sozial-Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,




Dirk Baas
epd-bild/Heike Lyding

was läuft nur schief in der ambulanten Pflege? Wenn Diakonie und AWO in Niedersachsen ganz offen damit drohen, ihre Angebote der häuslichen Pflege einzustellen, muss schon viel im Argen liegen. Das ist auch so. Die Refinanzierung der ambulanten Dienste ist meistens auf Kante genäht. Und das nicht nur in Niedersachsen. Die Krankenkassen stehen am Pranger, denn sie verhindern den Trägern zufolge eine bessere Vergütung ihres Personals. Genau das will aber ein neues Gesetz der Bundesregierung erreichen. Aber es greift offenbar noch ins Leere.

Der epd ist der Frage nachgegangen, welche Bundesländer schon behinderten Menschen die Teilnahme an Wahlen ermöglichen. Das Bild fällt heterogen aus. Aber klar wurde auch: in fast allen Ländern ist der Wahlausschluss Vergangenheit und die Stimmabgabe bei Kommunalwahlen schon beschlossen oder wird vorbereitet - ein gutes Zeichen.

Wenn Politik und Sozialverbände Reformen beurteilen, fällt die Beurteilung meist sehr unterschiedlich aus. Auch bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, die hierzulande seit zehn Jahren gilt, ist das so. Die Kritik der Betroffenen ist nur allzu verständlich. Doch es ist sicher auch nicht falsch, die vielen kleinen Schritte nach vorne zu mehr Inklusion zu bewerten. Also: Es geht voran, langsam zwar, aber stetig.

Im Innenraum der quadratischen Hallenkirche "Heilige Familie" in Oberhausen hängt noch das Altarkreuz. Doch Gottesdienst wird hier schon eine kleine Ewigkeit lang nicht mehr gefeiert. 2007 wurde die 1958 eingeweihte Kirche an die Oberhausener Tafel vermietet. Jetzt ist es eine Tafelkirche. Hier bekommen bedürftige Menschen Lebensmittel. 150 Kunden kommen regelmäßig. Rund 100 Ehrenamtler sind hier aktiv. Eine von ihnen ist Silvia Willershausen.

Dem Bürger mag es egal sein, wer anrückt, wenn er den Rettungsdienst anruft. Doch auf dem Feld der Notdienste, ein umkämpfter Markt, wird mit harten Bandagen gerungen. Jetzt hat der Europäische Gerichtshof ein richtungweisendes Urteil gefällt, das den meist gemeinnützigen Träger von Rettungsdiensten gefallen wird. Die können aufatmen, denn das Gericht entschied, dass eine Kommune seine Rettungsdienstleistungen nicht europaweit ausschreiben muss. Der Kläger, eine private Rettungsdienstfirma, zog den Kürzeren.

Hier geht es zur Gesamtausgabe von epd sozial 13/2019

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Dirk Baas

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sozial-Thema

Ambulante Pflege

"Flächendeckende höhere Vergütungen sucht man vergebens"




Patientin eines ambulanten Pflegedienstes in Bielefeld
epd-bild/Werner Krüper
Die ambulanten Dienste in der Pflege schlagen Alarm: Ihre Arbeit sei bedroht, weil die Kassen ihre Leistungen nicht ausreichend refinanzierten. Proteste dagegen kommen nicht nur aus Niedersachsen. Eigentlich sollte es diese Finanzprobleme gar nicht geben. Doch ein neues Bundesgesetz greift offenbar noch nicht.

Am 9. November 2018 erschien die Welt der ambulanten Krankenpflege in Deutschland erstmals seit langem in rosigem Licht: Der Bundestag hatte das Pflegepersonal-Stärkungs-Gesetz (PpSG) beschlossen. Es sieht vor, dass Kranken- und Pflegekassen die von den Trägern bezahlten Tariflöhne in voller Höhe erstatten. Ein Meilenstein, schwärmten die Fachverbände. Jetzt aber schrillen die Alarmglocken in Niedersachsen. Diakonie und Arbeiterwohlfahrt drohen mit dem Aus ihrer ambulanten Pflegeangebote. Grund: Die Refinanzierung seitens der Kassen sei "völlig realitätsfern". Was läuft da schief?

Das seit Januar geltende Gesetz soll gegen den Pflegenotstand wirken, indem es die Personalausstattung in Heimen und Kliniken verbessert - was dringend nötig ist. "Es tut sich was in der Pflege - mit diesem Signal wollen wir Pflegekräfte in ihrem Berufsalltag unterstützen, neue Pflegekräfte hinzugewinnen und die pflegerische Versorgung der Patienten weiter verbessern", sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im August vergangenen Jahres.

Anfänglicher Optimismus ist verflogen

Die beiden christlichen Pflegeverbände zeigten sich optimistisch, dass ihre ambulanten Dienste finanziell künftig besser über die Runden kommen würden. Bodo de Vries, der Vorsitzende des Deutschen Evangelischen Verbandes für Altenarbeit und Pflege (DEVAP), sprach von einem "wichtigen Tag für die ambulante häusliche Krankenpflege". Jetzt werde die tarifliche Entlohnung endlich refinanziert. Die Kassen dürften aber im Gegenzug nicht an anderen Kosten rumschrauben.

Dass die Umsetzung des Gesetzes in der Praxis nicht wirklich gelingt, zeigt der Fall Niedersachsen. Dort gibt es lediglich 15 Prozent ambulante Pflegedienste, die mit einem Tarifvertrag für ihre Beschäftigten arbeiten und folglich höhere Kosten haben als ihre Konkurrenz. Dazu zählten die Unternehmen des Diakonischen Dienstgeberverbandes Niedersachsen (DDN) und der Arbeiterwohlfahrt (AWO) - und genau die schlagen jetzt Alarm.

Denn sie erreichten keine Einigung über ihre Vergütungen auf dem regulären Verhandlungsweg: Nun müssen die Schlichter eine Regelung finden. Ein erster Termin hat bereits stattgefunden, aber sowohl der DDN als auch der Verband der Ersatzkassen (vdek) wollten sich gegenüber dem epd über den Stand der Verhandlungen mit Rücksicht auf das laufende Verfahren nicht äußern. Anfang April solle es weitere Gespräche geben, hieß es.

Niedersachsen ist bei Vergütungen Schlusslicht

Dass Niedersachsen bundesweit in den Fokus gerät, überrascht nicht: "Die Vergütungen sind hier die geringsten in der gesamten Republik", teilte der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) auf Anfrage mit.

Wie niedrig die Refinanzierung im Vergleich der Bundesländer ausfällt, bleibt aber unklar. "Die Vergütungsvereinbarungen lassen sich nicht einfach vergleichen", heißt es. Das Verfahren sei äußerst schwierig zu verstehen: "Es kommt auf die Leistungskomplexe und die damit verbundenen Punktzahlen, die gegebenenfalls existierenden Stundenvergütungen und entscheidend auf die Punktwerte an. Daneben ist die Höhe der refinanzierten Wegekosten von Bedeutung."

All das muss in Hunderten von Gesprächsrunden zwischen Kranken- und Pflegekassen und Verbänden, zum Teil auch nur mit einzelnen Trägern, in jedem Bundesland und jeweils für private und freigemeinnützige Anbieter separat verhandelt werden - bis hin zur Schlichtung. Die AOK nennt das Verfahren "sehr komplex" und betont, dass einzelne Vergleiche der Refinanzierung von bestimmten Pflegeleistungen zwischen den Bundesländern vor diesem Hintergrund nicht möglich seien.

VDAB attackiert Krankenkassen

Laut dem Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB) verhindern die Krankenkassen in Niedersachsen eine positive Entwicklung der Vergütungen. "Mit der Errichtung bürokratischer Hürden wird es den ambulanten Pflegediensten nahezu unmöglich gemacht, ihr Pflegepersonal besser zu entlohnen", sagte Petra Schülke, die Stellvertretende Bundesvorsitzende.

Zwar dürften dank des Pflegepersonal-Stärkungs-Gesetzes die Kassen die Refinanzierung von Lohnsteigerungen nicht mehr als unwirtschaftlich ablehnen. "Flächendeckende Vergütungssteigerungen sucht man aber vergebens", rügte Schülke. Höhere Vergütungen könnten nicht durchgesetzt werden, weil die Krankenkassen immer neue bürokratische Hürden errichteten. "Die Aufforderung, Lohnjournale und einzelne Gehaltsabrechnungen offenzulegen, widerspricht jeglichem Recht auf den Schutz persönlicher Daten."

"Gesetz nicht zu Ende gedacht"

Die Verbandschefin wirft der Bundesregierung vor, ihr Gesetz nicht bis zu Ende gedacht zu haben: "Nach dem Vorbild der Finanzierung von Pflegepersonal in Krankenhäusern hätte im PpSG auch die Refinanzierung von Gehältern bis zur Höhe tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen ohne Nachweise und Prüfung der Wirtschaftlichkeit für die ambulante Pflege eingeführt werden müssen."

Der Verband der Ersatzkassen in Niedersachsen (vdek) wies die Kritik der Wohlfahrtsverbände umgehend zurück. Er warf Diakonie und AWO vor, "mit den Ängsten der Menschen zu spielen, um eigene finanzielle Interessen durchzusetzen". Allein zwischen 2013 und 2018 seien ihre Zuweisungen laut vdek um 14,3 Prozent gestiegen. Dabei sei die Tarifentwicklung ausdrücklich berücksichtigt worden.

Das lässt der VDAB jedoch nicht gelten: Er verweist auf die kumulierten Personalkosten der Arbeitgeber inklusive einem Arbeitgeberanteil von 25 Prozent für Sozialversicherungsbeiträge. Vergleiche man diese Daten mit der Entwicklung der Vergütungen in der häuslichen Pflege, dann ergebe sich folgendes Bild: Die Personalkosten stiegen von 2004 bis 2015 um 34,07 Prozent, die Vergütungen um 16,16 Prozent. Die Differenz beträgt 17,91 Prozent.

Forscher bestätigt knappe Kalkulationen

Klaus Wingenfeld, Geschäftsführer des Instituts für Pflegewissenschaft an der Universität Bielefeld, bestätigt, dass die Vergütungen für die ambulante Pflege im Bereich der Pflegeversicherung "in manchen Bundesländern sehr knapp kalkuliert sind". In manchen Bundesländern zeigten die Kostenträger wenig Kompromissbereitschaft in Vergütungsfragen. "Auch bei den Wegekosten gibt es oft knappe Kalkulationen", betonte der Forscher.

Er verwies aber auch auf sehr unterschiedliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen der verschiedenen Pflegeanbieter. Manche hätten aufgrund ihrer Mitarbeiterstruktur und der für sie geltenden tariflichen Regelungen ernstzunehmende finanzielle Schwierigkeiten - mehr als andere. "Dazu gehören auch Dienste der Diakonie und Arbeiterwohlfahrt." Viele ältere Mitarbeiter bedeuteten zudem auch hohe Gehälter.

Dazu komme für manche Träger die Auswirkung der Fachkraftquote, die, wenn sie hoch ist, eben auch hohe Personalkosten nach sich ziehe. "Diese Ausgaben sind oft nur dann zu refinanzieren, wenn genügend 'Aufträge' aus dem Bereich der Krankenversicherung vorhanden sind."

Diakonie: Dienste sind längst am Limit

Christian Heine-Göttelmann, Theologischer Vorstand der Diakonie RWL, sagte dem epd, auch in Nordrhein-Westfalen arbeite die ambulante Pflege längst am Limit. Das habe eine Umfrage der Wohlfahrtspflege im Herbst 2018 bei ihren Verbänden und Diensten ergeben. "Im Durchschnitt mussten von jedem Dienst 10,5 Absagen pro Monat ausgesprochen werden", sagte der Theologe. Das seien insgesamt etwa 9.000 Absagen monatlich gegenüber Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind.

Um die ambulante Pflege zu stärken, müsse der Gesetzgeber weiter Druck machen, forderte Heine-Göttelmann: "Überall müssen vergleichbare, gute Entgelte gezahlt werden. Die ambulante Pflege muss durch Pflegekassen und Krankenkassen besser finanziert werden."

Dirk Baas


Ambulante Pflege

Verband: Sind von der Lohnentwicklung abgehängt



Die Entwicklung der Löhne und Gehälter für Pflegekräfte in ambulanten Pflegediensten in Niedersachsen ist nach Angaben des Verbandes Deutscher Alten-und Behindertenhilfe (VDAB) seit Jahren von der allgemeinen Lohnentwicklung in Deutschland abgekoppelt. "Ursache dafür ist die unzureichende Entwicklung der Vergütungen für die Pflegedienste", heißt es beim Dachverband. Der vertritt die Interessen der privaten Unternehmen in der Pflege.

Fakt ist: Pflegedienste können Mitarbeitern nur höhere Löhne zahlen, wenn sie die dafür notwendigen Finanzmittel auch erwirtschaften. Das aber ist oft kaum möglich, denn laut VDAB machen im Schnitt 70 bis 89 Prozent ihrer Umsätze die von den Kranken- und Pflegekassen bezahlten Leistungen aus.

Vergütungen hinken hinterher

In Niedersachsen sei jedoch die Schere zwischen der bundesweiten Lohnentwicklung und den Vergütungen in der Häuslichen Krankenpflege immer größer geworden. Der Verband rechnet vor: Während im Zeitraum von 2004 bis 2015 die Bruttolöhne in Deutschland um 26,52 Prozent stiegen, erhöhten sich die Vergütungen in der Häuslichen Krankenpflege in Niedersachsen nur um 16,16 Prozent. Die Differenz zwischen den beiden Polen summierte sich im genannten Zeitraum auf 10,36 Prozent.

Als Ursache für diese steigende Diskrepanz macht der VDAB die Orientierung der Höhe der Vergütungen an der sogenannten Grundlohnsummenentwicklung aus. Und diese "rein statistische Größe" bilde eben nicht die reale Lohnentwicklung im Land wider. Die Grundlohnsumme ist die bundesweite Gesamtbetrag von Entgelten, auf den Krankenversicherungsbeiträge erhoben werden. "Alle anderen Lohnbestandteile wie etwa Sonderzahlungen und auch die bezüge von Beamten fließen hier gar nicht ein", erläuterte ein VDAB-Sprecher. Dazu komme die Tatsache, dass auch all jene Entgelte jenseits der Beitragsbemessungsgrenze in der Grundlohnsumme nicht berücksichtigt werden.

Grundlohnsumme als Problem

"Die Heranziehung der Grundlohnsummenentwicklung bei der Vergütungsfestsetzung führt somit systematisch zur Abkoppelung der Löhne in den ambulanten Pflegediensten von der allgemeinen Lohnentwicklung", beklagt der Dachverband. Dazu komme, dass sich die ambulante Pflege ohnehin auf einem vergleichsweise niedrigen Lohnniveau bewege. Wenn dann immer nur die Steigerungen gemäß der Grundlohnsumme von den Kassen erstattet werden, "können viele Dienste ihren Beschäftigten einfach keine höheren Löhne zahlen", sagte der Sprecher.

Noch deutlich werde das Dilemma, wenn man die kumulierten Personalkosten der Arbeitgeber inklusive einem Arbeitgeberanteil von 25 Prozent für Sozialversicherungsbeiträge im Vergleich zur Entwicklung der Vergütungen in der Häuslichen Krankenpflege sieht: Die Personalkosten stiegen von 2004 bis 2015 um 34,07 Prozent, die Vergütungen um 16,16 Prozent. Die Differenz beträgt 17,91 Prozent.



Ambulante Pflege

Die Branche in Zahlen



Die Zahl der ambulanten Pflegedienste in Deutschland betrug 2015 laut dem aktuellen Barmer Pflegereport rund 13.300. Davon waren knapp 8.700 Anbieter (65,1 Prozent) in privater Hand. Etwa 4.500 (33,5 Prozent) Dienste waren in freigemeinnütziger und 192 (1,4 Prozent) in öffentlicher Trägerschaft. 2015 waren insgesamt rund 355.600 Menschen in der ambulanten Pflege beschäftigt.

Betrachtet man hingegen die Zahl der versorgten Pflegebedürftigen, dann dominieren die privaten Pflegedienste nur noch leicht: 50,6 Prozent der zu Hause betreuten Personen werden von privaten Anbietern versorgt, während 49,4 Prozent von freigemeinnützigen oder öffentlichen Diensten betreut werden.

Trägerschaft variiert je nach Land

Allerdings variiert die Trägerschaft je nach Bundesland. Während in Berlin (78,8 Prozent) und Hamburg (76,6 Prozent) mehr als drei Viertel der Pflegedienste in privat geführt werden, sind es in Baden-Württemberg "nur" rund die Hälfte (52,0 Prozent). Die Anteile der Pflegedienste in freigemeinnütziger Trägerschaft sind in Baden-Württemberg (44,2 Prozent), Thüringen (40,0 Prozent) und Bayern (39,7 Prozent) am höchsten und dabei fast doppelt so hoch wie in Hamburg (22,2 Prozent).

Im Vergleich zum Jahr 2007 hat sich die Trägerstruktur bis zum Jahr 2015 moderat zugunsten der privaten Träger verschoben. Damit setzt sich ein klarer langfristiger Trend fort: Während die Zahl der Pflegedienste in privater Trägerschaft von 1999, dem ersten Jahr, in dem die Pflegestatistik erhoben wurde, bis 2015 um 57 Prozent zugenommen hat, ist die Zahl der freigemeinnützigen Pflegedienste um 13 Prozent zurückgegangen.

Dazu Thomas Knieling, der Bundesgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB): "Die Bedeutung der privaten ambulanten Pflege hat weiter zugenommen. Gegenüber 2015 wurden insgesamt 20 Prozent mehr Pflegebedürftige ambulant versorgt."




sozial-Politik

Behinderung

Wahlrecht für Menschen mit Handicap in fast allen Bundesländern




In fast allen Ländern können bald behinderte Menschen ohne Ausnahme wählen und dabei auch die Briefwahl nutzen.
epd-bild/Hanno Gutmann
Bei der Europawahl im Mai können nicht alle Behinderten ihre Stimmen abgeben, weil die jüngste Reform noch nicht gilt. Wählen dürfen aber viele von ihnen schon, nämlich bei den Landtags- und den Kommunalwahlen. Einige Landtage haben das schon vor längerer Zeit geregelt.

In fast jedem Bundesland dürfen alle Menschen mit Behinderungen künftig oder bereits wählen gehen. Während entsprechende Gesetze in fünf Ländern bereits seit längerem gelten, einigten sich im März drei weitere Landtage auf ein inklusives Wahlrecht, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) ergab. Die Landtage fünf weiterer Bundesländer beraten derzeit Gesetzesentwürfe zum Wahlrecht für Behinderte, die dauerhaft voll betreut werden. Einzig aus dem Saarland lag keine Antwort des zuständigen Ministeriums vor.

Der Bundestag hatte Mitte März beschlossen, dass künftig auch behinderte Menschen mit Vollbetreuung wählen und für eine Wahl kandidieren dürfen. Gleiches gilt für schuldunfähige, psychisch kranke Straftäter, die im Maßregelvollzug untergebracht sind. Die Reform tritt allerdings erst zum 1. Juli in Kraft und ist damit zur Europawahl Ende Mai noch nicht wirksam.

Bundesverfassungsgericht machte Druck

Mit der Gesetzesnovelle wird ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt, das in diesem Jahr entschieden hatte, dass Behinderte nicht von Wahlen ausgeschlossen werden dürfen.

Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein änderten ihre Kommunal- und Landeswahlgesetze bereits 2016 und waren damit Vorreiter unter den Bundesländern. Dieses Jahr zum ersten Mal wählen dürfen bislang von der Wahl ausgeschlossene Menschen in Brandenburg, Bremen und Hamburg. Dort finden im Mai die Kommunalwahl, die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft beziehungsweise die Wahl zu den Bezirksversammlungen statt.

Künftig wird in diesen Ländern von den Wahlen nur noch ausgeschlossen, wer durch einen Richterspruch kein Wahlrecht mehr besitzt. In Bremen dürfen so 57 Menschen mehr ihre Stimme geben, in Hamburg sind es rund 230. Für Brandenburg liegen keine Daten vor.

Gesetzesänderungen schon gebilligt

Auch die Landtage von Niedersachsen und Rheinland-Pfalz billigten Ende März entsprechende Gesetzesänderungen. In beiden Ländern geht man davon aus, dass die Reformen rechtzeitig zu den anstehenden Wahlen im Mai in Kraft treten. Während die Regelungen in Niedersachen sowohl für Kommunal- und Landtagswahlen gelten, wurde in Rheinland-Pfalz zunächst nur eine Änderung im Kommunalwahlgesetz beschlossen. Das Landeswahlgesetz soll jedoch noch rechtzeitig zur nächsten Wahl im Jahr 2021 angepasst werden.

Rund 8.000 Menschen in Niedersachsen dürfen durch die neue Regelung bei den Direktwahlen von Bürgermeistern und Landräten im Mai zum ersten Mal ihre Stimmen abgeben. In Rheinland-Pfalz können durch die Änderungen rund 2.200 Personen das erste ihre Kreuze auf dem Wahlzettel machen.

Anfang März beschloss das Abgeordnetenhaus in Berlin eine Änderung des Landeswahlgesetzes, die voraussichtlich im April rechtskräftig wird. Etwa 700 bislang von der Wahl ausgeschlossenen Menschen erhalten dadurch das Recht zu wählen.

Sachsen-Anhalt peilt Änderung für Landtagswahl an

Auch in Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen-Anhalt könnten bald alle Menschen mit Behinderung wählen gehen - entsprechende Gesetzesentwürfe werden derzeit beraten. Beschließen die Landtage die Änderungen, sollen sie bereits bei den Kommunalwahlen im Mai wählen dürfen. In Sachsen-Anhalt betrifft der Entwurf nur das Kommunalwahlrecht, eine Änderung vor der nächsten Landtagswahl 2021 ist möglich.

Falls es zur Reform kommt dürfen rund 6.000 bislang von den Wahlen ausgeschlossene Baden-Württemberger im Mai zum ersten Mal wählen gehen. In Sachsen-Anhalt würden von der Änderung etwa 2.500 Menschen profitieren, in Thüringen rund 860. Aus Mecklenburg-Vorpommern liegen keine Zahlen vor.

Auch Bayern bereitet sich auf eine Änderung des Wahlrechts vor, die Regierung hat aber noch kein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet. Mögliche Änderungen sollen dann für die Kommunalwahl im Mai kommenden Jahres gelten - sie würden etwa 20.000 Menschen ermöglichen, zum ersten Mal ihre Stimme abzugeben.

Sachsen schafft Kommunalwahl im Mai wohl nicht

In Sachsen sollen in Zukunft ebenfalls alle Behinderten wählen dürfen. Ein Inklusionsgesetz, das unter anderem das Wahlrecht vorsieht, war erst vor kurzem in den sächsischen Landtag eingebracht worden und soll voraussichtlich im Juli beschlossen werden. Die Regelung wird daher wahrscheinlich nicht zu den Kommunalwahlen im Mai gelten, könnte jedoch bei den Landtagswahlen am 1. September greifen. Profitieren würden rund 4.000 Menschen.

In Hessen, wo derzeit etwa 7.100 Menschen von den Wahlen ausgeschlossen sind, gibt es bislang noch keine konkreten Pläne zur Änderung des Wahlrechts. Im neuen Koalitionsvertrag von CDU und Grünen ist allerdings eine Überprüfung des Ausschlusses von Behinderten mit Vollbetreuung afestgelegt. Im Juni vergangenen Jahres hatte der Landtag noch einen Antrag der Linken auf uneingeschränktes Wahlrecht für die Betroffenen abgelehnt.

Wie Behinderte generell bei den Wahlen unterstützt werden, ist von Land zu Land unterschiedlich. Eine besondere Schulung der Wahlhelfer gibt es etwa in Berlin und Bremen. Informationen in sogenannter leichter Sprache werden in fast jedem Bundesland verteilt: Unter anderem in Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen. Wahlschablonen für Blinde und Sehbehinderte werden etwa in Brandenburg und Thüringen ausgegeben.

Lynn Osselmann


Behinderung

Heil: Rechtsfortschritte müssen noch in der Realität ankommen




Vorbildlich: inklusiver "Lauftreff für alle" in Rheinland-Pfalz
epd-bild/Andrea Enderlein
Vor zehn Jahren hat sich Deutschland verpflichtet, behinderten Menschen dieselben Chancen und Möglichkeiten zu garantieren wie allen anderen. Minister Heil würdigt Rechtsfortschritte. Der Behindertenbeauftragte vergibt nur mittelmäßige Noten.

Zum zehnten Jahrestag des Inkrafttretens der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) die rechtlichen Fortschritte gewürdigt. Sie müssten aber noch in der Realität ankommen, sagte Heil bei einem Festakt am 26. März in Berlin: "Wir haben noch einen weiten Weg vor uns."

Barrierefreiheit müsse auch bei der Digitalisierung umgesetzt werden, sagte Heil. Wenn private Anbieter hier keine Fortschritte machten, müsse man auch auf europäischer Ebene über verpflichtende Regelungen reden. Heil kündigte außerdem ein Programm für Barrierefreiheit in ländlichen Räumen an.

Auch bei der Inklusion im Arbeitsmarkt müsse man vorankommen, sagte Heil. Es könne nicht dabei bleiben, dass immer noch viele Betriebe, die dazu verpflichtet seien, keine Menschen mit Behinderungen einstellen. Wenn Gespräche nicht weiterführten, werde er die Erhöhung der Ausgleichsabgabe für solche Betriebe auf die Tagesordnung setzen, sagte Heil.

Dusel vergibt nur mittelmäßige Note

Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, zog hingegen eine überwiegend kritische Bilanz der vergangenen zehn Jahre. Er sagte, er gebe Deutschland nur die Note "befriedigend bis ausreichend". Kritik kam auch von den Grünen und Sozialverbänden.

Ziel der UN-Konvention, zu deren Umsetzung sich Deutschland verpflichtet hat, ist eine selbstbestimmte und umfassende Teilhabe behinderter Menschen am öffentlichen und privaten Leben unter dem Stichwort "Inklusion". Die Themen sind etwa Barrierefreiheit im Wohnungsbau, im öffentlichen Raum und im Internet, gemeinsamer Schulbesuch oder mehr reguläre Jobs für Menschen mit Behinderungen. Barrierefreiheit im Wohnungsbau müsse wie Brandschutz zum Standard werden. Jedes Kino und Café, das nicht barrierefrei ist, schließe Menschen aus, sagte Dusel.

Er erklärte am Beispiel des Arbeitsmarktes, einerseits seien mit 1,2 Millionen so viele schwerbehinderte Menschen in einem regulären Job beschäftigt wie nie zuvor. Andererseits seien behinderte Menschen weiterhin deutlich häufiger und länger arbeitslos als Menschen ohne Einschränkungen. Ein Viertel aller Arbeitgeber, die dazu verpflichtet seien, habe niemanden mit einer Behinderung eingestellt, sondern zahle die Ausgleichsabgabe. "Das ist inakzeptabel", kritisierte der Beauftragte der Bundesregierung und forderte schärfere Regelungen.

Grüne gegen Mehrkosten-Vorbehalt

Die Grünen forderten anlässlich des Jahrestages die Abschaffung des sogenannten Mehrkosten-Vorbehalts, der in vielen Fällen die Finanzierung selbstständigen Wohnens für behinderte Menschen verhindert. Die Regelung zwinge die Menschen in Heime, sagte die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Der UN-Konvention zufolge darf niemand gezwungen werden, gegen seinen Willen in einer besonderen Wohnform zu leben.

"Am zehnten Jahrestag der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention zeigt sich, dass auch in der Bundesrepublik noch immer erhebliche Benachteiligungen und Barrieren für Menschen mit Behinderungen bestehen", erklärt Sören Pellmann, Sprecher der Links-Fraktion Inklusion und Teilhabe. Zwar hätten sich in den letzten zehn Jahren auch einige Dinge in eine bessere Richtung entwickelt. "Es wird aber auch ein Vorgehen auf Bundesebene deutlich, welches unerträglich ist und nichts mit Inklusion zu tun hat", rügte der Abgeordnete.

Nach einer Infas-Untersuchung im Auftrag von "Aktion Mensch" und der Wochenzeitung "Die Zeit" wollen 85 Prozent der Bundesbürger, dass Menschen mit und ohne Behinderung gleichberechtigt zusammenleben. Dafür dass Kinder mit und ohne Beeinträchtigung zusammen aufwachsen, sprachen sich 94 Prozent aus - aber nur 66 Prozent wollen, dass die Kinder auch gemeinsam unterrichtet werden.

Bettina Markmeyer


Behinderung

Menschenrechtsinstitut: Inklusive Bildung ist noch lange nicht erreicht




Gelebte Inklusion: Gian Luca Kahle (19), ein junger Mann mit Down-Syndrom, arbeitet als Bundesfreiwilliger (Archivbild).
epd-bild/Dieter Sell
Das UN-Übereinkommen zur besseren Förderung von Meschen mit Behinderungen trat vor zehn Jahren in Deutschland in Kraft. Anders als die Politik ziehen die meisten Verbände eine eher zurückhaltende Bilanz. Auch die Entwicklungshilfe meldete sich zu Wort.

Die UN-Behindertenrechtskonvention war in Deutschland am 26. März 2009 in Kraft getreten. Die Bundesrepublik hat sich damit verpflichtet, das "Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen" umzusetzen. Kernziel ist die vieldiskutierte Inklusion. Sozial- und Behindertenverbände zogen zum Jahrestag eine durchwachsene Bilanz der in den vergangenen zehn Jahren erfolgten Reformen. Bei der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe komme "nur eingeschränkte Feierlaune auf", sagte Geschäftsführer Martin Danner dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es seien zwar Schritte in die richtige Richtung erkennbar, zum Beispiel mit dem Bundesteilhabegesetz, sagte Danner.

Doch die Liste der Lebensbereiche, in denen noch Handlungsbedarf besteht, sei lang, betonte der Fachmann. Er nannte die Felder Bildung und Ausbildung, Teilhabe am Arbeitsleben und auch die Barrierefreiheit, zu der auch private Unternehmen verpflichtet werden müssten. "Dazu kommt auch Nachholbedarf etwa beim Gewaltschutz, der Rehabilitation, beim Diskriminierungsschutz und auf dem Feld der Selbstbestimmung."

Diakonie: Sind lange noch nicht am Ziel

Auch die Sozialverbände sahen skeptisch auf den Jahrestag. Diakonie-Vorstand Maria Loheide sagte: "Eine inklusive Gesellschaft haben wir noch lange nicht." Besonders in den Schulen, in der Ausbildung und in der Kinder- und Jugendhilfe sei zu wenig erreicht worden.

Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, erneuerte die zentrale Forderung ihres Verbandes, private wie öffentliche Anbieter von Waren und Dienstleistungen zur Barrierefreiheit zu verpflichten. Nur zehn Prozent aller Hausarztpraxen etwa seien für alle zugänglich, kritisierte sie. Ähnlich äußerte sich der AWO-Bundesverband. "Menschen mit Behinderungen sehen sich tagtäglich mit kaum zu überwindenden Hindernissen konfrontiert", bilanzierte Vorstandsmitglied Brigitte Döcker.

Gewerkschaften werben für inklusive Schule

Die Bilanz des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nach zehn Jahren Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) in der Bildung fällt ebenfalls ernüchternd aus. "Zwar haben einige Bundesländer Anstrengungen unternommen, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Unter dem Strich ist die UN-BRK im Bildungsbereich aber zu zögerlich und ohne großen Elan umgesetzt worden", sagte Ilka Hoffmann, GEW-Vorstandsmitglied für Schule. Aktuell erlebe man Stillstand und in einigen Ländern sogar einen Rückwärtsgang statt Weiterentwicklung.

Die stellvertretende DGB-Chefin Elke Hannack sagte, in den Schulen fehle Personal, so dass die individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen oft auf der Strecke bleibe. "So produziert unser Bildungssystem weiter unnötig Bildungsverlierer." Auch Kinder früh -auf Förderschulen zu schicken, hält Hannack für schädlich.

Auch Hoffmann machte deutlich, dass es zu wenig Bereitschaft gebe, mehr Geld zu investieren und in allen Bundesländern Strukturveränderungen anzupacken. Perspektivisch müssten die Sondereinrichtungen für Menschen mit Behinderungen überwunden werden. In manchen Bundesländern seien selbst zögerliche Ansätze, die UN-BRK umzusetzen, nach Regierungswechseln wieder zurückgenommen worden. "In Nordrhein-Westfalen, Niedersachen und Baden-Württemberg wird jetzt sogar der Rückwärtsgang eingelegt." Das sei ein Armutszeugnis.

Der Leiter der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Valentin Aichele, kritisierte, dass der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderungen in Deutschland immer noch nicht die Regel sei. "Die Politik muss endlich die Rahmenbedingungen für eine qualitativ hochwertige inklusive Bildung schaffen."

"Pakt für Inklusion" gefordert

Mit einem "Pakt für Inklusion" könnte der Bund die Länder langfristig beim Aufbau der inklusiven Schule unterstützen, sagte Aichele. Es sei deren Aufgabe, Gesamtkonzepte zum Aufbau eines inklusiven Schulsystems auszuarbeiten, die konkrete Maßnahmen und zeitliche Vorgaben enthalten. Das bedeutet auch, personelle wie finanzielle Ressourcen umzuschichten.

Der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke, Tobias Schmidt, sagte, der Weg zur inklusiven Gesellschaft sei trotz vieler Fortschritte noch weit. "Berufliche Bildung und Ausbildung sind für viele Menschen weiterhin keine Selbstverständlichkeit."

So habe nicht jeder, der eine oder mehrere Teilhabeeinschränkungen vorweisen könne, auch einen Reha-Status. Viele junge Menschen litten an psychischen Problemen, Suchterkrankungen oder sozialen Benachteiligungen, die nicht immer als Behinderung anerkannt werden. "Gerade für diese Jugendlichen ist es aber wichtig, jemanden zu haben, der sie begleitet, ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen."

Ruf nach inklusiver Entwicklungshilfe

Auch Entwicklungshilfeorganisationen warben für mehr Unterstützung für Behinderte in Entwicklungsländern. "Inklusive Entwicklungspolitik muss zum Standard werden", teilte der Bundesverband entwicklungspolitischer und humanitärer Nichtregierungsorganisationen, Venro, in Berlin mit. Die Konvention müsse auch in der Entwicklungszusammenarbeit konsequent umgesetzt werden.

"Frauen, Männer und Kinder mit Behinderungen profitieren derzeit zu wenig von der Entwicklungszusammenarbeit", erklärte Bernd Bornhorst, Vorstandsvorsitzender von Venro. Menschen mit Behinderungen machten rund 15 Prozent der Weltbevölkerung aus, hieß es weiter. "Das ist fast jeder siebte Mensch." 80 Prozent von ihnen lebten in Armut.

Jana-Sophie Brüntjen, Dirk Baas


Behinderung

BAG-Selbsthilfe: Bei der Teilhabe nicht viel Grund zum Feiern



Das Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland jährte sich am 26. März zum zehnten Mal. Die Sozial- und Behindertenverbände ziehen eine durchwachsene Bilanz der bisher erfolgten Reformen. Bei der BAG-Selbsthilfe komme "nur eingeschränkte Feierlaune auf", sagte Geschäftsführer Martin Danner im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Fragen stellte Dirk Baas.

epd: Wo steht das Land nach zehn Jahren verschiedenster Reformen im Behinderten- und Sozialrecht?

Martin Danner: Es sind Schritte in die richtige Richtung erkennbar, zum Beispiel mit dem Bundesteilhabegesetz. Doch die Liste der Lebensbereiche, in denen noch Handlungsbedarf besteht, ist lang. Zu nennen sind die Felder Bildung und Ausbildung, Teilhabe am Arbeitsleben und auch die Barrierefreiheit, zu der auch private Unternehmen verpflichtet werden müssen. Dazu kommt auch Nachholbedarf etwa beim Gewaltschutz, der Rehabilitation, beim Diskriminierungsschutz und auf dem Feld der Selbstbestimmung. Bei uns als Dachverband kommt zum zehnjährigen Jubiläum des Inkrafttretens der UN-Behindertenrechtskonvention nur eingeschränkte Feierlaune auf.

epd: Welche bereits erreichten Meilensteine würden Sie benennen?

Danner: Als Meilensteine lassen sich die bisherigen Maßnahmen wohl nicht bezeichnen. Viele Einzelregelungen sind beschlossen worden, hinzu kommen verschiedene Gesetzespakete wie die Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes. Positiv zu erwähnen ist auch die regelmäßige Förderung von Programmen, Projekten und Institutionen zur besseren Beratung von Menschen mit einer Behinderung. Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch auf, dass die Inhalte regelmäßig unzulänglich und zuweilen nur bedingt verbindlich sind.

epd: Wie ließe sich der Einfluss der Selbsthilfe auf das Reformtempo erhöhen?

Danner: Mit der gesetzlich verankerten Förderung der Selbsthilfe wird diese überhaupt erst in die Lage versetzt, als Interessenvertretung auch Einfluss auf Gesetzesprojekte zu nehmen. Die Vielfalt der Selbsthilfe, die mehrere Millionen Menschen vertritt, hat durchaus eine politische Schlagkraft. Das ist den politisch Verantwortlichen auch bewusst. Für viele Organisationen ist aber dennoch die Finanzierungsfrage der entscheidende Punkt. Ohne genügend Geld lässt es sich nun mal nicht arbeiten. Deshalb wäre für viele Verbände eine dauerhafte und verbindliche institutionelle Förderung mehr als hilfreich.

Dirk Baas


Bundesregierung

Spahn für Impfpflicht gegen Masern in Kitas und Schulen




Der Streit über eine Impfpflicht gegen Masern dauert an.
epd-bild / Gustavo Alàbiso
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) befürwortet eine Impfpflicht gegen Masern für Kinder im Kita- und Schulalter. Doch in seiner Partei gibt es auch Widerstand dagegen. Laut Robert Koch Institut ist in Deutschland keine auffällige Zunahme von Erkrankungen zu verzeichnen.

Beim Besuch von Kitas, Schulen oder Gesundheitseinrichtungen "geht es nicht nur um eine alleinige Entscheidung für das eigene Kind", sagte Spahn am 26. März nach einem Austausch mit der nordrhein-westfälischen CDU-Landtagsfraktion in Düsseldorf. Dann gehe es auch um die Frage, ob andere Kinder gefährdet würden. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, Karin Maag (CDU), lehnte eine Impfpflicht dagegen ab.

Spahn sagte, bisherige Informationskampagnen hätten nicht zu einer spürbaren Verbesserung geführt. Es gebe derweil parteiübergreifend und auch aus den Bundesländern vermehrt Stimmen, "die sagen, nach allem, was wir bisher erfolglos probiert haben, ist die Impfpflicht eigentlich die richtige Antwort. Ich jedenfalls bin grundsätzlich offen dafür", sagte der Gesundheitsminister. In der Koalition solle das Thema in der kommenden Woche besprochen werden.

Maag: Es fehlen Erkenntnisse über Impfpflicht

Maag wies indes "undifferenzierte Forderungen nach einer Impfpflicht" gegen Masern zurück. "Da will ich nicht mitmachen", sagte Maag dem Evangelischen Pressedienst (epd). In ihrer Fraktion gebe es noch keine einheitliche Haltung zu dem Thema, räumte die Gesundheitspolitikerin ein. Sie verwies darauf, dass es an Erkenntnissen über die Vorteile von Pflichtimpfungen, wie sie in Italien und Frankreich eingeführt worden sind, mangele.

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Karl Lauterbach hatte Anfang März erneut eine Debatte über Pflichtimpfungen gegen Masern angestoßen. Anlass war eine Warnung der Weltgesundheitsorganisation, die eine mangelnde Impfbereitschaft zu den gegenwärtig weltweit größten Gesundheitsrisiken gezählt hatte. Dem Deutschlandfunk sagte Lauterbach, er sei zuversichtlich, dass die Koalition einen Vorschlag zur Einführung einer Impfpflicht gegen Masern vorlegen werde. Zugleich räumte er ein, dass eine Pflicht verfassungsrechtlich nicht unbedenklich sei.

Bundesweit aktuell 170 Erkrankungen

Nach Angaben des Robert Koch Instituts (RKI) ist in Deutschland keine auffällige Zunahme von Erkrankungen zu verzeichnen. Die Impfungen von Kleinkindern könnten aber verbessert werden, und bei Erwachsenen gebe es Impf-Lücken, bestätigte das Institut.

Das RKI hat bis Anfang März dieses Jahres bundesweit 170 Masernerkrankungen registriert. Das liege "im mittleren Bereich" der vergangenen 15 Jahre, erklärte eine RKI-Sprecherin. Von einem Trend zur Zunahme könne man nicht sprechen. Die Zahlen schwankten von Jahr zu Jahr stark. 2018 erkrankten 543 Menschen, 2017 waren es 929, im Jahr 2016 hatten 325 Menschen Masern, 2015 waren es 2.465. Ähnlich hoch war die Zahl 2006, im Jahr 2012 erkrankten beispielsweise nur 165 Personen.

Sicherheit nur bei Quote von 95 Prozent

Eine Impfquote von mindestens 95 Prozent gilt als sicherer Schutz für eine Bevölkerung. Schulanfänger in Deutschland haben zu 97 Prozent die erste Masernimpfung, die zweite Impfung zu 93 Prozent. Bei acht Prozent der Kinder ist der Impfstatus unbekannt, weil ihre Eltern den Impfausweis nicht vorgelegt haben.

Die zweite Masernimpfung, die bis zum Ende des zweiten Lebensjahres erfolgen sollte, wird häufig erst später gemacht. Den Angaben des RKI zufolge haben im Bundesdurchschnitt nur 74 Prozent der Zweijährigen den vollen Schutz. Entscheidend seien aber die großen Impf-Lücken bei jungen Erwachsenen, sagte die RKI-Sprecherin. Bis Anfang der 1990er Jahre sei nur einmal gegen Masern geimpft worden. Die zweite Impfung nachzuholen, sei gerade bei dieser Gruppe schwierig.

Bettina Markmeyer


Bundesregierung

Sozialministerium will Leistungen für Asylbewerber kürzen



Das Bundesarbeitsministerium plant eine Kürzung der Leistungen für Asylbewerber. Das sieht eine Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes vor. Für Kinder im Schulalter soll es jedoch mehr Geld geben. Kritik kommt von der Opposition.

Wie am 27. März aus dem Ressort von Minister Hubertus Heil (SPD) verlautete, sollen die monatlichen Zuwendungen für alleinstehende Asylbewerber künftig 344 Euro betragen, zehn Euro weniger als aktuell. Für Kinder im Schulalter sollen die Leistungen im Zuge der geplanten Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes dagegen steigen. Zudem soll ein Ehrenamts-Freibetrag eingeführt werden. Linke und Grüne und der Paritätische lehnten das Vorhaben ab.

Flüchtlinge, die Asylbewerberleistungen beziehen und sich ehrenamtlich engagieren, könnten bis zu 200 Euro der sogenannten Ehrenamtspauschale behalten, die es in vielen Vereinen für freiwilliges Engagement gibt, so das Ministerium. "Dies unterstützt die Integration", sagte der Staatssekretär im Bundessozialministerium, Rolf Schmachtenberg, in Berlin. Er bestätigte, dass die Reform der Asylbewerberleistungen geplant ist.

Die neuen Leistungen sollen nach Plänen des Ministeriums von kommendem Jahr an gelten. Seit dem 26. März ist der Entwurf demnach in der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung.

Unter dem Strich kommt es meist zu einer Kürzung

Die Reform sieht vor, dass die Leistungen für den "notwendigen Bedarf" an Lebensmitteln und Kleidung sinken und die für den "notwendigen persönlichen Bedarf" etwa an Hygieneartikeln etwas steigen. In der Summe bleibt für meisten Gruppen eine Kürzung: Paare oder in Sammelunterkünften untergebrachte Asylbewerber sollen künftig pro Person 310 Euro bekommen. Derzeit sind es 318 Euro.

Für jüngere Kinder und Jugendliche ab 13 Jahren bleibt der Leistungssatz den Plänen zufolge auf dem aktuellen Niveau. Für Kinder zwischen sechs und 13 Jahren sollen die monatlichen Leistungen von aktuell 242 auf 268 Euro steigen. Nach Angaben Schmachtenbergs ist die Reform für den Staatshaushalt kostenneutral.

Ende 2017 bezogen nach Angaben des Statistischen Bundesamts 469.000 Menschen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Dies war ein Rückgang von fast 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch danach ist die Zahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge weiter gesunken.

Die Leistungen liegen unter dem Niveau der Grundsicherung in Deutschland und werden für Asylbewerber für die ersten 15 Monate in Deutschland gezahlt. Letztmalig wurden die Sätze 2015 angehoben, nachdem das Bundesverfassungsgericht geurteilt hatte, dass alle in Deutschland lebenden Menschen ein menschenwürdiges Existenzminimum bekommen müssen.

Bundesrat stimmte 2016 gegen Reform

2016 wollte die Bundesregierung die Leistungen schon einmal kürzen. Das vom Bundestag beschlossene Gesetz, das eine Senkung auf 332 Euro für erwachsene Alleinstehende vorsah, scheiterte aber im Bundesrat. Auch im Vermittlungsausschuss wurde kein Kompromiss zwischen Bund und Ländern erzielt. Die Pläne verfielen mit dem Ablauf der Wahlperiode im Herbst 2017.

Die jetzt geplante Reform ist damit der zweite Versuch für eine Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Schmachtenberg zufolge soll der Entwurf aus dem Ministerium noch vor Ostern im Bundeskabinett beraten werden.

Die Reform sieht auch vor, dass für Flüchtlinge in Ausbildung oder Arbeit staatliche Unterstützung gesichert ist. Derzeit fielen sie oft in eine sogenannte Förderlücke", wenn die Bezugsdauer der Asylbewerberleistungen endet, sie aber gleichzeitig keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung wie Bafög haben, hieß es aus dem Sozialministerium.

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke bezeichnete die Kürzungspläne der Regierung "zynisch" und "realitätsfremd". "Asylbewerber, die in Sammellager gezwungen werden, sollen mit ihnen vollkommen fremden Menschen eine Bedarfsgemeinschaft bilden", sagte sie. Auch die Grünen-Politikerin Filiz Polat kritisierte die Pläne. Durch die Hintertür versuche die Bundesregierung, die Versorgung Asylsuchender "immer weiter auszuhöhlen", sagte sie.

Paritätischer rügt Nullsummenspiel

Der Paritätische Wohlfahrtsverband ging ebenfalls auf Distanz zu dem Gesetzentwurf. Statt die Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums endlich an den tatsächlichen Bedarf und die aktuelle Preisentwicklung anzupassen, würden durch statistische Tricks die Beträge künstlich klein gerechnet, kritisierte der Verband. Die Pläne der Bundesregierung seien verfassungsrechtlich mindestens fragwürdig. Der Verband fordert die politische Anerkennung eines einheitlichen Existenzminimums für alle in Deutschland lebenden Menschen.

"Die geplante Neuregelung kommt einer Mogelpackung gleich. Vordergründig ist es eine Erhöhung, bei gründlichem Nachrechnen stellt sich heraus, dass sehr viele Flüchtlinge künftig nicht mehr oder sogar weniger haben werden als jetzt", sagte Ulrich Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Verbandes. Zwar würden die Regelsätze generell erhöht, doch werde vielen Asylbewerbern die höchste Regelsatzstufe künftig mit Verweis auf mögliche Einsparpotenziale in Sammelunterkünften vorenthalten: "Unter dem Strich ist es für den Einzelnen in vielen Fällen bestenfalls ein Nullsummenspiel."

Corinna Buschow


Gesundheit

Immer mehr Fehltage wegen psychischer Leiden



Weil die Zahl der Fehltage wegen psychischer Probleme sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt hat, sieht die Bundesregierung Unternehmen in der Pflicht. Die Linke fordert mehr staatliches Engagement.

Die Zahl der Krankentage wegen psychischer Probleme hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Sie stieg von rund 48 Millionen im Jahr 2007 auf 107 Millionen im Jahr 2017, wie es in einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Linken-Anfrage heißt, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Die daraus entstehenden wirtschaftlichen Ausfallkosten stiegen demnach im selben Zeitraum von 12,4 auf 33,9 Milliarden Euro.

Die Zahlen basieren auf Sozialversicherungsdaten und Berechnungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Daten für 2018 liegen noch nicht vor.

Männer kamen nach Angaben des Arbeitsministeriums auf eine deutlich höhere Zahl an psychisch bedingten Krankheitstagen als Frauen, ältere Beschäftigte meldeten sich häufiger krank als jüngere. Die meisten Krankentage aus psychischen Gründen verzeichneten 2017 Männer zwischen 60 und 65 Jahren (434 Ausfalltage auf 100 Versicherte). Am untersten Ende der Skala lagen Frauen zwischen 15 und 20 Jahren mit 21 Ausfalltagen auf 100 Versicherte.

Grundsätzlich aber seien bei beiden Geschlechtern und in allen Altergruppen die Krankentage in der Diagnosegruppe psychische und Verhaltensstörungen zwischen 2008 und 2017 angestiegen, hieß es.

Frühere Verrentung wegen Krankheit nimmt zu

Laut Ministerium stieg zwischen 2007 und 2017 auch die Zahl der Renteneintritte wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aufgrund psychischer Störungen von rund 53.900 auf mehr als 71.300. Dies bedeute ein Plus von 32,3 Prozent. Während der Anteil der Rentenzugänge aufgrund psychischer Störung an allen Rentenzugängen im Jahr 2007 noch bei 33,4 Prozent lag, stieg er 2017 auf 43 Prozent. Zurückgeblickt auf das Jahr 1997 mit dem damaligem Anteil von 20,7 Prozent ist dem Arbeitsministerium zufolge bis 2017 sogar mehr als eine Verdopplung zu verzeichnen.

Die Bundesregierung verweist vor allem auf das Gesundheits- und Sozialwesen sowie das Gastgewerbe als Bereiche, die besonders von psychischen Arbeitsanforderungen betroffen seien. Dazu zählten ein starker Termin- und Leistungsdruck sowie die Anforderung, verschiedene Arbeiten gleichzeitig zu betreuen und mit hohem Tempo zu arbeiten.

Der Anteil der Beschäftigten, für die bis 2015 eine Gefährdungsbeurteilung psychische Belastungen durchgeführt wurde, nehme mit der Größe des Betriebes zu. In Betrieben unter zehn Beschäftigten liege der Anteil bei 15 Prozent, in Betrieben mit über 250 Beschäftigten bei 70 Prozent. Dabei dokumentieren Betriebe, bei welchen Tätigkeiten die Gesundheit der Mitarbeiter gefährdet werden und welche Gegenmaßnahmen ergriffen werden könnten.

Regierung sieht vor allem die Firmen in der Pflicht

Die Bundesregierung sieht bei der Bekämpfung der Stressfaktoren in erster Linie die Arbeitgeber in der Pflicht: Gegen psychische Belastungen würden keine neuen Arbeitsschutzregeln helfen, erklärte das Ministerium. "Ziel muss es vielmehr sein, Betriebe und Beschäftigte zu befähigen, das vorhandene Arbeitsschutzinstrumentarium, insbesondere die Gefährdungsbeurteilung, zu nutzen, um Gesundheitsrisiken durch psychische Belastungen frühzeitig erkennen und durch eine menschengerechte Arbeitsgestaltung verhindern zu können."

Die arbeitspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Jutta Krellmann, kritisierte, diese Haltung grenze an "vorsätzliches Staatsversagen". Viele Arbeitgeber würden auf Verschleiß fahren, sagte Krellmann. "Beschäftigte werden über ihre Belastungsgrenze getrieben." Auch der ökonomische Schaden werde immer größer. Die Linke forderte eine staatliche Anti-Stress-Verordnung und flächendeckende Arbeitsschutzkontrollen.

Gabriele Fritz


Migration

Mehr Bulgaren und Rumänen beziehen Hartz IV



Fünf Jahre nach der Öffnung des deutschen Arbeitsmarkts für Bulgaren und Rumänen hat sich die Zahl der Hartz-IV-Empfänger mehr als verdreifacht. Ende 2013 bezogen insgesamt 43.000 Menschen aus den beiden osteuropäischen Ländern die Leistungen, 2018 waren es mehr als 152.000, wie aus einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervorgeht, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Zugleich vervierfachte sich im gleichen Zeitraum die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Rumänen und Bulgaren auf etwa 474.000.

Der Anteil der erwerbstätigen Rumänen und Bulgaren unter allen erwerbsfähigen Bulgaren und Rumänen in Deutschland stieg um 25 Prozentpunkte auf 60 Prozent. Auch die Quote der Hartz-IV-Bezieher aus diesen Ländern sei um 2,6 Prozentpunkte auf knapp zwölf Prozent der erwerbsfähigen Menschen aus diesen Ländern gewachsen.

Der Migrationsforscher Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bewertete diesen Anstieg als "relativ gering". "Vor der Freizügigkeit war sowohl der Zugang zur Beschäftigung als auch der Zugang zum Leistungsbezug beschränkt", sagte er dem epd in Düsseldorf. "Da ist es vollkommen logisch, dass mit der Freizügigkeit auch die Quoten der Leistungsbezieher ansteigen."

Der Wissenschaftler unterscheidet außerdem zwischen Bulgaren und Rumänen: "Man würfelt die Rumänen und Bulgaren häufig zusammen, dabei sind die Rumänen unter den Ländern der neuen Mitgliedsstaaten das Land mit der besten Arbeitsmarktperformance." Mit sieben Prozent hätten Rumänen zudem eine geringere Quote der Erwerbsfähigen, die Hartz IV beziehen, als der Bevölkerungsdurchschnitt in Deutschland, betonte Brücker.



Nordrhein-Westfalen

Sozialminister Laumann fordert Aufwertung der Pflegeberufe



Die Situation in Alten- und Pflegeeinrichtungen wird nach Ansicht des nordrhein-westfälischen Sozial- und Gesundheitsministers Karl-Josef Laumann (CDU) noch lange Zeit sehr angespannt bleiben. "Selbst wenn ich das Geld für einen besseren Personalschlüssel in den Einrichtungen hätte, gibt es nicht das nötige Personal dafür", sagte Laumann am 27. März im Anschluss an ein Fachgespräch zur Zukunft der Altenpflege in Mülheim an der Ruhr vor der Presse.

Um den Fachkräftemangel zu beheben, sei es wichtig, Pflegeberufe "als wichtige Profession des Gesundheitssystems attraktiver zu machen" und die Berufsanerkennung für Pflegekräfte aus anderen Ländern zu verbessern, sagte Laumann. "Wir brauchen eine Willkommenskultur für ausländische Fachkräfte."

NRW müsse im Wettbewerb mit anderen Bundesländern zum "Musterland" werden. 2018 seien 1.500 ausländische Pflegekräfte in NRW anerkannt worden. Von den rund 200.000 Pflegekräften in NRW sei etwa die Hälfte in Krankenhäusern beschäftigt, die andere Hälfte in der Altenpflege.

Anlass des Fachgesprächs war ein Besuch des Gesundheitsministers in der Evangelische Altenhilfe Mülheim an der Ruhr, die als Modell für ein innovatives therapeutisches Pflegekonzept mit rehabilitativen Anteilen gilt. Etwa 15 bis 20 Prozent der Bewohner kehren nach Angaben von Pflegedienstleiter Oskar Dierbach nach der Therapie zurück nach Hause.




sozial-Branche

Armut

Gemüse statt Gottesdienst




Die einstige Kirche "Heilige Familie" beherbergt die Oberhausener Tafel.
epd-bild/Udo Gottschalk
In der Kirche "Heilige Familie" in Oberhausen finden seit 2007 keine Gottesdienste mehr statt. In dem Gotteshaus verteilt jetzt die Oberhausener Tafel Lebensmittel an Bedürftige.

Freitagmorgen am Oberhausener Tafelcafé: Im Innenhof der katholischen Kirche "Heilige Familie" sitzen rund 30 Menschen in der Sonne und warten darauf, dass die Lebensmittelausgabe öffnet. Die meisten unterhalten sich, der ein oder andere raucht noch eine Zigarette. An der Seite des Gebäudes laden Helfer die eingesammelten Lebensmittel aus Kühltransportern, drinnen räumen die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen Kartoffeln und Paprika, Gurken und Rosenkohl in Kunststoffkisten.

Im Innenraum der quadratischen Hallenkirche hängt noch das Altarkreuz, die Sonne fällt durch die bunten Fenster des 1958 eingeweihten Backsteinbaus. Doch die Bänke sind in der Mitte um den Altar zusammengeschoben, in den Ecken des Raumes sind Kühl- und Lagerräume eingebaut worden. 2007 wurde die Kirche im Rahmen einer Gemeindefusion an die Oberhausener Tafel vermietet, die Tafelkirche zog ein. Der Tafelverein ist einer von 940 bundesweit, der überschüssige Lebensmittel einsammelt und an bedürftige Menschen verteilt.

Bis zu 150 Kunden kommen zur Ausgabe

Obst und Gemüse sind in ordentlichen Reihen auf Tischen aufgebaut, Brot und Brötchen in Theken mit Glasabdeckung eingeräumt, Milchprodukte, Wurst und Käse liegen in Kühlregalen. Außerdem gibt es heute Süßigkeiten. 140 bis 150 Kunden erwartet Silvia Willershausen an diesem Tag an der Lebensmittelausgabe. Die stellvertretende Vorsitzende des Tafelvereins leitet das Freitagsteam der Helfer.

Auch montags, mittwochs und donnerstags können Besucher, die sich mit ihrem Leistungsbescheid registriert haben, am Eingang zwei Euro bezahlen und dann Lebensmittel bekommen. Der kleine Geldbetrag soll dazu beitragen, dass sich die Kunden nicht als Almosenempfänger empfinden und zugleich einen Teil der Kosten für den Unterhalt des Gebäudes und der Fahrzeuge decken. Den Rest muss der Verein über Spenden finanzieren.

Sabine ist schon seit Viertel vor sieben unterwegs und genehmigt sich erst einmal eine Pause. Die 54-Jährige fährt mit einem der vier Kühlfahrzeuge einige der mehr als 60 Supermärkte, Discounter und Bäckereien an, die nicht mehr benötigte Lebensmittel spenden. Vor acht Jahren kam sie zur Tafel, "erst als Kundin", weil sie arbeitslos war. Ein Jahr später beschloss sie, sich als Helferin nützlich zu machen. "Hier tu' ich was Sinnvolles und Gutes", sagt sie.

Auch Schulen werden regelmäßig beliefert

Insgesamt hat der Tafelverein rund 100 ehrenamtliche Mitglieder, die in der Tafelkirche und zwei weiteren Ausgabestellen in der Stadt mithelfen. Dort werden wöchentlich insgesamt etwa 2.000 Menschen versorgt. Neben Arbeitslosen und Rentnern gehören auch alleinerziehende Frauen und in den vergangenen Jahren vermehrt Flüchtlinge zu den Besuchern der Tafelkirche. "Außerdem werden dienstags acht Schulen mit Obst und Gemüse beliefert", berichtet Willershausen.

Neben der Lebensmittelausgabe bietet der Tafelverein im Vorraum der Kirche an drei Tagen in der Woche auch einen Mittagstisch an mit warmem Essen, Kaffee und Kuchen. Heute gibt es Frikadellen mit Kohlrabigemüse. 50 Cent kostet das warme Essen, 30 Cent ein Nachschlag, kalte Getränke oder Kaffee gibt es für 30 Cent, für den Kuchen müssen die Besucher je nach Sorte bis zu einem Euro zahlen. Zum Mittagstisch kann jeder kommen, hier ist kein Nachweis der Bedürftigkeit nötig.

Zu den Gästen zählen zahlreiche Rentner, wie etwa Josef, der sich das Essen schmecken lässt. "Ich gehöre zu den vielen Rentnern, deren Rente unter 1.000 Euro liegt", sagt der 65-Jährige. Am Nachbartisch sitzt Stanley, der vor dreieinhalb Jahren aus Nigeria nach Deutschland gekommen ist. Der 30-Jährige will nach seiner Anerkennung als Asylbewerber eine Ausbildung beginnen. Ihn habe das Jobcenter zur Tafel geschickt, sagt er.

Dann sitzt da noch Klaus, der seit einem Arbeitsunfall schwerbehindert ist. Und Michaela, die ihre Tochter verloren hat und dadurch aus der Bahn geworfen wurde. "Viele unserer Kunden sind von Schicksalsschlägen betroffen", sagt Helferin Brigitte. Die 78-jährige Rentnerin ärgert sich deshalb, wenn Hartz-IV-Empfängern Faulheit vorgeworfen wird. "Ich finde solche Vorurteile nicht in Ordnung."

Esther Soth


Kirche

Seelsorge auch für Aidskranke




Aidspastor Rainer Jarchow (links) in einer Gesprächsrunde im Gemeindezentrum St. Georg
epd-bild/Stephan Wallocha
Mit bunten Luftballons wurde sein Einführungsgottesdienst gefeiert. Vor 25 Jahren begann mit Rainer Jarchow in Hamburg der bundesweit erste evangelische Aidsseelsorger seine Arbeit. Ungewöhnlich war, dass dafür ein schwuler Pastor gesucht wurde.

Er war selbst für Hamburger Verhältnisse ein ungewöhnlicher Pastor, den Bischöfin Maria Jepsen vor 25 Jahren als Deutschlands ersten evangelischen Aids-Pastor präsentierte: Rainer Jarchow hatte 1980 nach seinem Coming Out als Homosexueller den Pastorendienst quittiert - und war als Schafhirte für zwei Jahre auf die griechische Insel Itharka gezogen. Doch in seinem neuen Arbeitsfeld kannte er sich aus: 1984 hatte Jarchow die Aids-Hilfe Köln aufgebaut und drei Jahre später die Deutsche Aids-Stiftung "positiv leben" gegründet.

Der erste Hamburger Aidsgottesdienst wurde im Juli 1992 in der altehrwürdigen Hauptkirche St. Katharinen gefeiert. Einzelne Aids-Andachten gab es auch schon in der Friedenskirche Altona. Doch ein Pastor nur für HIV-Infizierte und Aidskranke war bundesweit ein Novum. Er sei selbst sehr verwundert, dass man ihn gewählt habe, bekannte Jarchow bei seiner Vorstellung 1994 in großer Offenheit. Die Kirche habe bislang viel zu wenig für Aids-Kranke getan.

Eklat um Segnung schwuler Männer

Er werbe für Kooperation, kündigte Jarchow damals an, aber er werde Streit auch nicht aus dem Wege gehen. Knapp zwei Jahre dauerte es dann auch nur bis zum ersten öffentlichen Eklat, als Jarchow im Gottesdienst zwei schwule Männer segnete. Das sei "Gotteslästerung", zeterte der Hamburger Pastor Ulrich Rüß, Vorsitzender der konservativen "Sammlung um Bibel und Bekenntnis". Eine solche Segnung stehe im Widerspruch zum biblischen Zeugnis und der christlichen Ethik.

Doch Jarchow erhielt umgehend Beistand von Bischöfin Maria Jepsen. Es handele sich hierbei keinesfalls um eine "Trauung", betonte sie. Wenn Menschen den Wunsch hätten, auf ihrem gemeinsamen Weg in verantwortlicher Lebensweise als Christen "Gottes Zuspruch" zu erhalten, sollte ihnen dies nicht verweigert werden.

In den vergangenen 25 Jahren hat sich der Umgang mit Aids fundamental verändert. Anfangs glich eine Aids-Diagnose einem Todesurteil. 1996 kamen die ersten wirksamen Medikamente auf den Markt, mussten aber alle paar Stunden geschluckt werden und schränkten das Leben sehr ein.

"Leute dürfen nicht vereinsamen"

Doch als dank des medizinischen Fortschritts die akute Todesgefahr zurückging, verschwand das Thema auch aus den Medien. Detlev Gause, von 2004 bis 2018 Jarchows Nachfolger als Aidspastor, betrachtete die Entwicklung auch kritisch. Wenn eine Gesellschaft wenig über HIV und Aids wisse, grenze sie erst recht aus, sagte er seinerzeit. Gause: "Man lässt die Leute damit vereinsamen."

Seit Herbst vorigen Jahres hat Hamburg mit Thomas Lienau-Becker einen neuen Aids-Seelsorger. Auch wenn eine HIV-Infektion heute durch Medikamente gut behandelt werden könne, sei die Diagnose HIV immer noch prägend für das weitere Leben, sagt der ehemalige Kieler Propst. "Aids ist kein Thema wie jedes andere." Dabei könnten Infizierte, bei denen das Virus erfolgreich unter die Nachweisgrenze unterdrückt wurde, keine Menschen mehr infizieren. Mit der Aidsseelsorge gehe die Kirche auch auf Menschen zu, deren Lebenswelt eher ungewöhnlich für eine typische Kirchengemeinde sei.

Mittlerweile ist aus der Ein-Mann-Aidsseelsorge "ein kleiner Betrieb" geworden, wie Lienau-Becker sagt. Ein sechsköpfiges Team mit Psychologen und Sozialpädagogen ist hier hauptamtlich tätig. Dazu kommen rund 20 feste Ehrenamtliche. Gefeiert wird das Jubiläum der Aidsseelsorge am letzten März-Wochenende.

Thomas Morell


Verbände

Interview

Lilie warnt vor Gefahren für die Demokratie




Diakoniepräsident Ulrich Lilie
epd-bild/Jürgen Blume
Die Diakonie sieht den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Zustimmung zur Demokratie gefährdet. Grund dafür sei, dass sich "viele Menschen an den Rand der Gesellschaft gedrängt fühlen", sagte der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, im Interview mit dem epd.

Der Bundesverband der evangelischen Wohlfahrt hat vor gut einem Jahr die Kampagne "Unerhört!" gestartet. Damit gibt sie Menschen, die sich von der Gesellschaft ausgegrenzt sehen, im Internet und auf Diskussionsforen eine Stimme. Über soziale Defizite und die Wirkung der Diakonie-Kampagne sprach Jörg Fischer mit Diakoniepräsident Ulrich Lilie.

epd sozial: Herr Lilie, Sie sehen die Demokratie in Gefahr. Wie kommen Sie darauf?

Ulrich Lilie: Viele Menschen in unserem Land fühlen sich an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Die Welt wird unübersichtlicher, das Tempo steigt und die Gerechtigkeit droht auf der Strecke zu bleiben. Menschen auf dem Land oder in armen Kommunen erleben, dass ein Betrieb nach dem anderen dicht macht und sie ihre Arbeit verlieren, dass Supermärkte schließen und Bahn- oder Busverbindungen eingestellt werden.

In den Metropolregionen dagegen boomt die Wirtschaft. Hier sind nicht nur alle Annehmlichkeiten des Lebens vorhanden, sondern auch eine soziale Infrastruktur, die meist noch kostenlos ist.

In Ostdeutschland fühlen sich Menschen mit ihren Lebensverläufen nicht gesehen, ihre Qualifikationen werden nicht anerkannt und die guten Jobs werden immer noch von Wessis besetzt. Dies alles gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Zustimmung zur anstrengenden Staatsform Demokratie.

epd: Ihr Rezept gegen den Wut und den Hass vieler Menschen in unserem Land lautet: "Zuhören". Was meinen Sie damit?

Lilie: Im aktuellen digital-medialen Lärm sind nur noch wenige Menschen bereit, ihrem Gegenüber wirklich zuzuhören, respektvoll miteinander zu diskutieren und auszuhalten, dass nicht alle Menschen einer Meinung sind. Es wird viel zu viel übereinander und viel zu wenig miteinander gestritten und gesprochen.

Das Miteinander-Reden, die Begegnung werden in unserer immer vielfältigeren Gesellschaft aber immer wichtiger. Wir müssen wieder lernen, das Gespräch auch mit Kritikern und Fremden nicht abbrechen zu lassen – sofern sie bereit sind, auch mir zuzuhören. Wir sollten uns viel öfter auch das sagen lassen, was wir nicht hören wollen. Das übt. Davon lebt Demokratie.

epd: Die Diakonie Deutschland hat im vergangenen Jahr die Kampagne "Unerhört!" gestartet, die bis 2020 laufen soll. Ist sie in ihren Augen bereits ein Erfolg?

Lilie: Unbedingt. Das Motto unserer Unerhört!-Kampagne ist "zuhören" und das machen wir auch. Auf unserer Kampagnenwebsite unerhört.de kommen die Menschen zu Wort, die sich nicht gehört fühlen: Obdachlose, Flüchtlinge, besorgte Bürger, Migrantenkinder, Alte. Auf Unerhört!-Foren in ganz Deutschland habe ich mit Menschen gesprochen, die sich an den Rand der Gesellschaft gedrängt fühlen und habe mir ihre Lebensgeschichten angehört. Mit ihnen haben wir dort mit politisch Verantwortlichen und Akteuren der Zivilgesellschaft diskutiert und nach Lösungen für neue Fragen gesucht.

Mittlerweile ist "Zuhören" als neue Herausforderung angekommen in der Gesellschaft. In Bürgerdialogen suchen Politiker nicht nur in Wahlkampfzeiten das Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern. Es gibt eine Stiftung Zuhören, die das Zuhören als soziale und kulturelle Grundfertigkeit fördern will. Die Kultusministerkonferenz hat Zuhören zum Bildungsstandard erklärt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat in seiner Neujahrsansprache die Menschen zum Zuhören aufgefordert. Wir haben da eine wichtige Fährte aufgenommen.

epd: Die Diakonie spricht mit ihrer Kampagne vor allem die Abgehängten in unserer Gesellschaft an ...

Lilie: So versteht sich die Diakonie ja auch: Wir wollen die Stimme derjenigen sein, die sonst keine Lobby haben. Ziel der Kampagne ist, Diskussionen über soziale Gerechtigkeit und das Miteinander in unserer Gesellschaft anzustoßen und auf diese Weise die Demokratie zu stärken. Denn nur im Gespräch ist die Demokratie lebendig. Und nur eine sozial gerechte Demokratie wirkt überzeugend.

epd: Als Chef der Diakonie gehören Sie zu den Privilegierten in unserer Gesellschaft. Wie sprechen Sie diese "Unerhörten" an?

Lilie: Die Diakonie ist ja richtig dicht dran an diesen Menschen und so nutze ich als Präsident auch die Chance, vieles zu hören und wahrzunehmen. Ich gehe auf die Menschen zu und höre mir ihre Geschichten an. Um nur einige Beispiele zu nennen: Ich habe bei der "Migrantenmedizin" – einer Sprechstunde für Migranten ohne Krankenversicherung - ein "Präsidentenpraktikum" absolviert. Ich habe bei einem Mittagstisch Essen an bedürftige Menschen ausgeteilt und bin mit dem Mitternachtsbus mitgefahren, um Obdachlose mit Decken und heißen Getränken zu versorgen. Ich begleite Pflegekräfte bei ihrer Arbeit, besuche wohnungslose Frauen in einer Notunterkunft und ich habe mit Flüchtlingen in Flüchtlingslagern in Griechenland und Serbien gesprochen. Die meisten Menschen freuen sich, wenn man sich Zeit für sie nimmt und sie in ihrer Lebenssituation ernst nimmt.

epd: Können Sie deren Alltagsprobleme wirklich nachempfinden?

Lilie: Bevor ich Präsident der Diakonie wurde, war ich alleinverdienender Pfarrer mit vier Kindern. Da ist man nicht mit Reichtümern gesegnet. Sie haben aber recht, ich habe noch nie meine Heimat oder meine Familie verloren, nicht Krieg oder Terror erlebt, Diskriminierung oder Gewalt, Hunger oder Durst gelitten, wie es Obdachlose oder Menschen auf der Flucht tun.

Aber ich bin in meinem Berufsleben und selbstverständlich auch privat immer wieder Menschen in unterschiedlichsten Notlagen und prekären Lebenslagen sehr konkret begegnet. Und wenn ich diesen Menschen zuhöre, mir ihre Geschichte erzählen lasse, entsteht Nähe und Augenhöhe. Und meine Aufgabe ist es unter anderem, diese Geschichten dort weitererzählen, wo sie gehört werden müssen: zum Beispiel gegenüber der Politik.

epd: Die Frustrierten sind ja noch viel mehr. Eine große Zahl von Menschen aus der Mittelschicht, denen es ja eigentlich momentan gutgeht, machen sich Sorgen um die Zukunft und unterstützen deshalb AfD und Pegida. Was sagen Sie denen?

Lilie: Es gibt es keine einfachen Antworten auf die großen Herausforderungen der Zeit wie Globalisierung, Digitalisierung, Migration. Aber diese Herausforderungen werden nicht kleiner, wenn wir uns nach einer vermeintlich guten alten Zeit zurücksehnen. Die Probleme können nur von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gemeinsam bewältigt werden. Und wir können sie bewältigen. Diakonie und Kirche verstehen sich dabei als Teil der Lösung, übernehmen Verantwortung. Sie sind vor Ort mit bewährten Strukturen wie Stadtteiltreffs, Tafeln, Kitas, Tagespflege. Sie kennen die Probleme im Kiez, im Quartier und können neue Bündnisse mit anderen Akteuren eingehen. Den Zuschauerdemokraten sage ich: "Engagiert euch auch!" Der Staat ist auf eine aktive Bürgerschaft angewiesen. Und etwas tun, etwas gegen die Ursachen der Zukunftsangst zu unternehmen, ist das beste und nachhaltigste Rezept gegen Frust und Angst.

epd: Ihr Credo ist: "Hinter jeder einfachen Antwort stehen komplexe Fragen". Das Fragen dürfe man nicht Populisten überlassen. Was sind für Sie "richtige" und wichtige Fragen?

Lilie: Wichtige Fragen sind für mich, wie wir in unserer sich transformierenden Gesellschaft Gerechtigkeit, Bildung und Teilhabe, Wohnen und Pflege gewährleisten können. Es ist für den gesellschaftlichen Zusammenhalt verheerend, wenn es in Deutschland immer noch vom Portemonnaie der Eltern abhängt, welche Bildungs- und Ausbildungschancen ein Kind hat. Ein Thema mit hohem sozialen Sprengstoff ist das Wohnen. Wenn sich selbst der Mittelstand die Mieten in unseren Städten nicht mehr leisten kann, stimmt etwas nicht. Wie verändern wir das? Wie können Menschen Selbstwirksamkeit und Anerkennung erfahren in einer immer unübersichtlicher erscheinenden Welt? Das scheinen mir wichtige Fragen zu sein.

epd: Für Sie ist das "Zuhören" ein wichtiger, aber nur ein erster Schritt. Was kommt danach?

Lilie: Das werde ich oft gefragt. Unsere Kampagne läuft jetzt ein Jahr lang und die Leute fragen: Und was kommt jetzt? Wann fangt ihr endlich an, Antworten zu geben? Da sage ich: Wir müssen das noch ein bisschen aushalten. Nicht gleich wieder Antworten geben wollen, sondern weiter zuhören. Noch besser hören und verstehen, welche Themen die Menschen umtreiben. Aber die eben formulierten Fragen wollen beantwortet werden, da ist umsichtiges Handeln gefragt.

epd: Was können Kirchen und Verbände tun?

Lilie: Die Kirchengemeinden haben eines der besten Filialnetze der Welt. Wir sind mit unseren Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen in fast allen Sozialräumen aktiv. Wir sollten gemeinsam mit der Zivilgesellschaft und anderen Partnern versuchen, Bündnisse zu schaffen: Dafür, dass alte Menschen selbstbestimmt alt werden können, in ihren vertrauten Räumen. Dafür, dass Kinder auch in schwierigen Vierteln eine vernünftige Kindheit haben dürfen. Dafür, dass Dialoge vor Ort stattfinden. Dass wir Feste auch mit anderen Gruppen zusammen feiern. Wir können mit anderen dafür sorgen, dass das Zusammenleben der immer unterschiedlicher werdenden Menschen vor Ort gelingt. Das wäre ein positiver Ansatz für die Probleme vor Ort, aber auch ein Erweis des gesamtgesellschaftlichen Nutzens zivilisierter Religion, von Kirche und Diakonie in einer religiös immer vielfältigeren Gesellschaft.

epd: Sie sehen sich als "Lobbyist" der Sozialpolitik. In Berlin gibt es Tausende von Lobbyisten, vor allem von großen Unternehmen. Wie sehen Sie den Einfluss der Sozialverbände im Politikbetrieb?

Lilie: Zu unseren Aufgaben gehört, der Bundesregierung zu zeigen, wie sich ihre Gesetzgebung auf bestimmte Zielgruppen auswirkt. Die Vorstände und Fachleute der Diakonie Deutschland erarbeiten Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben, wir werden zu Anhörungen in den Bundestag eingeladen. Die Politik nimmt unsere Expertise ernst, das erleben wir in Gesprächen mit Politikern aus Parlament und Regierung. Konkreten Erfolg hatten wir mit unserer Forderung nach einer flächendeckenden unabhängigen Asylverfahrensberatung. Sie wurde in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Ebenso geht das Finanzierungsmodell "Passiv-Aktiv-Transfer", das Langzeitarbeitslosen Teilhabe an Arbeit statt lebenslanger Alimentierung ermöglichen soll, auf ein Konzept der Diakonie zurück.



Pflege

Gastbeitrag

Gute Pflege beginnt mit einer guten Ausbildung




Heidemarie Rotschopf
epd-bild/Diakonie RWL
Allen Appellen und Initiativen zum Trotz hat sich der Fachkräftemangel in der Pflege im vergangenen Jahr noch verschärft. Rund 40.000 Stellen blieben 2018 bundesweit unbesetzt. Heidemarie Rotschopf ist Referentin bei der Diakonie RWL - und beschreibt in ihrem Gastbeitrag für epd sozial, wie die Verbände in NRW auf die Misere reagieren - mit der Gründung einer Ausbildungsallianz.

In Nordrhein-Westfalen waren es offiziellen Quellen zufolge etwa 10.000 Stellen. Was ist zu tun? Vorschläge sind zahlreich vorhanden, jedoch nur im Zusammenwirken aller Beteiligten liegt die Chance, dem Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal etwas entgegen zu setzen. Deshalb haben die Trägerverbände eine Ausbildungsallianz gegründet.

Im Juli 2017 hat der Bundesgesetzgeber im Juli 2017 das Pflegeberufegesetz verabschiedet. Die bisher im Altenpflegegesetz und Krankenpflegegesetz getrennt geregelten Pflegeausbildungen werden zu einer generalistischen Pflegeausbildung zusammengefasst. Künftig gibt es einen einheitlichen Berufsabschluss zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann.

Diese Reform betrifft in Nordrhein-Westfalen etwa 37.000 Auszubildende. Damit die ambitionierten Ziele, die mit dem Gesetz verbunden sind, erreicht werden können, haben die Trägerverbände in NRW, ähnlich wie in Niedersachsen, die Ausbildungsallianz Nordrhein-Westfalen gegründet.

Zehn Partner ziehen an einem Strang

Daran beteiligen sich zehn Partner, darunter neben der Freien Wohlfahrtspflege NRW unter anderem die Krankenhausgesellschaft NRW und der Arbeitgeber- und Berufsverband Privater Pflege. Zum Start der Allianz haben sie Ende Januar eine Erklärung abgegeben, in der Folgendes steht:

1. Gute Pflege braucht gute Ausbildung: Die Ausbildungsallianz strebt auf der Grundlage der neuen gesetzlichen und dafür erforderlichen finanziellen Rahmenbedingungen gemeinsam eine erfolgreiche Umsetzung der Pflegeausbildung und deren stetige Verbesserung in Nordrhein-Westfalen an.

2. Gute Ausbildung braucht gemeinsame Verantwortung: Für eine übergreifende, verlässliche und gemeinschaftliche Ausbildung will die Allianz eine enge Vernetzung aller Akteure, damit alle voneinander lernen. Dabei soll die Trägervielfalt in NRW berücksichtigt werden.

3. Gemeinsame Verantwortung ermöglicht faire Rahmenbedingungen: Alle Beteiligten stehen gemeinsam für faire Rahmenbedingungen innerhalb der von ihnen vertretenen Organisationen, damit eine gute Ausbildung angeboten wird. Dazu gehört auch eine faire Bezahlung für die Auszubildenden, ebenso wie die erforderliche Refinanzierung der Pflegeschulen.

4. Faire Rahmenbedingungen erfordern weitere Unterstützung: Politik und Kostenträger sind aufgefordert, ihren Beitrag zu leisten, damit die neue Ausbildung mit den notwendigen fairen Rahmenbedingungen für eine gute Ausbildung einhergeht und die Umsetzung gelingt. Neben der administrativen Unterstützung durch die Politik gehört hierzu auch die Bereitschaft der Kostenträger, den erforderlichen Aufwand zu finanzieren.

Neue Kooperationen sind zwingend nötig

Die Partner der Allianz verfolgen das Ziel, möglichst zeitnah verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Das ist enorm wichtig im Hinblick auf den Fachkräftemangel. Entscheiden sich zum Beispiel die evangelischen Pflegeschulen aufgrund von Unklarheiten dafür, anstatt mit zwei lediglich mit einer neuen Klasse im Jahr 2020 zu starten, bedeutet das für die Diakonie RWL, die sich über die Freie Wohlfahrtspflege NRW an der Allianz beteiligt, dass auf einen Schlag rund 1.100 Fachkräfte weniger ausgebildet werden.

Ab 2020 kann keine Einrichtung mehr allein ausbilden. Ein Krankenhaus benötigt als Partner einen ambulanten Pflegedienst und eine stationäre Altenhilfeeinrichtung. Ein ambulanter Pflegedienst wiederum braucht ein Krankenhaus und ein Altenheim. Das ist neu, bietet aber auch die Chance voneinander zu lernen. Daraus resultiert ein großer Abstimmungsbedarf unter den beteiligten Partnern.

Auch bei der Finanzierung der Ausbildung ändert sich etwas: Ein Landesfonds soll die ab 2020 neu ausgerichtete Pflegeausbildung finanzieren und eine wohnortnahe, qualifizierte und ausreichende Ausbildung sicherstellen.

Die Notwendigkeit, in der Gesundheits- und Pflegebranche in den unterschiedlichen Versorgungsbereichen übergreifend zusammenzuarbeiten, ist nicht auf die Pflegeausbildung beschränkt. Mit dem hier gegründeten Netzwerk verbinden wir als Diakonie in Nordrhein-Westfalen auch die Hoffnung, dass es sich an anderen Stellen als hilfreich erweist.

Mehr Jugendliche müssen angesprochen werden

Insgesamt müssen mehr Jugendliche für den Pflegeberuf begeistert werden. Das kann nur gelingen, wenn schon in der Ausbildung die Bedingungen so gestaltet sind, dass sie wirklich ausgebildet und nicht vorwiegend als Arbeitskräfte eingesetzt werden. Schließlich beginnt gute Pflege immer mit einer guten Ausbildung. Die größte Herausforderung für die Träger der Einrichtungen liegt darin, den uralten Konflikt des Bildungs- versus des Versorgungsauftrages zu lösen. Das gilt besonders für die Praxisanleitungen, die im Mittelpunkt dieses Konfliktes stehen.

Laut Pflegeberufegesetz müssen zehn Prozent der praktischen Ausbildung durch eigens dafür pädagogisch qualifizierte Praxisanleitungen unterstützt abgeleistet werden. Die Träger der Ausbildung bekommen die Kosten dafür – gesetzlich verbrieft – aus dem Ausbildungsfonds erstattet. Das ist eine Chance, die praktische Ausbildung zu verbessern und durch gute Praxisanleitung bei den Auszubildenden zu punkten. Schließlich wünschen sich 82 Prozent der Pflegeschülerinnen laut einer Umfrage der Gewerkschaft ver.di, dass Praxisanleiter mehr Zeit für sie haben.

Kompetenzvermittlung im Vordergrund

Die neue Pflegeausbildung vermittelt keine Lerninhalte, sondern ist durch den Erwerb von Kompetenzen gekennzeichnet. Unterrichtet werden zum Beispiel Pflegeprozesse und Pflegediagnostik, Kommunikation oder Berufsethik. Jeder Träger der praktischen Ausbildung sollte genau die Kompetenzen, die in seinem Einsatzbereich erworben werden können, ermitteln, beschreiben und transparent darstellen. Alle Auszubildenden, die das Arbeitsfeld durchlaufen, auch die der Partner, müssen sie erwerben.

Die Träger sind dabei auf die Zusammenarbeit mit weiteren Partnern angewiesen, weil am Ende nur dann gut ausbildete Fachkräfte zur Verfügung stehen, wenn sich alle Beteiligten intensiv abstimmen. Bestenfalls beginnen sie bereits bei der Erstellung des Ausbildungsplans, der zukünftig Bestandteil des Ausbildungsvertrages sein wird, mit der gemeinsamen Arbeit an der Kompetenzbeschreibung.

Damit die Pflegeausbildung attraktiv und modern gestaltet werden kann, bedarf es auch ansprechender Lernbedingungen. In den Pflegeschulen existiert ein großer Investitionsstau. Wir brauchen mehr Platz und neue Räume, in denen digitales Arbeiten und Lernen gelingt. Auch die Umstellung der Curricula in den Schulen wird nicht zum Nulltarif zu haben sein, deshalb fordern wir eine Art "Innovationsfinanzierung" für die Pflegeschulen. Insbesondere hier nimmt die Ausbildungsallianz die Landesregierung und die Kranken- und Pflegekassen in die Pflicht.

Heidemarie Rotschopf ist Referentin bei der Diakonie RWL und für die Ausbildung in Gesundheitsberufen zuständig.


Pflege

Arbeitgeber: Flächentarif verfassungsrechtlich bedenklich



Die privaten Anbieter in der Altenpflege machen gegen einen allgemeingültigen Tarif für Löhne und Gehälter in ihrer Branche verfassungsrechtliche Bedenken geltend.

Der bpa-Arbeitgeberverband stellte am 27. März in Berlin ein entsprechendes Gutachten des früheren Richters am Bundesverfassungsgericht, Udo di Fabio, vor. Die Arbeiterwohlfahrt widersprach umgehend.

Eingriffe des Staates in die Tarifautonomie seien nur zu begründen, wenn damit unfairer Wettbewerb, etwa durch Lohndumping, unterbunden werde, argumentierte di Fabio. Die bereits stark regulierte Pflegebranche unterscheide sich von anderen Wirtschaftszweigen. Ein zusätzlicher Eingriff zur Regulierung der Löhne sei gravierend und stoße daher auf verfassungsrechtliche Bedenken.

Der Präsident des bpa-Arbeitgeberverbandes, der frühere Wirtschaftsminister und FDP-Politiker Rainer Brüderle, sagte, in der Pflegebranche gebe es keinen Wettbewerb über Lohndumping, sondern einen Wettbewerb um Arbeitskräfte. Weitere Regulierungen seien überflüssig.

AWO verweist auf eigenes Gutachten

Wolfgang Stadler, der Bundesvorsitzend der AWO, sagte der Wettbewerb in der Pflege basiere in erster Linie auf Personalkosten, denn die machen rund 80 Prozent der Gesamtkosten aus. "Nur ein einheitlicher Tarifvertrag kann sicherstellen, dass der Wettbewerb zwischen den Anbietern nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen und die Lohnschraube immer weiter nach unten gedreht wird." Die Blockadehaltung der privaten Arbeitgeber sich tarifvertraglich zu binden, gerade in Zeiten des Fachkräftemangels, sei schlicht nicht mehr zeitgemäß.

Er verwies auf ein Gutachten, dass die Wohlfahrtsverbände und die Gewerkschaft ver.di 2016 von dem Arbeitsrechtler Raimund Waltermann erstellen ließen, das keinerlei verfassungsrechtliche Bedenken an einer möglichen Allgemeinverbindlichkeitserklärung aufgezeigt hat. Das Gutachten der privaten Pflegeanbieter werde man noch rechtlich prüfen, sagte Stadler.

Die AWO bleibe bei ihrer Forderung, nach der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen in der Altenpflege, "weil es der sinnvollste und gerechteste Weg ist, im Namen der Pflegebedürftigen und der Pflegefachkräfte".

Flächendeckende Verträge stehen im Koalitionsvertrag

Union und SPD wollen laut Koalitionsvertrag dafür sorgen, dass Tarifverträge in der Altenpflege flächendeckend zur Anwendung kommen. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) haben vereinbart, den Weg dafür in diesem Jahr frei zu machen. Ziel ist eine bessere Bezahlung und Steigerung der Attraktivität des Pflegeberufs vor dem Hintergrund des gravierenden Personalmangels in der Altenpflege.

Die privaten Arbeitgeber lehnen einen Flächentarif ab. Insgesamt betreiben sie etwa die Hälfte der ambulanten Dienste und rund 43 Prozent der Pflegeheime. Ein Teil gehört dem bpa-Arbeitgeberverband an.

Bettina Markmeyer, Dirk Baas


Kirche

Diakoniestationen müssen häusliche Kinderkrankenpflege einstellen



Nach mehr als 20 Jahren stellen die Diakoniestationen der Evangelischen Kirche in Kassel ihre Arbeit in der häuslichen Kinderkrankenpflege ein. Grund dafür sei ein dramatischer Mangel an Pflegefachkräften, sagte Geschäftsführer Martin Müller am 25. März in Kassel. Die Arbeit der Abteilung, die sich um die häusliche Intensivpflege kranker Kinder kümmerte, sei auf eine Größe geschrumpft, die eine Sicherstellung der Versorgung nicht mehr gewährleisten könne.

Schon in der Vergangenheit mussten wiederholt Anfragen abgelehnt und Patienten sogar gekündigt werden. "Es schmerzt uns sehr, diesen wichtigen Arbeitsbereich nicht aufrechterhalten zu können", sagte Müller. Er hoffe für die betroffenen Familien, dass andere Pflegedienste aus der Region die Versorgungen übernehmen könnten.

Müller appellierte angesichts der Entwicklung an die Politik, endlich Druck auf die Krankenkassen aufzubauen, damit die häusliche Kinderkrankenpflege besser bezahlt und gegenüber der stationären Pflege attraktiver werde. "Was wir in der jüngsten Vergangenheit in Entgeltverhandlungen mit den Krankenkassen an unwürdigem Geschacher um Centbeträge erlebt haben, ist unsäglich", sagte Müller. Zudem begünstige das neue Pflegepersonal-Stärkungsgesetz einseitig die Krankenhäuser, die ambulante Pflege drohe auf der Strecke zu bleiben.

Die Diakoniestationen der Evangelischen Kirche in Kassel gGmbH sind mit 260 Mitarbeitern die größte ambulante Pflegeeinrichtung in der Region Kassel. Träger sind der Evangelische Stadtkirchenkreis Kassel und die Stiftung Kurhessisches Diakonissenhaus Kassel.



Inklusionsprojekt

"Stadt im Werden" bietet Menschen mit Behinderung ein Zuhause



Im "Neckarbogen" in Sichtweite des Heilbronner Hauptbahnhofs ist eine "Stadt im Werden", in der unter anderem ein inklusives Quartiersprojekt umgesetzt wird. "Noch nie wurde bei einer Bundesgartenschau das Thema Inklusion soweit gedacht", ist Pfarrerin Sybille Leiß überzeugt, die Vorstandsvorsitzende der Evangelischen Stiftung Lichtenstern. Jetzt fand die Einweihung des Quartierprojekts statt.

Die Evangelische Stiftung Lichtenstern ist dabei Impulsgeber. Mitten auf dem Gelände der Bundesgartenschau befinden sich nun das inklusive Café Samocca Heilbronn, ein Wohnhaus für Menschen mit geistiger Behinderung (Haus am Floßhafen), eine Tagesförderstätte, in der Menschen mit Behinderung tagsüber gefördert und betreut werden, und ein Waschsalon, der allen Bewohnern des neuen Stadtquartiers - egal ob mit oder ohne Behinderung - zu Verfügung steht.

Nachbarschaft wird besonders gepflegt

Daneben gibt es noch ein Urban Gardening Projekt, das für nachbarschaftlichen Zusammenhalt sorgen soll. Das Quartiersprojekt sei nachhaltig, denn es werde im neuen Stadtquartier auch nach der Bundesgartenschau noch aktive Inklusionsimpulse setzen, betonten die Initiatoren bei der Einweihung.

Das Café Samocca ist ursprünglich ein Projekt der diakonischen Samariterstiftung. Diese hat Samocca als Franchise-System speziell für Einrichtungen der Behindertenhilfe aufgebaut. Das Heilbronner Samocca, das nun von der Evangelischen Stiftung Lichtenstern betrieben wird, hat 55 Sitzplätze und weitere 60 im Freien. Es bietet während der BUGA Arbeitsplätze für etwa 16 Beschäftigte mit Unterstützungsbedarf und zwei ohne Handicap.

Rundum-Alltagsversorgung gewährleistet

Im Haus am Floßhafen gibt es 16 Plätze für stationäres Wohnen. Dort leben Menschen mit Behinderung, für die eine Rundum-Alltagsversorgung und ein geschütztes Umfeld wichtig ist. Außerdem gibt es fünf ambulant betreute Wohnungen, in denen Menschen mit Behinderung leben, die relativ selbstständig leben können.

Gebaut wurde das Haus von einer Genossenschaft, zu der neben der Evangelischen Stiftung Lichtenstern zwei Banken und eine Wohnbau- und Projektplanungsgesellschaft gehören. Ziel des Genossenschaftsmodells sei es, mehr Menschen auch als Investoren in das Quartiersprojekt einzubinden. In der Tagesförderstätte werden tagsüber 15 Personen betreut und gefördert, die nicht in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung arbeiten können.



Wettbewerb

Diakonie: Pflegekräfte sollen ihren Beruf kreativ loben



Die guten Seiten ihres Berufs sollen Altenpflegerinnen und Altenpfleger kreativ zeigen. Im Wettbewerb der Diakonie Neuendettelsau "Ich pflege gerne!" können sie Fotos, Collagen oder Fotoreportagen einreichen, teilte der Träger 25. März mit. Auftakt des Wettbewerbs sei in der kommenden Woche bei der Altenpflegemesse in Nürnberg vom 2. bis 4. April. Auszubildende ab dem 16. Lebensjahr und Pflegekräfte in der Altenpflege aus ganz Deutschland und Polen können Preisgelder bis zu 1.000 Euro gewinnen.

"Viele unserer Mitarbeitenden können das negative Image der Pflege nicht nachvollziehen. Sie selbst empfinden ihre Arbeit als Sorgearbeit und einen wertvollen Beitrag zu einem gelingenden gesellschaftlichen Miteinander", sagte Manuela Füller, Leiterin des Vorstandsbereichs Dienste für Senioren der Diakonie Neuendettelsau.

Kritisiert würde immer wieder der zu geringe Personalschlüssel, der dann bei den Einzelnen zu Mehrarbeit und zu Überlastung führe. "Hier ist die Politik gefordert, Lösungen zu unterstützen und strukturelle Veränderungen zu schaffen", sagte Füller.



Obdachlosigkeit

Berliner Kältehilfe mit Saison zufrieden



Die Berliner Kältehilfe hat eine positive Bilanz der Saison 2018/2019 gezogen. Insgesamt seien fast 1.200 Übernachtungsplätze für obdachlose Menschen in Berlin zur Verfügung gestellt worden, wie die Direktorin des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin, Ulrike Kostka, am 28. März bilanzierte. Das sei ein Rekord, der bereits im zweiten Jahr in Folge erreicht worden sei.

Noch vor wenigen Jahren habe die Zahl der Kältehilfeplätze zwischen 300 und 500 gelegen, betonte Kostka. Zudem sei erstmals auch der Zeitraum der Kältehilfesaison von Anfang Oktober 2018 bis Ende April 2019 ausgedehnt worden. Zugleich sei die Kältehilfe ein Seismograph für die Entwicklungen in Berlin. Die hohen Zahlen zeugten davon, dass immer mehr obdachlose Menschen in der Stadt lebten.

Die Direktorin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Barbara Eschen, verwies darauf, dass Schätzungen zufolge rund 30 Prozent der wohnungslosen Menschen Frauen seien. Frauen, die auf der Straße lebten, bräuchten ein spezielles Hilfesystem. Die Kältehilfe hatte zuletzt 144 Notübernachtungsplätze nur für Frauen zur Verfügung gestellt. Die Auslastung habe allerdings bei 50,9 Prozent gelegen, betonte Eschen.




sozial-Recht

Keine europaweite Ausschreibung bei gemeinnützigen Rettungsdiensten




Der EuGH hat entschieden, dass Leistungen im Rettungsdienst nicht europaweit ausgeschrieben werden müssen.
epd-bild/Steffen Schellhorn
Die Vergabe von Rettungsdienstleistungen an gemeinnützige Hilfsorganisationen muss nicht europaweit ausgeschrieben werden. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. Er verweist auf Ausnahmen auch beim qualifizierten Krankentransport.

In seinem Urteil führt der EuGH aus, dass die Betreuung und Versorgung von Notfallpatienten in einem Rettungswagen eine "Gefahrenabwehr" darstelle, für die die Regelungen der öffentlichen Auftragsvergabe ausnahmsweise nicht gelten. Die beauftragten gemeinnützigen Organisationen dürften aber keine Gewinne erzielen oder müssten diese in ihren Dienst reinvestieren, so die Luxemburger Richter in der am 21. März veröffentlichten Entscheidung. Das Urteil gilt auch für "qualifizierte Krankentransporte", nicht aber für normale Krankenfahrten.

Im konkreten Fall hatte die Stadt Solingen mehrere Hilfsorganisationen zur Abgabe eines Angebots über Rettungsdienstleistungen aufgefordert. 2016 wurde der Auftrag an zwei gemeinnützige Hilfsorganisationen, den Arbeiter-Samariter-Bund Regionalverband Bergisch Land und den Malteser Hilfsdienst für die Dauer von fünf Jahren vergeben. Dabei sollten die Rettungsdienstleister Notfallpatienten betreuen und versorgen und "qualifizierte Krankentransporte" gewährleisten. Bei Letzteren werden Patienten von einem ausgebildeten Rettungssanitäter, unterstützt von einem Rettungshelfer, betreut und versorgt.

Falck-Gruppe sah sich benachteiligt

Die private dänische Falck-Gruppe, die in mehreren deutschen Städten ebenfalls Rettungsdienste betreibt, fühlte sich von der Stadt Solingen übergangen. Die Stadt hätte den Auftrag europaweit im Amtsblatt der Europäischen Union öffentlich ausschreiben müssen. Weil sie das unterließ, habe sie gegen EU-Recht verstoßen, hieß es zur Begründung der Klage.

Zwar gebe es nach EU-Recht für gemeinnützige, rein ehrenamtliche Organisationen eine sogenannte Bereichsausnahme. Danach brauchen Kommunen für Aufträge des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr an ehrenamtliche Organisationen keine öffentliche Ausschreibung vorzunehmen. Der Rettungsdienst werde aber nahezu vollständig mit hauptamtlichem und nicht ehrenamtlichem Rettungspersonal sichergestellt, rügte das Unternehmen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf legte den Fall dem EuGH vor.

Der EuGH urteilte: Kommunen müssten Aufträge für Rettungsdienstleistungen nicht europaweit ausschreiben, wenn sie diese nur an gemeinnützige Organisationen und Vereinigungen vergeben. Bei "Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden, … mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung", greife die maßgebliche EU-Vorschrift zur öffentlichen Auftragsvergabe nicht. Voraussetzung hierfür sei das Vorhandensein eines Notfalldienstes.

Dienstleistung der Gefahrenabwehr

Bei einem Rettungsdienst zur Versorgung von Notfallpatienten handle es sich um eine Dienstleistung der Gefahrenabwehr. Die umfasse "sowohl Gefahren für die Allgemeinheit als auch Gefahren für Einzelpersonen". Gleiches gelte für einen qualifizierten Krankentransport mit Rettungssanitäter, bei dem sich zumindest potenziell der Gesundheitszustand eines Patienten während der Fahrt verschlechtern kann.

Bei den beteiligten gemeinnützigen Hilfsorganisationen handle es sich "im Wesentlichen um Notfalldienste, die in der Regel alltägliche Einsätze zugunsten Einzelner betreffen" und damit unter den Begriff der Gefahrenabwehr fallen, betonte der EuGH.

Um als "gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen" nach der EU-Richtlinie gelten zu können, dürften diese bei der Erfüllung ihrer sozialen Aufgabe keine Gewinne erzielen oder müssten diese komplett in ihre Arbeit reinvestieren, forderten die EU-Richter.

DRK und Johanniter begrüßen Urteil

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) begrüßte die Entscheidung zu der Vergabe von Rettungsdienstleistungen. "Diese für die gesamte Gesellschaft wichtige Dienstleistung muss von anerkannten Hilfsorganisationen erbracht und darf nicht dem privatwirtschaftlichen Markt überlassen werden", sagte DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt.

"Das Urteil hat über Solingen hinaus bundesweite Bedeutung. Wir sehen darin eine Bestätigung der Bereichsausnahme bei der Vergabe von Rettungsdienstleistungen", sagte DRK-Generalsekretär Christian Reuter. Alle Bundesländer seien nun aufgefordert, das in ihren jeweiligen Rettungsdienstgesetzen zu berücksichtigen.

"Das Urteil hat große Bedeutung für den Erhalt der Ehrenamtsstrukturen im Katastrophenschutz in Deutschland", sagte Jörg Lüssem vom Bundesvorstand der Johanniter-Unfall-Hilfe. "Ehrenamtliche Kräfte müssen an den hauptamtlichen Rettungsdienst angebunden sein, um in der Praxis für Einsätze im Zivil- und Katastrophenschutz geübt zu sein", sagte Lüssem.

Az.: C-465/17

Frank Leth


Bundessozialgericht

Kindergeldanrechnung bei Hartz IV geklärt



Hartz-IV-Bezieher müssen sich das Kindergeld mindernd als Einkommen zurechnen lassen, wenn es über die Sicherung des Existenzminimums des Kindes hinausgeht. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am 21. März verkündeten Urteil klargestellt.

Im konkreten Fall erhielt die alleinerziehende Klägerin aus Berlin Hartz-IV-Leistungen. Der Lebensunterhalt der Tochter war mit den Unterhaltszahlungen des Vaters und dem Kindergeld mehr als gedeckt.

Das Jobcenter Berlin-Pankow berücksichtigte daher die Hälfte des Kindergeldes mindernd als Einkommen der Mutter. Die Frau verlangte eine Überprüfung. Dass das für die Tochter gezahlte Kindergeld ihr zur Hälfte als Einkommen angerechnet werde, sei verfassungswidrig.

Doch das BSG verwies auf die geltenden Vorschriften. Danach sei das "Kindergeld grundsätzlich als Einkommen des Kindergeldberechtigten zu berücksichtigen, soweit es nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts bei dem jeweiligen Kind benötigt wird". Hier sei der Bedarf der Tochter durch die Unterhaltszahlungen des Vaters und das für sie gezahlte Kindergeld mehr als gedeckt worden. Die Anrechnung des Kindergeldes als Einkommen sei daher nicht zu beanstanden.

Az.: B 14 AS 42/17 R



Bundessozialgericht

Mehrfacher Steuerklassenwechsel muss nicht Elterngeld erhöhen



Ein mehrfacher Wechsel der Steuerklasse führt bei werdenden Eltern nicht unbedingt zu einem höherem Elterngeld. Maßgeblich für die Höhe der Zahlung sei in einem solchen Fall, welche Steuerklasse "überwiegend" in den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes bestand, stellte das Bundessozialgericht (BSG) in einem am 28. März verkündeten Urteil in Kassel klar.

Für die Elterngeldberechnung sind normalerweise die regelmäßigen Einkünfte im letzten Monate vor der Geburt des Kindes nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben entscheidend. Erhält ein Arbeitnehmer wegen einer günstigen Steuerklasse - etwa der Steuerklasse 3 - ein höheres Einkommen ausgezahlt, fällt auch das Elterngeld höher aus.

Haben sich bei Beschäftigten dagegen in den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes die regelmäßigen Einkünfte wegen eines Steuerklassenwechsels wesentlich geändert, ist für die Elterngeldberechnung jene Steuerklasse maßgeblich, die "überwiegend" in diesem Zeitraum gegolten hat.

Landkreis berücksichtigte ungünstige Klasse

Im jetzt entschiedenen Fall hatte die Klägerin innerhalb eines Jahres vor der Geburt ihres Kindes zunächst für sechs Monate die Steuerklasse 1. Sie wechselte dann für zwei Monate zur Steuerklasse 4 und schließlich für vier Monate zur günstigen Steuerklasse 3. Der Rhein-Kreis Neuss berücksichtigte für die Elterngeldberechnung jedoch die ungünstige Steuerklasse 1, weil diese "überwiegend" verwendet wurde.

Die Klägerin war jedoch der Meinung, dass sie Anspruch auf Berücksichtigung der Steuerklasse 3 hat. Eine "überwiegende" Steuerklasse liege im Einjahreszeitraum liege erst vor, wenn eine Steuerklasse mindestens sieben Monate besteht. Das sei hier aber nicht der Fall, lautete ihre Argumentation.

Dem widersprach jedoch das BSG. Laut Gesetz sollen möglichst verlässlich die Einkünfte des Antragstellers bestimmt werden. Hier habe die über sechs Monate bestehende Steuerklasse 1 die Einkünfte im letzten Jahr vor der Geburt des Kindes am meisten geprägt. Ein Anspruch auf Berücksichtigung der Einkünfte nach der Steuerklasse 3 bestehe daher nicht, entschieden die Richter.

Az.: B 10 EG 8/17 R



Bundessozialgericht

Jobcenter muss Frist zur Überprüfung von Bewerbungspflichten nennen



Hartz-IV-Bezieher müssen wissen, bis wann Vorgaben des Jobcenters zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt wirksam sind. Es reicht nicht aus, dass die Behörde per Verwaltungsakt erklärt, dass die Eingliederungsmaßnahmen wie zum Beispiel Bewerbungsbemühungen "bis auf weiteres" gelten, urteilte das Bundessozialgericht (BSG) am 21. März in Kassel.

Stimmt ein Hartz-IV-Bezieher einer Eingliederungsvereinbarung, die Bewerbungsbemühungen oder Trainingsmaßnahmen vorsehen können, nicht zu, kann das Jobcenter die fehlende Vereinbarung durch einen sogenannten Verwaltungsakt ersetzen. Der Arbeitslose ist mit dieser behördlichen Verfügung zu den darin aufgeführten Maßnahmen verpflichtet.

Eingliederungsvereinbarung abgelehnt

Im konkreten Fall hatte die klagende Hartz-IV-Bezieherin die vom Jobcenter Karlsruhe vorgeschlagene Eingliederungsvereinbarung abgelehnt. Die Behörde verpflichtete die Frau daraufhin per Verwaltungsakt unter anderem zur Teilnahme an einem Projekt und zu Bewerbungsbemühungen. Die Regelungen sollten "bis auf weiteres" gelten.

Die Frau hielt den Bescheid für rechtswidrig. Es sei gar nicht klar, wie lange die vom Jobcenter bestimmten Pflichten gelten und wann sie überprüft werden sollen. "Bis auf weiteres" reiche nicht.

Dem stimmte das BSG zu. Zwar könne ein "bis auf weiteres" geltender Verwaltungsakt zulässig sein. Nach den gesetzlichen Bestimmungen solle aber jeder Verwaltungsakt "spätestens nach Ablauf von sechs Monaten" überprüft und aktualisiert werden. An dieser Mitteilung hatte es hier gefehlt.

Az.: B 14 AS 28/18 R



Bundesfinanzhof

Weniger Netto-Lohn wegen freiwilliger Gesundheitskurse



Vom Arbeitgeber finanzierte freiwillige Kurse zur besseren Gesundheitsvorsorge führen zu einem geringeren Netto-Lohn. Die Kostenübernahme für solche allgemeinen Veranstaltungen etwa zur Körperwahrnehmung oder Stressbewältigung sei grundsätzlich als zu versteuernder Arbeitslohn anzusehen, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in einem am 28. März veröffentlichten Urteil. Etwas anderes gelte nur für "Maßnahmen zur Vermeidung berufsspezifischer Erkrankungen", befanden die Münchener Richter.

Im konkreten Fall wollte ein Arbeitgeber aus Nordrhein-Westfalen seiner Belegschaft etwas Gutes tun. Er bot den Beschäftigten von 2008 bis 2010 jeweils eine einwöchige "Sensibilisierungswoche" an. Auf freiwilliger Basis konnten Arbeitnehmer in Kursen und Workshops unter anderem mehr zu gesunder Ernährung, Körperwahrnehmung, Eigendiagnostik, Achtsamkeit und Nachhaltigkeit lernen. Als Arbeitszeit zählte die Kursteilnahme nicht.

Chef zahlte 1.300 Euro je Teilnehmer

Pro teilnehmenden Mitarbeiter zahlte der Arbeitgeber 1.300 Euro. Darin enthalten waren Unterkunfts- und Verpflegungskosten sowie die Seminaraufwendungen. Die Krankenkassen beteiligten sich mit Zuschüssen an den Sensibilisierungswochen.

Das Finanzamt wertete die Aufwendungen als Arbeitslohn und verlangte daher Lohnsteuer. Zu Recht, wie der BFH befand. Angebote des Arbeitgebers für die Gesundheitsvorsorge der Belegschaft, "die keinen Bezug zu berufsspezifischen Gesundheitsbeeinträchtigungen aufweisen", seien als Arbeitslohn zu werten. Das sei hier der Fall, weil die Sensibilisierungswochen eine allgemeine Gesundheitsprävention auf freiwilliger Basis darstelle.

Nur bei Maßnahmen zur Vermeidung berufsspezifischer Erkrankungen, die "im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers" stehen, seien nicht als Arbeitslohn einzustufen, entschied das Gericht.

Az.: VI R 10/17



Oberlandesgericht

Fehlender Belegarzt kann zu Kündigung von Hebammen führen



Ein Krankenhaus darf dem Oberlandesgerichts Koblenz zufolge Beleghebammen außerordentlich kündigen, wenn der einzig verbliebene Belegarzt die Stelle wechselt und deshalb die Geburtshilfeabteilung schließen muss. Der Weggang des letzten Belegarztes der Gynäkologie stelle einen hinreichenden Kündigungsgrund dar, teilte das Gericht am 28. März in Koblenz mit. Damit schloss es sich in mehreren parallel gelagerten Berufungsverfahren dem vorinstanzlichen Urteil des Landgerichts Mainz an.

Die beklagte Klinik hatte allen Beleghebammen außerordentlich gekündigt, nachdem auch kein Arzt als Stellennachfolger gefunden werden konnte. Die Hebammen widersprachen, weil sie den Weggang des Arztes nicht als wichtigen Grund für die eigene Kündigung des Beleghebammenvertrags erachteten, hieß es.

Das sah das das Oberlandesgericht anders. Die Beleghebammentätigkeit sei aufs Engste damit verknüpft, dass ein einsatzbereiter Belegarzt im Krankenhaus ansässig sei.

Die Krankenhausbetreiberin hätte sich zudem auch nicht vertraglich dazu verpflichtet, das Belegarztsystem in ihrem Haus im Bereich der Geburtshilfe zu garantieren, erklärte das Gericht. Zudem zeige der Fall, dass eine solche Garantie auch gar nicht einzuhalten wäre. Denn der verbliebene Arzt sei auf eigenen Wunsch gegangen. Das Krankenhaus habe sich vielmehr vergeblich bemüht, das System fortzuführen, hieß es.

Az.: 4 U 635/18, 4 U 657/18, 4 U 658/18, 4 U 755/18, 4 U 798/18, 4 U 799/18, 4 U 1240/18



Arbeitsgericht

Fristlose Chefarzt-Kündigung ist rechtens



Das Arbeitsgericht in Verden hat die Kündigungsschutzklage eines Chefarztes abgewiesen, den das Agaplesion Diakonieklinikum in Rotenburg bei Bremen im vergangenen Jahr mehrfach fristlos gekündigt hatte. Die erste außerordentliche Kündigung im Juli sei wirksam, sagte die Vorsitzende Richterin Susanne Trautmann am 26. März bei der Urteilsverkündung. Der Mediziner war Chef der diakonischen Kinder- und Jugendpsychiatrie in Rotenburg. Das Klinikum warf ihm unter anderem fragwürdige Behandlungsmethoden und einen rigiden Führungsstil vor.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Chefarzt kann innerhalb eines Monats vor dem Landesarbeitsgericht in Hannover Berufung einlegen. "Wir werden das Urteil prüfen und dann entscheiden", sagte sein Anwalt Ulrich Winkelvos dem epd. Falls es zur Berufung kommt, könnte das Verfahren noch in diesem Jahr in Hannover fortgeführt werden.

Maßgeblich für den Spruch der Kammer war Trautmann zufolge ein Vorfall rund um das Weihnachtsfest 2017. Damals hatte der Chefarzt gegen das Votum von Jugendamt und Familiengericht einen Jugendlichen aus der Klinik beurlaubt und nach Hause entlassen. Der Junge hatte laut Gerichtssprecher Klaus Rinck in der Vergangenheit Halbgeschwister sexuell missbraucht.

Andere Vorwürfe und auch ein vom Klinikum beauftragtes Gutachten zu den Behandlungsmethoden des Chefarztes wurden laut Trautmann für das Urteil nicht berücksichtigt. Die Vorsitzende Richterin hatte die Prozessbeteiligten bei Sitzungsterminen in den vergangenen Monaten mehrfach gefragt, ob sie sich auf einen Vergleich einlassen könnten. Doch Kläger und Beklagte wollten eine Gerichtsentscheidung.

Zwischenzeitlich hatte sich auch die Staatsanwaltschaft Verden eingeschaltet. Sie ermittelt wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung und der gefährlichen Körperverletzung gegen den Chefarzt, der die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Rotenburg seit 2004 leitete. Unter seiner Verantwortung sollen Patienten beispielsweise zu oft und zu lange in einem sogenannten "Time-Out-Raum", landläufig unter dem Begriff "Gummizelle" bekannt, eingesperrt worden sein.

Az.: 2 Ca 278/18




sozial-Köpfe

Finanzvorstand Harald Frei verlässt Rummelsberg




Harald Frei
epd-bild/Rummelsberger Diakonie
Harald Frei, Finanzvorstand der Rummelsberger Diakonie, hat den Aufsichtsrat um die vorzeitige Auflösung seines Vertrages gebeten. Er will das Unternehmen zum Februar 2020 verlassen.

Harald Frei sagte, es sei an der Zeit, wieder etwas Neues zu wagen. Der Wirtschaftswissenschaftler war im April 2009 als Geschäftsführer der Rummelsberger Dienste für Menschen mit Behinderung gGmbH zur Unternehmensgruppe der Rummelsberger Diakonie gekommen und trug wesentlich dazu bei, dass sich der große diakonisch-soziale Träger wirtschaftlich konsolidierte. Im Januar 2013 wurde Frei vom Aufsichtsrat in den Vorstand der Rummelsberger Diakonie berufen.

Nach über 25 Jahren in leitenden Funktionen großer Sozialträger plant Frei den Angaben nach zunächst eine mehrmonatige Pause, um sich danach neuen Projekten widmen zu können.

Der in Augsburg geborene Harald Frei studierte Wirtschaftswissenschaften an der Bundeswehruniversität in München. Außerdem erwarb er sich einen Abschluss als Master of Business Administration (MBA). Er war lange beim Augustinum in München tätig, anschließend Vorstand der Graf Recke Stiftung in Düsseldorf.

Ende des Jahres scheidet auch der Vorstandsvorsitzende der Rummelsberger Diakonie, Pfarrer Günter Breitenbach aus. Er geht in den Ruhestand. Sein Nachfolger wird Kirchenrat Reiner Schübel.

Die Rummelsberger Diakonie bei Nürnberg ist einer der großen diakonischen Träger in Deutschland. In etwa 200 Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, Flüchtlinge, Senioren und Menschen mit Behinderung in Bayern sind mehr als 6.000 Mitarbeiter beschäftigt.



Weitere Personalien



Johannes-Wilhelm Rörig (59), der unabhängige Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, bleibt für weitere fünf Jahre im Amt. Wie Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) am 28. März in Berlin mitteilte, stimmte das Bundeskabinett einer weiteren Berufung Rörigs zu. Er übt das Amt seit 2011 aus. Die Bundesregierung hatte die Stelle des Beauftragten für Fragen sexuellen Kindesmissbrauchs bereits im vergangenen Jahr zu einer Dauereinrichtung gemacht.

Ulrich Mädge, Lüneburgs Oberbürgermeister (SPD), ist neuer Präsident der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Er folgt auf Thomas Böhle, der nach vierzehn Jahren Amtstätigkeit für Wiederwahl nicht mehr zur Verfügung stand. Mägde wurde von der Mitgliederversammlung bis zum Jahr 2021 gewählt. In dieser ehrenamtlichen Position ist er aauch Verhandlungsführer der Kommunen bei den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst. Erster Stellvertreter des neuen Präsidenten ist Marcel Philipp, Oberbürgermeister der Stadt Aachen. Zweiter Stellvertreter des Präsidenten ist Landrat Michael Harig (Bautzen).

Philipp Mausshardt (60) und das Autorinnen-Duo Christiane Hawranek (34) und Nadine Ahr (37) teilen sich den diesjährigen Karl-Buchrucker-Preis der Inneren Mission in München. Mausshardt, Gründer und Leiter der Reportageschule "Zeitenspiegel" der Volkshochschule Reutlingen, beschreibt in dem Printbeitrag der "Süddeutschen Zeitung" mit dem Titel "Auf eigene Faust", wie sich nach der Prügelattacke gegen seinen Sohn seine eigene Aggression gegen die Schläger zusehends in Empathie verwandelt. Der Autor schaffe es, mit seiner eigenen Haltung den Tätern gegenüber "ein eindrucksvolles Gegenbeispiel zu schildern zu dem derzeitigen gesellschaftlichen Trend", lobte die Jury. Hawranek und Ahr sind Absolventinnen der Evangelischen Journalistenschule in Berlin und veröffentlichten ihr Stück über "Gefallene Mädchen" sowohl beim Bayerischen Rundfunk als auch im Zeit-Magazin. Sie recherchierten mit großem Aufwand über ledige Frauen, die ein Kind bekamen und deren Schwangerschaft bis in die 80-er Jahre hinein noch als Schande für die Familie galt. Entstanden sei eine menschlich aufwühlende Geschichte, die "erschreckende Parallelen zu heute auf mit der Diskussion über die Strafgesetz-Paragraphen 218 und 219", hieß es. Die Preisträger erhalten je 3.500 Euro. Den Themenpreis erhielt Hörfunkreporterin Isabelle Hartmann (37) für ihre im "Notizbuch" auf Bayern 2 ausgestrahlte Reportage "Ganzheitliche Hilfe für benachteiligte Familien – 25 Jahre Lichtblick Hasenbergl". Der Nachwuchspreis ging an Theresa Hein (28) für ihren im SZ-Magazin erschienenen Text "Was nicht passieren darf". Er dreht sich um einen pädophilen Jugendlichen und seine Familie. Beide Preise sind mit je 3.000 Euro dotiert.

Philip Lettmann (53) übernimmt den Vorsitz des Aufsichtsrates der sozial-ökologischen GLS Bank in Bochum. Er löst Ulrich Walter, der altersbedingt nicht mehr für den Aufsichtsrat kandidiert und mit der nächsten Generalversammlung Mitte Juni aus dem Gremium ausscheidet. Lettmann ist seit 2016 Mitglied des Aufsichtsrats. Er studierte Betriebswirtschaftslehre und arbeitet seit fast 30 Jahren mit dem Schwerpunkt Finanzen in verschiedenen Unternehmen und einer Beteiligungsgesellschaft. Irene Reifenhäuser bleibt stellvertretende Vorsitzende des Gremiums.

Claus Peter Reisch, der deutsche Kapitän des Rettungsschiffs "Lifeline" ist am 26. März im Weimarer Nationaltheater mit dem diesjährigen "Löwen" der Hilfsorganisation Human Projects ausgezeichnet worden. Er erhielt die mit 5.000 Euro dotierte Ehrung für seine "besondere Verdienste um Frieden und Versöhnung", begründete die Nichtregierungsorganisation aus dem baden-württembergischen Leonberg ihre Entscheidung.

Detlef Ahting (57), Diplom-Sozialwissenschaftler, bleibt Landesleiter der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) in Niedersachsen und Bremen. Er wurde von den Delegierten der 5. Landesbezirkskonferenz in seinem Amt bestätigt. Ahting erhielt 52,9 Prozent, sein Gegenkandidat Sebastian Wertmüller 47,1 Prozent. Ahting ist seit 2011 Landesbezirksleiter in Niedersachsen-Bremen.

Ulla Dürr (63), Diakonie-Vorständin in Fürth, ist nach fast 24 Jahren im Dienst des kirchlichen Trägers in den Ruhestand getreten. Die Sozialpädagogin wurde am 28. März mit einer Andacht in der Altstadtkirche St. Michael verabschiedet. Seit April 1995 war Dürr zunächst Abteilungsleiterin "Soziale Dienste", bevor sie 1998 zusätzlich die Aufgabe als stellvertretende Geschäftsführerin übernahm. Seit 2011 verantwortete Dürr nach der Umstrukturierung des Diakonischen Werks Fürth die Sozialen Dienste als hauptamtliche Vorständin und war zugleich Bezirksstellenleiterin. Die Vorstandsstelle werde im April wieder besetzt, hieß es.

Markus Brinkmann, SPD-Landtagsabgeordneter in Niedersachsen, ist neuer stellvertretender Vorsitzender des katholischen Kolpingwerks im Bistum Hildesheim. Rund 250 Delegierte wählten ihn neben Annette Stasche und Franziska Kandora in den von Andreas Bulitta geleiteten Vorstand. Damit steht erstmals ein Landtagsabgeordneter mit an der Verbandsspitze. Nach einer Satzungsänderung gibt es erstmals drei stellvertretende Vorsitzende. Das Kolpingwerk ist einer der großen katholischen Sozialverbände. Die Organisation engagiert sich insbesondere für junge Menschen, in der Arbeitswelt und für Familien.




sozial-Termine

Veranstaltungen bis Mai



April

2.4. Meckenbeuren:

Seminar "Sozialrecht in der Behindertenhilfe"

der Akademie Schloss Liebenau

Tel.: 07542/10-0

2.-4.4. Nürnberg:

Messe "Altenpflege - Zukunftstag"

des Fachverlages Vincentz

Tel.: 0511/89-30417

3.4. Berlin:

Seminar " Strategieentwicklung für Träger von ambulanten Pflege- und Betreuungsdiensten - Erfolgreiche Dienste zukunftsorientiert entwickeln - mit bewährten und neuen Ideen"

der BFS Service GmbH

Tel.: 0221/97356-159

4.4. München:

Seminar "Interne Revision bei gemeinnützigen Trägern"

der Solidaris Unternehmensgruppe

Tel.: 02203/8997-211

5.-6.4. Tutzing

Seminar "Arbeitsmarkt und Sozialsysteme im digitalen Wandel"

der Akademie für politische Bildung

Tel.: 08158/256-47

8.4. Hannover:

Seminar "Junge volljährige Flüchtlinge: Betreuung, Bildung, Arbeitsmarktintegration und Aufenthalt"

des Deutschen Vereins

Tel.: 030/62980605

8.-9.4. Hannover:

Seminar "Junge volljährige Flüchtlinge: Betreuung, Bildung, Arbeitsmarktintegration und Aufenthalt"

des Deutschen Vereins

Tel.: 030/62980-605

8.-9.4. Köln:

Seminar "Auf die Dauer hilft nur - Resilienz. Der Steh-Auf-Männchen-Effekt"

des Diözesan-Caritasverbandes Köln

Tel. 0221/2010273

8.-10.4. Remagen:

Seminar "Kritik- und Konfliktgespräche professionell führen"

der AWO Bundesakademie

Tel.: 030/26309-0

11.-12.4. Eichstätt:

Seminar "Ökonomie und Management der Sozialimmobilie"

der Katholischen Universität Eichstätt

Tel.:08421/932167

13.4. Wilhelmsdorf:

Fachtag "Teilhabe(n)": Gelingende Kommunikation im Erwachsenenalltag"

der Zieglerschen e.V.

Tel.: 07503/929-0

13.4. Frankfurt a.M.:

Studientag "Zukunft der Pflege - von einer Gesellschaft in Sorge zu eine sorgenden Gemeinschaft"

der Diakonie Hessen

Tel.: 069/174152611

15.4. Köln:

Seminar "Kultur-Vielfalt und Kita",

des Diözesan-Caritasverbandes Köln

Tel. 0221/2010273

29.-30.4. Dortmund:

Seminar "Versteh mich nicht zu schnell - achtsames Arbeiten mit geflüchteten Familien"

des SkF Bundesverbandes

Tel.: 0231/557026-41

Mai

2.-3.5. Meckenbeuren:

Seminar "Übergang vom Jugendlichsein zum Erwachsenenwerden - Lebenspläne, Ablösung, Perspektiven"

der Akademie Schloss Liebenau

Tel.: 07542/10-0

6.-7.5. Paderborn:

Seminar "Datenschutz aktuell"

der Fortbildungs-Akademie des DCV

Tel.: Tel.: 0761/200-1700

8.5. Hamburg:

Seminar "Controlling für Einrichtungen der Behindertenhilfe"

der Unternehmensberatung Solidaris

Tel.: 02203/8997-221

8.-10.5. Freiburg:

Seminar "Wenn das Miteinander zur Herausforderung wird. Führungskräfte als Vermittelnde bei Konflikt und Mobbing"

der Fortbildungs-Akademie des DCV

Tel.: 0761/200-1700

9.-10.5. Berlin:

Seminar "Psychose und Sucht - double trouble"

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/48837-495

16.-17.5. Filderstadt:

Seminar "Umgang mit Drohung und Gewalt"

der Bundesakademie für Kirche und Diakonie

Tel.: 030/48837-495