sozial-Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser




Dirk Baas
epd-bild/Hanno Gutmann

Für die einen ist es ein Schritt in die richtige Richtung, die anderen halten das "Starke-Familien-Gesetz" für verfehlt. Immerhin eine Milliarde Euro wollen das Arbeits- und das Familienministerium investieren, um Kinder in armen Familien besser zu unterstützen. Von den höheren Zahlungen könnten bis zu vier Millionen Kinder profitieren, hieß es bei der Vorstellung des Vorhabens im Kabinett.

Die Theologin Elisabeth Gräb-Schmidt ist neu im Deutschen Ethikrat. Die Bioethik-Expertin äußert sich im epd-Gespräch über Risiken der Gentechnik, auch über nichtinvasive Bluttests zum Erkennen des Down-Sydroms. Die lehnt sie nicht grundsätzlich ab. Aber: "Wichtig ist es, dass Betroffene beraten werden und man dadurch das Problembewusstsein schärft. Damit schützt man werdendes Leben mehr, als wenn man einfach nur gegen einen solchen Test ist."

Tim, ein Junge mit Down-Syndrom, wurde 1997 bundesweit als "Oldenburger Baby" bekannt. Seine Mutter ließ eine Spätabtreibung vornehmen, doch Tim überlebte, war fortan schwerstbehindert. Der lebensfrohe Junge kam in eine Pflegefamilie. Jetzt ist er mit 21 Jahren an einem Lungeninfekt gestorben - Porträt eines Kämpfers.

Beim Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) kommt alles auf Gespräche an. Hat das Verfahren unter Beteilung von Mediatoren Erfolg, wird ein Gerichtsverfahren überflüssig. Schätzungen zufolge werden pro Jahr zwischen 20.000 und 30.000 Konflikte mit Hilfe einer Mediation gelöst - verschwindend wenig. Auch, weil der TOA wenig bekannt ist. Eine Infokampagne soll das ändern.

Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann ein Autist keinen Online-Chat verlangen, um so von daheim aus eine Gerichtsverhandlung verfolgen zu können. Das Gericht verwies zwar ausdrücklich darauf, dass die Gerichte die Teilnahmemöglichkeiten behinderter Menschen berücksichtigen müssen. Aber: Sie müssen mündliche Verhandlungen nicht komplett nach den Wünschen behinderter und psychisch kranker Verfahrensbeteiligter ausrichten.

Hier geht es zur Gesamtausgabe von epd sozial 2/2019.

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Dirk Baas

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sozial-Politik

Armut

Gezielte Hilfe für Eltern mit geringen Einkommen




Auch Alleinerziehende, die oft von Armut bedroht sind, sollen von dem neuen Gesetz profitieren
epd-bild/Maike Glöckner
Familienministerin Franziska Giffey und Arbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD) sind überzeugt, dass sie mit dem "Starke-Familien-Gesetz" mehr Kinder aus armen Familien unterstützen können als heute. Sozialverbände halten die Regelungen indes für viel zu kompliziert. Doch es gibt auch Lob für einen "Schritt in die richtige Richtung".

Eltern mit geringen Einkommen sollen gezielter unterstützt werden. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und Bundessozialminister Hubertus Heil (beide SPD) warben am 8. Januar in Berlin gemeinsam für den Entwurf des "Starke-Familien-Gesetzes", das zuvor vom Bundeskabinett gebilligt worden war. Man gehe einen weiteren und sehr pragmatischen Schritt im Kampf gegen Kinderarmut, sagte Giffey. Von den verbesserten Leistungen könnten bis zu vier Millionen Kinder profitieren. Sozialverbände bezweifeln das. Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft Familie (eaf) sprach jedoch von guten Nachrichten, auch der DGB äußerte sich zufrieden.

Der Gesetzentwurf sieht eine Erhöhung des Kinderzuschlags für Geringverdiener von derzeit bis zu 170 Euro auf bis zu 185 Euro im Monat vor. Der Zuschlag steht Eltern zu, deren Einkommen nicht für die ganze Familie ausreicht und die daher für ihre Kinder Sozialleistungen beantragen müssten. Geplant sind außerdem höhere staatliche Zuschüsse für Schul- und Kindergartenkinder aus einkommensarmen Familien oder Familien, die von Hartz-IV-Leistungen leben.

Mehrausgaben von einer Milliarde Euro

Künftig sollen Kindergeld, Kinderzuschlag und die Bildungs- und Teilhabeleistungen das Existenzminimum eines Kindes abdecken. Für den Kinderzuschlag sind Mehrausgaben von einer Milliarde Euro eingeplant, für die Verbesserung der Teilhabeleistungen 220 Millionen Euro jährlich.

Der Kinderzuschlag steht seit seiner Einführung 2005 in der Kritik, weil er von vielen Familien nicht in Anspruch genommen wird. Giffey sagte, von 800.000 anspruchsberechtigten Kindern, erhielten nur 250.000 die Unterstützung auch tatsächlich. Mit dem "Starke-Familien-Gesetz" erhöht sich Giffey zufolge die Zahl der anspruchsberechtigten Kinder um 1,2 Millionen auf zwei Millionen.

Weil der Kinderzuschlag künftig mit einer Befreiung von den Kita-Gebühren verknüpft wird, rechnet Giffey damit, dass sich die Zahl der tatsächlichen Bezieher deutlich erhöhen wird. Die Beantragung wird vereinfacht und der Geltungszeitraum auf sechs Monate verlängert. Bisher müssen Eltern den Kinderzuschlag ständig neu berechnen lassen und mit Rückforderungen rechnen.

"Das sind gute Nachrichten für Familien mit niedrigen Einkommen. Auch wenn es noch einigen Nachbesserungsbedarf in Details gibt, ist das ein Schritt vorwärts zur besseren Unterstützung von Eltern und Kindern“, betonte Insa Schöningh, die Geschäftsführerin der eaf.

Kinderhilfswerk ist skeptisch

Das Deutsche Kinderhilfswerk erwartet keine grundlegenden Verbesserungen. Präsident Thomas Krüger kritisierte, dass es weiterhin keine automatische Auszahlung des Zuschlags geben werde. Die Verbesserungen beim Bildungs- und Teilhabepaket beschränkten sich zudem auf den schulischen Bereich, kritisierte Krüger weiter. Der Freizeitbereich bleibe außen vor.

Arbeits- und Sozialminister Heil, der für die Teilhabeleistungen zuständig ist, wies die Kritik als "veraltet" zurück. Das Schulstarterpaket werde von 100 auf 150 Euro erhöht, der "bürokratische Wust" bei den Zuschüssen zum Schul- und Kita-Essen sowie für die Schülerbeförderung falle weg, sagte er. Schulessen, Monatskarten und Nachhilfe seien künftig für alle bedürftigen Kinder kostenlos.

Alleinerziehende sollen künftig bessergestellt werden, indem Unterhaltszahlungen nicht mehr voll, sondern nur noch anteilig auf den Kinderzuschlag angerechnet werden. Dadurch erhöht sich ihr Nettoeinkommen.

Familienministerin Giffey wies darauf hin, dass Mitte dieses Jahres das Kindergeld für alle Familien erhöht wird. Parallel dazu würden nun auch die Leistungen für Geringverdiener und für Eltern verbessert, die von der Kindergelderhöhung nicht profitieren - das sind alle, die Hartz-IV-Leistungen in Anspruch nehmen müssen.

Diakonie: Schulstarterpaket noch zu niedrig bemessen

Sozialverbände kritisierten den Gesetzentwurf. Die Diakonie Deutschland erklärte, das Schulstarterpaket sei mit 150 Euro immer noch zu niedrig. Außerdem sei das Nebeneinander aus Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzuschlag, Kinderregelsätzen und Pauschalen des Bildungs- und Teilhabepakets viel zu kompliziert und für Familien zu unübersichtlich. Die Gefahr, dass die Leistungen erst gar nicht bei den armen Familien ankommen, ist groß", sagte Vorstand Maria Loheide.

Caritas-Präsident Peter Neher sprach hingegen von einer "echten Verbesserung" und einem wichtigen Schritt zur Bekämpfung von Kinderarmut. Im Detail seien die Regelungen aber weiterhin zu kompliziert und teilweise intransparent, kritisierte auch Neher: "Gesetze, die soziale Gerechtigkeit schaffen sollen, von den Begünstigten aber nicht nachvollzogen werden können, verfehlen ihr sozialpolitisches Ziel."

Der Gesetzentwurf greift laut Neher insgesamt zu kurz, indem nur der Kinderzuschlag und die Bildungs- und Teilhabeleistungen weiterentwickelt würden. "Um Armut von Kindern und Familien nachhaltig zu bekämpfen, brauchen wir ein Konzept, in dem die verschiedenen Transferleistungen für Kinder und Familien einbezogen werden."

Insbesondere müssten die Wohnkosten berücksichtigt werden, die gerade für Familien mit niedrigem und mittlerem Einkommen in Ballungszentren ein großes Problem darstellen, forderte Neher. Eine wirklich "Starke-Familien-Politik" brauche daher eine dynamische Einbindung von Wohngeldleistungen.

VdK regt Nachbesserungen an

Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, begrüßte die Zielrichtung der Gesetzesinitiative. Es sei begrüßenswert, dass mit diesem Gesetz wichtige Schritte zur Bekämpfung der Kinderarmut unternommen werden sollen. "Hier werden langjährige Forderungen des VdK zum Bildungs- und Teilhabepaket, wie die Abschaffung der Zuzahlungen für das Mittagessen in Schule und Kita und die Erhöhung des Schulbedarfs, umgesetzt", so Bentele. Das sei aber noch nicht ausreichend: "Auch die Teilhabeleistungen müssen deutlich angehoben werden, denn eine Mitgliedschaft in einem Sportverein oder der Besuch einer Musikschule sind mit zehn Euro im Monat nicht möglich."

Für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) äußerte Annelie Buntenbach überwiegend Zustimmung zu dem Gesetzesvorhaben. Kritisch bewertete sie jedoch, dass die Koalition die Mehrkosten aufgrund der Reform auf eine Milliarde Euro in der Legislaturperiode begrenzen will. "Dieser Kostendeckel verhindert notwendige, beherztere Maßnahmen gegen Kinderarmut. Die Kinderzuschläge müssen deutlich stärker angehoben und nach Kindesalter gestaffelt werden, weil die Ausgaben für Kinder mit dem Alter steigen."

Bettina Markmeyer, Dirk Baas


Armut

SPD-Fraktion will Konzept für Kindergrundsicherung vorlegen



Die SPD will in diesem Jahr ein Konzept für die Einführung einer Kindergrundsicherung vorlegen. Das geht aus dem Beschlusspapier für die Klausurtagung der Bundestagsfraktion hervor, zu der die Abgeordneten am 10. und 11. Januar in Berlin zusammenkommen.

Die Beschlussvorlage sieht im Kern vor, Sozialleistungen und steuerliche Förderungen für Familien zu bündeln und in einer einzigen Leistung zusammenzufassen, die den Grundbedarf eines Kindes abdeckt.

Es gehe um ein wirksames Mittel, gegen Kinderarmut vorzugehen und die finanziellen Leistungen für Kinder "klarer und einheitlicher zu fassen", heißt es in dem Papier der Bundestagsfraktion: "Mit Kinderarmut werden wir uns nicht abfinden." Nach wie vor sei der Alltag jedes fünften Kindes in Deutschland von Armut geprägt. Es müssten aber alle Kinder ihren Weg machen können, unabhängig vom Einkommen der Eltern oder ihrer Herkunft.

Zustimmung aus Baden-Württemberg

Die Forderungen stoßen beim baden-württembergischen Sozial- und Integrationsminister Manfred Lucha (Grüne) auf Zustimmung. "Ich kann nur hoffen, dass die Bundesregierung dieses klare Signal aus dem Deutschen Bundestag ernst nimmt und so schnell wie möglich aufgreift", sagte Lucha.

Vor wenigen Wochen bereits hatte der Landesminister gemeinsam mit seinen Amtskolleginnen aus Bremen und Rheinland-Pfalz, Anja Stahlmann und Anne Spiegel, am Rande der Arbeits- und Sozialministerkonferenz in Münster ein entsprechendes Positionspapier veröffentlicht und die sofortige Einführung einer Kindergrundsicherung gefordert. In dem Papier heißt es unter anderem: "Wir können es uns nicht leisten, noch mehrere Jahre Millionen Kinder von Bildung und Teilhabe auszuschließen."

Familienministerin Franziska Giffey (SPD) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatten die Erhöhung des Kinderzuschlags für Geringverdiener und der Bildungs-und Teilhabeleistungen für Kinder aus einkommensarmen und Hartz-IV-Haushalten bei der Vorstellung des "Starke-Familien-Gesetzes" als Schritte auf dem Weg hin zu einer Grundsicherung für Kinder bezeichnet.



Armut

Kindergrundsicherung: Eine Idee - viele Konzepte



Die SPD-Bundestagsfraktion will dieses Jahr ein Konzept für eine Kindergrundsicherung vorlegen. Die Absicherung von Kindern unabhängig vom Einkommen der Eltern wird auch von anderen Parteien, Sozialverbänden und Gewerkschaften gefordert. Chancengleichheit, weniger Kinderarmut, weniger Bürokratie sind die Ziele. Die Vorstellungen sind aber unterschiedlich.

Grundsätzlich geht es bei der Kindergrundsicherung um eine Reform der finanziellen Förderung und steuerlichen Entlastung von Familien mit dem Ziel, alle Leistungen zu einer zusammenzufassen, die den Grundbedarf eines Kindes abdeckt.

Die Arbeits- und Sozialminister der Bundesländer arbeiten an einem Konzept für eine Zusammenfassung der Leistungen für einkommensschwache Familien, zunächst von Kindergeld, Kinderzuschlag und dem Bildungs- und Teilhabepaket (Zuschüsse zu Schulsachen, Schulessen, Vereinsbeiträgen).

Mehrere alternative Konzepte

Das Bündnis Kindergrundsicherung verlangt ausgehend vom verfassungsrechtlich erforderlichen Existenzminimum von 619 Euro eine gestufte Kindergrundsicherung, die allen Kindern einen Mindestbetrag von 300 Euro im Monat garantiert. Kinder armer Eltern erhalten mehr. Die Regulierung soll über die Besteuerung erfolgen.

Die Grünen und die Linke haben ebenfalls Konzepte. Eine Kindergrundsicherung nach den Vorstellungen der Grünen würde Kindergeld und Freibeträge ersetzen und Teil einer reformierten Familienbesteuerung sein. Geringverdiener sollen automatisch einen Kindergeld-Bonus erhalten.

Die Linke fordert eine Kindergrundsicherung, die aus einem Kindergeld von 328 Euro im Monat besteht plus einer guten Infrastruktur für alle Kinder und sanktionsfreien Sozialleistungen für Kinder aus armen Familien.



Arbeitslosigkeit

Deutlich weniger Hartz-IV-Haushalte




Ein Antragsteller beim Ausfüllen der Hartz-IV-Papiere.
epd-bild/Norbert Neetz
In die Debatte um das strittige Hartz-IV-Gesetz meldet die Bundesagentur für Arbeit (BA) einen deutlichen Rückgang bei der Zahl der Leistungsempfänger. Danach beziehen weniger als drei Millionen Haushalte die Grundsicherung. Der Chef der BA wirbt für eine moderate Reform der Unterstützungsleistungen, der Paritätische indes für eine Radikalreform.

Die Zahl der Hartz-IV-Empfänger geht nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) deutlich zurück. Erstmals seit der Einführung der Arbeitsmarktreform lebten im November weniger als drei Millionen Haushalte von der Grundsicherung, wie die Bundesagentur am 4. Januar in Nürnberg mitteilte. Im Dezember sank die Zahl der Hartz-IV-Bezieher weiter. BA-Chef Detlef Scheele (SPD) sagte, er sehe keine Notwendigkeit für eine grundlegende Hartz-IV-Reform, wohl aber für Korrekturen. CDU und FDP nannten Hartz IV ein "erfolgreiches System". Der Paritätische warnte indes vor Augenwischerei.

Die Bundesagentur verzeichnete im Dezember rund 2,995 Millionen sogenannte Bedarfsgemeinschaften. Das sind 5,7 Prozent weniger als ein Jahr zuvor und 17 Prozent weniger als 2008. In den Hartz-IV-Haushalten lebten im Dezember 2018 zusammen gut 5,9 Millionen Menschen, wie die BA weiter mitteilte. Das waren 281.000 weniger als ein Jahr zuvor. Auch die Zahl der einzlnen Leistungsberechtigten ging zuletzt stetig zurück. Vom Oktober 2018 bis zum Dezember 2018 sank sie von 3,01 Millionen Personen auf 2,95.

Scheele: System funktioniert

Der Chef der Bundesagentur wertet den Rückgang der von Hartz IV abhängigen Haushalte als Beleg für eine funktionierende Grundsicherung. Viele ehemalige Hartz-IV-Bezieher hätten Arbeit gefunden oder seien in Rente gegangen, sagte Scheele in Nürnberg. Die Unterbeschäftigung, die auch Personen in Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik und in kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit mitzählt, belief sich nach seinen Angaben 2018 durchschnittlich auf 3.286.000 Personen. Das waren 231.000 weniger als im Vorjahr. Da die Entlastung durch die Arbeitsmarktpolitik geringer war als vor einem Jahr, ist die Unterbeschäftigung im Jahresdurchschnitt stärker zurückgegangen als die Arbeitslosigkeit, so Scheele.

Für den sozialpolitischen Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Peter Weiß, zeigen die Zahlen, dass "es keinen Grund für eine größere Reform oder gar die Abschaffung von Hartz IV gibt". Umfassende Änderungen, etwa bei Sanktionen, gefährdeten die Erfolge: "Wir haben mit diesem System über 1,1 Millionen Empfänger aus der Arbeitslosigkeit geholt", sagte Weiß.

"Wir haben mit diesem System über 1,1 Millionen Empfänger aus der Arbeitslosigkeit geholt", sagte der Unionspolitiker. "Dazu brauchen die Jobcenter-Mitarbeiter weiterhin die Möglichkeiten, die sie auch bis heute erfolgreich nutzen." Wenn Fachleute, wie etwa der Chef der Bundesagentur, von einem Systemwechsel abrieten, dann sollte die Politik das nicht besserwisserisch ignorieren.

Kober: Hartz IV nicht antasten

Der sozialpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Pascal Kober, nannte es vollkommen unverständlich, dass Politiker von SPD und Grünen Hartz IV abschaffen wollen. "Stattdessen muss Hartz IV weiter verbessert werden, beispielsweise durch eine maßvolle Ausweitung des Schonvermögens und motivierendere Hinzuverdienstgrenzen. Denn wer sich anstrengt, muss dafür belohnt werden", forderte Kober: "Dass immer weniger Haushalte und Personen auf Hartz IV angewiesen sind, zeigt klar, dass das System erfolgreich funktioniert."

BA-Chef Scheele sprach sich ebenfalls für Reformen am Hartz-IV-Gesetz aus. Er plädierte für eine Vereinfachung des Leistungsrechts und für ein Ende härterer Sanktionen von Hartz-IV-Beziehern unter 25 Jahren. Die Sanktionen für Jüngere sollten an diejenigen für ältere Hartz-IV-Bezieher angeglichen werden, sagte Scheele. Die Abschaffung des umstrittenen Gesetzes lehnte er ab.

Scheele wehrte sich gegen Vorwürfe, die Jobcenter drangsalierten Langzeitarbeitslose. Auch zwängen die Jobcenter die Langzeitarbeitslosen nicht, jede Stelle anzunehmen. Vielmehr würden oftmals zweijährige Umschulungsmaßnahmen einer Arbeitsstelle vorgezogen, um auf diese Weise eine "nachhaltige Integration am Arbeitsmarkt zu erzielen", sagte Scheele.

Kindergrundsicherung gefordert

Trotz der positiven Entwicklung bei der Grundsicherung seien "nach wie vor über eine Million erwerbstätige Menschen im Leistungsbezug, die trotz Arbeit mit Hartz IV aufstocken müssen", erklärte der Paritätische Wohlfahrtsverband. Der Sozialverband forderte eine Anhebung der Regelsätze für Erwachsene von derzeit 424 Euro auf 571 Euro und die Einführung einer existenzsichernden Kindergrundsicherung.

Geschäftsführer Werner Hesse sagte, der Anteil an Langleistungsbeziehenden habe aktuell sogar noch einmal zugenommen und unter den Hilfebeziehern seien allein knapp zwei Millionen Kinder und über eine Million Aufstocker. "Die positive Entwicklung kann also nicht darüber hinwegtäuschen, dass Hartz IV nach wie vor für Hunderttausende Langzeitarbeitslose eine Sackgasse ist, die Kinderarmut anhaltend hoch ist und noch immer über eine Million erwerbstätige Menschen im Leistungsbezug sind, die trotz Arbeit mit Hartz IV aufstocken müssen."

Der Rückgang der Zahlen könne auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Hartz IV für all jene, die nach wie vor darauf angewiesen sind, ein Leben in Armut bedeutet. Er forderte "eine grundlegende Totalreform, eine menschenwürdige Neuausrichtung der Grundsicherung für Arbeitsuchende".

Markus Jantzer, Dirk Baas


Wohnen

Die Mietshäuser des Syndikats




Bundesweit gibt es inzwischen fast 140 Wohnprojekte mit Gemeineigentum.
epd-bild/Rudolf Stumberger
Selbst organisiert wohnen und die Gebäude der Spekulation entziehen - das ist das Motto des "Mietshäuser Syndikats". Kredite werden lieber von Privatpersonen als von Banken genommen. Inzwischen ist ein Netzwerk autonomer Projekte entstanden.

"Mir gefällt besonders das Miteinander auf Augenhöhe", sagt Markus Hirt. Der 56-jährige Sozialpädagoge ist einer der neun Mitstreiter, die sich im oberbayerischen Utting am Ammersee für ein alternatives Wohnprojekt einsetzen. Interessiert sind sie an einem 5.000 Quadratmeter großen Grundstück am Ortsrand. Dort will die Initiative Wohnungen für 30 Personen sowie einige Gewerberäume bauen. Funktionieren soll das Ganze nach dem Modell der Freiburger Mietshäuser Syndikat GmbH. Dabei geht es um "Gemeineigentum an Haus und Grund", finanziert durch Kredite von Privatpersonen, die an sozialen Projekten interessiert sind.

Initiative gegen Häuserspekulanten

Aufbauhilfe erhält die Uttinger Initiative vom Münchner Syndikatshaus "Ligsalzstraße 8", das bereits seit elf Jahren existiert. Unter der Adresse befindet sich im ehemaligen Arbeiterviertel Westend ein mehrstöckiges Mietshaus, das schon von außen das Anderssein signalisiert. Pflanzen ranken sich an der Hauswand empor, die Fassade ist himmelblau gestrichen und mit Figuren und Szenen bemalt.

Aus den Fenstern im zweiten Stock hängt ein Transparent mit der Aufschrift "Keine Abschiebung nach Afghanistan". Unten, im Erdgeschoss, geht gerade ein Sonntagsbrunch über die Bühne, eine Weißwurst kostet einen Euro, der Kaffee 1,50 Euro. Mittendrin steht Sabine, Gründungsmitglied des Projekts, die zu den zwölf Bewohnern des Hauses zählt. Die 53-jährige Informatikerin erklärt, wie ein Syndikatshaus funktioniert und lacht, wenn man sie fragt, ob es Zuschüsse von der Stadt gebe. "Nein", sagt sie, der Stadtrat bekomme ja Angst, wenn er das Wort Syndikat nur höre. In der Tat sind die Wohnprojekte nach diesem Modell größtenteils eigenfinanziert. Staatliche Hilfen gibt es keine.

Die Grundidee eines Mietshäusersyndikats stammt aus Freiburg. Dabei geht es um den Ankauf von Mietshäusern durch private Initiativen, deren Mitglieder dann zu Hausbewohnern werden. Das Mietshaus soll so auf Dauer Spekulanten entzogen werden. Ziel ist, bezahlbaren Wohnraum ohne Gewinnabsicht zu schaffen - nach dem Motto "Wohnen soll keine Ware sein".

Wohnprojekte mit Gemeineigentum

Konkret und juristisch funktioniert das so: Die Initiative gründet einen Hausverein. Dieser Verein ist einer der Gesellschafter der Haus-GmbH, in die das Mietshaus und das Grundstück eingebracht wird. Weitere Gesellschafterin ist die Mietshäuser Syndikat GmbH – eine Art Kontroll- und Wächtergremium. Sie verhindert mit ihrem Stimmrecht, dass das Haus wieder verkauft werden kann. So ist der gemeinschaftliche Charakter des Projekts garantiert.

Gemeinschaftlich meint auch, dass die Mieter nicht unbedingt zu den Besitzern gehören müssen. Ein Mieterwechsel ist möglich. Mittlerweile haben sich 136 Projekte und 17 Initiativen quer durch die ganze Bundesrepublik unter dem Dach des Syndikats nach diesem Modell zusammengeschlossen.

Da ist neben dem Projekt in München zum Beispiel die "Betriebsküche" in Dresden. Dort haben seit 2014 zwölf Personen die ehemalige Küche der Deutschen Bahn gekauft und verwandeln sie in ein Wohnprojekt. Oder die "Meuterei" in Leipzig, hier wohnen seit 2011 auf 535 Quadratmeter elf Menschen. Syndikat-Häuser gibt es auch in Hamburg ("Arnoldstraße 16"), Bremen ("Freies Haus 3d"), Hannover ("Stadtteilleben") oder Regensburg ("Danz").

Kredite von Gleichgesinnten

Und wie sieht die Finanzierung konkret aus? "Wir müssen jeden Monat 4.200 Euro für die Kredite aufbringen", erläutert Sabine von der Ligsalzstraße 8. Das entspricht einer Monatsmiete von rund 350 Euro pro Zimmer. Das Haus hat mit den Renovierungskosten 865.000 Euro gekostet. "Das war noch vor dem Immobilienboom", erklärt Sabine. Diese Summe wurde hauptsächlich über 40 Direktkredite aufgebracht, ein kleinerer Teil stammt aus einem Bankkredit.

Die Direktkredite funktionieren nach dem Prinzip "Lieber 1.000 Freunde im Rücken als eine Bank im Nacken". Das heißt, sympathisierende Privatpersonen leihen den Projekten Geld. In Utting wirbt man um die Direktkredite mit Transparenz: "Die Verwendung der Mittel ist jederzeit klar. Bei uns können Sie überdies jederzeit vorbeischauen um zu sehen, was Ihr Geld gerade macht", wird potenziellen Geldgebern erklärt.

Rudolf Stumberger


Gentechnik

Interview

Ethikerin: "Behindertes Leben muss geschützt werden"




Elisabeth Gräb-Schmidt
epd-bild/Norbert Neetz
Bei Fragen um Werbe- und Informationsverbote für Abtreibungen und Bluttests auf Down-Syndrom spricht sich die Ethikerin Elisabeth Gräb-Schmidt für gezielte Beratungsgespräche für schwangere Frauen aus. So könne werdendes Leben geschützt werden.

Die 62-jährige Professorin für Systematische Theologie ist Direktorin des Instituts für Ethik an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen und forscht unter anderem zu Fragen der Technik - und Bioethik. Sie hat jetzt erstmals an einer Plenarsitzung des Deutschen Ethikrates teilgenommen. Über ihre Eindrücke und Positionen in Sachen Gentechnik und Abtreibung sprach Gräb-Schmidt mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Fragen stellte Judith Kubitscheck.

epd sozial: Frau Professorin Gräb-Schmidt, im Ethikrat beschäftigen Sie sich in einer Untergruppe mit den neuen Entwicklungen der Genforschung. Vor kurzem ging die Nachricht durch die Medien, dass in China einem Wissenschaftler zufolge erstmals genmanipulierte Babys auf die Welt gekommen sind - was sagen Sie dazu?

Elisabeth Gräb-Schmidt: Das ist ein skandalöses Vorgehen und nicht hinnehmbar, weil hier ein Forscher ohne Absprache mit anderen Wissenschaftlern vorgeprescht ist und auch keine Transparenz walten ließ darüber, was er tatsächlich getan hat. Der Fall zeigt, dass in diesem Bereich höhere Standards gesetzt werden müssen. Man bedarf hier allgemeiner Leitlinien, die für alle Wissenschaftler verbindlich sind.

epd: Sind Sie generell gegen Genveränderungen am Menschen?

Gräb-Schmidt: Die Gentechnologie birgt enorme Potenziale, und die Wissenschaft erhofft sich dadurch Heilungschancen, beispielsweise bei Krankheiten wie Parkinson und Mukoviszidose. Doch man muss zwischen einer somatischen Gentherapie unterscheiden, bei der Veränderungen in der DNA nur einen Menschen betreffen, und einem Eingriff in die Keimbahn, der dann auch Folgen für weitere Generationen haben kann. Bei einer Keimbahntherapie stellen sich verschärft ethische Fragen nach den Grenzen der technischen Machbarkeit.

epd: Was halten Sie von Bluttests auf das Down-Syndrom? Sorgt dieser Test dafür, dass mehr Babys mit Behinderung abgetrieben werden?

Gräb-Schmidt: Grundsätzlich müssen wir dafür sorgen, dass auch behindertes Leben geschützt und in keiner Weise diskriminiert wird. Allerdings muss man bei den neuen Möglichkeiten der Diagnose und den gesetzlichen Regelungen immer auch den Status quo der gesellschaftlichen Entwicklungen berücksichtigen. Ethik agiert nicht im luftleeren Raum reiner Prinzipien, sondern sie ist auch verantwortlich für ihre Wirksamkeit.

epd: Das heißt?

Gräb-Schmidt: Im Klartext bedeutet das wahrzunehmen, dass solche nichtinvasiven Bluttests bereits im Internet angeboten werden. Wichtig ist es daher, dass Betroffene beraten werden und man dadurch das Problembewusstsein schärft. Damit schützt man werdendes Leben mehr, als wenn man einfach nur gegen einen solchen Test ist. Durch die Beratung sollte jedenfalls ausgeschlossen werden, dass es zur Regel wird, behinderte Kinder abzutreiben. Was für ein Reichtum an Vielfalt des Menschseins würde verloren gehen, wenn sich keine Eltern mehr trauen würden, ein Kind mit Down-Syndrom zu bekommen!

epd: Um bei diesem Thema zu bleiben: Die Koalition will am Werbeverbot für Abtreibungen festhalten, den Paragrafen 219a aber so ergänzen, dass die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und Ärztekammern neutral über Schwangerschaftsabbrüche informieren. Ein guter Kompromiss?

Gräb-Schmidt: Diese Lösung ist ein Schritt in die richtige Richtung. Dabei ist Konsens, dass es Werbung nicht geben sollte, aber Information für die betroffenen Frauen und Paare wichtig ist. Sie muss an zentralen Stellen angeboten werden und verlässlich sein. Die Beratung wird daher ins Zentrum der Fragen um einen möglichen Schwangerschaftsabbruch gestellt. Schwangere bekommen so Hilfe und Ärzte mehr Rechtssicherheit.

epd: Was heißt heißt das für den Fokus der Beratungen?

Gräb-Schmidt: Hier muss klar sein, es geht um den Schutz werdenden Lebens. Bei einem Schwangerschaftsabbruch handelt es sich nicht nur um die "Entfernung von embryonalem Gewebe". Dahinter verbirgt sich bereits ein Mensch. Jeder Abbruch kann daher nur als Entscheidung einer schwerwiegenden Konfliktsituation angesehen werden, die von keiner Frau leichtfertig getroffen wird.

epd: Sie beschäftigen sich auch mit Fragen der Künstlichen Intelligenz und Robotik: Was halten Sie von Pflegerobotern?

Gräb-Schmidt: In der Pflegerobotik sehe ich große Chancen. Ein Roboter kann schwere Arbeit abnehmen. Aber er kann auch wichtige Hilfestellung leisten, wenn es darum geht, den Bedürfnissen etwa dementer Menschen besser Rechnung zu tragen. So kann er besser als ein Mensch diagnostizieren, worauf diese ansprechen. Ein Pflegeroboter sollte aber nie eine Alternative, sondern nur eine Unterstützung bei der menschlichen Pflege sein. Menschliche Pflege kann durch Unterstützung eines Roboters gezielter und hilfreicher angewendet werden.



Gentechnik

Rheinischer Präses warnt vor Trisomie-Test



Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, warnt vor wissenschaftlicher Forschung und dem Einsatz von Gentechnik ohne Tabus. "Die Diskussionen bio- und medizinethischer Fragen müssen intensiv geführt werden", sagte er am 7. Januar vor der rheinischen Landessynode in Bad Neuenahr. "Anderenfalls verändern sich schleichend ethische Standards mit weitreichenden Folgen für betroffene Menschen, aber auch für uns alle im gesellschaftlichen Miteinander."

Der 60-jährige Theologe kritisierte unter anderem den chinesischen Genforscher He Jiankui. Dieser behauptet, das Erbgut von Zwillingsmädchen so verändert zu haben, dass sie resistent gegen HI-Viren sein sollen. Der Fall löste eine weltweite Wertedebatte aus. "Der Aufschrei der Weltöffentlich war zu Recht groß", sagte Rekowski. "Diese Eingriffe sind in vielfacher Hinsicht unverantwortlich, aber besonders gravierend ist, dass die Folgen nicht nur für die geborenen Kinder, sondern auch für deren Nachkommen bestehen."

"Risiko der Tabubrüche ist hoch"

Zwar seien die ersten Reaktionen der Wissenschafts- und Staatengemeinschaft ermutigend, doch dürfe sich niemand davon täuschen lassen. "Das Risiko, dass wir mit solchen Tabubrüchen konfrontiert werden, ist hoch", warnte Rekowski. Die Technologie sei weder teuer noch aufwendig. "Man kann kaum verhindern, dass es irgendwo Wissenschaftler gibt, die den Tabubruch suchen."

Kritisch äußerte sich Rekowski auch zu einer möglichen Kostenübernahme für Gen-Tests an Schwangeren durch die Krankenkassen. Eine leicht verfügbare Methode zur Erkennung von genetischen Erkrankungen wie etwa dem Down-Syndrom führe zu Routinen und Automatismen, sagte er. Eine Folge wäre vermutlich, "dass Menschen mit den entsprechenden genetischen Erkrankungen einfach nicht mehr zur Welt kommen".

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte sich dafür ausgesprochen, dass die Krankenkassen die Kosten für die ethisch umstrittenen Bluttests auf Down-Syndrom beim ungeborenen Kind übernehmen. Schwangere müssten aber eine ethische Beratung erhalten, die dann auch von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen wird. "Die Beratung ist ein Mindeststandard, der auf jeden Fall eingehalten werden muss", sagte Rekowski. "Doch auch dann bleiben Zweifel."



Niedersachsen

Pflegekammer will nach Protesten Beitragsordnung überprüfen




Auch die hier Beschäftigten wären Kammermitglieder: Evangelisches Pflegeheim in Hannover-Marienwerder.
epd-bild / Jens Schulze
Die Pflegekammer in Niedersachsen soll als berufsständische Vertretung die Pflege stärken. Doch vor allem nach Beitragsbescheiden vom Dezember hagelt es Kritik. Die Kammer-Präsidentin kündigt jetzt Besserungen an.

Die niedersächsische Pflegekammer will nach massiver Kritik von Pflegenden ihre Beitragsordnung überprüfen. Sie werde der Kammerversammlung "mit Hochdruck" empfehlen, sofort eine Arbeitsgruppe mit einer Änderung der kritischen Punkte zu beauftragen, sagte Kammer-Präsidentin Sandra Mehmecke am 8. Januar nach einem Gespräch mit Sozialministerin Carola Reimann (SPD) in Hannover. Unterdessen gab es weitere Kritik an der im August gestarteten Kammer und ihrem Beitragsverfahren.

Mittlerweile haben mehr als 41.000 Menschen die von einem Krankenpfleger vor Weihnachten gestartete Online-Petition unterzeichnet, die eine Auflösung der Pflegekammer fordert. Hintergrund waren Bescheide, in denen den Mitgliedern der Einzug des Höchstbeitrages angekündigt wurde, wenn sie nicht schnell ihre Einkommensverhältnisse offenlegten. Mehmecke sagte, sie werde empfehlen, dieses Verfahren zu ändern. "Wir nehmen die Kritik sehr ernst", betonte sie. Die Pflegekammer müsse jetzt Vertrauen neu aufbauen.

Reimann zeigt Verständnis für die Kritik

Auch Sozialministerin Reimann sagte, sie könne die Kritik verstehen. Sie habe bereits deutlich gemacht, dass sie den Zeitpunkt und das Vorgehen beim Versand der Beitragsbescheide für unglücklich gehalten habe. Dennoch halte sie ein Festhalten an der Pflegekammer für richtig. "Die Pflege braucht eine starke Stimme. Die Pflegekammer kann eine solche Stimme sein", sagte Reimann. "Und sie muss jetzt deutlich machen, dass sie nicht gegen, sondern für und mit den Pflegekräften arbeitet."

Die Pflegekammer vertritt 80.000 bis 95.000 Pflegefachkräfte mit Abschlüssen in der Altenpflege, Gesundheits- und Kranken- sowie der Kinderkrankenpflege. Die Erhebung von Mitgliedsbeiträgen soll die Unabhängigkeit der Kammer gewährleisten.

Die Grünen im Landtag warben um Verständnis für die Anlaufschwierigkeiten der noch von der rot-grünen Vorgängerregierung beschlossenen Einrichtung. Innerhalb eines Jahres eine neue berufsständische Vertretung aufzubauen, sei für die größtenteils ehrenamtlich in der Kammer engagierten Pflegekräfte ein großer Kraftakt gewesen, sagte die Abgeordnete Meta Janssen-Kucz. "Weder die Gewerkschaften noch die Berufsverbände haben es in der Vergangenheit vermocht, die Interessen der Pflege gegenüber Einrichtungen und Krankenkassen durchzusetzen."

Ver.di erwägt Klage wegen Beitragshöhe

Die Gewerkschaft ver.di und andere Parteien äußerten dagegen Kritik. Ver.di erwägt eine Klage zur Verhältnismäßigkeit der Beiträge. Zwar müsse kaum eine Pflegekraft den Höchstbeitrag von 280 Euro im Jahr zahlen, der nach der derzeitigen Regelung ab einem Jahreseinkommen von 70.000 Euro zu entrichten ist. Allerdings liege auch der angepasste Beitrag von 0,4 Prozent für viele Pflegekräfte wesentlich über dem ursprünglich kalkulierten Beitrag von vier bis acht Euro pro Monat.

Die niedersächsische Linke forderte die Auflösung der Pflegekammer. Die AfD-Fraktion im Landtag erklärte, sie lehne eine Pflichtmitgliedschaft von Pflegerinnen und Pflegern in der Kammer ab. Für die FDP sagte Sylvia Bruns: "Die heutigen Äußerungen der Sozialministerin und der Kammerpräsidentin zur Pflegekammer sind nicht dazu geeignet, die Situation zu entspannen." Vielmehr müssten die Beitragsbescheide allesamt zurückgenommen werden.

Experten halten Kammer für sinnvoll

Die niedersächsische Pflegekammer ist nach Einrichtungen in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein die dritte und bisher größte in Deutschland. In Nordrhein-Westfalen haben sich nach Angaben der niedersächsischen Kammer laut einer aktuellen Befragung Pflegefachkräfte mit großer Mehrheit ebenfalls für eine solche "schlagkräftige und unabhängige Interessenvertretung" ausgesprochen.

Auch Pflegeexperten halten eine Kammer für sinnvoll und sehen in einer unzureichenden Information der Pflegekräfte in Niedersachsen eine Ursache der Probleme. Stefan Görres, Pflegeforscher an der Universität Bremen, bezeichnete gegenüber epd die Pflegekammer als "ein Kraftpaket für die Pflege der Zukunft". Eine solche Einrichtung beantworte ethische Fragen, biete Fort- und Weiterbildungen und sichere die Qualität der Pflege.

Der Pflegewissenschaftler Hartmut Remmers von der Universität Osnabrück empfahl eine Regelung, nach der ein Beitrag der Pflegekräfte erst oberhalb einer bestimmten Einkommensgrenze zu zahlen sei. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass manche Pflegekräfte nur sehr wenig Geld verdienten. Viele könnten sich den Pflichtbeitrag schlicht nicht leisten.

Michael Grau


Niedersachsen

Wissenschaftler: Pflegekammer nötig für Zukunft der Pflege



Experten halten die umstrittene niedersächsische Pflegekammer für sinnvoll, um den Pflegeberuf langfristig zu stärken. Stefan Görres, Pflegeforscher an der Universität Bremen, nennt die Pflegekammer "ein Kraftpaket für die Pflege der Zukunft". Gerade in Zeiten des Pflegenotstandes brauche der Beruf eine kräftige Stimme, sagte Görres dem Evangelischen Pressedienst (epd) am 9. Januar. Auch wenn es seitens der Politik grundsätzlich mehr Sensibilität bei der Umsetzung bedürfe, mache Niedersachsen "im Prinzip alles richtig".

Die Schwierigkeiten in Niedersachsen seien vor allem auf die unzureichende Information der Pflegekräfte zurückzuführen. "Wir haben festgestellt, dass zwei Drittel der Pflegenden nicht richtig wussten, welche Vorteile eine Kammer mit sich bringt", sagte Görres. Dabei beantworte sie ethische Fragen, biete Fort- und Weiterbildungen und sichere die Qualität der Pflege.

Interessengruppen erzeugten Gegenwind

Gegenwind habe es anfangs auch von Vertretern anderer Interessensgruppen wie Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbände gegeben. Sie hätten vor der Pflegekammer gewarnt und an mancher Stelle absichtlich Desinformation betrieben. Unter anderem fürchteten sie, eigene Mitglieder an die Konkurrenz zu verlieren oder für die vorgesehenen Fortbildungen selbst aufkommen zu müssen.

Auch Hartmut Remmers, Pflegewissenschaftler an der Universität Osnabrück, hält die Pflegekammer für notwendig. Allerdings müssten zunächst einige "Systemfehler" behoben werden. So sei etwa nicht berücksichtigt worden, dass in bestimmten Pflegebereichen nur sehr wenig Geld verdient werde, erläuterte Remmers. Viele Pflegekräfte könnten sich den Pflichtbeitrag für eine Mitgliedschaft in der Pflegekammer schlicht nicht leisten. Sinnvoller sei deshalb eine Mitglieder- und Beitragsordnung, die vorsieht, dass ein einkommensabhängiger Beitrag erst oberhalb einer bestimmten Grenze zu zahlen sei.

"Zwangsmitgliedschaft ist sinnvoll"

Remmers hält auch eine Zwangsmitgliedschaft für sinnvoll: "Wenn die Kammer auf eine Zwangsmitgliedschaft verzichtet, dann hat sie nicht die Legitimation, für den gesamten Beruf zu sprechen." Über die Kammer hinaus brauche die Pflege mehr Unterstützung aus der Politik: "Ohne überzeugende politische Arbeit wäre die neue Kammer ohnehin eine Fehlgeburt."

In Rheinland-Pfalz habe die Landesregierung einer Untersuchung zufolge eine kluge sozial-politische Strategie verfolgt und den gesamten Berufsstand von Anfang an in die "Verkammerung" eingebunden. Dagegen habe die niedersächsische Regierung versucht, die Pflegekammer per ministeriellem Kraftakt zu gründen. Trotzdem bleibe das Vorhaben wichtig und richtig.



Nordrhein-Westfalen

Land will Pflegekammergründung voranbringen



Eine Landespflegekammer für NRW: Mehr Unterstützung für den Berufsstand? Das Vorhaben ist heikel. Kritiker befürchten: Neue Fortbildungsregelungen könnten letztlich den Druck auf die Beschäftigten erhöhen, wenn nicht klar sei, wer verpflichtende Kurse finanziert.

Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen will den Pflegeberuf stärken und dazu die Gründung einer Kammer für Pflegeberufe auf den Weg bringen. Noch vor der Sommerpause könnte ein entsprechender Gesetzentwurf für eine Landespflegekammer in den Landtag eingebracht werden, kündigte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am 8. Januar in Düsseldorf an. Schon zum Ende des Jahres könnte die Kammer dann an den Start gehen. Doch die Pläne sind umstritten.

Lob kommt von der Krankenhausgesellschaft NRW. Doch der DGB befürchtet vor allem beim Thema Fortbildungen ein Dilemma: eine Kammer könne verpflichtende Fortbildungen, ohne Arbeitgeber zu verpflichten, die Kosten dafür zu übernehmen. Auf den Kosten blieben dann möglicherweise die Beschäftigten sitzen.

Alle Belange der Berufsgruppe vertreten

Die Pflegekammer soll ähnlich wie etwa Ärzte- oder Apothekerkammern die Belange der Berufsgruppe vertreten und so den Pflegeberuf organisatorisch stärken und die Arbeitsbedingungen attraktiver machen. Das Gesundheitsministerium rechnet mit einem einen Bedarf von rund 4.000 zusätzlichen Pflegekräften pro Jahr. Aktuell gibt es im bevölkerungsreichsten Bundesland rund 200.000 hauptberufliche Pflegekräfte.

Bestärkt sieht sich Laumann durch eine repräsentative Befragung von 1.503 Pflegekräften in NRW zum Thema. Von ihnen sprachen sich 89 Prozent für die Einrichtung einer Interessenvertretung aus. Die Mehrheit favorisiert dabei eine Pflegekammer. "Das ist ein eindeutiges Zeichen an die Politik, die Entscheidung nun möglichst schnell umzusetzen", sagte der Minister.

"Die Pflege in NRW zeigt Weitsicht“, so die erste Reaktion von Ludger Risse, Vorsitzender des Pflegerats NRW und der Landesgruppe NRW im Bundesverband Pflegemanagement: "Das ist das Ergebnis von über 20 Jahren Informationsarbeit der Verbände im Pflegerat."

Spahn wirbt für Bundespflegekammer

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich angesichts der geplanten Gründung einer Pflegekammer in Nordrhein-Westfalen für eine ähnliche Einrichtung auf Bundesebene ausgesprochen. "Pflege braucht eine gute Interessenvertretung", sagte Spahn der Düsseldorfer "Rheinischen Post". "Kammern können dafür eine Lösung sein." Die Interessensvertretung müsse analog zu den Plänen in NRW auch von den Pflegekräften getragen werden. "Nur mit diesem Rückhalt ist eine Interessenvertretung schlagkräftig - auch auf Bundesebene", betonte der Minister.

Zustimmung kam auch von den Grünen. Die Sprecherin für Alten- und Pflegepolitk, Kordula Schulz-Asche, sagte: "Angesichts der Alterung unserer Gesellschaft müssen wir neue, flexiblere und effizientere Versorgungstrukturen in Stadt und Land schaffen." Dafür entwickele eine Pflegekammer das pflegerische Berufsbild weiter und schafft so neue, eigenverantwortliche Handlungsfelder für Pflegekräfte. "Pflegekräfte gewinnen mit einer Pflegekammer unmittelbaren Zugang zu politischen Prozessen, die Politik kompetente Ansprechpartner zu pflegepolitischen Fragen."

Aufgabe einer Pflegekammer wird es unter anderem sein, die Qualität in der Pflege zu sichern, Standards für eine gute Berufsausbildung festzulegen sowie Fortbildungsangebote zu entwickeln. Das Land will den Aufbau der Pflegekammer in den ersten beiden Jahren mit insgesamt fünf Millionen Euro unterstützen. Danach soll sich die Kammer aus Gebühren und Beiträgen ihrer Mitglieder selbst finanzieren. Kammermitglieder sollen alle Berufstätigen der Branche werden können, die ein Pflege-Staatsexamen haben.

Kliniken sind für die Kammergründung

Die NRW-Krankenhäuser begrüßten das Votum für die Gründung einer Pflegekammer. Dies sei ein wichtiger Schritt, um der größten Berufsgruppe im Krankenhaus eine stärkere Stimme in der Gesundheitspolitik zu verleihen und um den Pflegeberuf weiterzuentwickeln, erklärte Jochen Brink, Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, am Mittwoch. Der tägliche Einsatz der Pflegekräfte in den 344 Krankenhäusern in NRW sei eine tragende Säule für die gute Versorgung der jährlich rund 4,6 Millionen Patienten.

Der DGB in NRW sieht eine Pflegekammer grundsätzlich skeptisch. "Wir glauben nicht, dass eine Pflegekammer die Situation in der Pflege verbessern kann", erklärte die stellvertretende Vorsitzende Sabine Graf. Entscheidend seien vielmehr Maßnahmen der Bundes- und Landesgesundheitspolitik für mehr Personal in allen Einrichtungen des Gesundheitswesens, um eine Entlastung der Arbeitnehmer und mehr Qualität in der Pflege zu erreichen.

Problem: Wer soll Fortbildungen bezahlen?

Zudem könne ein Kammer eine Berufsordnung mit Fortbildungsnachweisen regeln, ohne die Beschäftige nicht mehr ihren Beruf ausüben können, erläuterte Graf. Die Kammer habe jedoch keine Kompetenz, die Arbeitgeber zu verpflichten, diese Fortbildungen zu bezahlen und die Beschäftigen freizustellen. Es bestehe also die Gefahr, dass sich der Druck auf die Beschäftigten erhöhe, die dann auf eigene Kosten in ihrer Freizeit die notwendigen Fortbildungen absolvieren müssten.

Bereits seit 2013 wurden in mehreren Bundesländern Umfragen zur Gründung von Pflegekammern durchgeführt. Bislang gibt es eine solche Einrichtung nur in Rheinland-Pfalz und Niedersachsen. Die Gründung einer Bundespflegekammer ist in Planung.



Nordrhein-Westfalen

Große Studie über Gewalterfahrungen startet



Mit einer großangelegten Umfrage will die nordrhein-westfälische Landesregierung erstmals Gewalt gegen Mädchen, Jungen, Frauen und Männer gezielt erfassen. Kontaktiert werden den Angaben nach rund 60.000 Personen.

Für die sogenannte Dunkelfeldstudie zu Gewalterfahrungen in Haushalten und im öffentlichen Raum würden Fragen an 60.000 Menschen ab 16 Jahren verschickt, kündigten Innenminister Herbert Reul und Gleichstellungsministerin Ina Scharrenbach (beide CDU) am 8. Januar in Düsseldorf an. Die Ergebnisse sollten helfen, präventive Maßnahmen und psychosoziale Unterstützungsangebote für Gewaltopfer gezielt weiterzuentwickeln.

"Wir erwarten unter anderem Erkenntnisse über Erscheinungs- und Deutungsformen nicht angezeigter Gewalttaten, das Anzeigeverhalten der Opfer sowie die gesundheitlichen und psychischen Folgen von erfahrener Gewalt", sagte Innenminister Reul. Die Befragung wird landesweit in 81 großen und kleinen Kommunen stattfinden. Ergebnisse werden für Beginn des kommenden Jahres erwartet.

Kosten von rund 500.000 Euro

Die Studie wird vom Landeskriminalamt im Auftrag beider beteiligter Ministerien geleitet und vom Infas-Institut für angewandte Sozialwissenschaft durchgeführt. Die Kosten bezifferte Gleichstellungsministerin Scharrenbach auf rund eine halbe Million Euro. Mindestens 25 Prozent der angeschriebenen 60.000 Personen müssen sich den Angaben zufolge beteiligen, damit die Studie aussagekräftig ist. Bei einer ähnlichen Untersuchung in Niedersachsen hatten sich 40 bis 50 Prozent der Angeschriebenen beteiligt.

Insgesamt umfasst die Studie 54 Fragen. Beim Thema Gewalterfahrung wird unter anderem nach Mord, Totschlag, Körperverletzung, Körperverletzung mit Todesfolge, Vergewaltigung, sexueller Nötigung oder auch Zwangsprostitution gefragt.

Nur wenige Fälle gelangen zur Anzeige

Die Untersuchung in Niedersachsen hat nach Worten der Ministerin unter anderem ergeben, dass nur etwa sieben Prozent aller sexuellen Straftaten zur Anzeige gebracht werden. Deutschlandweit schätzte eine EU-Studie aus dem Jahr 2016 die Zahl der zur Anzeige gebrachten sexuellen Straftaten auf 15 Prozent.

Reul wies darauf hin, dass die Studie erstmals in Deutschland nicht nur das persönliche Umfeld, sondern auch den öffentlichen Raum im Nahbereich in Sachen Gewalterfahrung abfragen wird. "Die Zahl der tatsächlichen Straftaten im Gewaltbereich wird vermutlich sehr viel höher sein, als wir gedacht haben. Wenn wir es nicht ermitteln, können wir uns auch nicht darum kümmern", sagte der CDU-Politiker.

"Ein Großteil der Fälle kommt bislang aus Scham nicht zur Anzeige oder aus der Einschätzung, als Opfer selbst Schuld zu haben", sagte Scharrenbach. 84 Prozent der Fälle von angezeigter Gewalt in NRW beträfen Frauen und Mädchen, 16 Prozent Jungen und Männer. Auch für Jungen und Männer sei die Landesregierung dabei, ein gezieltes Hilfesystem aufzubauen, zu dem auch Schutzwohnungen gehörten, kündigte die Ministerin an.



Flüchtlinge

Bis Ende 2018 rund 2.600 Visa für Familiennachzug erteilt



Das Kontingent für den Familiennachzug vor allem syrischer Flüchtlinge wurde 2018 wie erwartet nicht ausgeschöpft. Rund 2.600 Visa wurden bis Ende Dezember erteilt. Mindestens 25.000 Menschen warten noch auf das Wiedersehen mit ihren Angehörigen.

Das Kontingent für den Familiennachzug zu subsidiär geschützten Flüchtlingen in Deutschland für das Jahr 2018 ist nicht ausgeschöpft worden. Wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am 8. Januar in Berlin mitteilte, wurden bis Ende vergangenen Jahres 2.612 Visa erteilt. 3.260 Anträge auf Familiennachzug wurden demnach bewilligt. Vorhanden waren 5.000 Plätze - seit August mit Inkrafttreten der Neuregelung für subsidiär geschützte Flüchtlinge 1.000 pro Monat. Ob die restlichen Plätze verfallen oder doch noch in die nächsten Monate übertragen werden, blieb offen.

Der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten wurde im Frühjahr 2016 ausgesetzt, um die Zuwanderung nach Deutschland zu begrenzen. Betroffen sind vor allem Syrer, die oftmals nicht als politisch Verfolgte im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt werden, sondern nur den untergeordneten Status zum Schutz vor dem Bürgerkrieg in ihrem Land erhalten. Seit August 2018 gilt nach langem politischen Streit eine Kontingent-Regelung, nach der bis zu 1.000 Angehörige pro Monat kommen können.

Antragsverfahren ist nicht ohne Tücken

Das dahinter stehende Verfahren ist kompliziert. Die Anträge nehmen die Auslandsvertretungen vorrangig in den Nachbarstaaten Syriens entgegen. Nach ihrer Prüfung werden die Ausländerbehörden in Deutschland konsultiert, bevor letztlich das Bundesverwaltungsamt über die Auswahl entscheidet und wiederum den Auslandsvertretungen mitteilt, wer ein Visum bekommt. Das Verfahren sorgte zu Beginn dafür, dass nur wenige Anträge bearbeitet wurden. Die Koalition verständigte sich deswegen darauf, übrige Kontingentplätze bis Jahresende auf den Folgemonat zu übertragen. Mit dem Jahreswechsel sollte allerdings ein Schnitt gemacht werden und die Zahl von 1.000 pro Monat nicht mehr überschritten werden.

Der Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte dazu am Mittwoch nur, es seien keine gesetzlichen Änderungen geplant. Die Übertragung war aber auch im Vorjahr nicht gesetzlich festgeschrieben. Mitte Dezember hieß es aus dem Auswärtigen Amt, dass über eine Übertragung der Plätze zwischen Außenamt und Innenministerium verhandelt werde.

Wie am Mittwoch außerdem bekannt wurde, ist die Zahl der Terminanfragen für Anträge auf den Familiennachzug weit niedriger als bislang angenommen. Gegenwärtig liegen rund 25.000 solcher Anfragen von Syrern in den Botschaften und Konsulaten der Nachbarstaaten vor, wie aus einer Antwort des Auswärtigen Amts auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervorgeht, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Hinzu kommen rund 3.000 Anfragen von Irakern. Mitte Dezember war noch von 44.000 Terminanfragen die Rede.

"Bereinigung" führt zu reduzierten Zahlen

Die Listen seien vor Kurzem auf Aktualität überprüft worden, heißt es in der Antwort der Bundesregierung. Doppel- und Mehrfachbuchungen bei den verschiedenen Auslandsvertretungen sowie inzwischen obsolete Eintragungen seien gelöscht worden. Die Bereinigung habe zu einer "erheblichen Reduzierung" der noch aktiven Terminregistrierungen geführt.

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke sagte, nicht Hunderttausende oder Millionen warteten sehnlichst darauf, endlich mit ihren Angehörigen zusammen zu kommen, "wie uns die Scharfmacher von der AfD und den Regierungsbänken weiß machen wollten". "Es ist eine Schande, dass wegen dieser vergleichsweise geringen Zahl das Menschenrecht auf Familienleben für subsidiär Geschützte außer Kraft gesetzt und die Gesellschaft im erbittert und erbarmungslos geführten politischen Streit hierum verhetzt wurde", kritisierte die Innenpolitikerin.

Corinna Buschow


Statistik

Vergütungen von Azubis gestiegen



Auszubildende erhalten im Durchschnitt mehr Geld als ein Jahr zuvor. Die tariflichen Ausbildungsvergütungen sind im Jahr 2018 im bundesweiten Durchschnitt um 3,7 Prozent gestiegen, wie das Bundesinstitut für Berufsbildung (Bibb) am 9. Januar in Bonn mitteilte. Der Vergütungsanstieg fiel damit stärker aus als im Vorjahr mit 2,6 Prozent.

Das Bibb ermittelte nach eigenen Angaben die durchschnittlichen Vergütungen für 181 Berufe in West- und 153 Berufe in Ostdeutschland. Auf dieser Basis wurden auch gesamtdeutsche Durchschnittswerte berechnet.

Bundesweit lagen die tariflichen Ausbildungsvergütungen der Erhebung zufolge im vergangenen Jahr bei durchschnittlich 908 Euro brutto im Monat. In Westdeutschland wurde ein durchschnittlicher Betrag von 913 Euro erreicht, in Ostdeutschland waren es 859 Euro. Prozentual wurden die tariflichen Ausbildungsvergütungen im Osten mit 3,9 Prozent etwas stärker erhöht als im Westen (3,6 Prozent).

Dabei gab es zwischen den Ausbildungsberufen erhebliche Unterschiede bei der Vergütungshöhe. Besonders hoch lagen dem Bibb zufolge die tariflichen Ausbildungsvergütungen für angehende Maurer mit monatlich 1.159 Euro im gesamtdeutschen Durchschnitt. Hohe tarifliche Vergütungen wurden auch für angehende Mechatroniker (1.088 Euro), Industriekaufleute (1.047 Euro) und Kaufleute für Versicherungen und Finanzen (1.035 Euro) gezahlt. Vergleichsweise wenig bekamen dagegen angehende Schornsteinfeger (518 Euro), Friseure (584 Euro), Floristen (617 Euro), Bäcker (678 Euro), Maler und Lackierer (718 Euro).



Integration

800.000 Euro für Forschung zur Integration geflüchteter Familien



Ein Forscherteam der Leuphana Universität Lüneburg will in den kommenden drei Jahren untersuchen, wie Flüchtlinge Vertrauen in professionelle Angebote zur frühpädagogischen Begleitung ihrer Kinder fassen können. Eine Hemmschwelle für Flüchtlinge sei beispielsweise, dass sie aus Regionen stammten, in denen öffentliche Einrichtungen generell eher als bedrohlich gesehen werden, sagte Projektleiter Philipp Sandermann am 7. Januar. Frühe pädagogische Kinderbetreuung spiele für die Integration geflüchteter Familien allerdings eine entscheidende Rolle.

Die Volkswagen Stiftung fördert das Projekt nach Universitätsangaben mit 800.000 Euro. Erforscht werden solle unter anderem, wie Vertrauen etwa in digitale Medien, soziale Dienste oder ehrenamtlich organisierte Flüchtlingshilfe entsteht. Auf Grundlage der Forschungsergebnisse werde ein Weiterbildungskurs für Menschen und Einrichtungen entwickelt, die sich mit geflüchteten Familien befassen.




sozial-Branche

Behinderung

"Oldenburger Baby" Tim stirbt mit 21 Jahren




Tim, der Junge, der einen Abtreibungsversuch überlebte, und seine Pflegemutter Simone Guido im Jahr 2015
epd-bild/Detlef Heese
Tim, ein Junge mit Down-Syndrom, wurde 1997 bundesweit als "Oldenburger Baby" bekannt. Seine Mutter ließ eine Spätabtreibung vornehmen, doch Tim überlebte und kam in eine Pflegefamilie. Jetzt ist er mit 21 Jahren an einem Lungeninfekt gestorben.

Der als "Oldenburger Baby" bekanntgewordene Tim ist am 4. Januar im Alter von 21 Jahren gestorben. Er sei einem kurzen Lungeninfekt erlegen, sagte Pflegemutter Simone Guido dem Evangelischen Pressedienst (epd) am 8. Januar: "Aber kurz vorher war er noch richtig fit, und wir hatten ein superschönes Weihnachtsfest."

Bei dem Jungen war im Sommer 1997 in der 25. Schwangerschaftswoche das Down-Syndrom diagnostiziert worden. Seine Mutter ließ daraufhin eine Spätabtreibung vornehmen. Tim überlebte unerwartet, obwohl er erst mehrere Stunden danach medizinisch versorgt wurde. Familie Guido aus Quakenbrück bei Osnabrück nahm ihn in Pflege.

Schwangerschaftsabbrüche sind unter bestimmten Voraussetzungen nur innerhalb der ersten zwölf Wochen einer Schwangerschaft straffrei. Von einem ärztlichen Gutachter wurde aber eine Gefahr für die körperliche und seelische Gesundheit der Mutter festgestellt, so dass eine Abtreibung auch nach dem dritten Schwangerschaftsmonat erlaubt wurde.

Tim überlebte Abtreibung im Juli 1997

Doch das Kind überlebte die am 6. Juli 1997 in einer Oldenburger Klinik eingeleitete Geburt und starb auch nicht in den ersten Stunden danach. Tim hat neun Stunden - in ein Handtuch gewickelt - ganz allein um sein Leben gekämpft. Erst dann kümmerten sich Mediziner und Schwestern um ihn. Auch danach hing sein Leben oft am seidenen Faden. Die Ärzte gaben ihm nur ein oder maximal zwei Jahre.

Als Tim geboren wurde, hatten sich die Guidos gerade entschlossen, ein Pflegekind aufzunehmen. "Es sollte ein gesundes Mädchen sein", erinnert sich Simone Guido. Doch sie nahmen Tim. Als sie ihn im Krankenhaus das erste Mal gesehen hätten, sei es Liebe auf den ersten Blick gewesen.

Seine leiblichen Eltern konnten ihn nicht zu sich zu holen. Die Mutter ist wenige Jahre später gestorben, der Vater hat den Kontakt zur Pflegefamilie irgendwann abgebrochen. Bereut haben die Guidos ihre Entscheidung nie: "Wir führen ein glückliches Leben, ich kann mir kein besseres vorstellen", sagte Simone Guido kurz vor Tims 18. Geburtstag.

Etliche schwere Operationen überstanden

Durch die Unterversorgung nach der Geburt hatte Tim weitere Behinderungen. Seine Füße hatten eine starke Fehlstellung. Er war Autist, konnte kaum sprechen. Viele Operationen waren nötig. Aber Tim war eine Kämpfernatur, hat es immer geschafft. "Er ist eben ein Kämpfer", sagte seine Pflegemutter oft. Vor allem die Delfintherapien in der Karibik hätten ihm sehr geholfen.

Tim hat das Leben in der Großfamilie genossen. Sein herzliches Lachen wirkte oft ansteckend. Die zwei leiblichen Söhne Marco und Pablo waren sechs und vier, als Tim geboren wurde. Nach Tim haben die Guidos noch zwei weitere Kinder mit Down-Syndrom in Pflege genommen: Melissa (18) und Naomi (14).

So hat Tim sich von einem Jungen, der viele Hürden zu überwinden hatte, zu einem mutigen jungen Mann entwickelt, der oft einen Dreitagbart trug und sogar in eine heilpädagogische Werkstatt ging. Dort sollte er nach seinen Möglichkeiten auf das Berufsleben vorbereitet werden. Darauf waren die Guidos sehr stolz. Aber dazu ist es nicht mehr gekommen.

Pflegeeltern: "Wir sind sehr traurig"

"Wir sind sehr traurig und wissen noch nicht, wie wir den Verlust unseres einzigartigen, lebensfrohen Sohns verkraften sollen", schreiben die Pflegeeltern auf der Internetseite www.tim-lebt.de. Er liegt in einem Bestattungshaus aufgebahrt und Familie, Freunde und langjährige Betreuer nehmen Abschied. "Vor allem Melissa und Naomi haben ihn da schon oft besucht", erzählt Simone Guido.

Immer wieder haben die Guidos in Fernsehbeiträgen, Talkshows und Zeitungsartikeln betont, wie viel Tim ihnen gegeben habe - trotz der vielen Krankheiten und Krisen, die sie mit ihm zusammen durchgestanden haben. Im Vorwort zu dem Buch, dass sie zu Tims 18. Geburtstag geschrieben haben, betonen sie: "Mach so weiter, bereichere unser Leben durch deine Fröhlichkeit und deinen Lebenswillen. Du bist ein ganz besonderer Mensch."

Tim sei schon während der vergangenen Wochen nicht so stabil gewesen und habe viele Infekte gehabt, berichtete Simone Guido: "Es war immer schwer, Tim über den Winter zu bringen. Das war immer die härteste Zeit mit ihm." Seine Lunge sei aufgrund der frühen Geburt in der 25. Schwangerschaftswoche geschädigt gewesen. Aber in diesem Jahr sei es bei dem kalt-nassen Wetter heftiger gewesen.

Tod kam überraschend in der Nacht

Zunächst sei der erneute Lungeninfekt gar nicht so schlimm gewesen. Tim habe Antibiotika erhalten und inhaliert. Gegen halb zehn Uhr abends habe ihr Mann Tim ins Bett gebracht, erzählte die Pflegemutter. Sie habe sich dann ins Nebenzimmer gelegt, um gleich da zu sein, wenn er etwas bräuchte. "Aber als ich um elf Uhr aufwachte, war es so still." Der herbeigerufene Notarzt habe ihren Sohn reanimiert und ins Krankenhaus gebracht, wo er wenige Minuten später gestorben sei.

Jetzt nähmen die Familie und Freunde Abschied von Tim. Er sei in einem Bestattungshaus aufgebahrt. Vor allem seine beiden Schwestern Melissa und Naomi, ebenfalls Pflegekinder mit Down-Syndrom, gingen ganz unbefangen zu ihm. "Die Mädchen haben ihn schon öfter besucht und nehmen Abschied." Viele langjährige Freunde, Betreuer und Weggefährten seien da. Die Trauerfeier mit einer befreundeten Trauerrednerin finde am 12. Januar statt. Später werde Tim im kleinen Kreis im Friedwald in Bramsche bestattet.

Martina Schwager


Ehrenamt

Tafeln kämpfen mit personellen Engpässen




Helfer der Frankfurter Tafel in Rödelheim im Einsatz
epd-bild/Heike Lyding
Die ehrenamtlichen Helfer bei den Tafeln wünschen sich mehr Mistreiter. Insbesondere fehlen jüngere Leute, und gerade in ländlichen Regionen ist das Angebot schwer aufrechtzuerhalten.

Die Tafeln in Deutschland haben immer wieder mit personellen Engpässen zu kämpfen. Der Betrieb ist zwar meist nicht gefährdet, wie aus einer Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) hervorgeht. "Doch die Helfer kommen an ihre Belastungsgrenzen", sagte Sprecherin Johanna Matuzak vom Dachverband der deutschen Tafeln. Vielerorts fehlten Ehrenamtliche, "insbesondere jüngere, in den Leitungsfunktionen, als Fahrer oder bei der Lebensmittelausgabe". Vor allem kleine Tafeln in ländlichen Regionen hätten es meist schwer.

Der Tafel-Betrieb ist stark von freiwilligen Helfern abhängig, sie machen bundesweit 90 Prozent der 60.000 Mitarbeiter aus. Die 940 Tafeln mit mehr als 2.000 Tafelläden unterstützen nach eigenen Angaben bundesweit bis zu 1,5 Millionen bedürftige Menschen.

Suppenküche in Flensburg geschlossen

Wegen Personalmangels hatte die Tafel im niedersächsischen Osterode für Anfang Januar erstmals seit ihrer Gründung 2005 eine vorübergehende Unterbrechung des Betriebs angekündigt. In Flensburg ist aktuell die Suppenküche geschlossen. "Wir haben 40 Helfer, bräuchten aber mindestens 60", sagte Tafel-Leiter Klaus Grebbin. In Unna mussten vier Ausgabestellen die Arbeit einstellen, weil mit dem Auslaufen des bundesweiten Programms "Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt" weniger Ein-Euro-Jobber im Einsatz sind. Der Personalmangel sei nicht allein mit Ehrenamtlichen auszugleichen, sagte die Vorsitzende Ulrike Trümper.

Auch in Thüringen ist die Situation angespannt. Der Vorsitzende des dortigen Landesverbandes, Nico Schäfer, beklagte "wenig Engagement aus der Mitte der Gesellschaft". Im Osten Deutschlands seien es vor allem Bedürftige, die sich im Sinne von Selbsthilfe bei den Tafeln engagierten. Laut Dachverband arbeiten in östlichen Bundesländern wie etwa Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 15 Ehrenamtliche pro Tafel. In den Westländern seien es durchschnittlich 82 Ehrenamtliche. In Potsdam hat sich die Situation nach einer Krise im vergangenen Sommer hingegen wieder entspannt. Wegen fehlender Helfer war überlegt worden, das Angebot freitags einzustellen.

Um das Ehrenamt wieder attraktiver zu machen, fordert der Tafel-Verband zusätzliche Rentenpunkte für Menschen, die sich über mehrere Jahre nachweislich ehrenamtlich engagiert haben. "Damit kann Ehrenamt auch für Berufstätige und Jüngere attraktiv gemacht werden", sagte Matuzak.

In Berlin können Helfer nicht klagen

Vor allem im Südwesten und in Berlin sehen sich die Tafeln gut ausgestattet. "Wir haben keinen Grund zu klagen", hieß es etwa aus Wiesbaden, wo sich rund 200 Menschen für die Tafel engagieren. Es sei eine "einfache Art, etwas Gutes zu tun", erklärte Tafel-Mitarbeiterin Jutta Gurtmann das große Interesse in Kassel. Für das gute Funktionieren seien auch engagierte Menschen aus dem Bundesfreiwilligendienst wichtig, hieß es zudem aus Baden-Württemberg, Dortmund und Goslar.

Die meisten Tafeln wünschen sich mehr Engagement junger Leute, etwa in Berlin, Braunschweig und Delmenhorst. Die Ehrenamtlichen seien im Durchschnitt über 60 Jahre alt, teilten die Tafeln vor Ort mit. Aus Oldenburg hieß es, vor allem die Arbeit im Fahrdienst werde für ältere Menschen "meist zu fordernd". Mit 68 Prozent sind die meisten Ehrenamtlichen laut Tafelverband älter als 65 Jahre. Nur zwei Prozent sind jünger als 30.

Nora Frerichmann


Kriminalität

Abstinenz statt Knast




Prozesse vor Gericht vermeiden: Das kann der Täter-Opfer-Ausgleich leisten (Archivbild aus München).
epd-bild/Michael Dalder/dpa-Poolfoto
Beim Täter-Opfer-Ausgleich kommt alles auf die Gespräche an. Hat das Verfahren unter Beteilung von Mediatoren Erfolg, wird ein Gerichtsverfahren überflüssig. Doch der Täter-Opfer-Ausgleich ist wenig bekannt. Eine Infokampagne soll das ändern.

Eigentlich war er kein starker Trinker. Doch kurz nach Silvester ließ sich Clio T.s (Name geändert) Mann bei einer Party richtig volllaufen. Sturzbetrunken fing er daheim einen Streit an - und ging dann mit einer Machete auf seine Familie los. Tochter und Frau wurden verletzt. Die Sache kam vor Gericht.

"Doch ich wollte nicht, dass mein Mann ins Gefängnis wandert", sagt Clio T. Auf Anraten des Richters ließ sich die 51-Jährige aus München auf einen Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) ein. Für sie ist bis heute unglaublich, was vor knapp einem Jahr passiert ist: "So hatte ich meinen Mann noch nie zuvor erlebt."

Im Nachhinein weiß sie, dass sich bis zu diesem Zeitpunkt viele unausgesprochene Konflikte angestaut hatten: "Wir hatten nie viel miteinander geredet." Wie wichtig es in einer Partnerschaft ist, sich auszutauschen, das wurde Clio T. nicht zuletzt durch die Gespräche mit ihrer Mediatorin vom Münchner Verein "Brücke" klar. Der Verein begleitete sie und ihren Mann beim Täter-Opfer-Ausgleich.

Sicht der Opfer kommt zum Tragen

Im Vergleich zu einem Verfahren vor Gericht bietet der Ausgleich den Opfern viele Vorteile, sagt Evi Fahl vom Kölner Servicebüro für Täter-Opfer-Ausgleich des Fachverbands für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik: "Das Opfer kann dem Täter schildern, wie es sich gefühlt hat." Das tat auch Clio T.

Um sich auf das Gespräch mit dem gewalttätigen Ehemann vorzubereiten, suchte sie zuvor ihre Mediatorin zweimal auf. Auch ihr Mann ging wiederholt zu einem "Brücke"-Mediator. Danach setzen sich alle an einen Tisch, um im Dialog eine Vereinbarung abzuschließen, die die Strafe ersetzt. Clio T. verlangte von ihrem Mann, dass er nie wieder Alkohol trinkt und sich auf eigene Kosten einem Anti-Aggressions-Training unterzieht. Die Vereinbarung wurde schriftlich festgehalten. Bis heute hält sich der geläuterte Täter an die Abmachung. Würde er sie brechen, könnte das Gerichtsverfahren wieder aufgenommen werden.

Der Täter-Opfer-Ausgleich wurde 1994 eingeführt. Schätzungen zufolge werden pro Jahr zwischen 20.000 und 30.000 Konflikte mit Hilfe einer Mediation gelöst. Damit wird das Verfahren nicht einmal bei einem Prozent aller ermittelten Straftaten angewendet. Experten gehen jedoch davon aus, dass der Ausgleich zwischen Opfer und Täter bei zehn Prozent aller Fälle erfolgversprechend wäre.

TOA ist oft noch nicht bekannt

"Bis heute wissen viele Menschen nicht, was sich hinter einem TOA verbirgt", meint Christoph Willms, ebenfalls Mitarbeiter im Servicebüro für Täter-Opfer-Ausgleich. Wenn es zu einem Täter-Opfer-Ausgleich kommt, werde er meist von der Staatsanwaltschaft angeregt: "Das betrifft mehr als 70 Prozent der Fälle." In nur zwei Prozent ergreifen die Betroffenen selbst die Initiative.

Seit zehn Jahren herrscht in Sachen Täter-Opfer-Ausgleich Stillstand, berichtet Fahl. Das soll sich ändern. Jüngst kündigte das Servicebüro eine bundesweite TOA-Kampagne an, die 2019 starten und bis 2025 laufen soll. Der Plan: In Fußgängerzonen soll zusammen mit den 450 deutschen TOA-Fachstellen auf den Täter-Opfer-Ausgleich hingewiesen werden.

Erfolgreiche Arbeit seit 1992

Der Verein "Waage" in Hannover wendet die Mediationen mit Erfolg an. "Wir bearbeiten seit 1992 zwischen 400 und 500 TOA-Fälle jährlich", informiert Mediator Lutz Netzig. Ob der Ausgleich gelingt, hänge davon ab, inwieweit die Betroffenen bereit sind, sich auseinanderzusetzen: "Manche Menschen geben die Verantwortung lieber an andere ab, an Rechtsanwälte, Richter oder andere Experten."

Die Bereitschaft zum Einigungsversuch ist Netzig zufolge oft die halbe Miete: "Was letztlich eine 'gute' Lösung ist, das entscheiden die Betroffenen selbst." Teilweise tun sie das nach Rücksprache mit ihren Anwälten. Manchmal sei er als Mediator überrascht, was die Menschen als ein gerechtes Ergebnis erachten: "Aber um mich geht es ja nicht." Netzig achtet allerdings darauf, dass Täter und Opfer ausreichend Bedenkzeit bekommen: "Und dass die Ergebnisse am Ende konkret genug formuliert sind, damit im Nachhinein keine Missverständnisse auftauchen."

Ein Täter-Opfer-Ausgleich ist laut Netzig kein Allheilmittel. Aber: Bei der "Waage" nehmen rund 60 Prozent der Geschädigten und Beschuldigten das Angebot einer Gesprächsmediation an. Sind beide Parteien zum Einigungsversuch bereit, kommt es in über 90 Prozent der Fälle auch zur Einigung.

Pat Christ


Pflege

Gastbeitrag

Wenn die Pflege zum Renditeobjekt wird




Ulrike Kempchen
epd-bild/BIVA
Im Pflegemarkt werden Milliarden umgesetzt. Doch der Begriff "Markt" führe in die Irre, sagt Pflegeschutz-Expertin Ulrike Kempchen. Tatsache sei, dass wir im Pflegesektor keinen echten Markt mit kritischen Marktteilnehmern haben, die sich die qualitativ besten Angebote heraussuchen können. Das ist strukturell bedingt und führt zu vielen Möglichkeiten des Missbrauchs, wie Kempchen in ihrem Gastbeitrag für epd sozial darlegt.

In der Pflege geht es um viel Geld. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts gab es 2015 rund 2,9 Millionen pflegebedürftige Menschen in Deutschland, was zu Ausgaben von rund 31 Milliarden Euro geführt hat - Tendenz steigend. Wir werden in Deutschland immer älter und die Medizin macht weitere Fortschritte in der Lebenserhaltung. Pflege ist längst zu einem Wirtschaftsfaktor geworden.

Zwar setzt die Pflegeversicherung selbst auf die regulierende Wirkung der Marktwirtschaft, die Verbraucher aber bleiben dabei oftmals auf der Strecke. Denn auch die Kostenoptimierung ist Ziel der Marktwirtschaft. Im Pflegesektor kann sich das verheerend auswirken: Wenn die Pflegebedürftigkeit zu einem Renditeobjekt wird, öffnet das schwarzen Schafen und betrügerischen Absichten Tür und Tor. Die integren Anbieter leiden darunter. Die Gründe für die prekäre Situation sind vielfältig.

Kein echter Markt im Pflegesektor

Ausgangslage für die Privatisierung in der Pflege war die Annahme der Politik, dass sich der Pflegemarkt selbst regulieren wird, das heißt, dass sich gute Angebote entsprechend den Regeln der freien Marktwirtschaft von selbst durchsetzen beziehungsweise schlechte Angebote untergehen werden. Das ist aber gerade nicht der Fall.

Tatsache ist, dass wir im Pflegesektor keinen echten Markt mit kritischen Marktteilnehmern haben, die sich die qualitativ besten Angebote heraussuchen können. Bei den Verbrauchern handelt es sich um hilfebedürftige Menschen, die von der Versorgung durch Dritte abhängig sind. Sie haben aufgrund der hohen Nachfrage meist gar keine andere Wahl als das zu nehmen, was sie an - oft unzureichenden - Versorgungsangeboten bekommen können.

Wenn es um Pflegemissstände geht, erregen vor allem die großen Pflegeskandale die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Wesentlich häufiger belasten aber die kleineren "Unregelmäßigkeiten" die Beziehung zwischen Pflegebedürftigen und Pflegeanbietern.

Beim Informations- und Beratungsdienst des BIVA-Pflegeschutzbundes melden beispielsweise immer wieder Betroffene und deren Angehörige, dass Kostenvoranschläge zur ambulanten Versorgung nicht erstellt oder zu niedrig kalkuliert werden, dass Leistungsnachweise "nachbearbeitet" oder von kognitiv eingeschränkten Personen unterzeichnet oder dass abgerechnete Leistungen oder Zeitkontingente nicht erbracht werden. Auch der Einsatz nicht qualifizierter Personen, die als Fachkräfte abgerechnet werden, wird immer wieder thematisiert.

Verbraucher sind bei kleineren Betrügereien hilflos

Viele Betroffene haben Angst, selbst gegen solche Unregelmäßigkeiten vorzugehen, weil sie eine Kündigung des ambulanten Dienstes befürchten. Denn das Angebot an Pflegediensten deckt bei weitem nicht die Nachfrage. Während Betroffene kaum eine Chance haben, einen Ersatz auf dem Markt zu finden, haben die Pflegedienst-Betreiber in den meisten Gegenden die freie Auswahl unter dem potenziellen Kunden. Bei anderweitigen Dienstleistungen könnte sich ein qualitativ schlechter Dienstleister nicht lange auf dem Markt halten. Aber wegen des riesigen Bedarfs an pflegerischer Versorgung bleiben auch nachlässige Dienste am Markt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Pflegekassen kaum in der Lage sind, allen Beschwerden nachzugehen.

Neben solchen unrechtmäßigen Missständen sind es vor allem auch die legalen Möglichkeiten der "Kostenoptimierung", die sich negativ auf die Finanzen der Betroffenen und auf das gesamte Pflegesystem auswirken.

Pflege-Wohngemeinschaften zum Beispiel kosten mitunter mehr als eine stationäre Versorgung, obwohl es noch nicht einmal geeignete Qualitätssicherungsinstrumente für diese Wohnform gibt. Denn das Leistungsrecht kennt die Wohngemeinschaft als solche eigentlich gar nicht.

Legale Tricks bei Wohngemeinschaften

Werden Leistungsansprüchen in diesem Rahmen geschickt kombiniert, kann das fast zu einer Verdoppelung der Zuschüsse der Pflegeversicherung zulasten der Allgemeinheit führen. Die gesonderten vertraglichen Vereinbarungen und Abrechnungen von Wohnkosten, Betreuung, Pflege, Haushaltskasse und sonstigen Leistungen können die Bewohner finanziell schwer belasten – und zwar ganz legal und bei geschickter Vertragsgestaltung auch unter dem Radar der Aufsichtsbehörden nach den jeweiligen Landesheimgesetzen. So entstehen auf dem Papier vermeintlich selbstbestimmte Wohngemeinschaften.

Auch im stationären Bereich liegt einiges im Argen: So lassen die Kostenstrukturen in stationären Einrichtungen die Verbraucher als Vertragspartner komplett außen vor. Die Entgelte für Pflege, Unterkunft und Verpflegung werden im Rahmen von Pflegesatzverhandlungen nur zwischen den Leistungserbringern und den Kostenträgern ausgehandelt. Die Pflegekassen verhandeln dabei als Sachwalter ihrer Versicherten, obwohl sie selbst lediglich die gesetzlich festgelegten Zuschüsse zahlen. Sie bestimmen so über die Portemonnaies der pflegebedürftigen Menschen, die sich nicht gegen das Ergebnis wehren können.

Die Ergebnisse dieser Verhandlungen gelten für Empfänger von Leistungen der Pflegeversicherung automatisch als angemessen. Ob diese Angemessenheit im Einzelfall auch tatsächlich zutrifft, steht jedoch dahin. So können etwa auch Kosten, die nicht unmittelbar aus dem Pflegeverhältnis entspringen, von großen Pflegekonzernen als sogenannte Overheadkosten eingepreist werden. Die können regelmäßig ebenso zu Gewinnen bei renditeorientierten Anbietern führen, wie zum Beispiel nicht weitergegebene Synergieeffekte und Einsparpotenziale.

Kostensätze werden nur selten angepasst

Auch Pflegeimmobilien sind in den Fokus von Anlegern gerückt, gezahlt wird im Endeffekt vom Verbraucher. Der leer gefegte Personalmarkt tut sein Übriges. Können Stellen über einen längeren Zeitraum nicht besetzt werden, müssten die Kostensätze eigentlich zum Wohl der Bewohnerinnen und Bewohner angepasst werden, was selten geschieht. Die Betroffenen hätten das Recht, ihre Zahlungen zu mindern, also nur noch ein angemessen herabgesetztes Entgelt zu zahlen. Das tun sie in der Regel aber nicht, weil sie Repressalien fürchten. Das bedeutet, sie werden Opfer von Qualitätseinbußen und Einsparungen, obwohl sie nach wie vor den vollen Preis entrichten.

Leider verhalten sich viele Pflegekassen in solchen Fällen eher restriktiv. So ergaben BIVA-Recherchen, dass in den vergangenen zwei Jahren in acht Bundesländern nur in einem einzigen Fall aufgrund von Pflegemängeln durch die Kasse eine Minderung vorgenommen wurde.

Das gleiche Verhalten zeigen Kassen auch, wenn Angehörige etwa den Missbrauch von zusätzlichen Betreuungskräften als Helfer in der Pflege oder der Hauswirtschaft anzeigen. Ein solches System ermöglicht es somit Anbietern, Gewinne zu generieren, ohne eine entsprechende Qualität zu bieten.

Was kann der Gesetzgeber tun, um Betroffene zu schützen?

• Sicherstellen, dass Qualitätseinbußen geahndet werden

• Ausbau des Beschwerdesystems. Vorhandene Beschwerdestellen müssen den Kunden besser kommuniziert werden, leichter erreichbar sein und mit ausreichenden Ressourcen zur Aufklärung ausgestattet werden.

• Ergebnisse von Qualitätsprüfungen verbraucherfreundlich veröffentlichen. Der Verbraucher muss befähigt werden, sich ein Bild zu machen, Angebote miteinander zu vergleichen und eine bewusste Auswahl zu treffen.

• Die Verbraucher über Betroffenenvertreter in Verhandlungen zu Leistungen, Vergütungen und Qualitätskriterien mit einbeziehen

• Versicherungen müssen als Sachwalter ihrer Versicherten stärker in die Pflicht genommen werden

Ulrike Kempchen ist Rechtsanwältin und leitet die Rechtsabteilung der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA)


Kinder

Interview

Fachverband: "Programm ist neben der Spur"




Carsten Schlepper
epd-bild/Dieter Sell
Die Bundesregierung will 300 Millionen Euro investieren, um mehr Fachkräfte für die Kitas zu gewinnen und die Ausbildung attraktiver zu machen. Die Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder (BETA) ist wenig begeistert. Im Interview mit dem epd erläutert der Vorsitzende Carsten Schlepper die Gründe.

Zu wenig Geld und der falsche inhaltliche Ansatz: Die BETA ist mit dem neuen Programm von Familienministerin Franziska Giffey (SPD) unzufrieden. Der Vorsitzende Carsten Schlepper spricht von einem Tropfen auf den heißen Stein. Mehr Geld für die Ausbildungsvergütung allein reiche nicht, um die strukturellen Probleme in der Nachwuchsgewinnung zu lösen. Es brauche weitergehende Initiativen der Länder mit den Trägern, so Schlepper: "Der Fachkräftekanon muss erweitert werden, um Professionen in Kita-nahen Branchen für die Arbeit in der Kindertagesbetreuung zu gewinnen. Die Fragen stellte Dirk Baas.

epd sozial: 300 Millionen Euro des Bundes sollen von 2019 bis 2022 fließen für die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern. Klingt nach viel Geld?

Carsten Schlepper: Wenn wir davon ausgehen, dass alle Azubis eine Vergütung erhalten sollen, wie in anderen Lehrberufen auch, und für einen Azubi rund 17.000 Euro im Jahr anfallen, raucht es 1,5 Milliarden. Euro jährlich allein für die Vergütung. Also ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber grundsätzlich begrüßt die BETA, dass der Bund die Länder und Träger bei der Fachkräftesicherung unterstützen wird. Das Programm ist allerdings aus unserer Sicht "neben der Spur".

epd: Warum?

Schlepper: In Verbindung mit dem Kita-Gesetz und Eckpunkten zur Qualitätsverbesserung sollten gerade diese zusätzlichen Mittel seitens der Länder genutzt werden, um die Fachkräftegewinnung zu verbessern. Als Folge des neuen Bundesprogrammes befürchten wir Träger jedoch, dass die Länder sich aus ihrer Verantwortung zurückziehen.

epd: Haben Sie dafür Anhaltspunkte?

Schlepper: Für die vergütete Ausbildung, auch praxisintegriert, braucht es keine Erprobung, weil es hinlänglich Erfahrungen damit gibt. Das Problem ist letztlich der zusätzliche finanzielle Aufwand. Dieser wird dort, wo die vergütete Ausbildung etabliert ist, über eine anteilige Anrechnung des Einsatzes der Azubis auf die Fachkraftquote generiert. In Ländern wie Bremen, in denen um die reguläre Finanzierung der Ausbildungsvergütung noch gerungen wird, werden wir in den nächsten zwei Jahren sicher auf das Bundesprogramm verwiesen. Damit verzögert sich die notwendige Weiterentwicklung des Ausbildungssystems erneut.

epd: Ministerin Giffey prognostiziert rund 200.000 fehlende Fachkräfte bis zum Jahr 2030. Sind das Zahlen, die Sie bestätigen können?

Schlepper: Die Prognose der Ministerin ist eher verhalten. Allein für die Verbesserung der Personalschlüssel in den Ländern, angelehnt an die formulierten Fachstandards, prognostiziert die Bertelsmann Stiftung zusätzlich mehr als 100.000 Fachkräfte. Laut Fachkräftebarometer 2017 der Weiterbildungsinitiative frühpädagogische Fachkräfte (WIFF) verlassen rund 170.000 Fachkräfte bis zum Jahr 2025 das Feld. Mit Blick auf den weiteren Ausbau der Betreuungsangebote werden bis dahin allein 260.000 neue Fachkräfte benötigt.

epd: Ab dem nächsten Jahr werden bundesweit rund 38.000 junge Menschen eine Erzieherinnenausbildung beginnen. Das wird künftig kaum reichen, um die Lücken in den Kitas zu schließen. Hilft die vorgesehene Ausbildungsvergütung?

Schlepper: Die vergütete Ausbildung, übrigens nicht nur in der praxisintegrierten Struktur, ist ein Baustein, um Fachkräfte zu gewinnen und die Zielgruppe der Interessierten zu erweitern. Daneben braucht es weitergehende Initiativen der Länder mit den Trägern: der Fachkräftekanon muss erweitert werden, wo dieses noch nicht geschehen ist, um Professionen in Kita-nahen Branchen für die Arbeit in der Kindertagesbetreuung zu gewinnen.

epd: Das geschieht nicht von selbst ...

Schlepper: Nein. Für diese nicht grundständig für die Kita-Arbeit qualifizierten Kräfte müssen Anpassungs- und Weiterbildungsqualifizierungen konzipiert und angeboten werden. Zudem bin ich persönlich überzeugt davon, dass wir in den nächsten Jahren im Rahmen multiprofessioneller Teams auch andere Spezialisten, etwa aus den Bereichen Musik, Kunst, Handwerk, in das Arbeitsfeld integrieren müssen, die nicht unbedingt pädagogisch qualifiziert für besondere Angebote in der Kita zuständig sind.

epd: Der Bund will für 5.000 Auszubildende die Vergütung übernehmen, im ersten Jahr zu hundert Prozent? Reicht dieses Engagement?

Schlepper: Nein. Deshalb nenne ich das Programmen "neben der Spur". Ein derartiges Programm ist mit sehr viel Aufwand der Träger vor Ort verbunden und nur befristet. Insbesondere bei der praxisintegrierten Ausbildung gibt es längst Erfahrungen, wie zum Beispiel in Baden-Württemberg zur Umsetzung und anteiligen Finanzierung der Vergütung durch die Träger.

epd: Warum war es in der Vergangenheit so schwer, Nachwuchs für die Kitas auszubilden? Ist der Beruf wirklich so unattraktiv?

Schlepper: Die fehlende Ausbildungsvergütung hat sicher einen Teil beigetragen. Ansonsten betonen wir ausdrücklich, dass es sich um ein attraktives und auch boomendes Arbeitsfeld handelt, in dem auf diesem Ausbildungsniveau die Vergütung auch angemessen ist.

epd: Wo hapert es noch?

Schlepper: Es fehlt noch an Aufstiegs- und Weiterentwicklungslinien. Wir müssen mehr Funktionsstellen und damit verbunden Aufstiegslagen in der Kindertagesbetreuung schaffen. Insgesamt ist dieser Sektor eher immer zurückhaltend gewesen, wenn es darum ging, die finanziellen Konsequenzen für eine Verbesserung und Weiterentwicklung auch zu benennen. Da können wir noch besser werden.



Gesundheit

Ökumenischer Verbund "Christliche Kliniken Potsdam" geplant



In Brandenburgs Landeshauptstadt sollen mehrere evangelische und katholische Gesundheitseinrichtungen in einer gemeinsamen Dachgesellschaft zusammengeschlossen werden - ein bundesweit einmaliger Schritt. Mit dem Verbund "Christliche Kliniken Potsdam" werde eine Holding mit einem Jahresumsatz von rund 110 Millionen Euro, rund 1.100 Betten sowie jährlich rund 24.000 stationären und 90.000 ambulanten Patienten an 14 Standorten entstehen, sagte der Regionalgeschäftsführer der Alexianer, Oliver Pommerenke, am 8. Januar in Potsdam.

Der geplante konfessionsübergreifende Zusammenschluss sei in der Form bundesweit einmalig, sagte der kaufmännische Vorstand des Oberlinhauses, Andreas Koch.

Dem Verbund sollen die diakonische Oberlinklinik, das katholische St. Josefs-Krankenhaus der Alexianer und das Evangelische Zentrum für Altersmedizin mit weiteren ambulanten und stationären Einrichtungen angehören, sagte Pommerenke. Gesellschafter der Holding sollen zu je 50 Prozent die Alexianer GmbH und der Verein Oberlinhaus der evangelischen Diakonie werden. Die Geschäftsführung sollen Koch und Pommerenke übernehmen. Die Pläne sollen voraussichtlich im dritten Quartal 2019 umgesetzt werden.

"Versorgung soll zukunftsfest werden"

Ziel sei, das sehr breitgefächerte Angebot von der hausärztlichen Versorgung bis zur Akutversorgung zukunftsfest zu machen, sagte Pommerenke. Die bisherigen Einrichtungen sollen ihre Namen behalten und weitgehend selbstständig arbeiten. Die Krankenhäuser und anderen Einrichtungen würden sich gut ergänzen, die Pläne seien weder von "Konkurrenzgedanken noch Kannibalismus" geprägt, betonte Pommerenke: "Wir ergänzen uns perfekt." Patienten könnten mit der Holding künftig alle Angebote von der Akutversorgung bis hin zum Platz im Seniorenheim "aus einer Hand" bekommen.

Die beteiligten Häuser seien wirtschaftlich alle gut aufgestellt, hieß es. Künftig könnten jedoch Investitionen wie bei der Anschaffung von teuren Großgeräten und der kostspieligen notwendigen Digitalisierung besser aufeinander abgestimmt werden, sagte Pommerenke.

Auch Fort- und Weiterbildung soll verbessert werden

Auch Angebote der Fort- und Weiterbildung könnten gebündelt werden. Einsparpotenzial gebe es auch im Fall einer möglichen Zusammenlegung der verschiedenen Küchen der Einrichtungen zu einer gemeinsamen Großküche. Ein Personalabbau durch Kündigungen sei nicht geplant.

Die Pläne seien ein "strategisches Projekt" und "sehr auf die Zukunft ausgerichtet", betonte Koch. Die maximale Selbstständigkeit der konfessionellen Gesundheitseinrichtungen unter einem gemeinsamen Dach sei etwas Besonderes. Die Holding werde zugleich die Mehrheitsbeteiligung an den einzelnen Krankenhäusern halten.

Yvonne Jennerjahn


Krankenhausgesellschaft

Personaluntergrenzen können zu Engpässen führen



Die seit Jahresbeginn geltenden Personaluntergrenzen für klinische Intensivstationen können aus Sicht der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft zu Engpässen führen. Vor allem auf dem Land müssten Patienten künftig voraussichtlich häufiger an ein anderes Krankenhaus verwiesen werden, weil das notwendige Personal nicht zur Verfügung stehe, sagte Verbandsdirektor Helge Engelke am 9. Januar dem epd. "Intensivstationen können nicht mehr so rund um die Uhr betrieben werden, wie das bislang der Fall war."

Nach der neuen Regelung müssen auf Intensivstationen in der Tagschicht für fünf Patienten mindestens zwei Pflegekräfte anwesend sein. In der Nachtschicht sind für sieben Patienten mindestens zwei Pflegerinnen oder Pfleger vorgesehen. Ab 2021 sollen die Untergrenzen weiter steigen. Auch für die Unfallchirurgie, die Kardiologie und die Geriatrie sind Personaluntergrenzen vorgesehen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will damit einer Unterbesetzung in intensivmedizinischen Abteilungen entgegenwirken und die Versorgung der Patienten verbessern.

In Ballungszentren sei das Problem nicht so groß, sagte Engelke. In der Fläche müssten Patientinnen und Patienten jedoch mit längeren Anfahrtswegen rechnen. Die Krankenhausgesellschaft wolle zunächst kritisch beobachten, wie gravierend die Auswirkungen der neuen Regelung seien.

Zwar könne es akute Notfälle geben, in denen Intensivstationen mit geringerem Personalschlüssel trotzdem Patienten aufnähmen, erläuterte der Verbandsdirektor. Dies stelle jedoch ein Risiko für die Kliniken dar, weil Haftungsfragen nicht geklärt seien. "Das ist keine Lösung für das Problem." Die einzige Lösung sei, mittelfristig mehr Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen. Die Krankenhausgesellschaft ist der Zusammenschluss aller 172 Krankenhäuser in Niedersachsen.



Bayern

Neues "Bündnis für generalistische Pflegeausbildung"



Rund 40 Partner haben am 8. Januar das neue "Bündnis für generalistische Pflegeausbildung in Bayern" gegründet. Neben dem bayerischen Kultus- und dem Wissenschaftsministerium beteiligten sich weitere Körperschaften, Ausbildungsträger, Institutionen und auch Verbände, die an der Pflegeausbildung beteiligt sind, daran, teilte das bayerische Gesundheitsministerium mit.

Ministerin Melanie Huml (CSU) sagte, um das neue Pflegeberufegesetz ab dem Jahr 2020 erfolgreich umzusetzen, seien alle Akteure gefragt. Die Unterzeichner würden sich unter anderem dafür einsetzen, ausreichend Plätze für die praktische und schulische Ausbildung zur Verfügung zu stellen. Auch an regionalen Ausbildungs- und Kooperationsverbünden werden sich die Bündnispartner beteiligen, hieß es weiter.

Mit der generalistischen Pflegeausbildung ist die Zusammenführung der bisher getrennten Ausbildungen für Altenpflege, Krankenpflege und Kinderkrankenpflege gemeint.

Der bpa sprach von "einer guten Basis für eine erfolgreiche Einführung des Pflegeberufegesetzes im Land". Denn Ausbildungsträger, Schulen und Auszubildende bräuchten die nötigen landesrechtlichen Voraussetzungen, konkrete Hinweise für Zuständigkeiten und eine gelungene Kooperation der Ausbildungsinstitutionen, um den zahlreichen neuen Anforderungen gerecht werden zu können, sagt der bpa-Landesvorsitzende Kai A. Kasri.



Kirche

Noch freie Plätze beim Fundraisingtag



Für den Mitteldeutschen Fundraisingtag am 12. März in Jena sind noch Anmeldungen möglich. Wie die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) am 8. Januar in Erfurt mitteilte, sind dabei zwölf Workshops zu Fachthemen und zwei Fachforen geplant. Zusätzlich könnten individuelle Beratungen durch Fundraising-Experten vereinbart werden.

Bei der Veranstaltung wird auch der Mitteldeutsche Fundraising-Preis verliehen. Vereine, Initiativen und Einzelpersonen können sich noch bis 31. Januar dafür bewerben.

Der Jenaer Fundraisingtag gilt als größtes Treffen von Vereinen, Verbänden, Kirchengemeinden und gemeinnützigen Unternehmungen in Mitteldeutschland. Veranstalter sind der Verein Fundraising Forum, die Ernst-Abbe-Hochschule Jena, die Diakonie Mitteldeutschland und die EKM.



Berlin

Notfallseelsorge kooperiert mit Muslimen



Die Berliner Notfallseelsorge arbeitet jetzt offiziell mit muslimischen Helfern zusammen. Der Kooperationsvertrag dazu wurde am 10. Januar in der Bundeshauptstadt unterzeichnet. Bei der bundesweit bislang einzigartigen Kooperation arbeiten alle Partner "inklusiv, also auf Augenhöhe" zusammen, betonte der evangelische Landespfarrer für Notfallseelsorge, Justus Münster. Bei einem Einsatz spiele es keine Rolle, ob oder welchen religiösen Hintergrund ein Helfer habe. Wichtig sei, in einem Notfall für betroffene Menschen da zu sein.

Träger der Berliner Notfallseelsorge sind die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und das Erzbistum Berlin. Die muslimische Notfallseelsorge ist der achte Kooperationspartner. In der Berliner Notfallseesorge engagieren sich zudem die Johanniter-Unfall-Hilfe, der Malteser Hilfsdienst, der Arbeiter-Samariter-Bund, das Deutsche Rote Kreuz und die Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft.

Ende vergangenen Jahres hatte das Land Berlin ferner erstmals eine finanzielle Unterstützung zugesagt. Demnach stehen der Berliner Notfallseelsorge für die Jahre 2018 und 2019 insgesamt 90.000 Euro aus öffentlichen Geldern zur Verfügung.

Aktuell sind in Berlin rund 150 Frauen und Männer ehrenamtlich für die Notfallseelsorge und Krisenintervention aktiv. Sie werden etwa 350 Mal pro Jahr gerufen. In Unglücksfällen betreuen die Notfallhelfer Angehörige von Opfern, aber auch Ersthelfer an Unglücksorten wie Mitarbeiter von Rettungsdiensten, Feuerwehr und Polizei sowie andere Betroffene. Alle ehrenamtlichen Notfallhelfer werden für ihren Einsatz professionell geschult.




sozial-Recht

Bundesverfassungsgericht

Barrierefreie Gerichtsverhandlung nicht von zu Hause aus




Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass kein Recht auf einen Online-Chat besteht, um eine Verhandlung von daheim aus verfolgen zu können.
epd-bild / Norbert Neetz
Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann ein Autist keinen Online-Chat verlangen, um so an einer Gerichtsverhandlung teilnehmen zu können. Demnach gilt: Gerichte müssen mündliche Verhandlungen nicht komplett nach den Wünschen behinderter und psychisch kranker Verfahrensbeteiligten ausrichten.

Zwar seien die Gerichte gehalten, behinderten Menschen eine barrierefreie Teilhabemöglichkeit an Verhandlungen zu gewähren. Doch befanden die Karlsruher Richter in einer am 3. Januar veröffentlichten Entscheidung, dass ein autistischer, in seiner sozialen Kommunikation eingeschränkter Mensch nicht das Recht habe, per Online-Chat an der Verhandlung teilnehmen zu können. Sehbehinderte Menschen können nach einer weiteren Entscheidung der Karlsruher Richter aus dem Jahr 2014 dagegen Anspruch auf Prozessunterlagen in Blindenschrift haben.

Im aktuellen Fall ging es um einen autistischen Mann aus Sachsen mit sogenanntem Asperger Syndrom. Die Erkrankung geht mit Kommunikationsstörungen, Vereinzelung und teilweise auch körperlich ungeschicktem Verhalten einher. Der 42-Jährige Beschwerdeführer wollte wegen seiner Erkrankung gerichtlich einen höheren Grad der Schwerbehinderung (GdB) erreichen. Zusätzlich verlangte er die Merkzeichen G, B, H und RF in seinem Schwerbehindertenausweis.

Chat als barrierefreie Teilnahme gefordert

Zudem forderte er eine "barrierefreie" Teilhabemöglichkeit an der mündlichen Verhandlung. Wegen seiner Kommunikationsstörung wollte er von zu Hause per Online-Chat an der mündlichen Verhandlung des Gerichts teilnehmen.

Das Sächsische Landessozialgericht beharrte indes auf der persönlichen Anwesenheit des Mannes. Es bot ihm aber an, ihm den Sachbericht zur Verhandlung vorab schriftlich zu übersenden.

Das Bundesverfassungsgericht entschied nun, dass behinderte und psychisch kranke Menschen zwar ein Recht auf barrierefreie Teilhabe an einer mündlichen Verhandlung haben. Doch auch wenn nach dem Grundgesetz niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden dürfe, ergebe sich daraus nicht das Recht, dass Betroffene eine mündliche Gerichtsverhandlung uneingeschränkt nach ihren eigenen und individuellen Vorstellungen verlangen können.

Ein Anspruch darauf, an einer mündlichen Verhandlung per Online-Chat teilzunehmen, gebe es nicht. Denn die Verhandlung diene dazu, den Sachverhalt transparent und korrekt zu ermitteln. Dies sei "rechtsstaatlich unerlässlich", befanden die Verfassungsrichter. Der Mann habe zudem die Möglichkeit, einen Anwalt zu beauftragen, der seine Rechte in der Verhandlung wahrnimmt.

Gerichte müssen Beeinträchtigten entgegenkommen

Generell müssen sich Gerichte aber bemühen, den Beeinträchtigungen behinderter Menschen entgegenzukommen. So hatte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel am 14. November 2013 entschieden, dass ein Autist Fragen eines medizinischen Gutachters zur Bestimmung des Grades der Behinderung nicht im direkten Kontakt beantworten muss.

Nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2014 können blinde und sehbehinderte Menschen zumindest in komplizierten Gerichtsverfahren verlangen, dass Prozessunterlagen in Blindenschrift verfasst werden. Ein solcher Anspruch bestehe allerdings nicht, wenn es sich um einen einfachen Rechtsstreit handelt und ihr Anwalt ihnen die Akten "gleichwertig" vermitteln kann, entschieden die Verfassungsrichter. Im konkreten Rechtsstreit war das der Fall.

Ähnlich hatte auch das BSG am 18. Juni 2014 entschieden. Blinde und sehbehinderte Personen haben danach Anspruch auf "barrierefreie Zugänglichmachung von Dokumenten im gerichtlichen Verfahren", wenn ihr Anwalt den Streitstoff nicht gut vermitteln kann. Betroffene hätten dann ein Wahlrecht, ob sie die Schriftsätze in Blindenschrift, als Hörkassette, in Großdruck oder auch in elektronischer Form erhalten wollen.

Verständigung muss möglich sein

Auch hör- und sprachbehinderte Menschen haben nach einer weiteren Entscheidung des BSG Anspruch darauf, dass sie sich im gerichtlichen Verfahren verständigen können. Im konkreten Fall wollte die hörbehinderte Klägerin vor Gericht die Kostenübernahme für zwei teure Hörgeräte von ihrer Krankenkasse erstreiten.

Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen lehnte das unter anderem wegen widersprüchlicher Aussagen der Frau ab. Diese rügte einen Verfahrensmangel, weil sie wegen ihrer Hörbehinderung der Verhandlung nicht habe ausreichend folgen können.

Diesen Verfahrensmangel bestätigte auch das BSG in seinem Beschluss vom 28. September 2017 und verwies den Rechtsstreit an das LSG zurück. Gerichte hätten eine Fürsorgepflicht zur Sicherstellung ausreichender Verständigungsmöglichkeiten. Hör- und sprachbehinderten Menschen müssten erforderliche technische Hilfsmittel angeboten werden. Dies sei hier unterblieben.

Az.: 1 BvR 957/18 (Bundesverfassungsgericht, mündliche Verhandlung)

Az.: B 9 SB 5/13 B (Bundessozialgericht, Gutachter)

Az.: 1 BvR 856/13 (Bundesverfassungsgericht, Blindenschrift)

Az.: B 3 P 2/14 B (Bundessozialgericht, Blindenschrift)

Az.: B 3 KR 7/17 B (Bundessozialgericht, Hörbehinderte)

Frank Leth


Bundesverfassungsgericht

Berechnung der Berufsausbildungsbeihilfe nicht zu beanstanden



Die Bundesagentur für Arbeit (BA) muss die Berechnung zur Zahlung von Berufsausbildungsbeihilfe nicht ändern. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem am 4. Januar in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss die Verfassungsbeschwerde einer Auszubildenden aus Sachsen wegen einer unzureichenden Begründung nicht zur Entscheidung angenommen.

Berufsausbildungsbeihilfe wird von der BA insbesondere dann gezahlt, wenn der Auszubildende nicht mehr bei den Eltern lebt und die Ausbildungsvergütung zu gering ist, um den Lebensunterhalt zu decken. Das Einkommen der Eltern wird auf die Hilfeleistung angerechnet. Nach Abzug eines Grundfreibetrags in Höhe von 1.605 Euro wird die Hälfte des elterlichen Einkommens mindernd berücksichtigt.

Im konkreten Fall hatte die Klägerin eine Ausbildung zur Fotografin begonnen. Da sie nicht mehr bei ihren Eltern lebte und ihre Ausbildungsvergütung im 3. Lehrjahr nur 260 Euro monatlich betrug, beantragte sie Berufsausbildungsbeihilfe. Diese wurde wegen des hohen Einkommens der Eltern abgelehnt.

Die Auszubildende rügte die Berechnung der BA und argumentierte, dass die Behörde nur die Höhe ihres Unterhaltsanspruchs mindernd berücksichtigen dürfe. Die Berechnungsmethode der BA gehe jedoch von einem darüber liegenden höheren Erwerbseinkommen der Eltern aus.

Das Bundesverfassungsgericht konnte jedoch keinen Verfassungsverstoß erkennen. Dieser sei von der Beschwerdeführerin nicht ausreichend begründet worden. Es sei auch nicht belegt worden, dass die Ausbildung der Frau wegen der versagten Berufsausbildungsbeihilfe gefährdet sei.

Az.: 1 BvR 1223/18



Bundesarbeitsgericht

Vertragsverlängerung im Rentenalter führt nicht zu Dauer-Stelle



Wer mit Einverständnis seines Arbeitgebers über das Rentenalter hinaus arbeitet, erhält deshalb noch keinen Anspruch auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Entsprechende befristete Arbeitsverhältnisse seien ohne einen sonstigen Sachgrund wirksam, urteilte am 19. Dezember 2018, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt. Dies sei gesetzlich so vorgesehen.

Im konkreten Fall hatte ein Berufsschullehrer in Niedersachsen im Januar 2015 die Altersgrenze erreicht. Nach dem einschlägigen Tarifvertrag endete daher auch das Arbeitsverhältnis. Mit dem Land vereinbarte der Lehrer jedoch eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis Ende Juli 2015. Diese Befristung hielt er später wegen seiner bisherigen unbefristeten Stelle für unwirksam. Vor Gericht wollte er erreichen, dass sein Arbeitsverhältnis auch im Rentenalter als unbefristet gilt.

Klage durch alle Instanzen

Der Lehrer scheiterte mit seiner Klage jedoch durch alle Instanzen. Eine Bestimmung im Sozialgesetzbuch ermögliche es lediglich, "durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt, gegebenenfalls auch mehrfach, hinausschieben", so das BAG. Ein "Hinausschieben" des Arbeitsendes könne aber nicht zu einer unbefristeten Verlängerung führen.

Verfassungsrechtlich sei diese Gesetzesregelung nicht zu beanstanden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg habe am 28. Februar 2018 zudem auch bereits geklärt, dass die Regelung mit EU-Recht vereinbar ist (Az.: C-46/17). Daher sei die Regelung wirksam – und mit ihr auch im konkreten Fall die Befristung.

Offen ließ das BAG, ob eine solche Befristung auch dann wirksam ist, wenn gleichzeitig mit dem Vertragsende auch andere Vertragsbedingungen geändert werden. Im Fall des Berufsschullehrers war in einer Zusatzvereinbarung erst nach der Vertragsverlängerung auch der Arbeitsumfang erhöht worden. Dies spiele dann für die Wirksamkeit der Befristung keine Rolle mehr, entschied das BAG.

Az.: 7 AZR 70/17



Bundesfinanzhof

Keine Riester-Altersvorsorgezulage bei unbezahltem Sonderurlaub



Arbeitnehmer können während eines unbezahlten Sonderurlaubs zur Kindererziehung ihre staatliche Altersvorsorgezulage für ihren Riester-Vertrag verlieren. Der Gesetzgeber durfte die Altersvorsorgezulage daran koppeln, dass Riester-Berechtigte aktiv in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind, entschied der Bundesfinanzhof in München in einem am 8. Januar veröffentlichten Urteil.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen fördert der Staat Riester-Verträge mit einer Altersvorsorgezulage. Diese besteht derzeit aus einer Grundzulage von jährlich 175 Euro und für jedes Kind aus einer Kinderzulage von 185 Euro. Für ab 2008 geborene Kinder erhöht sich die Kinderzulage auf 300 Euro.

Tarifvertrag sieht diesen Fall nicht vor

Im konkreten Fall hatte die im öffentlichen Dienst angestellte Klägerin nach ihrer Elternzeit einen unbezahlten Sonderurlaub erhalten. Sie wollte weiter ihren im Juli 2011 geborenen Sohn betreuen. Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst sieht diese Möglichkeit vor.

Als die Frau für das Jahr 2015 die staatliche Förderung für ihren Riester-Vertrag beanspruchte, gewährte die Deutsche Rentenversicherung zunächst die Altersvorsorgezulage. Doch dann forderte die Rentenversicherung diese wieder zurück. Die Frau sei wegen ihres Sonderurlaubs nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen und habe daher keinen Anspruch auf die Förderung. Die Mutter hingegen meinte, dass wegen Kindererziehung beurlaubte Angestellte unmittelbar zulagenberechtigt seien.

Doch der Bundesfinanzhof widersprach. Grundsätzlich könnten nur aktiv Pflichtversicherte in der Deutschen Rentenversicherung die Altersvorsorgezulage beanspruchen. Bei der Klägerin ruhe jedoch wegen des unbezahlten Sonderurlaubs das Arbeitsverhältnis.

Az.: X R 37/17



Landesarbeitsgericht

Elternzeitverlängerung geht ohne Zustimmung des Arbeitgebers



Eltern dürfen ohne Zustimmung des Arbeitgebers ihre einmal gewährte Elternzeit um das dritte Lebensjahr des Kindes verlängern. Aus dem Bundeselterngeld- und -elternzeitgesetz ergebe sich nicht, dass nur bei der erstmaligen Inanspruchnahme von Elternzeit direkt nach der Geburt der Arbeitgeber nicht zustimmen müsse, entschied das Landearbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg in einem am 19. Dezember 2018 bekanntgegebenen Urteil. Die Berliner Richter ließen wegen grundsätzlicher Bedeutung für die Arbeitgeberin die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu.

Im konkreten Fall hatte der Kläger mit der Geburt seines Kindes für zwei Jahre Elternzeit bei seinem Arbeitgeber beantragt. Doch kurz nach Beginn der Elternzeit wollte er diese verlängern. Nun sollte die Elternzeit auch das dritte Lebensjahr des Kindes umfassen. Der Arbeitgeber lehnte dies ab.

Zu Unrecht, wie das LAG befand. Aus dem Bundeselterngeld und -elternzeitgesetz ergebe sich nicht, dass innerhalb der ersten drei Lebensjahre des Kindes nur die erstmalige Inanspruchnahme von Elternzeit ohne Zustimmung des Arbeitgebers zulässig ist. Letztlich habe der Gesetzgeber mit den gesetzlichen Bestimmungen Eltern mehr "Entscheidungsflexibilität" einräumen wollen, so das LAG.

Az.: 21 Sa 390/18



Landesarbeitsgericht

Chef kann Arbeitnehmer nicht zu Home-Office verpflichten



Unternehmen können von einem Arbeitnehmer nicht verlangen, dass er seine Tätigkeit zu Hause im sogenannten Home-Office ausübt. Dies ist vom Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht umfasst, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg in Berlin in einem am 18. Dezember 2018 bekanntgegebenen Urteil entschied. Es hob damit eine Kündigung wegen "Arbeitsverweigerung" als unwirksam auf.

Im Streitfall hatte der Arbeitgeber einen örtlichen Betrieb geschlossen. Einem dort tätigen Ingenieur bot er an, seine Arbeit künftig als Telearbeit im Home-Office zu erledigen. Der Ingenieur war hierzu nicht bereit. Sein Arbeitgeber kündigte ihm schließlich wegen "beharrlicher Arbeitsverweigerung".

Doch die Kündigung ist unwirksam, urteilte das LAG. Arbeitsvertraglich sei der Ingenieur nicht zur Telearbeit verpflichtet gewesen. Eine Zuweisung der Arbeit im Home-Office allein aufgrund des Weisungsrechts des Arbeitgebers scheide aus. Die Arbeit zu Hause unterscheide sich erheblich von der Arbeit im Betrieb, zu der Arbeitnehmer üblich verpflichtet seien.

Dass Arbeitnehmer teilweise selbst an einer Arbeit im Home-Office interessiert sind, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können, "führt nicht zu einer diesbezüglichen Erweiterung des Weisungsrechts des Arbeitgebers", stellten die Berliner Richter klar.

Az.: 17 Sa 562/18




sozial-Köpfe

Diakonie

Hochschul-Rektor Theurich leitet künftig das Rauhe Haus




Andreas Theurich
epd-bild/Stefan Albrecht/Das Rauhe Haus
Andreas Theurich (54), Pastor und Rektor an der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie in Hamburg, wird neuer Vorsteher des Rauhen Hauses.

Andreas Theurich tritt sein Amt als Vorsteher des Rauhen Hauses in Hamburg zum 1. Oktober an und wird Nachfolger von Pastor Friedemann Green (64), der die Stiftung mehr als zehn Jahre geleitet hat. Der Verwaltungsrat hatte Theurich während seiner Sitzung am 17. Dezember gewählt.

Theurich war nach seinem Theologiestudium in Kiel und Hamburg sowie seinem Vikariat in Hamburg-Barmbek fünf Jahre lang Gemeindepastor in Preetz bei Kiel. 2001 übernahm er die Leitung des Diakonisch-Theologischen Studienseminars der damaligen Nordelbischen Kirche in Preetz. Seit 2007 ist er als Dozent für Diakonie und Ethik an der Ev. Hochschule für Soziale Arbeit & Diakonie des Rauhen Hauses tätig und seit 2011 auch ihr Rektor.

Seine Forschungsthemen sind Fragen des Diakoniemanagements und der Leitung von Diakonieunternehmen. Er hat eine Ausbildung in Organisationsberatung absolviert und wurde 2016 mit dem Thema Diakonische Kultur an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel zum Diakoniewissenschaftler promoviert.

Zweites Vorstandsmitglied bleibt Sabine Korb-Chrosch. Sie ist als kaufmännischer Vorstand seit 2008 für das Rauhe Haus tätig.

Das Rauhe Haus wurde vor 185 Jahren gegründet und ist eine sozial-diakonische Stiftung in Hamburg-Horn nahe der U-Bahnstation "Rauhes Haus". Rund 1.200 Mitarbeitende sind in der Betreuung, Pflege und Bildung tätig. Dazu kommen 2.250 Schüler und Studierende. Mehr als 1.400 Menschen werden hier unterstützt und betreut.



Weitere Personalien



Gerda Hasselfeldt (68), Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes, hat zum Jahresbeginn das Amt der Präsidentin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) übernommen. Sie löst Prälat Peter Neher ab, der als Präsident des Deutschen Caritasverbandes, diese Funktion zwei Jahre innehatte. Damit wird das DRK zum federführenden Verband innerhalb der BAGFW. Die langjährige CSU-Bundestagsabgeordnete ist die erste Frau an der Spitze des DRK. Gewählt wurde sie einstimmig im Dezember 2017. 20 Jahre lang saß die Diplom-Volkswirtin im Parlament, war von 2005 bis 2111 Vizepräsidentin des Bundestages. Hasselfeld: "Es liegen beträchtliche Herausforderungen vor uns. Dazu gehören beispielsweise die Weiterentwicklung der Pflege, die Digitalisierung der Sozialwirtschaft und die Aufwertung des Ehrenamtes." Im Präsidium der BAGFW arbeiten zudem zwei Vizepräsidenten: Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland als BAGFW-Präsident ab 2021 sowie Caritaschef Peter Neher.

Dieter Hackler, evangelischer Theologe, ist neuer ehrenamtlicher Vorsitzender des Vorstands der Conterganstiftung für behinderte Menschen. Er wurde von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey bestellt und folgt auf Marlene Rupprecht, die diese Aufgabe nach vier Jahren aus persönlichen Gründen abgibt. Hackler war von 2006 bis 2014 Leiter der Abteilung "Ältere Menschen" im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und von 2008 bis 2014 Stiftungsratsvorsitzender der Conterganstiftung für behinderte Menschen. Die öffentlich-rechtliche Conterganstiftung war 1972 mit Mitteln des Bundes und der Firma Grünenthal GmbH gegründet worden. Sie betreut rund 2.700 Betroffene, die heute in der Regel zwischen 55 und 60 Jahre sind.

Reiner Hellwig (51) wird neuer Justiziar des Diakonischen Werks Württemberg. Der Jurist ist Nachfolger von Uwe Rzadkowski, der in den Ruhestand geht. Hellwig war zuletzt Kaufmännischer und Verlegerischer Leiter der Deutschen Bibelgesellschaft. Hellwig tritt seinen Dienst am 1. März 2019 an. Er leitet künftig die Abteilung Justiziariat, Arbeits- und Sozialrecht, in deren Zuständigkeit auch die Rechtsberatung der Diakonie-Sozialstationen gehört. Hellwig berät das Diakonische Werk Württemberg bei Vertragsangelegenheiten und vertritt es in Verhandlungen. Auch rechtliche Anfragen der Mitgliedseinrichtungen werden in seiner Abteilung bearbeitet.

Franz Meurer, Kölner Sozialpfarrer, ist am 7. Januar für sein Engagement für benachteiligte Menschen mit dem Ehrenring des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) ausgezeichnet worden. "Sie haben das Rheinland, vor allem aber Ihre Heimatstadt Köln, durch Ihr menschliches Wirken nachhaltig geprägt", sagte die Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland, Anne Henk-Hollstein (CDU), in ihrer Laudatio auf der Preisverleihung im LVR-Landeshaus in Köln-Deutz. Es ist die höchste Auszeichnung des LVR. Henk-Hollstein sagte, Meurers Engagement sei überaus bedeutsam: "Durch seinen Einsatz - insbesondere für Benachteiligte in unserer Gesellschaft - leistet er einen wertvollen Beitrag zur Erfüllung kommunaler Aufgaben."

Kai Stähler ist als Vorstand der Wichern Diakonie Frankfurt Oder in sein Amt eingeführt worden. Er ist nachfolger von Matthias Kube, der die Leitung des diakonischen Trägers 21 Jahre lang innehatte. Nach seiner Ausbildung in Erziehung und Diakoniewissenschaften zum Rummelsberger Diakon, studierte Stähler berufsbegleitend Soziale Arbeit zum Diplom-Sozialpädagogen und absolvierte ein berufsbegleitendes Masterstudium im Bereich Sozialmanagement. Vorher war er unter anderem bei einer Lebenshilfe-Einrichtung in der Oberpfalz als Mitglied der Geschäftsleitung und als Geschäftsführer eines Evangelischen Einrichtungsverbundes im Fürther Land tätig.

Tobias Fritsche (43), Theologe, hat am 7. Januar seinen Dienst als evangelischer Landesjugendpfarrer in Bayern begonnen. Als Landesjugendpfarrer ist Fritsche auch Dienststellenleiter im Amt für Jugendarbeit (AfJ) mit über 35 Mtarbeitern. Das AfJ versteht sich als Fach- und Servicestelle für die Kinder- und Jugendarbeit der Landeskirche in den Gemeinden, Dekanaten und Verbänden. Zuletzt war Fritsche Pfarrer an der Citykirche St. Lorenz in Nürnberg. Er ist Nachfolger von Hans-Gerd Bauer, der im September an die Ludwig-Maximilian-Universität in München wechselte.

Johanne Büchting, die langjährige Vorsitzende des Vereins "Friedlandhilfe", ist tot. Sie starb am 4. Januar im Alter von 94 Jahren in Einbeck. Büchting engagierte sich seit 1955 im Grenzdurchgangslager Friedland für Kriegsheimkehrer und Spätaussiedler. Zunächst bei der evangelischen Inneren Mission tätig, war sie ab 1969 Schatzmeisterin der Friedlandhilfe und von 1978 bis 2000 deren Vorsitzende. Bis zu ihrem Tod blieb sie Ehrenvorsitzende des Vereins. Seit der Gründung im Jahr 1957 hat der Verein mehr als 60 Millionen Euro verteilt.




sozial-Termine

Veranstaltungen bis Februar



Januar

18.-19.1. Eichstätt:

Tagung "Inklusion und Schulsozialarbeit"

der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt

Tel.: 08421/93-0

21.-23.1. Remagen-Rolandseck:

Seminar "Begleitung von traumatisierten Kindern und Jugendlichen in der Jugendhilfe"

der AWO-Bundesakademie

Tel.: 030/26309416

23.-24.1. Fulda:

Fachtagung "Teilhabe am Arbeitsleben - Mission Impossible?"

der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie

Tel.: 030/284447-822

23.-25.1. Loccum:

Tagung "Beruf 4.0 - Eine Institution im Wandel"

der Evangelischen Akademie Loccum

Tel. 05766/81114

23.-25.1. Nürnberg:

Seminar "Kosten- und Leistungsrechnen in der Sozialwirtschaft"

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 0711/50437999

24.-25.1. Berlin:

Kongress "Pflege 2019"

der Springer Medizin Verlag GmbH

Tel.: 030/82875510

25.1. Berlin:

Symposium "Wege zur Teilhabe und Selbstbestimmung im Pflegeheim"

der BAG Mobile Rehabilitation in Kooperation mit der Diakonie Deutschland

Tel.: 030/65211-0

29.1. Berlin:

Workshop "Medizinische Versorgung für Migranten"

der Diakonie Deutschland

Tel.: Tel.: 030/65211-0

30.-31.1. Paderborn:

Seminar "Eingruppierung nach AVR Caritas"

der IN VIA Akademie

Tel.:05251/290838

31.1. Berlin:

Seminar "Neue Wege in der Personalgewinnung - gewusst wie! Employer Branding, Mobile Recruiting, Online-Kanäle: Was ist sinnvoll und was nicht?"

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/48837388

Februar

6.2. Haan:

Schulung "Kinder vor (sexueller) Gewalt schützen"

des Diözesan-Caritasverbandes für das Erzbistum Köln

Tel.: 0221/2010-273

7.2. Freiburg:

Seminar "Datenschutz in den Diensten und Einrichtungen der Gesundheits- und Altenhilfe"

des Caritasverbandes für die Erzdiözese Freiburg

Tel.: 0761/89740

7.2. Frankfurt a.M.:

Seminar "Die Mitbestimmung des Betriebsrates im Tendenzbetrieb"

der BFS-Service

Tel.: 0221/97356159

19.-20.2. Köln:

Seminar "Gestaltung und Optimierung von Dienst- und Schichtplänen"

der Paritätischen Akademie NRW

Tel.: 0202/2822-247

25.-26.2. Berlin:

Seminar "Bundesteilhabegesetz: Personal- und Vertragsrecht"

der AWO Bundesakademie

Tel.: 030/26309-142

26.-27.2. Frankfurt a.M.:

Seminar "Förderung der Resilienz in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen"

des Paritätischen Bildungswerkes Bundesverband

Tel.: 069/6706-252