sozial-Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,




Dirk Baas
epd-bild/Heike Lyding

Auch eine unsichtbare Arbeit kann sehr anstrengend und belastend sein. Die Rede ist von der "Mental Load", der mentalen Last, die berufstätige Mütter mit sich schleppen, weil sie für alles und jedes mitdenken müssen. Der Begriff hat Konjunktur. Und er bringt auf den Punkt, dass es nach wie vor eine ungerechte Aufteilung der Hausarbeit zwischen den Geschlechtern gibt. Claudia Rometsch beschreibt, wie sich das im Alltag zeigt.

Beim "Tag der Pflege" drehte sich erwartungsgemäß vieles um die Arbeitsbedingungen. Vor allem die vielen Überstunden waren ein Thema. Pflege sei ohne massenhafte Überstunden oft gar nicht möglich, hieß es. Um diesen Mehreinsatz zu honorieren, hat der Arbeitgeberverband Pflege vorgeschlagen, die Überstunden künftig von Steuern und Abgaben zu befreien. Auch auf die wachsende Personalnot wurde hingewiesen. Die Versorgungssicherheit sei bedroht: Für die Politk bleibt viel zu tun.

Überstunden haben auch den Europäischen Gerichtshof beschäftigt. Er fällte ein Urteil, das hohe Wellen schlägt: Das Gericht hat alle Arbeitgeber zur kompletten Arbeitszeiterfassung verpflichtet. Die bislang übliche reine Aufzeichnung von Überstunden genüge nicht, erklärten die Richter. Der DGB ist zufrieden mit dem Urteil, die Arbeitgeber erwartungsgemäß nicht. Der Marburger Bund hofft nun in den Kliniken auf eine "manipulationsfreie, automatisierte Arbeitszeiterfassung".

Armut im Alter - das ist längst keine gesellschaftliche Randerscheinung mehr. Und so ist es keineswegs überraschend, dass sich die Nationale Armutskonferenz in den Disput über die Probleme bei der Alterssicherung einschaltet. Die Delegierten haben ein Papier verabschiedet, dass sich vor allem mit den Ursachen der Altersarmut befasst: Niedrige Löhne, unterbrochene Erwerbsbiografien, Arbeitslosigkeit. Und es geht darum, mehr Geld in die Rentenkasse zu bekommen - eine Fülle bedenkenswerter Vorschläge.

Hier geht es zur Gesamtausgabe von epd sozial 20/2019

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Dirk Baas

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sozial-Politik

Arbeit

Azubi-Mindestlohn soll 2020 mit 515 Euro im Monat starten




Eine Friseurauszubildende arbeitet in Halle an der Saale an einem Übungskopf.
epd-bild/Steffen Schellhorn
Lehrlinge sollen künftig eine Mindestvergütung bekommen. Das hat das Kabinett am 15. Mai beschlossen. Etwa zehn Prozent der Ausbildungsbetriebe müssten dann mehr zahlen als bislang. Die Tarifautonomie wird nicht angetastet.

Die Bundesregierung hat eine Mindestvergütung für Auszubildende auf den Weg gebracht. Das Kabinett billigte einen Gesetzentwurf von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU). Lehrlinge sollen von 2020 an im ersten Ausbildungsjahr mindestens 515 Euro pro Monat erhalten. In den Folgejahren soll sich die Ausbildungsvergütung erhöhen - im Jahr 2021 auf 550 Euro, ein Jahr später auf 585 Euro und ab 2023 auf 620 Euro.

Zudem sind Aufschläge für Azubis im zweiten, dritten und vierten Ausbildungsjahr geplant. Mit der Reform wird erstmals eine gesetzliche Untergrenze für die Vergütung von Auszubildenden festgeschrieben, analog zum gesetzlichen Mindestlohn.

Tarifverträge haben aber weiterhin Vorrang vor der Mindestausbildungsvergütung, auch dann, wenn sie geringere Vergütungen für Auszubildende vorsehen. Das gilt auch für künftige Tarifabschlüsse.

Arbeitgeber und Gewerkschaften beteiligt

Karliczek hatte den Gesetzentwurf nach eigenen Angaben in enger Abstimmung mit den Arbeitgeberverbänden und dem Deutschen Gewerkschaftsbund erarbeiten lassen. Die Mindestvergütung soll die Berufsausbildung attraktiver machen, zugleich aber insbesondere kleinere Betriebe nicht überfordern.

Der Gesetzentwurf beinhaltet außerdem neue, international besser verständliche Bezeichnungen für die Abschlüsse nach einer beruflichen Fortbildung.

Die Einführung des gesetzlichen Azubi-Mindestlohns würde sich in etwa zehn Prozent der Ausbildungsbetriebe unmittelbar auswirken, schätzt das in Bonn ansässige Bundesinstitut für Berufsbildung. Dabei seien kleine und kleinste Betriebe, Firmen im Handwerk und Unternehmen in Ostdeutschland besonders stark betroffen.

Grenze analog zum Mindestlohn

Mit der Reform würde erstmals in Deutschland eine gesetzliche Untergrenze für die Vergütung von Auszubildenden festgeschrieben, analog zum gesetzlichen Mindestlohn. Zur Höhe der Lohnzahlungen ließ das Ministerium verlauten: "Die festgesetzte Höhe der Mindestausbildungsvergütung ist Anerkennung der Leistung der Auszubildenden im Betrieb. Anderseits muss aber auch sichergestellt sein, dass die Motivation der Betriebe erhalten bleibt, Ausbildungsplätze anzubieten." Die Folge: Dort, wo es aktuell Tarifverträge gebe, könne es passieren, dass Azubis auch weiterhin weniger als die Mindestvergütung bekämen.

Ein weiterer Schwerpunkt des Gesetzes sei die rechtliche Verankerung von drei Fortbildungsstufen und die Einführung von einheitlichen Bezeichnungen nach einer erfolgreichen Weiterbildung. Neben den traditionellen Titeln wie "Meister" soll es zum Beispiel auch einen "Bachelor Professional" oder einen "Master Professional" geben. Damit sollen diese Qualifikationen auf dem internationalen Arbeitsmarkt vergleichbarer werden.

DGB lobt wichtigen Schritt

"Die Mindestvergütung für Azubis ist ein wichtiger Schritt, um die berufliche Bildung attraktiver zu machen. Man kann nicht in Sonntagsreden den Wert der Berufsbildung loben und dann werktags die Jugendlichen mit Dumping-Vergütungen abspeisen", sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann.

Der jetzt vorliegende Vorschlag habe gegenüber den ursprünglichen Plänen von Bildungsministerin Karliczek erhebliche Vorteile: Statt bei 504 Euro kleben zu bleiben, werde die Mindestvergütung jetzt schrittweise auf 620 (1. Ausbildungsjahr) bis 868 Euro (4. Ausbildungsjahr) angehoben. Die Mindestvergütung sei auch nicht mehr an das Schüler-Bafög gekoppelt, sondern an den Durchschnitt der Ausbildungsvergütungen. Neu im Gesetzentwurf steht laut Hoffmann zudem, dass die Mindestausbildungsvergütung jährlich automatisch entsprechend der Durchschnittswerte angepasst wird.

BDA verweist auf Tarifautonomie

Die Arbeitgeber äußerten sich zurückhaltend. Die Bundesregierung setze nun jene Pläne um, die Unternehmen und DGB in engster Abstimmung mit dem Handwerk vorgegeben hätten, "ohne große Schäden für die Tarifautonomie" zu verursachen, sagte BDA-Präsident Ingo Kramer.

Mit der Einigung der Sozialpartnern auf eine Mindestausbildungsvergütung von 515 Euro ab 2020 habe man "ein Zeichen für die Wertschätzung der Lernanstrengungen unserer Auszubildenden gesetzt, ohne ausbildende Betriebe generell zu überfordern, da die allermeisten deutlich über der Mindestausbildungsvergütung liegen". Damit werde zugleich auch ordnungspolitisch das richtige Zeichen gesetzt: "Die Gestaltung der Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen bleibt maßgeblich Sache der Sozialpartner", betonte Kramer.

Mey Dudin, Markus Jantzer


Familie

"Die Verantwortung für den gesamten Laden hat die Frau"




Eltern mit Kind auf einem Spielplatz
epd-bild/Maike Glöckner
Auch wenn Mütter berufstätig sind, tragen sie nach wie vor die Hauptverantwortung für Haushalt und Kinder. Von ihren Partnern wünschen sich viele mehr als "Hilfe" - es geht um das Mitdenken.

Wenn Laura morgens aufsteht, hat sie schon eine ellenlange To-Do-Liste im Kopf: Eines ihrer Kinder braucht ein neues Schulheft, ein Logopädie-Termin muss vereinbart und Pakete müssen zur Post gebracht werden. "Wenn ich nicht neun Bälle gleichzeitig in der Luft halte, die stellvertretend stehen für Job, Kinder, Kinderbetreuung, Schule, Haushalt, Termine, Freizeit, Gesundheit und Geschenke, sich stattdessen keiner kümmert, dann habe ich hier den Salat", klagt die dreifache Mutter und Bloggerin.

Aufteilung der Hausarbeit

Jule geht es ähnlich. Noch im Büro grübelt sie, was abends auf den Tisch kommt. Ihr Mann ist da keine Hilfe. "Sag du", lautet seine Antwort auf die Frage: "Was sollen wir heute kochen?" Laura und Jule sind zwei von vielen Frauen, die sich derzeit im Internet an der Diskussion über die nach wie vor ungerechte Aufteilung der Hausarbeit zwischen den Geschlechtern beteiligen. Neu entzündet hat sich diese eigentlich alte Debatte seit einiger Zeit an dem Begriff "Mental Load" und einem Comic der Illustratorin Emma.

Darin bringt die Französin auf den Punkt, was viele Mütter tagtäglich stresst, ohne dass sie dafür Anerkennung erhalten: Sie tragen die "Mental Load", also die "mentale Last", den Familienalltag organisieren zu müssen. "Es ist eine permanente und anstrengende Arbeit. Und sie ist unsichtbar", schreibt Emma. "Warum hast du mich denn nicht gefragt?", lautet im Comic die unschuldige Frage der Männer, wenn Frau gestresst reagiert, weil sich vor ihr der Abwasch türmt oder sie einsam gegen Berge schmutziger Wäsche ankämpft.

Viele Frauen kennen die Situation, dass Männer sich im Haushalt entweder gar nicht zuständig oder lediglich als Hilfskraft fühlen. "Die Verantwortung für den gesamten Laden hat die Frau. Wenn der Mann nett ist, hilft er", beobachtet die Hamburgerin Helen Heinemann, die Frauen-Seminare zur Burnout-Prävention leitet. "Ich erlebe in den Seminaren deutlich, dass sich Frauen an der Doppelbelastung erschöpfen."

Trotz Partner alleinerziehend

Nach wie vor übernehmen Frauen einen Großteil der Hausarbeit. Selbst wenn beide Partner Vollzeit berufstätig sind, wenden Frauen an einem Werktag durchschnittlich rund drei Stunden mehr Zeit für Haushalt und Kinder auf als Männer, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) herausfand.

"Projektleiter Haushalt" nennt Emma die Frau in ihrem Comic und zieht eine Parallele zur Arbeitswelt. Auch in modernen Partnerschaften sähen Männer diesen Einsatz nicht und hätten von sich meist den Eindruck, sie beteiligten sich doch fair an Haushalt und Kinderbetreuung. Doch sie übernähmen nicht wirklich Verantwortung.

Gar nicht so selten ist es offenbar auch, dass die Väter überhaupt keine Unterstützung sind. Laut einer Studie des Rheingold-Instituts fühlt sich ein Drittel der Mütter trotz Partner alleinerziehend oder betrachtet ihn gar als weiteres Kind.

"Das, was zu kurz kommt, sind die Frauen selbst", beobachtet Heinemann. Kein Wunder, dass Mütter zunehmend unter Burnout-Symptomen leiden. "Diagnosen wie Erschöpfungszustände, Schlafstörungen, depressive Verstimmungen oder Essstörungen haben sich in den letzten 15 Jahren bei den Frauen, die zu uns kommen, verdoppelt", sagt Anne Schilling vom Müttergenesungswerk (Berlin). Unter diesen Symptomen leiden inzwischen 98 Prozent der Mütter, die an Kuren des Müttergenesungswerks teilnehmen.

Raus der Organisations-Falle

Verantwortlich dafür sei auch der gesellschaftliche Druck, sagt Schilling. "Einerseits sind junge Frauen heute sehr gut ausgebildet und gleichberechtigt. Andererseits wird aber immer noch ein traditionelles Mutterbild an sie herangetragen." Rund 70 Prozent der Mütter mit Kindern sind laut Statistischem Bundesamt berufstätig. Dennoch werde die Mutter meist immer noch als Hauptverantwortliche für die Erziehung der Kinder gesehen, beobachtet Schilling.

Selbst in Familien, in denen die Mutter Haupternährerin ist, funktioniere der Rollentausch meist nicht richtig, stellte die Soziologin Cornelia Koppetsch von der Technischen Universität Darmstadt in einer Studie fest. "Wenn ein Kind in der Schule krank wird, werden zum Beispiel meist immer noch die Mütter angerufen."

"Der Weg raus der Organisations-Falle", sagt Heinemann, "beginnt damit, dass sich die Frau überlegt, welche Aufgaben sie gerne abgeben würde und dies mit ihrem Partner bis ins Detail bespricht." Das könne zunächst einmal mühsam sein.

"Wichtig ist es, konsequent zu bleiben, auch wenn das nicht gleich klappt", rät Heinemann. "Es ist wichtig, dass Frauen auch mal loslassen." Habe es der Vater zum Beispiel übernommen, regelmäßig den Schulranzen des Kindes zu kontrollieren, dann sollte sich die Mutter da auch nicht mehr einmischen. "Die Welt geht nicht unter, wenn das Kind eine Zeit lang mit einem rumpeligen Schulranzen herumläuft."

Claudia Rometsch


Behinderung

Kirchen und Politik bekennen Schuld für Unrecht an Heimkindern



Isolationshaft, sexueller Missbrauch, Medikamententests: Lange wurde in Deutschland über die Misshandlung von Heimkindern geschwiegen. Entschädigungen gibt es erst seit einigen Jahren. Diese reichen vielen Betroffenen nicht aus.

Bund, Länder und Kirchen haben sich erneut zu ihrer Verantwortung für begangenes Unrecht an Kindern und Jugendlichen in ost- und westdeutschen Heimen bekannt. "Staat und Gesellschaft haben versagt in Ost und West", sagte Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) am 13. Mai in Berlin bei einer Veranstaltung der Stiftung Anerkennung und Hilfe. Zu lange seien den Betroffenen "die elementaren Prinzipien unsers Rechtsstaats verwehrt" und das Unrecht verschwiegen oder bagatellisiert worden.

Der Minister mahnte eine rasche Aufarbeitung an. Betroffenen-Vertreter kritisierten unterdessen die bisherigen Entschädigungsleistungen von Politik und Kirchen als unzureichend. Helfried Gareis, Vorstand im Verein ehemaliger Heimkinder, kritisierte das Treffen als "Billiglösung" und "Heuchelorgie". Die einmalige Entschädigungszahlung von 9.000 Euro sei unzureichend.

Rente von 550 Euro monatlich gefordert

Vereinssprecherin Doris Petras forderte ähnlich wie bei Opfern von DDR-Unrecht eine Entschädigungsrente von 550 Euro monatlich. Betroffenenvertreterin Manuela Nicklas-Beck aus Schleswig-Holstein sprach sich auf der Veranstaltung der Stiftung zudem für die Einrichtung eines Pflegefonds für diese Gruppe von Heimkindern aus.

Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, bat im Namen der evangelischen Kirche und der Diakonie die Betroffenen für das erlittene Leid und Unrecht um Verzeihung. "Wir haben damit Schuld auf uns geladen", sagte Dröge. Auch Berlins katholischer Erzbischof Heiner Koch entschuldigte sich im Namen der Kirche. Auf der Veranstaltung unter dem Motto "Zeit, über das Leid zu sprechen" schilderten Betroffene ihre persönlichen Erfahrungen in den Heimen. Ein Großteil der Einrichtungen war in kirchlicher Trägerschaft.

Über Jahrzehnte systematisch Leid zugefügt

Konkret geht es um Hunderttausende Menschen, die in der Bundesrepublik von 1949 bis 1975 beziehungsweise in der DDR bis 1990 in Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie untergebracht waren. In den Heimen wurde den Kindern und Jugendlichen oft systematisch Leid und Unrecht angetan. Unter anderem wurden an ihnen Medikamententests vorgenommen, oder sie wurden zu Arbeitseinsätzen gezwungen. Viele von ihnen wurden in den Heimen Opfer von körperlicher und psychischer Gewalt sowie sexuellem Missbrauch.

Anfang 2017 war von Bund, Ländern und Kirchen die Stiftung Anerkennung und Hilfe gegründet worden. Betroffene können über die Stiftung eine pauschale Entschädigung in Höhe von 9.000 Euro sowie Rentenersatzleistungen von bis zu 5.000 Euro erhalten. Anträge dafür werden noch bis 31. Dezember 2020 angenommen. Vertreter von Bund, Ländern und Kirchen warben am Montag dafür, die verlängerte Antragsfrist unter den Betroffenen bekannter zu machen.

Nach Angaben von Sozialstaatssekretärin Kerstin Griese (SPD) haben bundesweit bislang rund 14.000 Betroffene von den einmaligen Entschädigungszahlungen Gebrauch gemacht. Es seien bisher rund 64 Millionen Euro ausgezahlt worden, sagte Griese. Diese Leistungen könnten Leid und Unrecht nicht ungeschehen machen, sie seien vielmehr ein Angebot zur Versöhnung.

Der Bundesbehindertenbeauftragte Jürgen Dusel kritisierte, dass den Opfern zu lange nicht zugehört worden sei. Das Thema sei in Deutschland jahrzehntelang verdrängt und tabuisiert worden.

Christine Xuân Müller


Behinderung

Verband: Ohne Hilfe ist betreuten Menschen eine Wahl kaum möglich




Thorsten Becker
epd-bild/Bundesverband der Berufsbetreuer/innen e.V.
Personen, die in allen rechtlichen Dingen betreut sind, dürfen bei der EU-Wahl am 26. Mai erstmals wählen. Die meisten schaffen das nicht ohne fremde Hilfe. Was vor der Wahl zu beachten ist und wie sie ihr Kreuz machen können, das erläutert Thorsten Becker, der Vorsitzende des Bundesverbandes der Berufsbetreuer/innen (BdB) im epd-Interview.

Niemand kann sagen, wie viele der rund 80.000 wahlberechtigten Bürger, die in allen rechtlichen Angelegenheiten betreut werden, tatsächlich bei der EU-Wahl ihr Kreuz machen werden. Betreuer und Betreute müssen zuvor selbst aktiv werden, und auch die kommunalen Behörden haben fristgerecht die Formalitäten zu erledigen. Das alles geschieht unter hohem Zeitdruck, erläutert Thorsten Becker: "Wenn einige Kommunen das nun rein technisch nicht mehr rechtzeitig hinbekommen, dann ist das natürlich bedauerlich." Die Fragen stellte Dirk Baas.

epd sozial: Das Bundesverfassungsgericht hat im April den Weg dafür frei gemacht, dass Menschen, die in allen rechtlichen Angelegenheiten betreut sind, schon an der EU-Wahl am 26. Mai teilnehmen können. Werden die nun auch flächendeckend ihr Kreuz machen können?

Thorsten Becker: Das kann man aus heutiger Sicht nicht sicher sagen. Da wird einiges im Bereich der Vermutung bleiben müssen. Die Möglichkeit zur Wahl haben nach meiner Kenntnis bundesweit rund 80.000 Personen, die bislang ausgeschlossen waren. Zuvor müssen aber einige Formalitäten geregelt werden. Und auch die lokalen Behörden müssen ihre Aufgaben fristgerecht erledigen, dafür ist nicht viel Zeit geblieben. Klar ist aber auch, dass natürlich nicht alle Menschen unter vollständiger Betreuung auch wählen wollen. Ähnlich wie in der Bevölkerung generell gibt es auch dort Personen, die schlicht kein Interesse an der politischen Mitbestimmung haben.

epd: Jetzt muss der Wahlausschluss unter großen Zeitdruck beseitigt werden. Hätte man damit nicht besser doch bis zur nächsten Wahl gewartet?

Becker: Nein, das würde ich so nicht sagen. Wenn eine Situation, wie der Wahlausschluss, verfassungswidrig ist, dann muss das schnellstens beseitigt werden. Das sind wir, ja die ganze Gesellschaft den betroffenen Personen schuldig. Wenn einige Kommunen das nun rein technisch nicht mehr rechtzeitig hinbekommen, dann ist das natürlich bedauerlich. Dennoch ist die Entscheidung aus Karlsruhe auch als Signal sehr zu begrüßen.

epd: Kommen wir zu den Formalitäten, die ja auch Sache der Betreuer sind. Was ist zu tun, damit zuvor Ausgeschlossene nun wählen zu können?

Becker: Zuerst muss ein Antrag auf Eintrag in das Wählerverzeichnis gestellt werden. Dabei brauchen die meisten Betroffenen sicher schon Unterstützung, denn sie wissen ja meist gar nicht, wie das zu machen ist. Dabei muss man auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes Bezug nehmen. Möglich ist auch, einen Einspruch oder eine Beschwerde gegen die Richtigkeit oder Vollständigkeit des Wählerverzeichnisses zu stellen, um es im Sinne der neuen Entscheidung berichtigen zu lassen. Es geht darum zu erreichen, dass die in vollem Umfang Betreuten jetzt unverzüglich in das Verzeichnis aufgenommen werden müssen. Und damit müssen ihnen dann die Wahlunterlagen zugestellt werden.

epd: Ist das denn überhaupt noch zeitlich möglich?

Becker: Für die Europawahl dürfte das schon knapp sein. Es liegt an den Betreuern, die Anträge auf Aufnahme in das Wählerverzeichnis schnell zu stellen. Ich gehe nicht davon aus, dass das die Ämter von sich aus machen. Im Einzelfall mag das vielleicht so sein, flächendeckend aber sicher nicht.

epd: Und wie wählen die Betroffenen dann ganz konkret?

Becker: Wenn sie selbst ins Wahllokal gehen können, wäre das der normale Weg. Natürlich müssen sie wie jeder andere Bürger ihre Wahlbenachrichtigung dabei haben, sonst bekommen sie keine Wahlunterlagen. Braucht die betreute Person dabei fremde Unterstützung, dann kann es Aufgabe des Betreuers sein, eine Assistenz zu organisieren, die dann vor Ort den Menschen zur Wahl begleitet.

epd: Das machen die Betreuer nicht selbst?

Becker: Nein, in aller Regel nicht. Das ist auch nicht unsere Aufgabe. Hier geht es um eine reine persönliche Begleitung. Diese Dienstleistung übernehmen Mitarbeiter der Eingliederungshilfe. Der eigentliche Entscheidungsprozess, wo das Kreutz auf dem Wahlzettel gemacht wird, ist den Helfern ohnehin entzogen. Die Wahl ist geheim, alles andere wäre unzulässig. Das muss man wirklich betonen. Der Betreuer muss vorher aktiv werden und dafür sorgen, dass, wenn es nötig ist, eine Assistenz am Wahltag anwesend ist. Ganz ohne Probleme ist aber auch das nicht. Wenn kein Dienst vor Ort vorhanden ist oder die Kostenübernahme für dieses Leitung noch unklar ist, wird es schwierig, hier Begleitung zur Wahl hinzubekommen. Dann sollte eine Briefwahl in Betracht gezogen werden.

epd: Und wenn die Entscheidung für die Briefwahl gefallen ist?

Becker: Dann müssen rechtzeitig die Briefwahlunterlagen beantragt werden.

epd: Die Kreuzchen werden dann in der Einrichtung oder in der eigenen Wohnung gemacht, aber auch mit Unterstützung?

Becker: Ja. Aber auch hier ist das Wahlgeheimnis streng zu beachten. Das Kreuz muss jeder alleine machen. Aufgabe des Betreuers kann es höchstens sein, ganz allgemein, ohne Einfluss auf die Entscheidung zu nehmen, über die Wahl, die Parteien und die politische Landschaft zu informieren. Und natürlich zu helfen, die richtigen Umschläge verwenden, zu füllen und abzusenden. Es geht also auch um das ganze formale Drumherum. Da sollten auch die Mitarbeiter in den Einrichtungen die Ansprechpartner sein. Wenn bei einem meiner Klienten ein solches Problem auftaucht, würde ich dann selbst weiterhelfen.

epd: All das kann nur funktionieren, wenn es auch genügend verständliches, barrierefreies Informationsmaterial zur EU und zu den Wahlen gibt. Liegt das inzwischen vor?

Becker: Ja. Hier dürfte es keine Probleme geben, denn es durften ja auch in der Vergangenheit schon viele Menschen mit Handicap, die eine Betreuung haben oder auch keine, wählen und darauf haben sich die Einrichtungen und die Fachverbände natürlich vorbereitet. Es gibt also längst Auskünfte in leichter Sprache oder andere barrierefreie Angebote, die nötig sind, um das politische Geschehen verstehen zu können. Sicher ist das auch in den verschiedenen Regionen unterschiedlich, aber wir sind da schon erheblich weiter als noch vor einigen Jahren.



Kirche

EKD-Institutsleiter Wegner verabschiedet



Der Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Gerhard Wegner, ist am 11. Mai in einem Gottesdienst in Berlin in den Ruhestand verabschiedet worden.

Bei der Feier in der Französischen Friedrichstadtkirche würdigte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm Wegners Wirken in den vergangenen 14 Jahren. Der 65-Jährige habe "mit seiner großen Kompetenz, mit seiner Leidenschaft und seiner Streitbarkeit" ganz wesentlich dazu beigetragen, das Institut zu einem unverzichtbaren Akteur und Ratgeber für das kirchenleitende Handeln zu etablieren.

"Das Sozialwissenschaftliche Institut - so viel kann man schon jetzt sagen - ist zum Erfolgsmodell geworden. Und daran hast Du den entscheidenden Anteil", sagte Bedford-Strohm. Unter Leitung Wegners habe das Institut eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien zu Themen wie versteckter Armut auf dem Land, zu Langzeitarbeitslosen oder zur Zukunft Europas veröffentlicht. Dazu kamen Umfragen zur Sterbehilfe, zur Aufnahme von geflüchteten Menschen, zu Lebens- und Glaubenswelten junger Menschen.

Projekte mit markanter Handschrift

All diese Projekte trügen Wegners Handschrift. "Ergebnisse dieser Studien machen uns in der medialen Öffentlichkeit sprachfähig, in der auf Zahlen oft mehr gehört wird als auf Argumente", sagte der EKD-Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof.

Wegner leitete das Institut in Hannover seit Oktober 2004. Er ist Gründungsdirektor der Einrichtung, die aus der Zusammenführung des früheren Sozialwissenschaftlichen Institutes der EKD in Bochum und des Pastoralsoziologischen Institutes der hannoverschen Landeskirche entstand.

Wegner studierte in Göttingen und im kenianischen Nairobi Theologie und wurde dann Gemeindepastor in Celle und Springe. 1991 wurde er Gründungsgeschäftsführer der kirchlichen Hanns-Lilje-Stiftung, dann Beauftragter der Kirche für die Expo 2000 und später Leiter des "Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt" in der hannoverschen Landeskirche.

Er ist zudem Mitglied im Vorstand des Studienzentrums der EKD für Genderfragen in Kirche und Theologie, ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender des Niedersächsischen Bundes für freie Erwachsenenbildung sowie Mitglied im Aufsichtsrat des Diakonischen Werkes evangelischer Kirchen in Niedersachsen. Zudem lehrt er als außerplanmäßiger Professor an der Universität Marburg in Hessen. In dem Gottesdienst am Samstag wurde Wegner auch als Pastor der hannoverschen Landeskirche entpflichtet.

Karin Miether


Kirche

Hintergrund: 50 Jahre Sozialwissenschaftliches Institut



Das Sozialwissenschaftliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wurde 1969 in Bochum gegründet. Ziel war es, soziologische und sozialethische Forschung für die Kirche und die Gesellschaft zu betreiben und der Kirche wissenschaftliche Grundlagen für ihr Handeln zu liefern. Das Institut sollte damit "dem Eintreten der Kirche für Gerechtigkeit und Frieden in der Welt" dienen.

Der Soziologe Klaus Lefringhausen (1934-2009) setzte als erster Leiter einen Schwerpunkt auf "Fortschrittsprobleme der Industriegesellschaft". Bundesweite Bedeutung erhielt das Institut in den 1970er Jahren unter der Leitung des Soziologen Horst Zilleßen mit seinen Forschungen und Veröffentlichungen zum Thema Umwelt. So war das Institut 1972 an der Gründung der Bundesarbeitsgemeinschaft Umweltschutz beteiligt. Im selben Jahr gründete sich der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz und wählte Zilleßen zum Vorsitzendem.

1983 übernahm der Sozialethiker Günter Brakelmann nebenamtlich die Leitung. Brakelmann war von 1972 bis zu seiner Emeritierung 1996 Professor für Christliche Gesellschaftslehre an der Ruhr-Universität Bochum. Er gilt als engagierter Vermittler zwischen Kirche und Arbeitswelt.

Mitwirkung am gemeinsamen Sozialwort

Unter anderem wirkte das Institut intensiv an der Vorbereitung des gemeinsamen Sozialwortes mit, das die EKD und die katholische Deutsche Bischofskonferenz 1997 veröffentlichten. Darin erteilten die Kirchen neoliberalen Tendenzen eine Absage. Schwerpunkte des Sozialwortes waren die Massenarbeitslosigkeit, die Krise des Sozialstaates und die ökologischen Probleme.

Finanzprobleme führten dazu, dass das Institut 2004 an den Standort der EKD nach Hannover verlegt wurde. Dort schloss es sich mit dem Pastoralsoziologischen Institut der hannoverschen Landeskirche zusammen. Unter der Leitung des Theologen Professor Gerhard Wegner nahm es damit einen neuen Anfang. Zu dieser Zeit prägten die Diskussionen um die damalige Sozialgesetzgebung mit der Einführung von Hartz IV und die sich wandelnde Rolle der Kirche in der Gesellschaft die Forschungsanliegen.

In den Folgejahren mit insgesamt rund 150 wissenschaftlichen Projekten veröffentlichte das Institut unter anderem Studien zur Situation von Langzeitarbeitslosen, zum zivilgesellschaftlichen Engagement für Flüchtlinge oder zur Wahrnehmung der Kirche im Osten Deutschlands. Mit einer Tagung in Berlin feierte das Institut jüngst sein 50-Jähriges Bestehen.



Pflege

Beauftragter warnt: Zu wenige Kurzzeitpflegeplätze




Andreas Westerfellhaus
epd-bild/Christian Ditsch
Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, schlägt Alarm, weil es zu wenige Kurzzeitpflegeplätze gibt. Um die Angebote besser refinanzieren zu können, schlägt er vor, höhere Pflegesätze zu bezahlen.

Andreas Westerfellhaus warnte am 14. Mai in Berlin, der Bedarf steige, aber das Angebot komme nicht mit. Die Zahl der ausschließlich für Kurzzeitpflege zur Verfügung stehenden Plätze sei sogar zurückgegangen. Er forderte, Einrichtungen, die Kurzzeitpflege anbieten, höhere Pflegesätze zuzugestehen - und erhielt dafür Zustimmung aus der Pflegebranche.

Angehörige, Pflegeberatungsstellen und die Sozialdienste in den Krankenhäusern finden laut Westerfellhaus immer häufiger keinen Kurzzeitpflegeplatz, obwohl die Betroffenen darauf einen Anspruch hätten. Das gefährde die Pflege zu Hause.

Kurzzeitpflegeplätze sind zur Überbrückung gedacht, etwa wenn jemand aus dem Krankenhaus kommt und zunächst weiter Pflege braucht. Pflegende Angehörige wiederum sind auf einen Kurzzeitpflegeplatz angewiesen, wenn sie beispielsweise Urlaub machen wollen. Die Nachfrage nach solchen Plätzen sei zwischen 2011 und 2015 um 35 Prozent gestiegen, erklärte Westerfellhaus.

Mehr Geld bereitstellen

Der Pflegebeauftragte fordert, Einrichtungen, die Kurzzeitpflege anbieten, höhere Pflegesätze zuzugestehen. Die Vergütung müsse auskömmlich sein, schreibt Westerfellhaus in einem Positionspapier. Für pflegende Angehörigen müsse es einfacher werden, die Entlastungsangebote in Anspruch zu nehmen. Dafür müssten die bestehenden Möglichkeiten zusammengeführt werden, wie es Union und SPD im Koalitionsvertrag auch vereinbart hätten, verlangt Westerfellhaus.

Die in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) zusammengeschlossenen Spitzenverbände begrüßten es, konkrete Maßnahmen zur Stärkung und zum Ausbau der Kurzzeitpflege zu ergreifen. Das sei angesichts des erheblichen Mangels an Kurzzeitpflegeplätzen dringend erforderlich.

Viele unterversorgte Regionen

"In vielen Regionen besteht kein bedarfsgerechtes Platzangebot in der stationären Kurzzeitpflege, so dass die Kurzzeitpflege die ihr zugedachte Versorgungsfunktion nicht erfüllt“, sagte der BAGFW-Geschäftsführer Gerhard Timm: "Es ist nicht zumutbar, wenn Menschen nach Krankenhausaufenthalt oder bei einer akuten Krisensituation in der häuslichen Versorgung keinen Kurzzeitpflegeplatz in der Nähe ihres Wohnorts finden."

Eine wesentliche Ursache für das zu geringe Angebot seien die schwierigen Rahmenbedingungen, die es Einrichtungen kaum ermöglichen, Kurzzeitpflegeplätze wirtschaftlich zu betreiben.

Die Freie Wohlfahrtspflege sieht jedoch auch dringenden konzeptionellen Weiterentwicklungsbedarf: "Kurzzeitpflege muss dazu dienen, Menschen nach Krankenhausaufenthalt gesundheitlich so zu stabilisieren, dass die Pflege in der häuslichen Umgebung wieder möglich ist", betonte Timm. Insgesamt müsse die Kurzzeitpflege auf eine tragfähige wirtschaftliche Basis gestellt werden.

Bettina Markmeyer, Dirk Baas


Bundesregierung

Mehr als 5.600 Abschiebungen im ersten Quartal 2019



In den ersten drei Monaten dieses Jahres sind 5.613 Asylsuchende aus Deutschland abgeschoben worden. Das waren 622 weniger als im ersten Quartal 2018, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt.

Abschiebungen gab es demnach von Januar bis März vor allem nach Italien (600), Albanien (389) und Georgien (352). Zudem wurden rund 400 abgelehnte Asylbewerber in die Maghreb-Staaten zurückgebracht.

Die Linke kritisiert die Abschiebepraxis. "Die Zahl der Abschiebungen bewegt sich auf dem erschreckend hohen Niveau der Vorjahre", sagte Ulla Jelkpe, innenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Insbesondere die hohe Zahl von Dublin-Abschiebungen nach Italien ist alles andere als eine gute Nachricht: das italienische Asylsystem weist gravierende Mängel auf, viele Asylsuchende leben dort auf der Straße, ohne Zugang zu Nahrungsmitteln und medizinischer Versorgung."

Nach den Dublin-Regeln ist der EU-Staat, auf dem ein Flüchtling zuerst europäischen Boden betreten hat, für den Asylsuchenden zuständig.



Medizin

Studie: Auch frischgebackene Väter können depressiv werden



Nach der Geburt eines Kindes können einer Studie zufolge auch Väter eine Depression entwickeln. Bekannt sei bisher, dass ein bedeutender Anteil von Müttern eine "Wochenbettdepression" habe, sagte die stellvertretende Direktorin der Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Frankfurt am Main, Sarah Kittel-Schneider, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Eine im Juli 2017 gestartete Studie habe ergeben, dass dies auch auf einen Teil der Väter zutreffe.

Bisher sind nach den Worten von Kittel-Schneider dazu die Interviews von 66 Paaren ausgewertet worden. Demnach hatten von den Vätern während der Schwangerschaft fünf Prozent leichte Depressionen, drei Monate nach der Geburt zehn Prozent und sechs Monate später knapp 14 Prozent. Mittelschwere bis schwere Depressionen hätten während der Schwangerschaft drei Prozent der Väter gezeigt und drei Monate nach der Geburt vier Prozent, sechs Monate nach der Geburt keiner mehr. Die "Väterdepression" äußere sich in schlechter Stimmung, Nervosität, Gereiztheit, Angespanntheit und in Schlafstörungen.

Bei den Müttern kämen die leichten Depressionen in zeitlicher Nähe zur Geburt wesentlich häufiger vor, sechs Monate danach seien sie gleich hoch wie bei den Vätern, erläuterte die Medizinerin. Die mittelschweren bis schweren Depressionen hingegen kämen zunächst seltener vor als bei Vätern.

In Zahlen zeigten von den Müttern während der Schwangerschaft 22 Prozent leichte Depressionen, drei Monate nach der Geburt 30 Prozent und sechs Monate danach 14 Prozent. Mittelschwere bis schwere Depressionen zeigten während der Schwangerschaft 1,5 Prozent der Mütter, drei Monate nach der Geburt zwei Prozent und sechs Monate danach knapp vier Prozent.

Ursachen noch meist unerforscht

Zu den Ursachen der Väterdepression ist nach den Worten von Kittel-Schneider bisher bekannt, dass Männer gefährdet sind, die bereits vor der Schwangerschaft ihrer Partnerin Depressionen gehabt haben. Andere Studien legten nahe, dass auch ein niederer sozialer Status und Arbeitslosigkeit eine Rolle spielten, was in der Frankfurter Studie aufgrund fehlender Probanden nicht habe untersucht werden können. Im Lauf der bis Juni 2020 dauernden Studie werde weiter untersucht, ob Paarkonflikte und die Beziehung des Vaters zum Baby eine Rolle für eine Depression spielten.

Die leichten Depressionen im Zusammenhang mit einer Geburt gingen von alleine wieder weg, erklärte die Medizinerin. Die mittelschweren und schweren Depressionen sollten mittels einer Verhaltenstherapie oder mit Medikamenten behandelt werden. Für Männer liege allerdings die Hemmschwelle höher, psychiatrische Beratung und Hilfe anzunehmen.

Die Problematik betreffe nicht allein die Elternteile: Eine im März veröffentlichte englische Studie unter 18-Jährigen deute darauf hin, dass diese ein höheres Risiko hinsichtlich einer depressiven Erkrankung hätten, wenn ein Elternteil zur Zeit ihrer Geburt davon betroffen war.

Jens Bayer-Gimm


Hessen

Land will Impfpflicht im Bundesrat nicht verhindern



Das Land Hessen will die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geplante Impfpflicht gegen Masern nicht über den Bundesrat zu Fall bringen. Dies sagte Sozialminister Kai Klose (Grüne) am 10. Mai in Wiesbaden. Unabhängig von den Plänen des Bundes verfolge die Landesregierung aber ihre eigene Impfstrategie mit mehr Aufklärung und Kontrollen weiter, fügte Klose hinzu.

In der von ihm ins Leben gerufenen Landesarbeitsgemeinschaft Impfen werde bis August ein Einvernehmen über Maßnahmen zur Erhöhung der Impfquoten angestrebt, sagte Klose. Das Gremium besteht aus Vertretern der Landesregierung, der Krankenkassen, der Ärzte, der Kommunen sowie der Eltern- und Seniorenbeiräte. Bereits auf der konstituierenden Sitzung am 24. April sei der Wille erkennbar geworden, bei der Impfstrategie zu gemeinsamen Lösungen zu kommen. Nach Erkenntnis des Sozialministeriums ist die Impfquote generell vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu niedrig.



Hessen

Ministerin gegen Abschiebehaft im Justizvollzug



Die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) hat ihren Widerstand gegen die Pläne von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bekräftigt, Abschiebehäftlinge auch im Strafvollzug unterzubringen. Vor Journalisten äußerte sie am 13. Mai in Wiesbaden Zweifel daran, ob die geplante Regelung bei einer Klage verfassungsrechtlich haltbar sei. Nach der bisherigen Rechtsprechung sei geboten, Strafvollzug und Abschiebehaft strikt zu trennen.

In diesem Punkt habe Seehofer praktisch alle 16 Bundesländer gegen sich, sagte die Ministerin. Trotzdem zeichne sich kein Einlenken ab. Eine Zustimmungspflicht des Bundesrats sehe das Gesetz aber nicht vor, obwohl die Abschiebungen und die Justizvollzugsanstalten nach wie vor Ländersache seien.

Auch wenn die Unterbringung der Abschiebehäftlinge in den Haftanstalten nach Seehofers Regelung zeitlich befristet werden soll, ändert das laut Kühne-Hörmann nichts daran, dass das Vorhaben falsch sei. In der Praxis sei eine räumliche Trennung verurteilter Straftäter innerhalb einer Justizvollzugsanstalt kaum konsequent durchzuhalten, weil in keinem Gefängnis dafür ein kompletter Trakt umgerüstet werden könne.

Auch gälten für Abschiebehäftlinge zum Beispiel ganz andere Besuchsregelungen als für verurteilte Straftäter, sagte die Ministerin. Es gebe auch keine Spielplätze für die Kinder der zur Abschiebung Vorgesehenen, und beim Freigang auf dem Hof könnten sie kaum von Häftlingen getrennt werden.




sozial-Branche

Pflege

Verbände fordern Steuerbefreiung bei Überstunden




Schichtplan eines ambulanten Pflegedienstes in Bielefeld (Archivbild)
epd-bild/Werner Krüper
"Das System rast auf den Abgrund zu": Am "Tag der Pflegenden" machte der Paritätische Wohlfahrtsverband mit drastischen Worten auf die Nöte der Branche aufmerksam. Die Kanzlerin versichert, dass die Regierung an einer Verbesserung der Lage arbeite.

Zum "Tag der Pflegenden" am 12. Mai haben Branchenvertreter mehr Anerkennung und eine bessere Vergütung für Pflegekräfte gefordert. So sprach sich der Arbeitgeberverband Pflege dafür aus, dass Überstunden von Beschäftigten im Pflegebereich künftig von Steuern und Abgaben befreit werden sollen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dankte in ihrem Video-Podcast allen professionellen Pflegekräften und jenen, die ihre Angehörigen pflegen. Die Bundesregierung arbeite daran, deren Situation zu verbessern.

Der internationale "Tag der Pflegenden" (International Nurses Day) wird in Deutschland seit 1967 veranstaltet. Es ist der Geburtstag der Britin Florence Nightingale (1820-1910), der Begründerin der systematischen Krankenpflege. Das Motto des Aktionstages lautete in diesem Jahr "Gesundheit für alle".

Forderung nach finanzieller Anerkennung

Nach den Worten des Chef des Arbeitgeberverbandes Pflege, Thomas Greiner, kann an vielen Orten die Pflege nur sichergestellt werden, wenn die Pflegekräfte viele Überstunden leisten. Wenn die Überstunden von Steuern und Sozialversicherungsabgaben befreit würden, "hätten die Pflegekräfte eine echte Anerkennung, die sie sofort im Geldbeutel spüren", erklärte Greiner. Was in Frankreich für alle Arbeitnehmer geschaffen werde, solle in Deutschland wenigstens für den Mangelberuf Pflege möglich sein. Die Bundesregierung dürfe "nicht bei warmen Worten stehen bleiben".

Merkel sagte, immer noch seien es die Angehörigen, auf denen der größte Teil der Arbeit bei der Pflege laste: "In den Familien wird Unglaubliches geleistet." Der Staat könne hier zwar nur unterstützend tätig sein. Aber es seien eine bessere soziale Absicherung, Möglichkeiten zur beruflichen Freistellung und eine professionelle Beratung geschaffen worden. Am Ziel sei man aber noch lange nicht: "Wir arbeiten dauerhaft daran, die Bedingungen zu verbessern", sagte sie ihrem wöchentlichen Video-Podcast.

Auch für professionelle Pflegekräfte bleibe noch viel zu tun, aber die Regierung sei mit dem "Sofortprogramm Pflege" auf gutem Weg, fügte sie hinzu. Damit sei zum Beispiel die Ausbildung für Pflegekräfte vollkommen neu geordnet worden. Für Pflegekräfte in der Ausbildung werde es in Zukunft kein Schulgeld mehr geben, "sondern eine anständige Vergütung". Zudem finanziere die Bundesregierung 13.000 neue Vollzeitstellen. Auch solle die "Konzertierte Aktion Pflege" zu einer vernünftigen und bundeseinheitlichen Bezahlung führen.

Verband: Lage in der Pflege ist dramatisch

Der Paritätische Wohlfahrtsverband Niedersachsen zeichnete ein düsteres Bild der Lage in der Altenpflege. Die Versorgungssicherheit stehe auf der Kippe. Politik und Kostenträger müssten endlich an einem Strang ziehen, um eine Katastrophe zu verhindern, teilte der Verband am Sonntag mit. "Dieses System rast auf den Abgrund zu und braucht schnellstens eine Kehrtwende." In der ambulanten Pflege müsse der Arbeitsdruck sinken, und die Vergütung müsse besser werden.

Schon jetzt müssten Pflegedienste immer wieder Pflegegesuche ablehnen, weil die Personaldecke zu dünn sei. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen klagten über unpersönliche "Pflege im Minutentakt", schilderte der Verband. Ursache sei, dass für bestimmte Dienstleistungen nur eine bestimmte, knapp bemessene Zeit rückvergütet werde. Nähmen sich die Pflegekräfte dennoch mehr Zeit für ihre Patientinnen und Patienten, bekomme der Pflegedienst dafür kein zusätzliches Geld von der Pflegekasse. Auch die Fahrzeiten zwischen den einzelnen Einsatzorten würden unzureichend vergütet.

Menschen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegten, seien stark beansprucht und hätten kaum Möglichkeiten zur Erholung. Deshalb müssen dem Verband zufolge sowohl die professionellen Pflegekräfte als auch die pflegenden Angehörigen viel mehr unterstützt werden.

Ver.di fordert mehr Personal

Die Gewerkschaft ver.di forderte erneut mehr Personal und Entlastung sowie angemessener Bezahlung in Krankenhäusern und Altenpflege. "Bei den Missständen in der Pflege gibt es kein Erkenntnisproblem, was es braucht sind entschlossene und umfassende Lösungen. Politik und Arbeitgeber sind dringend aufgerufen, zügig zu handeln, um dem Fachkräftebedarf zu begegnen", sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler.

Für eine ganzheitliche und würdige Pflege fehle das Personal. "Es braucht endlich bundeseinheitliche verbindliche Vorgaben für eine Personalausstattung, die sich am tatsächlichen Pflegebedarf orientieren", sagte Bühler. Vor allem in der Altenpflege werde oft schlecht bezahlt, deshalb müssten diese Arbeitgeber verpflichtet werden, einen flächendeckenden Tarifvertrag zu Mindestbedingungen in der Altenpflege anzuwenden.

Die aktuell veröffentlichten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen laut Bühler, dass sich der Fachkräftemangel in Alten- und Krankenpflege noch einmal dramatisch verschärft hat. Nur mit guten Arbeitsbedingungen und einer anständigen Bezahlung könnten Pflegekräfte gehalten, in den Beruf zurückgeholt und neue Beschäftigte gewonnen werden.

"Der Pflegenotstand hat weder mit fehlenden Pflegekräfte zu tun noch damit, dass die Menschen jetzt älter werden als früher. Der Pflegenotstand ist eine logische Folge verfehlter Politik", erklärte Pia Zimmermann, Sprecherin der Linksfraktion. "Ich bin sicher, dass die Altenpflegeeinrichtungen sich vor Bewerberinnen und Bewerbern nicht retten könnten, wenn sich die Arbeitsbedingungen und die Gehälter in der Altenpflege radikal ändern würden." Denn die meisten Pflegekräfte verließen weit vor dem Erreichen des Rentenalters ihren Beruf. Sie gingen, um sich selbst vor den miserablen Arbeitsbedingungen zu schützen.

Stefan Fuhr, Dirk Baas


Armut

Streit um Anrechnung von Tafel-Spenden auf Sozialleistungen




Nutzer der Tafel "Laib und Seele" in Berlin
epd-bild/Rolf Zöllner
Von Willkür sprechen die einen, von rechtlicher Grauzone die anderen: In Berlin wird um die rechtliche Bewertung von Lebensmittelspenden durch die Tafel gestritten. Es geht um die mögliche Kürzung von Sozialleistungen.

Die Berliner Tafel hat die Kürzung von Sozialleistungen wegen der Anrechnung freiwilliger Lebensmittelspenden auf das Einkommen kritisiert. Ein solches Vorgehen sei willkürlich und rechtswidrig, erklärte die Vorsitzende der Berliner Tafel, Sabine Werth, am 13. Mai in Berlin. Hintergrund ist der Fall eines Berliners, der im Sommer vergangenen Jahres bei seinem Antrag auf Wohngeld beim Bezirksamt Lichtenberg angegeben hatte, Lebensmittel von einer "Laib und Seele"-Ausgabestelle zu beziehen.

Diese Ausgabestellen werden von der Tafel beliefert. Daraufhin habe das Bezirksamt knapp 2.900 Euro pro Jahr als Einnahmen zu Ungunsten des Antragstellers berechnet. Der Widerspruch gegen diesen Bescheid sei im Frühjahr abgelehnt worden, hieß es weiter von der Tafel.

Framke: Mögliche Grauzone

Die zuständige Bezirksstadträtin Katrin Framke (parteilos) sprach auf Anfrage von einer möglichen Grauzone. Bislang liege zu der Frage noch keine höchstrichterliche Rechtssprechung vor. Unabhängig davon sei sie aber der Auffassung, so Framke, "dass Unterstützung durch Essen, ob durch gemeinnützige Vereine oder die Familie, grundsätzlich nicht als Einkommen angerechnet werden sollte".

Werth betonte, die Tafel sei ein unabhängiger Verein, "der schon immer bewusst auf staatliche Fördergelder verzichtet hat, um genau diese unzulässige Verknüpfung von zustehenden Sozialleistungen und freiwilligen Lebensmittelspenden zu vermeiden". In der Ablehnung des Widerspruchs berechnete das Amt nach übereinstimmenden Angaben den "Wert der als Sachbezug zur Verfügung gestellten Verpflegung auf monatlich 241 Euro": 51 Euro für das Frühstück, 95 Euro für das Mittagessen und 95 Euro für das Abendessen.

Framke wollte sich zum konkreten Fall aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht äußern. Sie kündigte aber an, zu dieser "grundsätzlichen Frage" juristische Stellungnahmen vom Rechtsamt des Bezirkes und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen einzuholen.

Anrechnung wie ein Einkommen

Sie würde es begrüßen, sagte Framke weiter, wenn durch entsprechende Urteile endgültige Klarheit geschaffen würde. Es gehe um die Frage, ob sachbezogene Leistungen, wie Nahrungsmittel, durch gemeinnützige Vereine wie die Tafel als Einkommen angerechnet werden müssen.

Laut Tafel sind die vom Bezirksamt veranschlagten Summen willkürlich festgelegt und entbehren jeder Grundlage. Die 45 Berliner Ausgabestellen geben einmal pro Woche Lebensmittel an bedürftige Menschen in ihrer Nachbarschaft ab. Die Menge der abgegebenen Lebensmittel sei immer nur eine Unterstützung für wenige Tage, niemals eine vollständige Versorgung, hieß es.

Tafel: Entscheidung hat Fehler

Zudem enthalte die Lichtenberger Entscheidung diverse Fehler, erklärte die Tafel weiter. Entscheidend ist aus ihrer Sicht aber die unzulässige Anrechnung von freiwilligen Lebensmittelspenden. Der Staat habe eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Bürgern, der er nachkommen müsse, sagte Werth. "Diese Pflicht darf in keiner Weise mit dem gemeinnützigen, ehrenamtlichen und freiwilligen Engagement der Berliner Tafel verrechnet werden", so die Gründerin der ersten Tafel Deutschlands vor 26 Jahren.

Der Fall sorgt auch für Zündstoff innerhalb der Tafel-Bewegung. Der Vorsitzende von Tafel Deutschland, Jochen Brühl, hatte Ende April "eine staatliche Unterstützung zur Grundfinanzierung der Tafel-Arbeit" gefordert. Nur so könne sichergestellt werden, dass überschüssige Lebensmittel durch Tafeln flächendeckend gerettet werden. In ihrer Pressemitteilung von Montag distanzierte sich die Berliner Tafel aus Gründen der Unabhängigkeit von dieser Forderung nach staatlicher Unterstützung.

Lukas Philippi


Ruhestand

Dokumentation

NAK: Zentrale Botschaften zu Alterssicherung und Rente




Renteninformation
epd-bild/Jürgen Blume
Die Nationale Armutskonferenz hat ein Positionspapier zur Zukunft der Alterssicherung verabschiedet. Darin fordert das Bündnis die Bundesregierung unter anderem auf, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung auszubauen.

Die Delegierten der Nationalen Armutskonferenz (nak) haben im April ein Positionspapier zur Zukunft der Alterssicherung verabschiedet. Eine der Kernaussagen des Papiers: Der Kreis der Beitragszahler in der Rentenkasse ist dringend zu erweitern: "Ein solidarisches und dauerhaft tragfähiges System der Alterssicherung kann nur funktionieren, wenn möglichst alle Erwerbstätigen einschließlich Selbstständiger beitragen." Die Nationale Armutskonferenz (nak) ist ein Bündnis von Organisationen, Verbänden und Initiativen, die sich für eine aktive Politik der Armutsbekämpfung einsetzen. Wir dokumentieren das Konzept mit geringfügigen Kürzungen:

"Eine auskömmliche, sichere und verlässliche Alterssicherung zu garantieren, ist eine Kernaufgabe des Sozialstaats in Deutschland. Eine Person im Rentenalter kann ihre soziale Situation nicht mehr aktiv verändern. Spätestens im Alter gilt bis auf wenige Ausnahmen: einmal arm - immer arm. Mit der Gesetzlichen Rentenversicherung und der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung existieren sachgerechte Institutionen. Damit sie zukünftig als Gesamtsystem der Alterssicherung strukturell Armut verhindern, müssen sie reformiert und weiterentwickelt werden.

Menschenrechtlicher Mindeststandard

Das Versicherungssystem der gesetzlichen Rentenversicherung muss so leistungsfähig werden, dass möglichst alle Menschen umfasst werden. Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung muss ausgebaut werden.

Rentenpolitik ist aber auch vorgelagerte Sozialpolitik. Eine Reform der Alterssicherung ohne echte Arbeitsmarktreformen, die "gute"- das heißt rentenversicherungspflichtige, dauerhafte und auskömmlich bezahlte - Arbeit für alle, die arbeiten wollen, befördert, läuft ins Leere.

Der soziale Schutz - auch im Alter - ist ein Menschenrecht und deckt alle Gefahren ab, die durch den Verlust des Lebensunterhalts entstehen. Dieser menschenrechtliche Mindeststandard wurde bereits in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschrieben und durch Art. 9 des UN-Sozialpaktes für Deutschland zu einer verbindlichen Vorgabe.

Beitragszahlung muss sich lohnen

Für eine Reform der Alterssicherung, die zukünftig Armut verhindern soll, müssen aus Sicht der Nationalen Armutskonferenz die nachfolgenden Botschaften beachtet werden:

I. Die umlagefinanzierte Rente ist im Grundsatz ein Erfolgsmodell. Sie begründet einen "Generationenvertrag": Die Beiträge der Arbeitnehmer/innen sind die Leistungen der Rentner/innen. Gerecht ist der Vertrag, wenn verlässlich und auf Dauer garantiert wird, dass Beiträgen auch zukünftig auskömmliche Leistungen entsprechen. Die Beiträge begründen einen verfassungsrechtlich geschützten Rechtsanspruch auf Rentenleistungen. Den Beiträgen müssen langfristig angemessene Renten gegenüberstehen. Diese Zusage der Rentenversicherung muss für junge und ältere Beitragszahler/innen gleichsam gelten. Zu diesem Leistungsversprechen in der Rente zählt auch ein stabiles und dauerhaft wieder höheres Rentenniveau.

II. Die Beitragszahlung in die gesetzliche Rentenversicherung muss sich lohnen. Es ist nicht hinnehmbar, wenn jahrelange Beitragszahlungen zu einem Rentenanspruch unterhalb der Armutsgrenze führen. Sicherungslücken entstehen bei Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, Zeiten der Erwerbslosigkeit, beruflichen Neuorientierungen oder aufgrund familiärer Aufgaben, die nicht in der Rentenversicherung abgebildet werden. Deshalb müssen Zeiten der Aus- und Weiterbildung sowie Erziehungs- und Pflegeleistungen besser anerkannt werden. Denn: Diese Leistungen werden zu einem großen Teil von Frauen erbracht und führen häufig zu geringen Rentenansprüchen. Auch deshalb haben Frauen im Alter ein überdurchschnittliches Armutsrisiko. Wer Altersarmut gezielt bekämpfen will, muss für diese Gruppen einen sozialen Ausgleich in der Rentenversicherung organisieren.

Anerkennung unbezahlter Arbeit

III. Sozialer Ausgleich und eine sichere untere Grenze in der Alterssicherung sind daher nötig. Das bedeutet vor allem:

In der gesetzlichen Rente müssen langjährige Beitrags-, Erziehungs- und Pflegezeiten besser honoriert werden. Bis 1992 wurden durch die Rente mit Mindestentgeltpunkten niedrige Monatslöhne aufgewertet. Es ist nötig, Modelle zu entwickeln, die einerseits Beitragszahlungen grundsätzlich honorieren und dies mit der Anerkennung unbezahlter gesellschaftlicher Arbeit verbinden.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat mit dem Konzept einer Grundrente einen Vorschlag zur Aufwertung der Rentenansprüche für Menschen gemacht, die langjährig beschäftigt waren, gepflegt oder erzogen haben. Dieser Vorschlag ist im Grundsatz zu begrüßen. Denn wer Kinder erzieht oder Angehörige pflegt, erbringt Leistungen für die Gesellschaft, die auch in Form einer eigenen Absicherung im Alter berücksichtigt werden müssen.

Pflege und Erziehung sollen beim Erwerb der Rentenanwartschaften besser gewürdigt werden. Systematische Benachteiligungen beim Familienlastenausgleich, wie sie insbesondere Alleinerziehende, getrennt Erziehende und Familien mit mehr als drei Kindern treffen, setzen sich in der Rente fort. Darum müssen bedarfsgerechte Förderinstrumente geschaffen werden, die auch den Erwerb ausreichender Rentenanwartschaften stärken.

Für Zeiten des SGB-II-Bezugs werden seit 2011 keine Beiträge mehr zur Gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt. Altersarmut ist damit für viele in dieser Gruppe vorprogrammiert. Auch Menschen im SGB-II-Bezug müssen angemessen in die Alterssicherung einbezogen werden. Eine Zwangsverrentung von SGB-II-Leistungsberechtigten darf es nicht geben. Die entsprechenden Regeln sind abzuschaffen.

Kein Geld für private Altersvorsorge

Wer Rentenbeiträge in die gesetzliche Rente, in eine private oder eine betriebliche Altersvorsorge gezahlt hat, muss davon auch dann etwas haben, wenn er oder sie Leistungen der Grundsicherung benötigt. Zwar gibt es neuerdings Freibeträge für die Erträge aus privater oder betrieblicher Vorsorge. Gerade diese erreichen aber Personen am Existenzminimum nicht hinreichend. Denn Menschen mit geringen Einkommen haben aber häufig nicht die notwendigen Ressourcen zusätzlich in private Altersvorsorge zu investieren. Vielfach verfügen sie auch über keine betriebliche Altersvorsorge. Eine Ungleichbehandlung der gesetzlichen Rente gegenüber privater Vorsorge darf es nicht geben. Darum muss es auch auf Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rente dieselben Freibeträge geben wie für private oder betriebliche Formen der Alterssicherung.

Gleichzeitig müssen auch Anreize gesetzt werden, volle Beiträge zu zahlen und nicht etwa durch Sachverhalte wie Opt-Out-Modelle bei Minijobs Beitragszahlungen zu vermeiden.

IV. Ergänzend ist es nötig, den Kreis von Beitragszahlenden zu erweitern. Im Umlagemodell zahlen die heutigen Beitragszahler/innen für die heutigen Rentner/innen. Ein solidarisches und dauerhaft tragfähiges System der Alterssicherung kann nur funktionieren, wenn möglichst alle Erwerbstätigen beitragen. Die gesetzliche Rentenversicherung muss deshalb weiterentwickelt werden zu einer Erwerbstätigenversicherung.

Prekäre Selbstständige

Kurzfristig sind Selbstständige in der Rentenversicherung abzusichern. Selbstständige sind größtenteils nicht verpflichtend in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen. Das ist aus mehreren Gründen von Nachteil. Insbesondere prekäre Selbstständige leben in Angst vor Altersarmut. Sie würden von einer Einbeziehung in die gesetzliche Rente profitieren, die ihrer spezifischen Einkommenssituation Rechnung trägt. Auf der anderen Seite tragen die Selbstständigen zur Stabilisierung des Rentensystems bei. Zudem führt die Digitalisierung und Hybridisierung der Arbeitswelt zu einem vermehrten Wechsel zwischen versicherungspflichtigen und versicherungsfreien Zeiten im Lebenslauf. Damit ist der Aufbau einer hinreichenden (gesetzlichen) Altersvorsorge für diese Personen in besonderem Maße gefährdet.

Perspektivisch sind auch diejenigen in die Gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen, die derzeit in Sondersystemen abgesichert sind (Politiker, Beamte, Freie Berufe). Die Pflicht zur Beitragszahlung in der gesetzlichen Rentenversicherung sollte für jede Erwerbstätigkeit gelten, die Altersvorsorgepflicht sollte von der Art der Erwerbstätigkeit abgekoppelt werden. Die generelle Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in die Sozialversicherungspflicht ist dringende Herausforderung für die Sozialpolitik.

V. Zudem muss klar sein: Wer nicht weiterarbeiten kann, muss sich ebenfalls auf die Rente verlassen können. Abschläge in der Erwerbsminderungsrente führen in sehr vielen Fällen zu Armut. Trotz der jüngsten Leistungsverbesserungen besteht weiterer Handlungsbedarf. Erwerbsminderung ist ein Schicksal. Abschläge sind daher unangebracht. Die durch Abschläge bewirkte Kürzung bei den Erwerbsminderungsrenten stellt zudem eine erhebliche Belastung dar. Die nak hält die Abschläge bei den Erwerbsminderungsrenten für verfehlt und fordert ihre Abschaffung - für Neuzugänge in die Erwerbsminderung als auch für Bestandsrentner/innen.

Altfälle in der Erwerbsminderungsrente

Problematisch ist auch, dass die mit dem RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz umgesetzte Anhebung der Zurechnungszeiten nur Neuzugängen in die Erwerbsminderung zugutekommt. Dies hat zur Folge, dass sozialpolitisch die Kohorten schlechter gestellt werden, die aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes gezwungen waren, vor dieser Reform die Erwerbsminderungsrente zu beantragen. Zurechnungszeiten sollten auch für die Altfälle in der Erwerbsminderungsrente entsprechend angehoben werden.

VI. Das Renteneintrittsalter steigt bis 2031 auf 67 Jahre an. Für viele Beschäftigte ist diese Vorstellung unrealistisch. Wer nicht so lange arbeiten kann und früher in den Ruhestand wechseln muss, erfährt höhere Abschläge und damit geringere Renten. Eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters ist daher abzulehnen. Die Nationale Armutskonferenz setzt sich für einen flexibel ausgestalteten, nach einer längeren Beschäftigung auch früheren Renteneintritt für körperlich und mental belastende Berufe und Tätigkeiten ein.

VII. Bisher sollen die Beschäftigten durch zusätzliche betriebliche und private Altersvorsorge das sinkende Rentenniveau ausgleichen. Der Ausgleich durch eigene Vorsorge läuft insbesondere bei unteren Einkommensgruppen ins Leere. Denn: wer kein ausreichendes Geld zum Leben hat, kann auch nicht privat oder betrieblich fürs Alter vorsorgen. Das sogenannte. „Drei-Säulen-Modell“ der Alterssicherung funktioniert für diese Gruppe nicht. Dem Wunsch nach sicherer Vorsorge kann die gesetzliche Rentenversicherung besser entsprechen, sofern sie den Lebensstandard wieder sichert und den sozialen Ausgleich organisiert. Ergänzend kann es sinnvoll sein, auch zusätzliche Beitragszahlungen in der gesetzlichen Rente in größerem Umfang als heute zu ermöglichen. Die Möglichkeiten hierzu sollten über die bestehenden Regelungen erweitert werden.

Beitragsbemessungsgrenze anheben

VIII. Für eine ausreichende und soziale ausgleichende Rente wird die Gesellschaft angesichts der demografischen Verschiebung künftig mehr Geld zur Verfügung stellen müssen. Dies ist - soll die Sicherungsfunktion nicht beschädigt werden - unvermeidlich. Wichtig ist daher, dass die Finanzierung sozial gerecht erfolgt. Besser Verdienende dürfen sich nicht der gesellschaftlichen Solidarität entziehen. Wer wohlhabend ist, lebt länger und bezieht länger Rente. Daher ist es gerechtfertigt, die Beitragsbemessungsgrenze anzuheben Maßnahmen des sozialen Ausgleichs (aktuell insbesondere: "Mütterrente", "versicherungsfremde Leistungen") sind über das Steuersystem zu finanzieren.

IX. Von einer starken und zuverlässigen Alterssicherung profitieren die Arbeitnehmer/innen und insgesamt breite Bevölkerungsschichten. Ziel der Alterssicherung war und muss sein, den Lebensstandard im Alter und bei Erwerbsminderung halten zu können. Dies ist gleichermaßen ein Versprechen der strukturellen Armutsfestigkeit.

Viele Menschen, die sich auf dieses Versprechen verlassen haben, sind durch die Reformen und laufenden Leistungskürzungen verunsichert. Es ist an der Zeit, ihnen durch die genannten Reformen wieder Sicherheit und Zuversicht zu geben, wenn sie an die Rente denken und älter werden.

X. Auch bei einer reformierten Rentenversicherung werden ältere Menschen auf die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angewiesen sein, um ihr menschenwürdiges Existenzminimum zu sichern. Diese Aufgabe leistet die Grundsicherung in ihrer aktuellen Verfassung nur mangelhaft. Die Leistungen müssen daher auf ein bedarfsdeckendes Niveau angehoben werden. Darüber hinaus muss durch geeignete Verfahren sichergestellt werden, dass die Leistungen die Berechtigten erreichen."



Kinderbetreuung

Kita-Chefin: "Du kannst Zweijährige nicht einfach mitlaufen lassen"




Eine städtische Kinderkrippe in Braunschweig
epd-bild/Klaus Günter Kohn
Nach langwierigen Vorarbeiten hat das Mainzer Bildungsministerium seinen überarbeiteten Entwurf für ein neues Kita-Gesetz vorgelegt. Doch in den Einrichtungen herrscht weiter viel Skepsis. Fachkräfte sehen in den Korrekturen nur "minimale Verbesserungen".

Auf die Mainzer Landesregierung ist Simone Rheinheimer momentan gar nicht gut zu sprechen. Seit Monaten ärgert sich die Leiterin eines kleinen evangelischen Kindergartens aus Gries im Landkreis Kusel über die Pläne des Bildungsministeriums für eine Reform des Kindertagesstättengesetzes. Über 700 Protestunterschriften konnte sie Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) überreichen. Den im April veröffentlichten Gesetzestext findet sie nur wenig besser als den ersten Referentenentwurf vom vergangenen Sommer: "Wir sind der Meinung, dass das, was nachgebessert wurde, nur eine minimale Verbesserung darstellt", schildert sie die Stimmung unter ihren Kolleginnen.

Mit rund 430 der insgesamt knapp 2.600 Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz gehören die evangelischen Landeskirchen zu den wichtigsten Trägern und verfolgen die Entwicklungen rund um das neue Gesetz ganz genau. In Einrichtungen wie der kleinen Protestantischen Kindertagesstätte Gries mit ihren zurzeit 50 Kindern fürchten Mitarbeiter und Eltern, nach der Reform zu den Verlieren gehören.

Reform verursacht etliche Probleme

So würde die Kita mit dem in Mainz versprochenen Rechtsanspruch auf eine durchgehende siebenstündige Betreuung ein Problem bekommen: "Unsere Räume sind darauf gar nicht ausgelegt", sagt Rheinheimer. Bislang werden noch 20 Kinder jeden Tag über die Mittagszeit nach Hause geholt. Ein Anbau wäre nötig, damit alle Kinder in der Einrichtung essen und die kleinen von ihnen ihren Mittagsschlaf halten können. Das vom Land versprochene "Küchen-Programm" werde nicht ausreichen, um allerorts die nötigen Räume zu schaffen. Wenn die versprochenen 13 Millionen auf alle Einrichtungen mit Nachholbedarf verteilt würden, werde es bestenfalls für neue Teller, Stühle und eine Geschirrspülmaschine reichen.

Aber das Geld ist nur ein Aspekt, über den Rheinheimer sich ärgert. Auch die Gleichbehandlung von Zweijährigen und älteren Kindern beim Personalschlüssel sieht die Kita-Leiterin extrem kritisch: "Du kannst Zweijährige nicht einfach mitlaufen lassen." Viele der kleinen Kinder müssten noch gewickelt werden, oder ins Bett gebracht, wenn sie müde und quengelig werden. Und dazu sei jeweils eine 1:1-Betreuung nötig.

Nachteile durch neuen Personalschlüssel

In Gries könnten sich zugleich Berechnungen der CDU-Opposition bestätigen, dass durch den neuen Personalschlüssel manche Einrichtungen schlechter dastehen könnten als bisher - trotz der vom Land versprochenen 80 Millionen Euro, die zusätzlich in das System fließen sollen. Dort würden nach der angekündigten neuen Formel 0,3 Vollzeitstellen entfallen, hat die Leiterin ausgerechnet. Schon heute könnten eingeschränkte Öffnungszeiten bei Erkrankungen nur dadurch verhindert werden, dass einige Kolleginnen in Teilzeit ihre Stunden aufstocken: "Wir gehen jetzt schon auf dem Zahnfleisch."

Allerdings sind nicht alle mit dem Alltag an den rheinland-pfälzischen Kitas vertrauten Fachkräfte kategorisch gegen die Mainzer Pläne. Cornelia Stahl-Leilich, Leiterin der evangelischen Kindertagesstätte "Pusteblume" im rheinhessischen Gimbsheim, hat Verständnis dafür, dass ein insgesamt veraltetes rechtliches Regelwerk grundsätzlich überarbeitet und an die Gegenwart angepasst werden soll.

Durchgehende Betreuung ist "Errungenschaft"

Den Rechtsanspruch auf durchgehende Betreuung sieht sie als "Errungenschaft" für die Eltern. Dass erstmals Zeit für die Anleitung von Auszubildenden abgerechnet werden kann, findet sie ebenfalls positiv. Allerdings ist die "Pusteblume" mit ihren derzeit sieben Gruppen und 140 Kindern relativ gut auf die Zukunft vorbereitet: "Die Kita ist erst acht Jahre alt, da ist schon an vieles gedacht worden."

Und auch Stahl-Leilich hofft noch auf weitere grundlegende Verbesserungen im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens und auf gute Verhandlungsergebnisse der Kirchen bei der Verteilung der Mittel aus dem sogenannten "Sozialraumbudget". Wie viel Geld aus diesem Topf bei den Einrichtungen landen wird, kann derzeit noch niemand seriös abschätzen. Auch die Stunden für Leitungsarbeit müssten aufgestockt werden. Ebenso müsse die Betreuung behinderter Kinder angemessen im Personalschlüssel berücksichtigt werden: "Inklusion kann nicht kostenfrei gelingen."

Karsten Packeiser


Kinderbetreuung

Studie: Kitas brauchen mehr Unterstützung bei Inklusion



Die Kindertagesstätten im Rheinland wünschen sich laut einer Studie des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) mehr Unterstützung bei der Inklusion behinderter Kinder.

"Kindertagesstätten wünschen sich vor allem mehr Personal und mehr Kooperationsmöglichkeiten mit Frühförderzentren und Therapeuten", sagte der Projektleiter der Rheinland-Kita-Studie, der Erziehungswissenschaftler Rüdiger Kißgen, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Knapp zwei Drittel der befragten Kitas, die bereits behinderte Kinder betreuen, gaben an, dass es ihnen an Personal und der Zusammenarbeit mit Fachleuten mangele.

An der bundesweit größten Studie zum Stand der Inklusion in Kitas, die am Dienstag in Köln vorgestellt wurde, hatten sich rund 1.700 der 5.500 Einrichtungen im Rheinland beteiligt. 58 Prozent von ihnen betreuen bereits behinderte Kinder, 42 Prozent bislang nicht. Das nordrhein-westfälische Kinderbildungsgesetz (Kibiz) sieht die wohnortnahe Versorgung behinderter Kinder in Regel-Einrichtungen vor.

Viele Kitas sind noch nicht fit für die Inklusion

Viele Kitas sind nach den Erkenntnissen der Studie noch nicht ausreichend auf die Betreuung behinderter Kinder vorbereitet. "Was die Auseinandersetzung der Einrichtungen mit dem Thema angeht, gibt es noch einen gewissen Nachholbedarf", sagte Kißgen, der Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Siegen ist. 20 Prozent der Kitas, die behinderte Kinder betreuen, haben der Studie zufolge in ihrem pädagogischen Konzept keinerlei Angaben zur Inklusion. Von den Einrichtungen, die bislang noch keine behinderten Kinder aufgenommen haben, hat sich mehr als die Hälfte noch keine konzeptionellen Gedanken über das Thema gemacht.

Einer der Gründe für Kitas, keine behinderten Kinder aufzunehmen, sind laut Studie fehlende Räume. "Nur acht Prozent der Kitas, die bislang keine behinderten Kinder betreuen, haben einen separaten Raum, der für Einzel- oder Kleingruppenarbeit genutzt werden kann", stellte Kißgen fest. Ein solcher Raum werde aber vor allem für behinderte Kinder gebraucht, die zum Beispiel Physiotherapie oder Logopädie benötigen. Selbst in 64 Prozent der inklusiven Einrichtungen fehle ein solcher Therapieraum. Kißgen forderte, die räumlichen Voraussetzungen für die Betreuung behinderter Kinder müssten bei künftigen Betriebszulassungen von Kitas berücksichtigt werden.

Wunsch nach mehr Fortbildungen

Die Leitungen der befragten Kitas wünschten sich laut Kißgen darüber hinaus mehr Fortbildung zum Thema Inklusion sowie weniger Bürokratie bei der Beantragung der Zuschüsse für die Betreuung behinderter Kinder. "Die Einrichtungen fühlen sich oft auch von ihren Trägern nicht optimal unterstützt", beobachtete Kißgen.

Bei der Umsetzung der Inklusion in Kitas gibt es nach Ansicht des Forschers noch ein großes Entwicklungspotenzial. "Das liegt darin, Kitas, die noch keine Kinder mit Behinderung betreuen, zu motivieren und zu unterstützen." Das könne unter anderem durch eine bessere räumliche Ausstattung der Einrichtungen und mehr Geld für langfristige Fortbildungen erreicht werden, schlug der Pädagoge vor.

Claudia Rometsch


Kinderbetreuung

AWO: Qualität in Kitas weiter verbessern



Zum "Tag der Kinderbetreuung" am 13. Mai hat die Arbeiterwohlfahrt (AWO) eine zuverlässige und dauerhafte Finanzierung der öffentlichen Kinderbetreuung angemahnt. "Die Bemühungen des Bundes im frühkindlichen Bereich sind positiv und wir begrüßen die finanzielle Unterstützung sehr", sagte der Vorsitzende Wolfgang Stadler. Aber um die Rahmenbedingungen langfristig zu verbessern, bedürfe es einer beständigen Finanzierung.

Besonders die strukturellen Bedingungen erschwerten die Arbeit der Fachkräfte zunehmend. Stadler zufolge wachsen die Anforderungen in Kindertageseinrichtungen stetig. Er nannte den Umgang mit heterogenen Familien, die Inklusion und die Förderung von Kindern mit Beeinträchtigungen sowie die oft nicht ausreichenden personellen Ressourcen.

Zu den laufenden Verhandlungen mit den Bundesländern zum Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung (Gute-Kita-Gesetz) sagte er, hier seien zu wenige gesetzliche Regelungen zur Betreuungsqualität eingeführt worden. "Die AWO setzt sich dafür ein, dass die frühkindliche Betreuung in Zukunft noch stärker durch Weiterentwicklung und Qualitätsverbesserung gekennzeichnet ist."

Im Hinblick auf die Haushaltsplanungen für das Jahr 2020 fordert die AWO vom Bundesfamilienministerium mehr Verbindlichkeit, damit sowohl das Ausbildungssystem als auch die Qualität in den Einrichtungen konsequent verbessert werden kann.



Pflege

Gastbeitrag

Qualifizierung hilft - fit für die Rückkehr in den Pflegejob




Ingrid Münzer-Stahl
epd-bild/Ev. Heimstiftung
Nach jahrelanger Kinderpause einfach so zurück in den Pflegedienst? Da tun sich viele Berufsrückkehrer schwer. Diakonische Träger in Baden-Württemberg haben reagiert und bieten mit Erfolg ein spezielles Kursprogramm an. Wie das funktioniert und welche Erfahrungen es gibt, berichtet Ingrid Münzer-Stahl von der Evangelischen Heimstiftung in ihrem Gastbeitrag für epd sozial.

Um examinierten Pflegefachkräften nach einer Auszeit den Wiedereinstieg zu erleichtern, bietet die Evangelische Heimstiftung in Stuttgart gemeinsam mit anderen diakonischen Trägern das Seminar "Fit für die Rückkehr in den Pflegeberuf" an. Es bietet einen Mix aus Theorie, Praxiseinsatz und Erfahrungsaustausch. Der Kurs will Teilnehmern die Angst vor der Rückkehr nehmen und den beruflichen Neustart – in Voll- oder Teilzeit - erleichtern.

Ob Alten-, Gesundheits-, Kranken- oder Kinderkrankenpflege: Die Qualifizierungsmaßnahme steht allen Pflegefachkräften offen. Sie ist ein Gemeinschaftsprojekt der Evangelischen Heimstiftung (EHS), der BruderhausDiakonie, der Samariterstiftung und der Evangelischen Diakonieschwesternschaft Herrenberg-Korntal. Nach erfolgreichem Kursauftakt im Jahr 2015 findet seitdem jährlich zwei Kurse an wechselnden Orten statt – in Reutlingen, Esslingen, Tübingen, Göppingen und Stuttgart.

Weitere Träger können mitmachen

Um das Angebot auf eine breitere Basis zu stellen und noch mehr potenzielle Wiedereinsteiger zu erreichen, können sich auch weitere diakonische Träger in Baden-Württemberg an der Kooperation beteiligen.

Das Konzept ist fundiert und langjährig erprobt: Die ersten beiden Seminartage finden immer im Diakonischen Institut für Soziale Berufe statt und geben einen Einblick in den heutigen Berufsalltag. Schwerpunkte bilden aktuelle Veränderungen in der Pflege wie Expertenstandards, neue Wohnformen, Pflegegrade, Pflegevisite, Demenz, Datenschutz, Kinästhetik, organisatorische Rahmenbedingungen und rechtliche Grundlagen.

Im Anschluss folgt ein rund 30-stündiges Praktikum in einer Altenpflegeeinrichtung oder im mobilen Dienst. Der Einsatzort, die Zeiten und gewünschten Inhalte werden individuell zwischen den Teilnehmenden und den Einrichtungen abgestimmt, um den Spagat zwischen Familie und Beruf zu ermöglichen. Der Kurs schließt mit einer Reflexionseinheit über die Erfahrungen aus den Theoriekursen und den Praxiseinsätzen.

Theorie und Praxis kombiniert

Die Kombination aus Theorie, Praxis und Reflexion bietet für den Teilnehmenden die Chance, ihr Fachwissen unter professioneller Begleitung auf den aktuellen Stand zu bringen und gleichzeitig ganz unverbindlich für sich selbst zu klären, ob der Beruf mit den persönlichen Vorstellungen und Rahmenbedingungen vereinbar ist.

Vorteile bieten sich aber auch für die Einrichtungen. Sie können beim Praxiseinsatz potenzielle künftige Teammitglieder im Arbeitsalltag kennenlernen und gemeinsam Einsatzmöglichkeiten prüfen. Die Absolventen erhalten dann nicht nur ein Zertifikat, sondern – wenn alle Faktoren zusammenpassen – auch einen neuen Arbeitsplatz.

Die Rückmeldungen auf dieses spezielle Kursprogramm sind ganz unterschiedlich: "Es tat gut, mal wieder was für sich zu tun." Oder: "Jetzt fühle ich mich sicherer." "Einen Einstieg in die Pflege kann ich mir bei der heutigen Geschwindigkeit nicht mehr vorstellen" oder "Wochenenddienste sind mit meiner Familie nicht vereinbar".

Aussagen wie diese liefern wertvolle Impulse zur laufenden Weiterentwicklung der Qualifizierungsmaßnahme. Gleichzeitig machen sie aber auch sehr deutlich, dass in Zeiten des Fachkräftemangels von den Pflegeeinrichtungen immer mehr Flexibilität und Rücksicht auf die individuellen Belange abverlangt werden. Das erfordert nicht nur eine ausgeklügelte Dienstplangestaltung, sondern auch viel Fingerspitzengefühl bei der Teamführung.

So individuell wie die persönlichen Wünsche der Teilnehmenden sind später auch die Einsatzgebiete: vom Wiedereinstieg in den alten Pflegeberuf in einer stationären Einrichtung über die Übernahme einzelner Touren im mobilen Dienst bis zur Mitarbeit in der Alltagsbegleitung.

Ingrid Münzer-Stahl ist Personalreferentin bei der Evangelischen Heimstiftung und verantwortet beim Träger das FIT-Programm


Studie

Fundraising wird noch stiefmütterlich behandelt



Das Fundraising als planvolles Spendensammeln ist nach einer Studie der Evangelischen Hochschule Darmstadt (EHD) bei vielen Organisationen noch unterentwickelt. Die Auswertung der Antworten von 263 Vereinen, Gesellschaften, Stiftungen und kirchlichen Einrichtungen auf einen umfangreichen Fragebogen habe ein "organisatorisches Kuddelmuddel" aufgezeigt, sagte der Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Michael Vilain, am 15. Mai in Frankfurt am Main. Vilain war Hauptredner auf dem Fundraising-Forum 2019 der evangelischen Kirchen und der Diakonie in Hessen mit rund 120 Teilnehmern.

Das Fundraising sei mal Abteilungsleitern anvertraut, mal Sachbearbeitern oder gar fachfremden Beauftragten, aber eher selten den Geschäftsführern, berichtete Vilain. "Eigentlich muss die oberste Leitung in das Fundraising eingebunden sein", kommentierte der geschäftsführende Direktor des Instituts für Zukunftsfragen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft der EHD.

Nur ein Drittel der auskunftgebenden Organisationen hatte eine schriftlich ausformulierte Strategie. "Für das Fundraising muss man einen Plan haben", kritisierte Vilain. Auch nehme das Leitbild nur bei einem Drittel der Umfrage-Teilnehmer auf das Fundraising Bezug.

Klassische Printprodukte noch immer verbreitet

Die Instrumente des Fundraisings seien an erster Stelle noch die klassischen Printprodukte wie Briefe, Projekt- und Jahresberichte sowie Broschüren. Wenn Instrumente des Internets eingesetzt würden, seien diese die elektronischen Pendants, nämlich an erster Stelle die Homepage, E-Mails, Newsletter und an vierter Stelle soziale Medien. Andere Internet-Methoden wie Blogs oder Social Gaming würden fast gar nicht genutzt.

Als Einnahmequellen, die in Zukunft wichtiger würden, gaben die Befragten Erbschaften und Anlassspenden an, Zustiftungen für Stiftungen und Crowdfunding (Sammeln vieler kleiner Spenden über Internetplattformen). Als Herausforderung für die Zukunft nannte der Wirtschaftswissenschaftler die Aufgabe, dass Organisationen ausreichend personelle, organisatorische und finanzielle Ressourcen für das Fundraising bereitstellen müssten. "In den USA weiß man, dass man für Fundraising erst einmal Geld in die Hand nehmen muss."

Gesellschaftlich sei der demografische Wandel eine Herausforderung für das Fundraising, erklärte Vilain. Das Spendenvolumen in Deutschland habe zwischen 2005 und 2017 inflationsbereinigt stagniert, der Umfang habe 3,5 bis vier Milliarden Euro im Jahr betragen. Aber die Zahl der Spender in Deutschland sei rückläufig: 2005 seien es 35 Millionen gewesen, 2017 noch rund 25 Millionen.



Diakonie

Über 1.000 Asylstühle für soziales Europa aufgestellt



Mehr als 1.000 bunt gestaltete Asylstühle hat die Diakonie Württemberg am 15. Mai auf dem Stuttgarter Marktplatz aufgestellt. "Jeder Asylstuhl setzt in einzigartiger Vielfalt ein Zeichen für eine offene Gesellschaft und zur Ermutigung geflüchteter Menschen", sagte der Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg (DWW), Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, bei der Eröffnung der Aktion.

Bei der Gestaltung der Stühle waren über 40 Initiativen und Asylkreise, rund 80 soziale Einrichtungen, Schulen und Kommunen, sowie viele Kirchengemeinden und Einzelpersonen aus ganz Baden-Württemberg beteiligt. Laut den Initiatoren dienten als Vorbild für die Kunstinstallation Asylstühle und Asylsteine, die in alten Kirchen zu finden sind.

"Ja sagen zu einem humanen Europa"

"Diese Asylstühle sollen uns daran erinnern, dass wir 'Ja' sagen zu einem Europa der Menschenrechte - also einem Europa, das sich dafür einsetzt, dass Menschen auf der Flucht einen Raum und einen Platz bekommen", sagte Landesbischof Frank Otfried July bei der Veranstaltung in einer Videobotschaft. Neben der Installation gab es ein liturgisches Mittagsgebet in der Stiftskirche sowie ein Bühnenprogramm und das Stuttgarter A-cappella-Quintett "fuenf" trat auf.

Die Kampagne "Platz für Asyl in Europa" ist ein ökumenisches Projekt des DWW in Kooperation mit dem Diakonischen Werk Baden, dem Caritasverband der Diözese Rottenburg- Stuttgart und der Erzdiözese Freiburg. Sie wollen sich vor den Europawahlen am 26. Mai und dem Weltflüchtlingstag am 20. Juni für den Flüchtlingsschutz und eine offene, vielfältige Gesellschaft stark machen.



Bayern

Diakonie befürchtet Rückschläge für behinderte Menschen



Eine problematische Situation sieht die bayerische Diakonie in der Behindertenhilfe. Es drohten Rückschläge beim Bestreben, Menschen mit Behinderung durch neue Wohnformen eine bessere gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, sagte Diakoniepräsident Michael Bammessel in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zwar gebe es bereits fertige Konzepte für Wohngruppen behinderter Menschen mitten unter der Bevölkerung in städtischen Lagen. Es sei aber zu befürchten, dass die nötigen staatlichen Fördermittel dafür stark reduziert werden, sagte der Diakoniechef.

Wie Bayerns Sozialministerin Kerstin Schreyer (CSU) versicherte, stehe ihr Ministerium "voll und ganz" hinter diesem Konzept und stelle dafür auch die nötigen Gelder zur Verfügung. "Die Wünsche der Träger sind oft umfangreicher als die Finanzierungsmöglichkeiten. Außerdem dürfen wir durch diese Neuausrichtung nicht die gesamte Versorgungsstruktur von Menschen mit Behinderung gefährden, zu der eben auch Plätze in großen Einrichtungen gehören", sagte Schreyer.




sozial-Recht

Europäischer Gerichtshof

Arbeitnehmer haben Anspruch auf komplette Arbeitszeiterfassung




Arbeitszeiterfassung bei einem Unternehmen in Hannover
epd-bild/Jens Schulze
Der Europäische Gerichtshof stärkt die Rechte von Beschäftigten: Die EU-Staaten müssen Arbeitgeber zur kompletten Arbeitszeiterfassung verpflichten. Die reine Aufzeichnung von Überstunden genüge nicht, erklärten die Richter.

Kliniken müssen künftig umfassender die Arbeitszeiten von Ärzten dokumentieren. Denn alle Arbeitgeber sind nach EU-Recht grundsätzlich verpflichtet, die gesamte Arbeitszeit zu erfassen und hierfür ein "objektives, verlässliches und zugängliches" Arbeitszeitsystem einzurichten, urteilte am 14. Mai der Europäische Gerichtshof (EuGH). Die Luxemburger Richter verwiesen darauf, dass die EU-Mitgliedstaaten nun entsprechende Regelungen zur Arbeitszeiterfassung in nationales Recht umsetzen müssen.

Details sind noch unklar

Gesetzliche Bestimmungen wie in Deutschland, wonach Arbeitgeber in der Regel nur über die Überstunden buchführen müssen, reichen danach nicht aus. Wie künftig Arbeitgeber die Arbeitszeiten in besonders flexiblen Arbeitsbereichen wie im Home Office "objektiv, verlässlich und zugänglich" erfassen sollen, ist noch unklar.

Im konkreten Rechtsstreit hatte eine spanische Dienstleistungsgewerkschaft von der Deutschen Bank SAE in Spanien verlangt, dass nicht nur die Überstunden der Mitarbeiter, sondern auch deren reguläre Arbeitszeit erfasst und mitgeteilt wird. Auf diese Weise sollten Überstunden besser belegt und schließlich honoriert werden können.

In Deutschland gibt es im Arbeitszeitgesetz vergleichbare Regelungen wie in Spanien. Danach müssen Arbeitgeber "die über die werktägliche Arbeitszeit … hinausgehende Arbeitszeit aufzeichnen". Wie die Arbeitszeiterfassung aussehen soll, etwa per Stechuhr, per Smartphone-App oder einfach nur mit einer Zettelwirtschaft, ist nicht vorgeschrieben. Nur in bestimmten Arbeitsverhältnissen wird bereits jetzt schon die reguläre Arbeitszeit verpflichtend aufgezeichnet, etwa bei Minijobs oder bei Schichtarbeit.

Gesetz begrenzt maximale Arbeitszeit

Der EuGH verwies nun auf die EU-Grundrechte-Charta und die EU-Arbeitszeitrichtlinie. Ohne ein System zur täglichen Arbeitszeiterfassung könne "weder die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden und ihre zeitliche Verteilung noch die Zahl der Überstunden objektiv und verlässlich ermittelt werden". Es müsse aber gewährleistet werden, dass die gesetzliche Höchstarbeitszeit von täglich zehn und wöchentlich 48 Stunden sowie vorgeschriebene Ruhepausen eingehalten werden.

Nach dem schriftlichen Urteil kann es zudem Ausnahmen bei der Arbeitszeiterfassung geben, etwa "wenn die Dauer der Arbeitszeit aufgrund der besonderen Merkmale der betreffenden Tätigkeit nicht gemessen und/oder vorgegeben wird oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann".

Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung müssen die nationalen Gerichte prüfen, ob jeweils das bisherige Recht eine Auslegung erlaubt, die den Anforderungen des EU-Rechts gerecht wird.

"Gesetzgeber muss schnell handeln"

"Der Gesetzgeber soll die Arbeitszeiterfassung nun so schnell wie möglich regeln", sagte Inken Gallner, Vorsitzende des 10. Senats des Bundesarbeitsgerichts, zu dem Urteil. "Dazu müssen selbstverständlich die Verbände angehört werden. Die Arbeitgeber werden nicht glücklich über die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung sein. Auch die Arbeitnehmer werden sich zum Teil eingeengt fühlen, weil sie in ihren Arbeitszeiten von zu Hause aus oder von unterwegs aus kontrolliert werden."

Sylvia Bühler vom Verdi-Bundesvorstand sagte auf epd sozial-Anfrage: "Täglich wird in nahezu jeder Gesundheitseinrichtung ohne Zeiterfassungssystem sehr viel Arbeitszeit von den Beschäftigten unvergütet erbracht." Es sei daher gut, dass die realen Arbeitszeiten künftig erfasst werden müssten. Denn viele Beschäftigte im Gesundheitsdienst würden früher kommen und später gehen, "damit sie bei der viel zu dünnen Personaldecke ihre Arbeit bewältigen können".

Eine bundesweite Befragung der Gewerkschaft zum Thema Überstunden in Krankenhäusern im Jahr 2016 hatte ergeben, dass jede Pflegekraft 32,5 Überstunden vor sich her schiebt, insgesamt fielen 35,7 Millionen Überstunden an.

"Jede dritte Überstunde unbezahlt"

Die Ärztevertretung Marburger Bund kündigte an, bei den kommenden Tarifverhandlungen mit den kommunalen Arbeitgebern die Arbeitszeiterfassung zum Thema zu machen. "Überschreitungen der Höchstarbeitszeitgrenzen sind in deutschen Krankenhäusern an der Tagesordnung, ohne dass die Aufsichtsbehörden diesem Missstand im erforderlichen Umfang begegnen", sagte Rudolf Henke, Vorsitzender des Marburger Bundes.

Nach einer Umfrage von über 6.000 Mitgliedern der Standesvertretung würden in Kliniken in rund 30 Prozent der Fälle Überstunden nicht bezahlt. In Krankenhäusern werde immer wieder die Arbeitszeit händisch erfasst oder die Zeiten nachträglich gekappt, um eine Überschreitung der Höchstarbeitsgrenzen nicht offensichtlich zu machen. Erforderlich sei eine "manipulationsfreie, automatisierte Arbeitszeiterfassung", so Henke.

Instrument gegen "Flatrate-Arbeit"

Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) konnte zu den Auswirkungen des Urteils auf ambulante Pflegedienste noch nichts Genaues sagen. Das Problem unbezahlter Überstunden gebe es aber angesichts des Pflegenotstandes und des Personalmangels nicht. Sobald jemand seine Überstunden nicht honoriert bekomme, wechsele er sonst den Arbeitgeber. Greife bei der Bezahlung das Mindestlohngesetz, müssten sowieso die Arbeitszeiten dokumentiert werden.

Annelie Buntenbach vom Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes begrüßte das EuGH-Urteil. Mit der verpflichtenden Arbeitszeiterfassung werde der "Flatrate-Arbeit" einen Riegel vorgeschoben. Gerade da, wo Arbeitgeber keine Arbeitszeiterfassung für notwendig hielten, fielen gemachte Überstunden unter den Tisch und würden nicht honoriert. "Das kommt nicht nur einem Lohn- und Zeitdiebstahl gleich - innerhalb eines Jahres wirtschaften sich die Arbeitgeber so rund 18 Milliarden Euro in die eigene Tasche", sagte Buntenbach.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände kritisierte, dass mit der verpflichtenden Arbeitszeiterfassung flexiblen Arbeitsverhältnissen Steine in den Weg gelegt werden. Den Anforderungen der Arbeitswelt 4.0 werde man so nicht gerecht.

Az.: C-55/18

Frank Leth


Landgericht

Högel-Prozess: Die Zeugen und ihre Erinnerungslücken




Ex-Pfleger Niels Högel vor Gericht in Oldenburg
epd-bild/Julian Stratenschulte/dpa-Pool
Der vermutlich größte Mordprozess der deutschen Nachkriegsgeschichte nähert sich seinem Ende. Nach den zum Teil sich widersprechenden Zeugenaussagen muss das Gericht urteilen, ob Niels Högel wirklich aus Geltungssucht 100 Menschen ermordet hat.

Im Mordprozess gegen den früheren Krankenpfleger Niels Högel hat Oberstaatsanwältin Daniela Schiereck-Bohlmann beim 21. Prozesstag am 16. Mai ihr Plädoyer für die Anklage gehalten. Sie forderte eine Verurteilung wegen 97 Morden. In drei Fällen sei Högel jedoch aufgrund mangelnder Beweise freizusprechen, sagte Schiereck-Bohlmann in ihrem Schlussvortrag vor dem Landgericht Oldenburg.

Ursprünglich hatte die Anklage Högel vorgeworfen, aus Geltungssucht zwischen den Jahren 2000 und 2005 in Oldenburg 36 und in Delmenhorst 64 Patienten vergiftet zu haben. Anschließend habe er versucht, seine Opfer zu reanimieren, um vor den Kollegen als kompetenter Retter zu glänzen. Högel hat bislang 43 der 100 Mordvorwürfe eingeräumt. Das Urteil soll am 6. Juni verkündet werden.

Unterschiedliches Erinnerungsvermögen

Die Wahrheitsfindung ist schwierig: Auffällig war im Prozessverlauf das sehr unterschiedliche Erinnerungsvermögen der Kollegen aus Delmenhorst und Oldenburg. Vor allem viele der Oldenburger Pflegekräfte und Ärzte beriefen sich auf Erinnerungslücken. Fast alle von ihnen waren mit einem von ihrem Arbeitgeber bezahlten Rechtsbeistand gekommen. Etliche Kollegen schilderten Högel lediglich als kompetenten und lebensfrohen Menschen. An frühere Aussagen bei der Polizei konnten sie sich nicht mehr erinnern, auch nicht, nachdem ihnen diese nochmals vorgelesen wurden.

Für Prozessbeobachter war die große Verunsicherung der Zeugen geradezu spürbar. Nach und nach wurde deutlich, dass etliche von ihnen zumindest ahnten oder befürchteten, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Spitznamen wie "Sensen-Högel", "Pechvogel" oder "Rettungs-Rambo" waren auf den Stationen geläufig. Pfleger und Schwestern ermahnten sich gegenseitig, auf die Patienten aufzupassen. Ein Stationsleiter führte eine Strichliste mit Reanimationen, die einsam von Högel angeführt wurde.

Warnung vor Rufmord

Doch wer seine Bedenken an Vorgesetzte weitergab, bekam Ärger. Eine Krankenschwester berichtete, wie sie ihrem Chef ihren Verdacht meldete: Doch der habe sie zurechtgewiesen und gefragt, ob sie noch den Belastungen auf einer Intensivstation gewachsen sei. Eine Kollegin, der sie sich anvertraute, habe sie vor einem Rufmord gewarnt: "Da habe ich geschwiegen."

Eine weitere Kollegin Högels erstarrte im Zeugenstand fast vor Angst. Sie wand sich, verstrickte sich in Widersprüche. Erst freundlich, dann immer strenger werdend ermahnte sie Richter Sebastian Bührmann zu "wahrhaftigen Aussagen". Schließlich forderte er die Frau auf, ihre Hand zum Eid zu erheben. Eine Falschaussage unter Eid kann mit mehreren Jahren Gefängnis bestraft werden.

Unter Tränen bat die Frau, nicht vereidigt zu werden. Sie habe furchtbare Angst, für die Taten Högels mitverantwortlich gemacht zu werden. Von heute aus betrachtet, stelle sich die damalige Situation ganz anders dar als damals. Sie wisse nicht, was sie sagen oder nicht sagen dürfe. Bührmann verzichtete daraufhin auf die Vereidigung. "Ich sehe, dass Sie am Rande dessen sind, was Sie körperlich und gesundheitlich ertragen können", sagte er.

Meineid-Verfahren laufen

Andere Zeugen vereidigte der Richter, weil er ihren Aussagen nicht glaubte. Gegen acht Ärzte und Pflegekräfte leitete die Staatsanwaltschaft ein Meineid-Verfahren ein.

Für mehr Klarheit hätten vor allem der Stationsleiter, der Chefarzt, die Pflegedirektorin und der damalige Geschäftsführer des Oldenburger Klinikums sorgen können. Doch sie verweigerten die Aussage, um sich nicht selbst zu belasten. Gegen vier leitende Mitarbeiter aus Delmenhorst wurde bereits Anklage wegen Totschlags durch Unterlassen erhoben, gegen weitere Vorgesetzte aus Oldenburg ermittelt die Staatsanwaltschaft noch. Bei einem Schuldspruch drohen ihnen bis zu fünf Jahre Haft.

Högel selbst verfolgte die Zeugenvernehmungen scheinbar emotionslos. Zu Beginn des Prozesses räumte er 43 Mal den Mordvorwurf ein. Fünfmal wies er die Anschuldigungen zurück. 52 Mal sagte er aus, er könne sich nicht an den Patienten erinnern, "aber ich will nicht ausschließen, dass ich da manipuliert habe". Diesen Zusatz vergaß er nie.

Zu Beginn des 21. Prozesstages hatte das Gericht einen Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen den Medizin-Professor Wolfgang Koppert zurückgewiesen. Der Gutachter hatte bei seiner Vernehmung gesagt, er könne sich vorstellen, dass Högel weitere Morde begangen habe, die bisher nicht nachzuweisen seien. Die Verteidigung hatte sah darin eine Voreingenommenheit.

Az.: 5Ks 1/18

Jörg Nielsen


Bundesverwaltungsgericht

Arbeitszeitgesetz auch für Rund-um-die-Uhr-Wohngruppe bindend



Das Bundesverwaltungsgericht hat die Rund-um-die-Uhr-Betreuung von Heimkindern in familienähnlichen Wohngruppen erschwert. Wie die Leipziger Richter am 8. Mai urteilten, gelten für die dort eingesetzten Erzieher die gesetzlichen Arbeits- und Ruhezeiten, so dass das Personal häufiger wechseln muss. Auch wenn Erzieher über mehrere Tage Kinder und Jugendliche betreuten, bilden sie damit noch keine "häusliche Gemeinschaft", für die das Arbeitszeitgesetz nicht anzuwenden ist.

Konkret ging es um eine Jugendhilfe-Einrichtung des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Im Raum Berlin betreibt sie unter anderem sieben Wohngruppen mit Kindern und Jugendlichen ab sechs Jahren, die in ihren Herkunftsfamilien nicht mehr leben können.

Jede Wohngruppe besteht aus meist sechs Betreuten sowie drei gleichbleibenden Erziehern. Sie werden "alternierend betreut", das heißt, dass die Erzieher sich alle zwei bis sieben Tage mit der Arbeit abwechseln. Während ihrer Beschäftigung haben sie mehrere Stunden Pausen, aber auch Nachtbereitschaften.

Ziel ist eine familienähnliche Betreuungssituation. "Dabei sind die Kinder und Jugendlichen aus beziehungsschwachen Strukturen besonders auf eine intensive Bindungsarbeit angewiesen", so Diakonie-Direktorin Barbara Eschen.

Im konkreten Fall hatten Arbeitsschutzbehörden gerügt, dass die Erzieher die gesetzliche Arbeitszeit von maximal zehn Stunden pro Tag sowie die Ruhezeiten häufig nicht einhalten.

Die diakonische Einrichtung berief sich auf eine Ausnahmevorschrift im Arbeitszeitgesetz. Danach ist das Gesetz nicht für Arbeitnehmer anwendbar, wenn sie "in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammenleben und sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen und betreuen".

Das Bundesverwaltungsgericht urteilte: Auch wenn die Erzieher die Kinder und Jugendlichen über mehrere Tage Rund-um-die-Uhr betreuen, liege damit noch keine "häusliche Gemeinschaft" vor. Dazu sei "ein gemeinsames Wohnen und Wirtschaften auf längere Zeit erforderlich, das auf personelle Kontinuität sowie nahezu permanente Verfügbarkeit des Arbeitnehmers angelegt" ist. Eine "häusliche Gemeinschaft" müsse so eng sein, dass sich Arbeits- und Ruhezeiten nicht voneinander trennen lassen.

Als Folge des Urteils müssen nun zwei weitere Erzieher eingestellt werden. Wegen der nun häufiger wechselnden Bezugspersonen sei eine intensive Bindungsarbeit nicht mehr möglich, so die Diakonie. Nach dem Urteil benötigten die Träger die Hilfe des Landes, erklärte Eschen. Nötig sei unbedingt eine Übergangsfrist sowie Hilfe bei der Suche nach neuen Standorten. Betroffen seien rund 50 dieser speziellen Wohngruppen in Berlin mit insgesamt 300 Kindern und Jugendlichen.

Az.: 8 C 3.18



Bundessozialgericht

Ausgesetzter Hartz-IV-Leistungsbezug kann Erbe retten



Hartz-IV-Bezieher können mit einem vorübergehenden Stopp des Hilfebezugs ein Erbe retten. Fällt der Hilfebedürftige zwischen dem Erbfall und der Auszahlung des Erbes mindestens einen Monat lang aus dem Leistungsbezug heraus, kann bei einer erneuten Antragstellung des Arbeitslosengeldes II das Erbe als Vermögen gelten, entschied am 8. Mai das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. In diesem Fall können Freibeträge für das Erbe geltend gemacht werden.

Geklagt hatte eine alleinerziehende Mutter aus Hamburg, die bis Oktober 2009 Hartz-IV-Leistungen erhielt. In dieser Zeit erbte sie von ihrem Großvater einen Teil eines Grundstücks, das nicht sofort verkauft werden konnte. Nach den geltenden Regelungen ist ein während des Hartz-IV-Bezugs erhaltenes Erbe als Einkommen anzusehen, das für den Lebensunterhalt eingesetzt werden muss.

Nach dem Erbfall fiel die Frau aus dem Hartz-IV-Bezug zunächst heraus, da sie Arbeitslosengeld I und Unterhalt erhielt. Als sie und ihr Kind ab Februar 2012 die Weiterbewilligung von Hartz-IV-Leistungen beantragten, teilte die Mutter dem Jobcenter mit, dass das geerbte Grundstück mittlerweile verkauft worden sei und ihr aus der Erbschaft 5.330 Euro zustünden. Als das Geld im Februar dann überwiesen wurde, wertete das Jobcenter die Zahlung als Einkommen, das die Frau für ihren Lebensunterhalt verwenden müsse.

Das BSG hielt dieses Vorgehen für rechtswidrig. Steht ein Erbe nicht sofort als liquide Mittel zur Verfügung - hier das Grundstück -, ist es zunächst nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Hier habe die Erbin vor der Auszahlung länger als einen Monat keine Hartz-IV-Leistungen bezogen. In solch einem Fall gelte bei einer späteren, erneuten Antragstellung das ausgezahlte Erbe als Vermögen, für das Freibeträge geltend gemacht werden können.

Az.: B 14 AS 15/18 R



Bundessozialgericht

Jobcenter muss für Schulbuchkosten aufkommen



Jobcenter müssen bei Kindern aus Hartz-IV-Familien die Kosten für Schulbücher tragen. Die Kosten seien als Härtefall-Mehrbedarf zu übernehmen, wenn Schüler diese wegen einer fehlenden Lernmittelfreiheit im jeweiligen Bundesland selbst kaufen müssen, urteilte am 8. Mai das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel.

Da Schulangelegenheiten Ländersache ist, regeln die jeweiligen Bundesländer die Kostenübernahme für Schulbücher unterschiedlich. So besteht etwa in Baden-Württemberg und in Hessen Lernmittelfreiheit. In anderen Bundesländern wie Berlin und Nordrhein-Westfalen wird von Eltern - je nach Einkommen - ein Eigenanteil verlangt.

In den jetzt vom BSG entschiedenen Fällen hatten Hartz-IV-Bezieher aus Niedersachsen vom Jobcenter die Kostenübernahme für Schulbücher für ihre in der Oberstufe befindlichen Kinder verlangt. Konkret ging es um die Schuljahre 2016/2017 und 2012/2014 und um eine Kostenübernahme in Höhe von rund 135 Euro und 200 Euro.

"Nicht auf dem Rücken der Schüler"

Die Jobcenter lehnten ab. Die Hartz-IV-Bezieher könnten die Kosten aus der regulären Regelleistung ansparen. Im Regelbedarf sind etwa drei Euro pro Monat für Schulbücher und Broschüren vorgesehen.

Das BSG urteilte, dass hier ein Härtefall-Mehrbedarf vorliege. Wegen der fehlenden Lernmittelfreiheit in Niedersachsen sei Schülern im Hartz-IV-Bezug die Kostenübernahme von Schulbüchern nicht zuzumuten. Zwar sei der Bedarf für Schulbücher im Regelbedarf bereits enthalten. Dieser werde aber darin unzureichend abgedeckt.

Der Regelbedarf gehe auf eine bundesweite Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zurück. Deren Ergebnis sei für Schulbücher aber nicht auf Schüler übertragbar, "für die anders als in den meisten Bundesländern keine Lernmittelfreiheit in der Oberstufe gilt", entschied das BSG.

Auch wenn Bundesländer mit ihrer Kultushoheit für die Finanzierung der Schulbildung zuständig sind, der Bund dagegen für die Hartz-IV-Regelungen, dürfe ein sich daraus ergebender Streit um die Kostenübernahme für Schulbücher "nicht auf dem Rücken der Schüler ausgetragen werden", urteilte das BSG. Den ersten Fall verwies das BSG wegen fehlender Tatsachenfeststellungen an die Vorinstanz zurück, im zweiten Fall sprachen die Richter der Klägerin eine Kostenerstattung von rund 200 Euro zu.

Az.: B 14 AS 6/18 R und B 14 AS 13/18 R



Landessozialgericht

Krankenkasse muss Blutreinigung finanzieren



Krankenkassen müssen nach einem Gerichtsurteil unter bestimmten Voraussetzungen für die Kosten einer Blutwäsche aufkommen, wenn Medikamente und andere Therapien nicht mehr helfen. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen gab mit einem am 13. Mai in Celle bekanntgemachten Urteil der Klage eines Mannes aus dem Harz statt.

Der 61-jähige Schlosser hatte nach mehreren Schlaganfällen durch seine Ärztin Blutreinigungen bei der Krankenkasse beantragt. Diäten und Cholesterin-Senker hätten zuvor keinen Erfolg gehabt. Dem Mann habe eine lebensbedrohliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes gedroht, hieß es.

Die zuständige Kommission der Kasse gab eine positive Empfehlung für die Behandlung ab. Die Krankenkasse selbst hielt diese jedoch nicht für erforderlich. Sie wurde in dieser Einschätzung vom Medizinischen Dienst gestützt.

Das Landessozialgericht sah dies jedoch anders und verpflichtete die Kasse vorläufig zur Übernahme der Behandlungskosten von mehr als 1.000 Euro pro Woche. Es gab damit dem Votum der Kommission und der Ansicht der behandelnden Ärztin den Vorrang.

Da sich im Eilverfahren zeitaufwendige Begutachtungen verböten, sei eine Folgenabwägung anzustellen, hieß es weiter. Angesichts der drohenden schweren Gesundheitsgefahren könne die verbleibende Unsicherheit nicht zulasten des Patienten gehen, erläuterte ein Justizsprecher.

Az.: L 16 KR 121/19 B ER



Sozialgericht

Patientin muss Kosten für türkische Privatklinik tragen



Eine Frau, die während eines Türkei-Urlaubs in eine Privatklinik eingeliefert wurde, muss nach einem Urteil des Sozialgerichts Gießen den Großteil der Kosten selbst tragen. Entscheidender Punkt sei, dass die in einer gesetzlichen Krankenkasse versicherte Patientin in einer privaten Klinik behandelt wurde, sagte der Sprecher des Gerichts, Robert Horn, am 10. Mai dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Laut Mitteilung des Gerichts erlitt die Offenbacherin 2016 in der Türkei eine Herzattacke. Sie wurde in bewusstlosem Zustand in eine Privatklinik gebracht und bekam einen Herzschrittmacher eingesetzt. Hierfür stellte die Klinik 13.000 Euro in Rechnung.

Auf ihren Erstattungsantrag hin bewilligte ihre gesetzliche Krankenkasse rund 1.250 Euro. Diese Summe hätte der türkische Sozialversicherungsträger für eine vergleichbare Behandlung in einem Vertragskrankenhaus zahlen müssen. Die Frau führte an, dass sie erst nachträglich erfahren habe, dass es sich um eine Privatklinik handelte.

Die Klage, mit der die Frau eine volle Kostenerstattung erreichen wollte, hatte laut Gericht keinen Erfolg. Wie in Deutschland auch seien die Kosten für die Behandlung in einer Privatklinik in der Türkei üblicherweise viel höher als in einem staatlichen Vertragskrankenhaus. In der Privatklinik würden auch gesetzlich Versicherte behandelt, allerdings ging man davon aus, dass die Offenbacherin privat versichert sei, erläuterte Horn. Die Patientin hätte sagen müssen, dass sie gesetzlich versichert sei. Das Urteil ist rechtskräftig.

Az.: S 7 KR 261/17



Europäischer Gerichtshof

Flüchtling bleibt auch bei formaler Aberkennung Flüchtling



Auch wegen schwerer Straftaten verurteilte anerkannte Flüchtlinge dürfen bei drohender Folter oder anderer Gefahr für Leib und Leben nicht abgeschoben werden. Zwar kann ihnen nach EU-Recht formal der Flüchtlingsstatus entzogen werden, sie bleiben danach aber immer noch Flüchtlinge, denen Mindeststandards zustehen, urteilte am 14. Mai der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg.

Im konkreten Fall wollten Belgien und die Tschechische Republik Flüchtlingen aus dem Kongo, der Elfenbeinküste und aus Tschetschenien die Anerkennung ihres Flüchtlingsstatus wieder entziehen beziehungsweise verweigern. Die Behörden begründeten dies mit begangenen schweren Straftaten. Nach der sogenannten EU-Anerkennungsrichtlinie könne der Flüchtlingsstatus verweigert oder wieder aberkannt werden, wenn es konkrete Gründe für die öffentliche Sicherheit oder der Allgemeinheit gebe, etwa bei schweren begangenen Verbrechen, so die Behörden.

Die in Tschechien und Belgien mit den Fällen befassten Gerichte wollten vom EuGH nun wissen, ob die Genfer Flüchtlingskonvention und die EU-Grundrechte-Charta der EU-Richtlinie entgegenstehen.

Abschiebung bei Gefahren nicht möglich

Der EuGH urteilte, dass nach der gültigen EU-Richtlinie die formale Anerkennung als Flüchtling verweigert oder wieder entzogen werden darf. In diesem Fall steht den betroffenen Personen weniger Rechte zu. Ihnen kann dann der Zugang zu Integrationsprogrammen oder eine Aufenthaltsberechtigung verweigert werden.

Doch auch bei einem formalen Entzug der Flüchtlingsanerkennung wegen begangener schwerer Straftaten blieben die Betroffenen von ihrer Eigenschaft her immer noch Flüchtlinge, denen Mindeststandards nach der Grundrechte-Charta und der Genfer Flüchtlingskonvention zustehen, urteilte der EuGH.

So dürfe in keinem Fall ein Flüchtling bei bestehender Gefahr für Leib und Leben in sein Herkunftsland wieder abgeschoben werden, auch wenn sein Flüchtlingsstatus formal entzogen wurde.

Az.: C-391/16, C-77/17 und C-78/17




sozial-Köpfe

Beate Hofmann ist Bischöfin von Kurhessen-Waldeck




Beate Hofmann
epd-bild/Andreas Fischer
Beate Hofmann (55) ist am 9. Mai von der Synode der Landeskirche von Kurhessen-Waldeck zur neuen Bischöfin gewählt worden. Sie ist Professorin an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel - und die erste Bischöfin in Nord- und Osthessen.

Beate Hofmann tritt die Nachfolge von Bischof Martin Hein an, der Ende September in den Ruhestand tritt. Die Professorin für Diakoniewissenschaft an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel erhielt im zweiten Wahlgang 78 Stimmen von den 86 Wahlberechtigten im Kirchenparlament.

Ihre Mitbewerberin, die Herborner Pröpstin Annegret Puttkammer, hatte ihre Kandidatur zurückgezogen, nachdem sie im ersten Wahlgang 25 Stimmen erhalten hatte.

Hofmann zeigt sich in einer ersten Reaktion von der Wahl überwältigt. "Sie haben mir den Schlüssel zu einer Tür zu einem neuen Lebensabschnitt anvertraut", sagte sie. Es sei zugleich ein Schlüssel für eine Schlüsselfunktion in der EKKW. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit werde unter anderem die Begleitung des Reformprozesses in der EKKW sowie die Stärkung der Zusammenarbeit von Kirche und Diakonie sein.

Beate Hofmann, 1963 in Bad Tölz geboren, wirkte nach Studium und Vikariat zunächst von 1993 bis 1996 als Pfarrerin in München. 1999 promovierte sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität München. 1998 bis 2003 war sie theologische Studienleiterin der Diakonie Neuendettelsau, 2003 bis 2013 Professorin für Gemeindepädagogik an der Evangelischen Hochschule Nürnberg. 2012 erfolgte ihre Habilitation, seit 2013 ist Hofmann Professorin für Diakoniewissenschaft und Diakoniemanagement an der kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel.



Weitere Personalien



Ulrike Mascher (80) ist für weitere vier Jahre Vorsitzende des VdK Bayern. Bei der Landesverbandstagung in München wurde sie einstimmig wiedergewählt. Mascher ist seit 2006 Vorsitzende des größten VdK-Landesverbands, von 2008 bis 2018 führte sie zudem den VdK auf Bundesebene. Zur Stellvertreterin wurde die Präsidentin des Bundes-VdK, Verena Bentele, gewählt. Weiterer Stellvertreter wurde Hermann Imhof. Der frühere CSU-Landtagsabgeordnete aus Nürnberg war bis Herbst 2018 Patienten- und Pflegebeauftragter der Bayerischen Staatsregierung.

Martin Georgi, Organisationsberater aus Bonn, ist neuer Vorsitzender des Deutschen Fundraising Verbandes (DFRV). Die Mitgliederversammlung wählte ihn am 8. Mai an die Spitze des sechs Personen zählenden Vorstandes. Er hat während seiner beruflichen Laufbahn vielfältige Leitungsfunktionen in Organisationen im In- und Ausland übernommen. Er war unter anderem Vorstand der Aktion Mensch, Direktor der Christoffel-Blindenmission und Geschäftsführer von Amnesty International Deutschland. Zur neuen stellvertretenden Vorsitzenden wurde Manuela Ewert aus Berlin gewählt. Sie hat ebenfalls langjährige Erfahrungen im Dritten Sektor und ist hauptamtlich als Projektkoordinatorin für Telefon-Fundraisingkampagnen beim Deutschen Spendenhilfsdienst tätig. Georgi und Ewert treten die Nachfolge von Martin Dodenhoeft und Susanne Wohmann an, die sich nach jahrelanger Arbeit aus ihren Ämtern verabschiedet haben.

Hubertus Heil, Bundesarbeitsminister (SPD), und der katholische Caritasverband in Frankfurt, haben am 10. Mai in Bielefeld den Regine-Hildebrandt-Preis der Bielefelder Stiftung Solidarität erhalten. Heil wurde für seinen aktiven Einsatz gegen Langzeitarbeitslosigkeit gewürdigt. Der Caritasverband Frankfurt erhält den Preis für sein Projekt "Stromspar-Check", das einkommensschwachen Haushalten hilft, die Stromkosten um bis zu 20 Prozent zu senken. Die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde in der evangelischen Altstädter Nicolaikirche in Bielefeld verliehen. Der Regine-Hildebrandt-Preis wird seit 1997 vergeben. Die Stiftung Solidarität zeichnet damit Initiativen oder Persönlichkeiten aus, die sich gegen Arbeitslosigkeit und Armut engagieren.

Claudia Oetting-Roß (42) ist von der FH Münster Professorin berufen worden. Ihr Lehrgebiet: Klinische Pflegeforschung, Palliative Care und Pädiatrische Pflege sowie Beratung im Zusammenhang mit Pflichten und Rechten von Pflegeeinrichtungen. Oetting-Roß bringt viel Erfahrung in die Hochschule ein, sowohl aus der Praxis als auch aus Forschung und Lehre. Die gelernte Kinderkrankenschwester und diplomierte Pflegepädagogin arbeitete an der Hochschule Osnabrück als wissenschaftliche Mitarbeiterin zum Thema Familiengesundheit und bei der Science to Business GmbH in Osnabrück zu Potenzialen von Beratung und Schulung zur Verbesserung der häuslichen Pflege. An der Medizinischen Hochschule Hannover leitet sie im Netzwerk für die Versorgung schwerstkranker Kinder seit einem Jahrzehnt die Weiterbildung "Palliative Care bei Kindern".

Dieter Jantz aus Wesel am Niederrhein ist neuer Vorsitzender des Bundesverbandes Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister (VEID) mit Sitz in Leipzig. Zur zweiten Vorsitzenden bestimmte die Mitgliederversammlung Kerstin Gleisberg aus Dresden. Beide wurden für drei Jahre gewählt. Die Wahl wurde vorgezogen worden, weil zwei Vorstandsmitglieder aus persönlichen Gründen vorzeitig ausgeschieden waren. Der Vorstand hat acht Mitglieder. Unter dem Dach des 1997 gegründeten Bundesverbands sind den Angaben zufolge mehr als 500 Selbsthilfegruppen und Vereine engagiert. Ein wissenschaftlicher Beirat, unter anderem besetzt mit Medizinern, Sozialarbeitern und Theologen, unterstützt die Arbeit des Verbandes.

Irmgard Landgraf, Berliner Internistin, hat den Preis für Patientensicherheit des Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) erhalten. Sie ging in ihrer Dissertation der Frage nach, wie Fehler bei der Medikamentenversorgung von Heimbewohnern vermieden werden können. Die Lösung ist eine elektronische Pflegeheimakte, auf die alle Beteiligten jederzeit zugreifen können. Dazu hat sich die Medizinerin mit dem von ihr betreuten Pflegeheim vernetzt. "Hier wird eindeutig nachgewiesen, dass auf diese Art betreute Pflegeheimbewohner weniger Medikamente erhalten, seltener ins Krankenhaus müssen und eine höhere Lebenserwartung sowie mehr Lebensqualität haben", lobt die APS-Vorsitzende Hedwig François-Kettner die Arbeit der Preisträgerin. Für den ersten Platz erhält die Berliner Hausärztin ein Preisgeld von 10.000 Euro.

Andrea Imle, Fiona Müllner und Bonnie Murphy sind mit dem Förderpreis "For Women in Science" ausgezeichnet worden. Wie die Deutsche Unesco-Kommission am 13. Mai mitteilte, erhalten die Nachwuchswissenschaftlerinnen mit Kindern für ihre herausragenden wissenschaftlichen Leistungen jeweils 20.000 Euro. Andrea Imle erforscht am Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie in Heidelberg, wie sich die physikalischen Eigenschaften von Gewebe auf die Wanderung von T-Zellen auswirken. T-Zellen sind Teil des Immunsystems und wandern durch den menschlichen Körper, um Krankheitserreger und Krebszellen zu bekämpfen. Fiona Müllner beschäftigt sich am Friedrich Miescher Institute for Biomedical Research in Basel (Schweiz) mit grundlegenden Mechanismen, wie Nervenzellen Signale im Gehirn verarbeiten. Die Postdoktorantin Bonnie Murphy erforscht am Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt, wie spezifische Proteine auf atomarer Ebene ihre Funktionen ausüben und so zur Existenz von Zellen und Organismen beitragen.




sozial-Termine

Veranstaltungen bis Juni



Mai

21.5. Berlin:

Seminar "Professionelles Belegungsmanagement in der stationären Altenhilfe"

der BFS Service GmbH

Tel.: 0221/97356-160

21.5. Köln:

Seminar "Integrierte Finanzplanung und Berichtswesen in Pflegeeinrichtungen und anderen Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens"

der Unternehmensberatung Solidaris

Tel.: 02203/8997-221

23.5. Berlin:

Fachtag "Grundeinkommen"

des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung

Tel.: 030/65211-1636

27.-28.5. Bonn:

Fachtagung "Schulabsentismus - Alternative Wege zum Schulabschluss"

der Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit

Tel.: 0711/16489-20

28.-29.5. Berlin:

Seminar "Traumatisierten und vulnerablen geflüchteten Menschen begegnen"

der AWO Bundesakademie

Tel.: 030/26309-0

29.5. Mainz:

Seminar "ABC des Umsatzsteuer- und Gemeinnützigkeitsrechts"

der Solidaris Unternehmensberatung

Tel.: 02203/8997-221

Juni

3.-6.6. Freiburg:

Seminar "Auf ein Wort - Beratung: kurz, knapp, sofort"

der Fortbildungsakademie des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/200-1700

4.6. Berlin:

Seminar "Rote Zahlen - Strategische und operative Ansätze für die stationäre Altenhilfe"

der Unternehmensberatung Solidaris

Tel.: 02203/8997-221

13.6. Göttingen:

Tagung "Kulturelle Diversität und erfolgversprechende Patientenversorgung"

des Zentrums für Gesundheitsethik

Tel.: 0511/1241-496

17.-18.6. Berlin:

Tagung "Teilhaben und teilsein - im Mittelpunkt der Mensch"

der v. Bodelschwinghschen Stiftung Bethel

Tel.: 0521/144-4930

24.6. Potsdam:

Seminar "Aufsichts- und Fürsorgepflicht in der Eingliederungshilfe"

des Paritätischen Bildungswerkes Brandenburg

Tel.: 0331/7481875

27.6. Köln:

Seminar "Basiswissen Projektmanagement im Krankenhaus" der Unternehmensberatung Solidaris

Tel.: 02203/8997-221

27.6. Heidelberg:

Seminar "Transkulturelle Aspekte von psychischen Erkrankungen, Trauma und Migration"

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 0711/25298-921