgaben an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe in Bochum.

Die gebürtige Schlesierin studierte in Bochum Soziale Arbeit und im Anschluss daran an der Technischen Universität Dortmund Soziale Gerontologie, wo sie über häusliche Altenpflege zwischen Legalität und Illegalität am Beispiel polnischer Arbeitskräfte in deutschen Privathaushalten promovierte. Über 20 Jahre arbeitete sie als Psychosoziale Fachkraft in der Alten- und Migrationsarbeit beim Deutschen Roten Kreuz in Bochum.

Die Evangelische Hochschule Nürnberg (EVHN) bietet Studiengänge in den Bereichen Sozialwissenschaften, Sozial- und Gesundheitswirtschaft, Gesundheit und Pflege sowie Pädagogik und Theologie an. An ihr sind nach eigenen Angaben rund 1.500 Studierende eingeschrieben.



Weitere Personalien



Albert-Peter Rethmann, Matthias Warmuth, Werner Hemmes und Andreas Latz sind von der Gesellschafterversammlung der Hohenloher Krankenhaus gGmbH und Hohenloher Seniorenbetreuung gGmbH als neue Geschäftsführer bestellt worden. Mehrheitsgesellschafter ist die Barmherzige Brüder Trier gGmbH. Jürgen Schopf, der nach dem Ausstieg des Hohenlohener Krankenhauses aus der Regionalen Gesundheitsholding Heilbronn-Franken (RGHF) diese Funktion seit Februar 2017 im Rahmen eines Managementvertrages für die Hohenloher Krankenhaus GmbH übernommen hatte, scheidet aus. Er habe die Geschäftsführung der Hohenloher Krankenhaus gGmbH in einer schwierigen Übergangsphase übernommen mit großer Umsicht den Betrieb des Krankenhauses gesichert und damit einen gedeihlichen Übergang der Geschäftsführung auf die BBT Gruppe ermöglicht, hieß es. Der bisherige Geschäftsführer der Hohenloher Seniorenbetreuung gGmbH, Herbert Trudel, wird in der BBT-Gruppe künftig als Kaufmännischer Direktor die Senioreneinrichtungen leiten.

Annika Baune unterstützt ab sofort die Dienste und Einrichtungen der Caritas im Bistum Münster beim Schutz vor sexualisierter Gewalt. Als Fachreferentin im Caritasverband für die Diözese Münster setzt sie die Präventionsordnung in der Gesundheitshilfe um. Gemäß der Präventionsordnung des Bistums sind die Einrichtungen der Behinderten- und Altenhilfe sowie die katholischen Krankenhäuser verpflichtet, ein "Institutionelles Schutzkonzept" (ISK) bis Ende des Jahres umzusetzen und Mitarbeitende zur sexualisierten Gewalt zu schulen.

Fernanda Brandão, Moderatorin und Sängerin aus Brasilien,ist neue Schirmherrin des Deichmann-Förderpreises für Integration. "Wir brauchen Unterstützer, die Jugendlichen helfen, Orientierung zu finden", begründete sie in Essen ihre Unterstützung für den Förderpreis. Die ehemalige Sängerin der Band "Hot Banditoz" kam als Neunjährige mit ihrer Mutter aus Brasilien nach Deutschland. Auch sie habe anfangs Probleme mit der Eingewöhung gehabt: "Doch einige Menschen haben nie aufgehört, an mich zu glauben, das gab mir Kraft." Der Förderpreis zeichnet Projekte aus, die benachteiligte Jugendliche in Ausbildung und Arbeit vermitteln, und ist mit insgesamt 100.000 Euro dotiert.




sozial-Termine



Die wichtigsten Fachveranstaltungen bis Juni

Juni

4.6. Fulda:

Seminar "Die Arbeit der Stiftung "Anerkennung und Hilfe" und die Rolle der Dienste und Einrichtungen"

der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie

Tel.: 030/284447-822

http://u.epd.de/101n

4.-6.6. Berlin:

Seminar "Bundesteilhabegesetz (BTHG) - Herausforderung für die Eingliederungshilfe und Psychiatrie"

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/48837488

http://u.epd.de/zea

4.-7.6. Bergisch Gladbach:

Seminar "Auf ein Wort - Beratung: kurz, knapp, sofort"

der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/2001700

http://u.epd.de/zsz

5.6. Köln:

Seminar "Good Corporate Governance in Caritas und Diakonie"

der Solidaris Unternehmensgruppe

Tel.: 02203/8997221

http://u.epd.de/zin

5.-8.6. Freiburg:

Seminar "Qualitäts- und Umweltmanagement - Interne Audits erfolgreich umsetzen"

der Fortbildungs-Akademie des Deutschen Caritasverbandes

Te.: 0761/2001700

http://u.epd.de/zy6

6.-7.6. Paderborn:

Seminar "Fachtagung 'Gut aufgestellt?!' - Personalentwicklung - Ausbildung als strategische Unternehmensausrichtung"

der IN VIA Akademie in Kooperation mit dem VKAD

Tel.: 05251/2908-38

http://u.epd.de/zy7

7.-8.6. Essen:

Grundlagenseminar "Sozialraumorientierte Arbeit"

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/48837488

http://u.epd.de/zsx

11.-12.6. Berlin:

Seminar "Projektmanagement - Aufbautraining"

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/48837488

http://u.epd.de/zsy

11.-12.6. Mülheim a.d. Ruhr:

Seminar "MAV - erstes Arbeiten mit der MAVO"

der Katholischen Akademie Die Wolfsburg

Tel.: 0208/999190

http://u.epd.de/zee

11.-12.6. Berlin:

Seminar "Führung heute - ein Check-up für Führungskräfte"

der BFS Service GmbH

Tel.: 0221/97356159

http://u.epd.de/zio

11.-14.6. Freiburg:

Fortbildung "Konfliktmanagement als Führungsaufgabe"

der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/2001700

http://u.epd.de/zeb

12.6. Berlin:

Seminar "Integrierte Finanzplanung und Berichtswesen in Pflegeeinrichtungen und anderen Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens"

der Solidaris Unternehmensgruppe

Tel.: http://u.epd.de/zy8

12.6. Düsseldorf:

Seminar "Alles hört auf mein Kommando! - Veranstaltungen erfolgreich moderieren"

des SKM Bundesverbandes

Tel.: 0211/23394876

http://u.epd.de/zsv

13.6. Kassel:

Seminar "Basiswissen zu Aufsichtspflicht, Haftung und Garantenstellung"

des Evangelischen Erziehungsverbandes

Tel.: 0511/39088114

http://u.epd.de/zy4

13.6. Frankfurt a.M.:

Seminar "Arbeitsrecht für Leitungskräfte"

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 0711/25298921

http://u.epd.de/zy3

13.-14.6. Erkner:

Seminar "Mit Zielen in der Eingliederungshilfe steuern"

des Deutschen Vereins

Tel.: 030/62980614

http://u.epd.de/101s

18.6. Frankfurt a.M.:

3. BTHG-Fachtag ""Systemwechsel in der Eingliederungshilfe ? die Trennung der Leistungen und deren Auswirkungen auf die Leistungserbringer"

der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie

Tel.: 030/284447-822

http://u.epd.de/101o

19.6. Münster:

Seminar "Spenden und Sponsoring"

der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BPG

Tel.: 0251/4820412

http://u.epd.de/zy5

21.6. Münster:

Seminar "Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Umsatzsteuer für steuerbegünstigte Körperschaften"

der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BPG

Tel.: 0251/4820412

http://u.epd.de/zsw

21.-22.6. Berlin:

4. Jahrestagung Christliche Krankenhäuser in Deutschland

des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschland

Tel.: 030/28444756

http://u.epd.de/101p

22.6. Mainz:

Seminar "Zeitmanagement und Stress in der Arbeit"

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 0711/2529378921

http://u.epd.de/zy2

28.6. Köln:

Seminar "Social Media Marketing"

der BFS Service GmbH

Tel.: 0221/97356159

http://u.epd.de/zip

29.6. Berlin:

Forum "Monetäre Leistungen für Familien und Kinder"

des Deutschen Vereins

Tel.: 030/62980605

http://u.epd.de/101q