sozial-Politik

Studenten

Piktogramme erklären Flüchtlingen die deutsche Gesellschaft




Piktogramme sollen Flüchtlingen helfen, in die deutsche Gesellschaft hineinzufinden.
epd-bild/Jörg Nielsen
Ob im Flughafen, im Zug oder in einer fremden Stadt: Piktogramme erleichtern das Zurechtfinden in fremder Umgebung. Oldenburger Studierende haben nun Piktogramme für Flüchtlinge entwickelt, um ihnen die Regeln im deutschen Alltag zu erklären.

Eine stilisierte Waage, links und rechts auf den Wiegeschalen je eine angedeutete Frau und ein Mann - mehr braucht es nicht, um eine wesentliche Regel der deutschen Gesellschaft zu erklären: Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Ein Semester lang haben Studierende des Fachbereichs Kunst und Kommunikation an der Oldenburger Universität Piktogramme entwickelt, um ankommenden Flüchtlingen möglichst einfach die grundlegenden Regeln in Deutschland zu erklären. Rund 70 Entwürfe sind noch bis zum 29. Mai im Oldenburger Horst-Janssen-Museum zu sehen.

Die Idee zu den Piktogrammen stammt von der Stabsstelle für Integration der Stadt Oldenburg, sagt die ungarischstämmige Künstlerin Teréz Fóthy, die das Projekt fachlich begleitet hat. Piktogramme seien ideal, um die Regeln einer Gesellschaft zu verdeutlichen: "Sie sind kompromisslos und ohne Zwischentöne reduziert auf eine Botschaft, die von Menschen jeder Sprache und Kultur verstanden werden. So können sie auch Werte vermitteln."

Auch die Entsorgung von Klopapier wird dargestellt

Die Themen sind vielfältig: Sie reichen von Pünktlichkeit, über Familienmodelle, Warnungen vor dem Fahrradfahren mit dem Handy oder unter Alkoholeinfluss über Ruhezeiten bis hin zur Entsorgung von Toilettenpapier und Tampons. Die Piktogramme warnen vor dem Kleingedruckten in Handyverträgen oder erklären das deutsche Notrufsystem mit der 110 für die Polizei und 112 für die Rettungskräfte. Selbst für das Schwimmen mit Kopftuch und für die typisch oldenburgischen Kohlfahrten gibt es eine eingängige Darstellung.

Die Oldenburger Diakonie unterstützt das Projekt finanziell. "Wir halten das für eine tolle Idee, um Menschen ins Gespräch zu bringen", sagt Diakoniesprecher Frerk Hinrichs. Die Piktogramme sollen großformatig in Gemeinschaftsunterkünften aufgehängt und bei Integrationsmaßnahmen der Flüchtlingshilfe genutzt werden. Dazu sollen die Piktogramme im Postkartenformat auch an die Flüchtlinge verteilt werden.

Die 13 Studentinnen und zwei Studenten seien sehr kreativ an die Aufgabe herangegangen, sagt die Dozentin für Druckgrafik und Leiterin der grafischen Werkstätten, Katia Liebmann. Sie vermittelte den Studierenden die handwerklichen Fähigkeiten: "Einige Entwürfe haben einen hohen künstlerischen Wert."

Sexuelle Belästigung auf der Agenda

Zunächst hätten die Studierenden sich auf Alltagsprobleme konzentriert, berichtet Fóthy. "Das hat sich nach der Silvesternacht in Köln schlagartig geändert." Plötzlich ging es um sexuelle Belästigung, um Gleichberechtigung und um Gewalt. Sie zeigt auf ein eindrucksvolles Bild von Sveja Möller mit einer knienden Frau und einem stehenden Mann, der mit einem Gürtel samt Schnalle zum Schlag ausholt. Das schwarz-weiße Piktogramm ist überlegt mit einem roten Kreis und einem schrägen Balken. "Die Botschaft ist klar: Männer dürfen in Deutschland keine Frauen schlagen", unterstreicht die Künstlerin.

Auf einer blau-lila-farbenen Postkarte von Naomi Layla Weiss sind die in Deutschland akzeptierte Familienformen zu sehen: Die traditionelle Form mit Vater und Mutter, aber auch Familien mit zwei Müttern oder zwei Vätern. Bei einer Vorstellung der Piktogramme in einer Männergruppe von Migranten habe dies zu einer leidenschaftlichen Diskussion über familiäre Werte geführt, sagt Fóthy. "Mission erfüllt", fügt sie mit einem Augenzwinkern hinzu.

Jörg Nielsen


Integration

Deutschlandweit boomen Arabischkurse für Flüchtlingshelfer




Steigende Nachfrage: Arabischkurse für Flüchtlingshelferliegen voll im Trend.
epd-bild / Karen Miether
Claudia Ott hat "Tausendundeine Nacht" übersetzt und ist Expertin für orientalische Lyrik. Im Arabischkurs der evangelischen Kirche in Celle vermittelt sie Engagierten in der Flüchtlingshilfe die Grundlagen der Sprache und zunächst ganz Alltägliches.

Schwungvoll schreibt Claudia Ott arabische Lettern auf das Flipchart: Begrüßungsformeln und "schukran" - das Wort für Danke. Von rechts nach links geht das der Arabistin mühelos von der Hand. Viele ihrer Schüler im Urbanus-Rhegius-Haus im niedersächsischen Celle sehen dagegen erst einmal nur Schnörkel und Bögen. "Ein Buch mit sieben Siegeln", sagt Gertrud von Amsberg. Die 71-Jährige engagiert sich ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit. Deshalb wagt sie sich an die Herausforderung: Sie will Arabisch lernen und mit der fremden Sprache auch eine neue Schrift.

Mit der Ankunft der Flüchtlinge aus Ländern wie Syrien oder dem Irak boomen nach Beobachtung des Deutschen Volkshochschul-Verbandes auch die Arabischkurse. "Die verstärkte Nachfrage ist vor allem auf das Interesse von Menschen zurückzuführen, die sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagieren", sagt Verbands-Sprecherin Simone Kaucher.

In Niedersachsen etwa ist in 22 Volkshochschulen die Zahl der Kurse gestiegen - vor allem in der Nähe von Erstaufnahmen für Flüchtlinge. Von den 17 Volkshochschulen in Sachsen meldeten mehr als die Hälfte einen spürbaren Anstieg, in Chemnitz hat sich die Nachfrage verdreifacht. Auch in Bayern berichten die Bildungseinrichtungen von steigenden Teilnehmerzahlen. Einige Volkshochschulen haben extra neue Formate geschaffen. So bietet etwa Dinslaken-Voerde-Hünxe in Nordrhein-Westfalen einen Arabisch-Crashkurs für Verwaltungsmitarbeiter an.

Auch die Kirchen sind in der Ausbildung engagiert

Und die Volkshochschulen sind nicht die einzigen. In Celle fördert der evangelische Kirchenkreis den Arabischkurs. Mit Claudia Ott hat er eine besondere Botschafterin der arabischen Kultur engagiert. Die Wissenschaftlerin hat über arabische Epik promoviert. Für ihre Übersetzung der bisher ältesten Handschrift von "Tausendundeine Nacht" ist sie mehrfach ausgezeichnet worden. "Ich bin von der arabischen Kultur und Literatur fasziniert", sagt die 48-Jährige.

In ihrem Seminar geht es aber zunächst vor allem um Alltagsdinge, etwa darum, auf einem Dokument zu erkennen, wo der Geburtsort vermerkt ist. Neben den Ehrenamtlichen büffeln auch Mitarbeiter von Behörden, einer Klinik und der Celler Justizvollzugsanstalt bei Claudia Ott. Uwe Noltemeyer trägt noch die blaue Jacke mit der Aufschrift "Justiz" während er versucht, die besondere Logik der arabischen Sprache zu ergründen und in einem Text Buchstabenfolgen aufzuspüren. "Die Wurzel", nennt das seine Lehrerin.

In der Untersuchungshaft, wo Noltemeyer arbeitet, sind unter den verschiedensten Nationalitäten zunehmend Gefangene aus dem arabischen Raum. "Bei uns kann das keiner sprechen oder schreiben und Dolmetscher sind nicht immer greifbar", sagt er. "Schließlich herrscht Betrieb rund um die Uhr."

Der Zugang zu den Menschen wird erleichtert

Ähnliche Erfahrungen hat die Ärztin Kathrin Schmidt in einer psychiatrischen Klinik gemacht. Um die Menschen in Notsituationen aufzufangen, habe sie dann ein paar Vokabeln ausgegraben, an die sie sich aus früheren Urlauben noch erinnerte. "Man merkt, dass man gleich einen besseren Zugang bekommt", sagt sie. "Die Menschen sprechen dann ganz viel."

Dass die Sprache Türen öffnen kann, hat auch Claudia Ott schon oft erfahren. "Im Arabischen lässt man nichts unbeantwortet", sagt die Rothaarige mit dem blitzenden orientalischen Schmuck in den Ohren. Deshalb schreibt sie neben "Danke" und "gern geschehen" auch noch die höflichere Steigerungsform an das Flipchart: "Kein Dank für das, was meine Pflicht ist." Zugleich warnt sie schmunzelnd: "Wenn Sie das sagen, werden sie in Arabisch förmlich überschüttet werden."

Einander besser zu verstehen, darum geht es in dem Kurs. Bei denen, die versuchen, Flüchtlingen Deutsch beizubringen, klingt auch Bewunderung für den Fleiß der eigenen Schüler durch. "Ob Deutsch einfacher ist als Arabisch, weiß ich nicht", sagt die ehrenamtliche Flüchtlingshelferin Anna Hinrichs. "Aber ich komme ja von der anderen Seite." Und ein anderer Teilnehmer sagt: "Es ist auch eine Frage des Respektes, wenigstens ein bisschen Arabisch zu lernen."

Karen Miether


Bildungsinitiave

"ArbeiterKind" hilft beim Schritt an die Hochschule




Noch zu selten Ziel von Arbeiterkindern: Hochschulen, wie hier die Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main.
epd-bild / Thomas Rohnke
Seit acht Jahren unterstützt ArbeiterKind Schüler aus Nicht-Akademiker-Familien dabei, ein Studium aufzunehmen. Eines der Haupthindernisse: die Finanzierung. Nun braucht die Initiative selbst Geld. Deshalb startet sie am 5. Mai eine Spendenaktion.

David Dietsch hatte es geschafft: Als einer von rund 100 Studienanfängern saß er im Anzug bei der feierlichen Begrüßungsveranstaltung der renommierten Bucerius Law School in Hamburg. "Dennoch war da ein mulmiges Gefühl", erinnert sich der angehende Jurist. Denn zwei Stunden vor seinem Start an der Elite-Uni hatte Dietsch noch beim Sozialamt gesessen, um einen Überbrückungskredit bis zum Beginn der Bafög-Zahlungen zu beantragen.

Solche Situationen fürchten viele Kinder aus Nichtakademikerfamilien, und geben ihre Studienpläne rasch auf. Dass sie dennoch den Mut aufbringen, verdanken viele an angehenden Akademiker der Unterstützung durch ArbeiterKind.

Die gemeinnützige Initiative, die 2008 von der Gießener Doktorandin Katja Urbatsch gegründet wurde, wollte eigentlich nur vor Ort Arbeiterkinder zum Studium ermutigen. Doch die Initiatoren wurden von Anfragen aus ganz Deutschland überflutet.

Bundesweiter Einsatz erfordert hauptamtliches Personal

Heute arbeiten bundesweit 14 fest angestellte Mitarbeiter für die Initiative, davon fünf in der Berliner Geschäftsstelle. Sie betreuen rund 6.000 Ehrenamtliche in 75 Städten, die vor Ort beraten und Stammtische organisieren. Daneben bietet ArbeiterKind ein Info-Telefon sowie ein Online-Netzwerk an.

Die Nachfrage nach Beratung bei Studierenden der ersten Generation sei hoch, sagt ArbeiterKind-Sprecherin Evamarie König. Denn im internationalen Vergleich sei der Bildungserfolg von Kindern in Deutschland immer noch stark vom Wissensstand der Eltern abhängig. Von 100 Kindern aus nichtakademischen Familien nehmen nur 23 ein Studium auf. Von 100 Akademikerkindern studieren hingegen 77.

Einer der Hauptgründe sei die Angst, sich das Studium nicht leisten zu können, berichtet König. "Wie komme ich an BAföG?", sei eine der häufigsten Fragen, bestätigt Janina Schwabe. Die Studentin in der städtischen Zentralbibliothek in Bonn. Vor ihr auf dem Tisch liegen Flyer, hinter ihr steht eine Stellwand mit dem Schriftzug von ArbeiterKind. Einen Nachmittag im Monat bietet sie hier ehrenamtlich eine offene Sprechstunde für studierwillige Nichtakademiker-Kinder an.

"Wenn es gewünscht wird, begleiten wir die Leute auch zum Bafög-Amt", sagt Schwabe, die gerade ihren Bachelor in Pflegewissenschaft macht. Die Bonner Gruppe organisiert außerdem monatliche Info-Veranstaltungen an Schulen und einen regelmäßigen Stammtisch. Oft fehlten Studieninteressenten einfach die notwendigen Informationen, beobachtet Schwabe. "Es gibt zum Beispiel eine ganze Menge unterschiedlicher Stipendien. Auch Schüler, die keinen Einser-Durchschnitt im Abi haben, haben Chancen. Das wissen viele nicht."

Manchmal sind es aber nicht nur die finanziellen Sorgen, die Abiturienten vom Studium abhielten, weiß Schwabe. Teilweise mangele es auch an der Unterstützung der Eltern.

Oft sind die eigenen Eltern keine große Hilfe

Auch David Dietsch bedauert, dass seine Eltern ihn nicht moralisch bei seiner Entscheidung zum Studium unterstützten: "Wir leben einfach in unterschiedlichen Welten." Nach der Realschule hatte der 27jährige zunächst eine Ausbildung im familieneigenen Betrieb gemacht: "Es ist nicht leicht, seinem Vater dann zu erklären, dass man etwas anderes machen und den Betrieb nicht übernehmen will."

Heute ist Dietsch selbst ehrenamtlicher Mentor bei ArbeiterKind. Die Initiative hat mittlerweile so prominente Unterstützer wie Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, Airbus-Chef Thomas Enders oder Bundesbildungsministerin Johanna Wanka, die für das ArbeiterKind-Videoportal ersteanderuni.de ihre Erfahrungen schilderten.

An Unterstützung vonseiten der Politik mangelt es ArbeiterKind nicht. Dennoch muss sich die gemeinnützige Initiative mittlerweile um ihre Finanzierung sorgen. Bislang sei ArbeiterKind aus unterschiedlichen Töpfen gefördert worden, unter anderem durch das Bundesbildungsministerium, sagt Sprecherin König. Diese Förderungen seien aber immer nur befristet und machten längerfristige Planungen schwierig. "Davon möchten wir loskommen."

Deshalb will die Initiative nun genügend private Spender finden, um unabhängig von öffentlichen Geldern zu werden. Zum achten Geburtstag am 5. Mai soll eine Spendenaktion starten: "Wir stehen am Scheideweg. Wir wollen weiter wachsen, doch dazu braucht es eine gesunde Finanzierung."

Claudia Rometsch


Nordrhein-Westfalen

Zahl der Empfänger von Grundsicherung steigt



Die Zahl der Menschen, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beziehen, ist im Jahr 2015 in Nordrhein-Westfalen um 2,1 Prozent angestiegen. Ende des vergangenen Jahres erhielten 267.624 Menschen entsprechende Leistungen, wie das statistische Landesamt am 29. April in Düsseldorf mitteilte. Der durchschnittliche Nettobezug pro Person habe bei 466 Euro (2014: 454 Euro) pro Monat gelegen.

Aus Sicht des Sozialverbandes VdK Nordrhein-Westfalen ist dies "ein Armutszeugnis für die wohlhabende Bundesrepublik". "Es müssen endlich effektive Maßnahmen gegen die wachsende Altersarmut in Angriff genommen werden", sagte der VdK-Landesvorsitzender Karl-Heinz Fries und forderte eine grundlegende Korrektur der Rentenpolitik. Die gesetzliche Rente nach langjähriger vollzeitnaher Erwerbstätigkeit müsse deutlich über dem Grundsicherungsniveau liegen.

44,9 Prozent (120.200) der 19- bis 64-jährigen Leistungsbezieher erhielten im vergangenen Jahr die Grundsicherung aufgrund einer dauerhaften Erwerbsminderung, wie die Statistiker mitteilten. Das Durchschnittsalter der Hilfeempfänger bei voller Erwerbsminderung habe bei 46,2 Jahren gelegen. 55,1 Prozent (147.424) der Leistungsempfänger hatten den Angaben zufolge die Altersgrenze erreicht und erhielten somit die Grundsicherung im Alter. Ihr durchschnittliches Alter habe 74,4 Jahre betragen. Mehr als die Hälfte (54,7 Prozent) der Leistungsempfänger waren Frauen.



Migration

Studie zeigt Armutsrisiko von Zuwanderern



Zuwanderer sind einer Studie zufolge besonders stark von Armut betroffen. Erwerbsarbeit trage dazu bei, ihr Armutsrisiko zu senken, teilte das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf am 29. April mit. Um ein Einkommen über der Armutsgrenze zu erzielen, seien aber Qualität und Umfang der Beschäftigung entscheidend. "Es reicht ganz offensichtlich nicht, irgendeinen Job zu finden, um aus der Armut herauszukommen", erläuterte der WSI-Sozialexperte Eric Seils.

Laut seiner Analyse von Zahlen aus dem Mikrozensus lebten 2014 mehr als die Hälfte der Einwanderer aus dem Irak, dem Iran, Syrien, Afghanistan und Pakistan in Armut. Bei den Zuwanderern aus Nordafrika lag die Armutsquote bei 41,1 Prozent und damit ebenfalls deutlich höher als beim Durchschnitt der Gesamtbevölkerung (15,4 Prozent). Unter den Erwerbstätigen war das Armutsrisiko geringer, hieß es. Aber auch unter den Migranten aus den Ländern des Orients, die einen Job hatten, zählte noch jeder dritte als arm, bei den Nordafrikanern fast jeder vierte.

Diese Zahlen zeigten, dass irgendeine Arbeit zur Überwindung von Armut nicht ausreiche, betonte Seils. Der Forscher forderte, bei Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration von Zuwanderern auch einen Fokus auf die Qualifikation von Frauen zu legen. "Es kommt darauf an, die Frauen in den Stand zu setzen, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen und damit substanziell zum Haushaltseinkommen beizutragen."

Als arm gelten Haushalte, deren Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung beträgt. Im Jahr 2014 waren das für einen Alleinstehenden 917 Euro im Monat.



Statistik

Bildung entscheidend für Integration



Migranten in Deutschland sind mit rund 35 Lebensjahren im Durchschnitt elf Jahre jünger als Menschen ohne Migrationshintergrund (46,8 Jahre). Zudem gibt es mehr Ledige unter den Einwanderern, mehr Menschen in Ausbildung und weniger im Rentenalter. Da sind einige Ergebnisse des am 3. Mai in Berlin vorgestellten Datenreports 2016 zu den Themen "Migration und Integration".

Für den Bericht haben Statistiker und Sozialforscher Zahlen aus verschiedenen Lebensbereichen zusammengestellt. Herausgeber des Datenreports sind das Statistische Bundesamt, die Bundeszentrale für politische Bildung, das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und das Sozio-ökonomische Panel (SOEP) am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).

Dem Bericht zufolge gilt auch für Migranten: je besser qualifiziert, umso seltener erwerbslos. 65 Prozent der 15- bis 64-Jährigen mit Migrationshintergrund waren 2014 erwerbstätig, elf Prozentpunkte weniger als in der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund (76 Prozent). Der Anteil der Erwerbslosen war bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund (sieben Prozent) deutlich höher als bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund (vier Prozent).

Die Bedeutung von Bildung zeigt sich den Angaben zufolge auch beim Einkommen: 2014 verdienten Zuwanderer mit niedrigem Bildungsabschluss 272 Euro weniger als jene mit mittlerem Abschluss; diese wiederum 683 Euro weniger als solche mit hohem Abschluss. Bei Menschen ohne Migrationshintergrund betrugen die Unterschiede 311 Euro und 963 Euro.

Vergleichsweise hoch ist die Armutsquote unter älteren Migranten mit mindestens 50 Jahren. Von diesen aus Gastarbeiter-Anwerbeländern stammenden Menschen hatten fast zwei Drittel keinen berufsqualifizierenden Abschluss. Nur die Hälfte gehe noch einer Beschäftigung nach, hieß es. Mehr als ein Viertel bezieht bereits eine Rente, meist aufgrund von Erwerbsunfähigkeit. Armutsgefährdet sind demnach knapp ein Viertel der 50- bis 64-Jährigen und gut ein Drittel der über 65-Jährigen.

Etwas besser stellt sich die Lebenssituation der älteren (Spät-) Aussiedler dar: Drei Viertel der 50- bis 64-Jährigen besitzen einen Berufsabschluss. Ebenso viele gehen noch einer Erwerbstätigkeit nach. Dennoch ist auch bei ihnen die Armutsquote mit 18 Prozent vergleichsweise hoch, wie es hieß.



Thüringen

Entscheidung über viele Asylanträge binnen Wochenfrist



Die Verfahrensdauer für neugestellte Asylanträge hat sich in Thüringen deutlich verkürzt. Wenn die nötigen Dokumente vorlägen, und der Antragsteller aus einem klar sicheren oder unsicheren Herkunftsland komme, werde inzwischen innerhalb einer Woche über den Antrag entschieden, sagte der Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Frank-Jürgen Weise, am 3. Mai in Erfurt.

"Diese Wochenfrist gilt inzwischen für etwa die Hälfte der Verfahren", sagte Weise. Die Gründe dafür seien der fast vollständige personelle Aufbau der BAMF-Außenstellen und der starke Rückgang bei den aktuellen Flüchtlingszahlen. Bei komplizierteren Entscheidungen würde dann die Expertise erfahrenerer Mitarbeiter herangezogen. Zudem sei in Thüringen ein Verfahren entwickelt worden, dass wegen seiner Effizienz inzwischen auch in anderen Bundesländern Anwendung fände.

Nach Angaben des Migrationsministeriums sind in Thüringen im April nur 70 neue Flüchtlinge registriert worden. Das erlaube jetzt, die große Zahl noch nicht eröffneter Verfahren abzuarbeiten, sagte Minister Dieter Lauinger (Grüne). Nach seinen Angaben trifft das auf noch auf etwa 10.000 der insgesamt 30.000 Flüchtlinge zu, die 2015 in Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes kamen. Er rechne damit, dass dieser "Berg" bis zum Jahresende verschwunden sei.



Flüchtlinge

Hilfsorganisation: Weniger Todesfälle auf dem Mittelmeer



Von Januar bis April 2016 sind laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) deutlich weniger Flüchtlinge auf dem Mittelmeer ums Leben gekommen als im Vergleichszeitraum 2015. Im laufenden Jahr sei ein Todesfall pro 136 angekommene Flüchtlinge registriert worden, teilte die IOM am 3. Mai in Genf mit. Von Januar bis April 2015 sei ein Todesfall auf 28 angekommene Flüchtlinge gezählt worden.

Die Hilfsorganisation erklärte den Rückgang mit den geänderten Fluchtrouten. In diesem Jahr seien die meisten Flüchtlinge von der Türkei über das ägäische Meer nach Griechenland gekommen, eine vergleichsweise wenig gefährliche Route für die kaum seetauglichen Boote. Im vergangenen Jahr hätten weitaus mehr Flüchtlinge die riskante zentrale Mittelmeer-Route von Nordafrika nach Italien gewählt.

Insgesamt erreichten seit Jahresbeginn bislang laut IOM knapp 185.000 Flüchtlinge über das Mittelmeer die Länder Europas. Knapp 1.360 Menschen seien bei der Passage ums Leben gekommen. Von Januar bis April 2015 schafften es der Organisation zufolge knapp 53.000 Flüchtlinge über das Mittelmeer bis zu den europäischen Küsten. Mehr als 1.730 Männer, Frauen und Kinder hätten ihr Leben verloren.



Jugendliche

Verband: Minderjährige Flüchtlinge verschwinden zeitweise



Rund 20 Prozent der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Baden-Württemberg verschwinden zumindest kurzzeitig bei der Verteilung auf die ihnen zugewiesenen Stadt- und Landkreise. Die Ursache sei, dass die meisten von ihnen genau wüssten, wohin sie eigentlich wollten, teilte der Direktor des Kommunalverbands für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS), Roland Klinger, am 29. April in Stuttgart mit. Manche wollten in bestimmte große Städte, andere hätten Bekannte in Deutschland oder Europa, zu denen sie wollten.

"Wir gehen davon aus, dass die meisten von ihnen kurze Zeit später woanders wieder auftauchen", sagte Klinger. Das Landesjugendamt erhoffe sich mehr Klarheit mit dem einheitlichen Meldesystem für die sogenannten UMA (unbegleitete minderjährige Ausländer), das der Bund und die Länder derzeit aufbauen.

Derzeit leben rund 7.100 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Baden-Württemberg. Von ihnen stammen 51 Prozent aus Afghanistan, 15 Prozent aus Syrien und knapp neun Prozent aus Somalia, teilte der KVJS weiter mit. Die Mehrheit, 71 Prozent, seien zwischen 16 und 17 Jahre alt, rund ein Viertel zwischen 14 und 15 Jahre, knapp fünf Prozent jünger als 14 Jahre, hieß es in der Mitteilung weiter. Unter ihnen seien nur drei Prozent Mädchen.

Baden-Württemberg muss knapp 13 Prozent aller in Deutschland ankommenden unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aufnehmen. Derzeit seien 80 Prozent des Kontingents belegt



Niedersachsen

Vorbildliche Sprachlern-Projekte werden ausgezeichnet



Der Niedersächsische Integrationspreis soll in diesem Jahr an Sprachlern-Projekte für Flüchtlinge und Migranten gehen. Bis zum 30. Mai können sich Initiativen, Vereine und Institutionen bewerben, die Menschen beim Lernen der deutschen Sprache helfen, teilte die niedersächsische Migrationsbeauftragte, Doris Schröder-Köpf, am 2. Mai in Hannover mit. Sie trügen dazu bei, dass sich Flüchtlinge und Migranten am gesellschaftlichen Leben beteiligen und sich zugehörig fühlen könnten. Der Preis ist mit 24.000 Euro dotiert.

Der Preis unter dem Motto "Zugehörigkeit durch Verständigung - Sprache ist der Schlüssel zur Teilhabe" wird im November zum siebten Mal verliehen. Zur Jury zählen neben der Migrationsbeauftragten unter anderem der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Norbert Trelle, und die iranische Theaterregisseurin, Mina Salehpour.



Bundesregierung

Fördergeld für zehn Migrantenorganisationen



Seit dem Jahr 2013 haben zehn Migrantenorganisationen im Rahmen der strukturellen Förderung Zuwendungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erhalten. Das teilte die Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion mit. Laut Information des Bundestages vom 3. Mai belaufen sich die abgerufenen Fördermittel für die Zeit von Oktober 2013 bis Ende 2015 auf insgesamt gut 2,34 Millionen Euro. Die Höhe der bewilligten Fördergelder für Januar bis September 2016 wird mit insgesamt gut 930.000 Euro angegeben.

Ziel der strukturellen Förderung ist es der Antwort zufolge, die Verbände durch die finanzielle Förderung hauptamtlichen Personals in die Lage zu versetzen, selbstständig Mittel für ihre operative Arbeit zu gewinnen. Die Strukturförderung der Bundesdachorganisationen laufe noch bis September 2016, hieß es.

Die bisherige Beobachtung des Projektes hätte gezeigt, "dass mit der strukturellen Förderung eine Professionalisierung der Aktivitäten der Dachorganisationen einhergeht". Durch das hauptamtliche Personal sei es den Organisationen möglich, sich in ihrer Arbeit auf spezifische Themenfelder wie beispielsweise die Unterstützung von Neuzuwanderern oder vertiefte Kooperationen zu konzentrieren. Verbessert worden sei im Rahmen der Förderung auch der mediale Auftritt der Organisationen.

Wie die Bundesregierung ferner ausführt, sollen im Rahmen der Strukturförderung "den migrantischen Dachorganisationen Wege aufgezeigt werden, ihre gewonnenen Organisationsstrukturen eigenständig zu sichern und fortzuführen". Daher solle den Dachverbänden nach Ende der Projektlaufzeit die Möglichkeit gegeben werden, einen Folgeantrages für weitere zwei Jahre zu stellen. Eine langfristige Implementierung der Strukturförderung für die bisher geförderten Dachorganisationen sei indes nicht geplant, hieß es.



Schulabgänger

Grüne: Betriebe sollen mehr ausbilden



Die Bundestagfraktion der Grünen hat die Bundesregierung aufgefordert, die Ausbildungsförderung in Deutschland zu verstärken. Die aktuellen Zahlen zum Ausbildungsmarkt verweisen in mehreren Bereichen auf bedenkliche Entwicklungen, mahnten die Grünen laut Bundestag am 29. April in einem Antrag. Zentrale Ziele der im Dezember 2014 geschlossenen Allianz für Aus- und Weiterbildung seien nicht erreicht worden, auch wenn der Berufsbildungsbericht 2016 auf den ersten Blick einen soliden Eindruck des deutschen Ausbildungsmarktes vermittele.

Die Partei will erreichen, dass die Regierung dem Bundestag bis zum Juni ein Konzept vorlegt, um die im Berufsbildungsbericht 2016 genannten zentralen Herausforderungen zur Zukunftsfähigkeit des dualen Systems schon im Ausbildungsjahr 2016/2017 angehen zu können.

Den Angaben zufolge bemängeln die Grünen, dass nur noch jeder fünfte Betrieb in Deutschland ausbilde und dieser Anteil im Jahr 2015 trotz bester Konjunktur sogar leicht gesunken sei. Auch das im Rahmen der Allianz für Aus- und Weiterbildung im Dezember 2014 vereinbarte Ziel, 20.000 zusätzliche Ausbildungsstellen bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu melden, sei im Ausbildungsjahr 2015/2016 verfehlt worden.

Die Partei verwies auf den Berufsbildungsbericht, dem man entnehmen könne, dass statt 20.000 nur etwa 7.300 zusätzliche Lehrstellen von der Wirtschaft bereitgestellt worden seien. Rund 20.700 junge Menschen seien bei ihrer Suche leer ausgegangen.

Die Zahl der Bewerber, die eine sogenannte "Alternative" zur Ausbildung begonnen hätten, weil sie kein geeignetes Angebot finden konnten, sei mit über 60.000 ebenfalls nach wie vor zu hoch. Dazu komme noch die große Gruppe von "unversorgten" Suchenden: Mit über 185.000 sei die Zahl der sogenannten "Altbewerber", die seit mehr als einem Jahr als ausbildungsplatzsuchend gemeldet seien, im Vorjahresvergleich nahezu unverändert geblieben.

Die Grünen plädierten für eine Ausbildungsgarantie. Die müsse unverzüglich umgesetzt werden, damit allen jungen Menschen der direkte Zugang zu einer Berufsausbildung mit anerkanntem Abschluss offenstehe.



Aidsprävention

Bund startet Kampagne "Liebesleben"



Der Bund startet eine neue Informationskampagne zur Eindämmung von HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen. Die Aktion stehe unter dem Motto "Liebesleben", hieß es bei der Vorstellung am 4. Mai in Berlin. Demnach werden ab Mitte Mai Cartoons auf über 65.000 Plakatflächen bundesweit Botschaften wie "Benutz‘ Kondome" oder "Wenn was nicht stimmt, ab zum Arzt" verbreiten. "Liebesleben" solle die zeitgemäße Weiterentwicklung der 1987 begonnenen erfolgreichen Vorgängerkampagne "Gib Aids keine Chance" sein, hieß es.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sagte, "Gib Aids keine Chance" habe bei vielen Menschen mehr Bewusstsein im Umgang mit HIV geschaffen. Die Zahlen zeigten aber auch, dass diese Anstrengungen nicht nachlassen dürfen. "Jetzt geht es darum, die Bekämpfung von HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten mit einem übergreifenden Ansatz fortzusetzen und zu verstärken", so Gröhe.

Die neue Kampagne soll das Wissen um sexuell übertragbare Infektionen in der Gesamtbevölkerung steigern und ein größeres Symptom- und Risikobewusstsein schaffen, sagte die Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Heidrun Thaiss.

Zur Eindämmung von HIV, Hepatitis und anderen sexuell übertragbaren Infektionen hat das Bundeskabinett Anfang April eine neue Strategie verabschiedet. Darin sollen unter anderem Aufklärungs- und Präventionsangebote stärker als bisher genutzt und Angebote weiter ausgebaut werden. Unterstützt wird die neue Kampagne vom Verband der Privaten Krankenversicherung.



Bayern

Huml weist Forderung nach Fixerstuben zurück



Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) hat die Forderung des Bayerischen Bezirketags nach legalen Fixerstuben im Freistaat abgelehnt. Es gebe dafür gute Gründe, ließ Huml am 2. Mai mitteilen. Es sei ein Widerspruch, wenn der Besitz und der Erwerb von Rauschgift strafrechtlich verfolgt werde, "andererseits aber der Konsum von illegal beschafftem Rauschgift in Drogenkonsumräumen" staatlich erleichtert und geschützt werde. In Bayern gebe es "vor allem in Großkommunen Netze von niedrigschwelligen Hilfen für Suchtkranke", sagte Huml.

Huml forderte eine Versachlichung der Debatte. Der Anstieg der Zahl der Drogentoten auf den höchsten Stand seit 15 Jahren in Bayern sei natürlich besorgniserregend. Deshalb wolle der Freistaat die Prävention in diesem Bereich weiter verstärken. Insgesamt investiere man für die Suchtprävention und Suchthilfe jährlich sieben Millionen Euro. Es sei "reine Spekulation", dass der Verzicht Bayerns auf Drogenkonsumräume der Grund für den Anstieg der Zahl der Drogentoten sei, betonte sie.

Bezirketags-Präsident Josef Müderer (CSU) hatte sich in einem Brief an Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) im März dafür ausgesprochen, eine Verordnung zu erlassen, die auch in Bayern die Einrichtung von Fixerstuben ermögliche. Bei der Tagung des Bezirketags am 13. Mai im unterfränkischen Bad Kissingen sollen die Drogenkonsumräume neben anderen Tagesordnungspunkten ein wichtiges Thema sein.



Niedersachsen

Psychiatrische Klinik für minderjährige Straftäter eröffnet



Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) hat am 2. Mai in Bad Zwischenahn bei Oldenburg die erste jugendpsychiatrische Klinik für minderjährige Straftäter in Niedersachsen eröffnet. In den 7,9 Millionen Euro teuren Neubau der Karl-Jaspers-Klinik könnten Jugendliche zwischen 14 und 24 Jahren eingewiesen werden, sagte die Ministerin. Die Jugendforensik mit zwei geschlossenen Stationen und jeweils zwölf Betten ist damit die bundesweit zehnte Einrichtung dieser Art.

Ziel der Einrichtung sei es, den jungen Menschen pädagogisch-therapeutisch zu helfen, "die aus unserer Gesellschaft kommen, in die sie nach erfolgreicher Therapie auch wieder zurückkehren werden", sagte die Ministerin ihrem Redemanuskript zufolge.

Kaum einer der Patientinnen und Patienten habe die Erfahrung eines Schutz und Sicherheit gebenden Elternhauses erleben dürfen, sagte Rundt. "Sie waren oft früh auf sich allein gestellt, fanden keine Orientierung und Wertschätzung in ihrem sozialen Umfeld." Die Betroffenen seien häufig von "Erfahrungen des Scheiterns" geprägt. Entsprechend schwierig sei es, einen neuen vertrauensvollen und konstruktiven Zugang zu ihnen zu finden.

Die jugendlichen Straftäter sind psychisch erkrankt oder leiden unter einer Suchterkrankung. Bevor sie eingewiesen werden, muss eine völlige oder zumindest teilweise Schuldunfähigkeit von einem Experten diagnostiziert werden. Wer wegen einer Drogensucht eingewiesen wird, darf höchstens für zwei Jahre weggeschlossen werden. Wird jedoch eine psychiatrische Erkrankung festgestellt, etwa eine Psychose, ist die Verweildauer in der Forensik nicht beschränkt.



Niedersachsen

Ministerin fordert mehr Mitsprache der Kommunen bei Pflege



Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) fordert eine stärkere Rolle der Kommunen bei der Planung von Pflege-Dienstleistungen. Es müsse auch geprüft werden, ob ein von den Kommunen gesteuertes Zulassungsverfahren für Pflegeangebote eingeführt werden solle, sagte Rundt am 3. Mai in Hannover: "Es macht keinen Sinn, dass wir in den Städten ein Überangebot in der Pflege haben, während auf dem Land keine ausreichende Versorgung mehr bereitsteht."

Bislang können Pflege-Einrichtungen in Deutschland überall die Arbeit aufnehmen, sobald sie gewisse Voraussetzungen erfüllen. Nötig sei allerdings eine angemessene Bedarfsplanung, unterstrich die Ministerin. Die Kommunen hätten dafür die erforderlichen Ortskenntnisse und wüssten am besten, wo es Überkapazitäten und Engpässe gebe. Rundt äußerte sich nach einer dreitägigen Delegationsreise nach Dänemark und Schweden mit Vertretern der Landtagsfraktionen und der kommunalen Spitzenverbände sowie von Verbänden, Krankenkassen und Pflegeanbietern.

In Dänemark entschieden die Kommunen darüber, wie die Pflege vor Ort aussehen solle. Dies könne in Grundzügen auch ein Vorbild für Deutschland sein. "Wir haben in einem Flächenland wie Niedersachsen eine besondere Verantwortung für die Daseinsvorsorge der Bürgerinnen und Bürger", betonte Rundt. "Die meisten Menschen wollen in ihrer vertrauten Umgebung leben bleiben, wenn sie pflegebedürftig werden."

Es gehe zudem um den Schutz der rund 70.000 Beschäftigten in der Pflegebranche. In Niedersachsen sorge derzeit ein ruinöser Wettbewerb für schlechte Arbeitsbedingungen, kritisierte die Ministerin. Darunter leide die Qualität der Pflege, und Fachkräftemangel werde beschleunigt.




sozial-Branche

Behinderung

Der Chor der Hände




Die "Sign-Singers" in Aktion.
epd-bild/Birgit Vey
Ein Chor, in dem keiner singt? Den gibt es in Tübingen, und er macht "Musik" in der Gebärdensprache. Das ist nicht nur ein Erlebnis für Gehörlose, sondern auch für Hörende.

Da steht der kleine Chor zusammen. Und kein Ton kommt über die Lippen seiner Mitglieder. Stattdessen formt die Gruppe mit den Fingern Buchstaben-Figuren. "Sign Singers" nennen sich die Tübingerinnen, die Lieder in Gebärdensprache vortragen.

Seit 2002 ist die Gebärdensprache in Deutschland als eigenständige Sprache anerkannt. "Das ist die Muttersprache der Gehörlosen", erklärt Rita Molthau, Leiterin der Sign Singers. 80.000 Gehörlose gibt es laut Deutschem Gehörlosenbund in der Republik. Zu 15 Prozent werde die Taubheit vererbt, in den meisten Fällen sind Krankheiten oder Unfälle die Ursachen.

Auch Molthaus Eltern sind gehörlos. Die gelernte Erzieherin beherrscht diese Sprache also perfekt und gibt ihr Wissen als Dolmetscherin und VHS-Dozentin seit 15 Jahren weiter. Aus diesen VHS-Kursen kristallisierte sich der Chor heraus.

"Wir sprechen mit dem ganzen Körper"

"Die Gebärdensprache kann man mit dem Chinesischen vergleichen", sagt Molthau. Denn beide Sprachen setzen auf Zeichen. Allerdings gibt es einen Unterschied: Die Gehörlosen-Sprache kennt keine Schrift. "Wir sprechen mit dem ganzen Körper", beschreibt es die Dozentin.

Im Einsatz sind unter anderem die Finger. Ein waagerechter Daumen und ein senkrechter Finger stehen für den Buchstaben "L". Auch ganze Wörter gelingen auf diese Weise, etwa eine mit dem Finger vor dem Gesicht gezeichnete Schlangenlinie, die den Donnerstag darstellt. Selbst Grammatik kann man so vermitteln, beispielsweise Relativsätze. Hoch gezogene Augenbrauen bedeuten "wenn", herabfallende Augenbrauen "dann".

Diese Gesten und die Mimik sind das Besondere bei den Konzerten, bei denen ein zweiter, singender Chor den klanglichen Part übernimmt. "Es stellt sich ein stille, aufmerksame Atmosphäre ein", erklärt Molthau. So kann das Publikum die visuellen Botschaften aufnehmen. "Wir informieren über die Augen", wie es Teilnehmerin Laura Sniegula formuliert. "Es macht Klick im Kopf, und der Text wird verstanden", ergänzt Kollegin Katharina Tress.

Für Gehörlose werden so die gesungenen Liedzeilen verständlich. Und Gesten vermitteln Hörenden, dass auch sie manchen Inhalt nicht kannten. Wiegende Hände, die ein fiktives Kind halten, zeigen die "Sign Singers" beispielsweise und demonstrieren damit, worum es in einem Liebeslied tatsächlich geht.

"Man muss seine Gefühle einbringen", findet Sniegula. Dem stimmt Molthau zu: "Unsere Konzerte sind doppelt emotional, sie gehen direkt ins Herz." Die große Herausforderung sei, für die verschiedenen Facetten die passenden Zeichen zu finden. "Die Klänge der Melodie, das Fröhliche, Leichte und Traurige in Gebärdensprache übertragen", beschreibt es die Leiterin.

Auftritte ziehen nicht nur Gehörlose an

Balladen von Sängerin Adele und Fetziges von Michael Jackson gehören zum Repertoire. Auch ironische Anspielungen wie Herbert Grönemeyers "Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist" tragen die "Sign Singers" vor. "Das zieht nicht nur Gehörlose an", sind sich alle einig. Beim Refrain machen auch Hörende in Gebärdensprache mit. Und das Konzert beschließen die Gäste am Ende mit Händen, die nach oben schnellen und sich drehen - dem Applaus der Gehörlosen.

"Nach dem Auftritt kommen viele Fragen", sagt Doreen Sniegula. Eine lautet, ob die "Sign Singers" selbst taub seien, was sie nicht sind. "Wenn wir die Lieder nicht hören würden, könnten wir sie gar nicht angemessen in Gebärdensprache übersetzen", antwortet ihre Tochter Laura.

Birgit Vey


Gastbeitrag

Pflege

Pflegepolitik statt Einzelklagen




Hanno Heil
epd-bild/VKAD/Ehrlich
Mit seiner Verfassungsklage gegen den "Pflegenotstand" ist der Sozialverband VDK gescheitert. Doch das heißt nicht, dass in der Pflege keine eklatanten Probleme bestehen. Im Gegenteil. Doch sie sind nicht auf dem Klagewege zu lösen. Die Politik ist gefordert, endlich dringende Reformen umzusetzen, schreibt Hanno Heil, Vorsitzender des Verbandes Katholischer Altenhilfe in Deutschland (VKAD), in seinem Gastbeitrag.

Die Verfassungsbeschwerde des Sozialverbandes VDK gegen den sogenannten "Pflegenotstand" wurde im Februar durch das Bundesverfassungsgericht gar nicht erst zur Entscheidung angenommen. Karlsruhe locuta – causa finita? Karlsruhe hat gesprochen – ist damit die Sache erledigt? Für die Praktiker in der Pflege wohl kaum. Das Anliegen des VDK war es, gestützt auf die Promotion von Susanne Moritz, feststellen zu lassen, dass die gegenwärtigen staatlichen Maßnahmen zum Schutze der Grundrechte von Pflegeheimbewohnern nicht genügen und der Staat zur Abhilfe und kontinuierlichen Überprüfung verpflichtet ist.

Das Verfassungsgericht hat dagegen argumentiert, dass es erst dann eingreifen könne, wenn der Gesetzgeber seine Pflicht evident verletzt hat. Die Verletzung einer grundrechtlichen Schutzpflicht durch Unterlassen des Gesetzgebers sei aber nicht hinreichend substanziell vorgetragen worden. So seien den Richtern zufolge weder Unzulänglichkeiten von landes- und bundesrechtlichen Regelungen zur Qualitätssicherung ausreichend deutlich dargelegt worden, noch zeige die Beschwerde auf, inwieweit sich eventuelle Defizite in der Versorgung von Pflegebedürftigen durch staatliche normative Maßnahmen effektiv verbessern ließen.

Karlsruhe verweist auf fachgerichtlichen Rechtsschutz

Die Verfassungsbeschwerde belegt nach Meinung des Gerichts auch nicht hinreichend, dass die Beschwerdeführer selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihren Grundrechten verletzt worden seien. Das Gericht verweist die Beschwerdeführer sodann auf die Wahlmöglichkeit zwischen unterschiedlichen Pflegeheimen und die Möglichkeit des fachgerichtlichen Rechtsschutzes.

Dass überhaupt ein Beschluss des höchsten deutschen Gerichtes herbeigeführt werden musste, verweist auf ein Problem an der Wurzel des Systems der Pflegeversicherung und –gesetzgebung. Nicht nur der VDK, auch andere Akteure in der Altenhilfe können Systemfehler klar benennen: So wird etwa die Behandlungspflege in stationären Pflegeeinrichtungen nicht aus der Krankenversicherung bezahlt. Während ambulant Pflegebedürftige neben den Leistungen der Pflegeversicherung auch Krankenversicherungsleistungen zur Pflege beziehen, müssen Heimbewohner allein aus dem Budget der Pflegeversicherung versorgt werden.

Hochaltrige Bewohner Herausforderung für Heime

Ein weiteres Problem für die Heimbetreiber entsteht dadurch, dass durch die verbesserten Möglichkeiten ärztlicher und ambulanter Versorgung immer mehr Menschen in immer höherem Lebensalter in ein Heim einziehen. Ihr Versorgungsbedarf insbesondere, wenn es auf das Lebensende zugeht, wächst deutlich an.

Bei der an sich begrüßenswerten Einführung eines Hospiz- und Palliativgesetzes wurden die Heime jedoch stiefmütterlich behandelt. Obwohl sie wachsende Aufgaben in der Begleitung Schwerkranker und Sterbender tragen, wurden ihnen für die gesundheitliche Versorgungsplanung am Lebensende nur Mittel im Umfang von rund 33 Millionen Euro bereitgestellt. Nach den Berechnungen von Caritas und Diakonie hätten für eine umfassende Hospiz- und Palliativversorgung jedoch 250 bis 500 Millionen Euro bereitgestellt werden müssen.

In einzelnen Bundesländern sind die Unterfinanzierungen der Personalkosten der stationären Einrichtungen aus dem inzwischen korrigierten „externen Vergleich“ noch nicht wieder aufgeholt. Tarifliche Vergütungen sind in der stationären Pflege inzwischen gesetzlich abgesichert, aber der Substanzverzehr der Vergangenheit ist eine schwere Hypothek. Und für die ambulante Pflege steht eine entsprechende Regelung weiterhin aus.

Auch die inzwischen von der Bevölkerung offenbar völlig ignorierten und wissenschaftlich fragwürdigen Qualitätsprüfungen mit ihren "Pflegenoten" belasten die Einrichtungen mit einem Aufwand, der von den täglichen Pflegeaufgaben abgezogen wird.

Strukturmängel Grund für möglichen Pflegenotstand

Aus diesen Strukturmängeln lassen sich zwar keine konkreten Verletzungen der Menschenwürde ableiten, aber häufig kompensieren die Pflegenden die Systemungerechtigkeit durch ihre eigene physische Überlastung. Die Träger der Einrichtungen sind gezwungen, je nach pflegerischem Behandlungsaufwand ihrer Bewohnerinnen und Bewohner an der Grenze der Wirtschaftlichkeit zu manövrieren. Dass die sich aus diesen fundamentalen Fehlern summierenden Belastungen des Pflegesystems in Einzelfällen eine menschenunwürdige Pflege erzeugen, lässt sich nicht ausschließen – aber eben auch kaum stichhaltig beweisen.

Es wäre deshalb ein Trugschluss, aus dem Ablehnungsbescheid des Bundesverfassungsgerichtes zu folgern, dass der Pflegenotstand nur ein Konstrukt der Beschwerdeführer sei. Er ist real, aber er muss jeweils konkret benannt und bearbeitet werden. In extremen Einzelfällen mag das ein Weg sein. Aber man kann die Korrektur struktureller Mängel nicht der Initiative durch Einzelklagen von Bewohnerinnen und Angehörigen überlassen. Hier ist politisches Handeln gefragt.

Deshalb wird es in der kommenden Legislaturperiode um grundlegende Fragen an das System der Pflegeversicherung gehen:

* Wird mit dem Grundsatz ambulant vor stationär das Pflegesystem adäquat gesteuert oder müssten die unterschiedlichen Versorgungsbedarfe und –orte nicht durch eine gerechtere Ressourcenverteilung gefördert werden?

* Wird die Trennung von stationären und ambulanten Versorgungsformen durch neue Wohn- und Pflegemodelle nicht ohnehin obsolet?

* Wie sinnvoll ist die Trennung von Pflege- und Krankenversicherung angesichts der vielfältigen Abgrenzungsprobleme?

* Wie kommen wir zu Personalausstattungen, die einer Diskussion um die menschenwürdige Behandlung von Heimbewohner ein Ende setzen?

* Wie wird die Qualität der Pflege in der Öffentlichkeit transparent dargestellt?

* Wie kann die Bereitschaft der Bevölkerung, in ein qualitätsvolles, personell gut ausgestattetes Pflegesystem zu investieren, gefördert werden – durch Steuern und Versicherungsbeiträge - aber auch durch beruflichen oder freiwilligen Einsatz?

Die Altenhilfe erlebt zur Zeit eine Reformwelle, welche die politisch Verantwortlichen, die Verbände, Träger und Mitarbeitenden massiv fordert. Aber sie muss sich fortsetzen. Denn vom Ziel der menschenwürdigen Versorgung aller Pflegebedürftigen im Alter dürfen wir nicht ablassen.

Hanno Heil ist Vorsitzender des Verbandes Katholischer Altenhilfe in Deutschland (VKAD).


Geburten

Hebammen verlassen den stressigen Job




Immer mehr Hebammen ziehen sich aus der Geburtshilfe zurück: Der Nachwuchs wird knapp.
epd-bild / Detlef Heese
Stressiger Job, geringer Verdienst, hohe Versicherungsbeiträge: Die Rahmenbedingungen für die Arbeit als Hebamme sind nicht die besten. Deshalb sind immer öfter Hebammen-Stellen an bayerischen Kliniken mit Geburtshilfeabteilungen nicht besetzt.

Im Krankenhaus von Schrobenhauen in Oberbayern wird nicht mehr geboren. Seit Anfang April ist die Geburtshilfe geschlossen. Der Grund, so Eduard Fuchshuber von der Bayerischen Krankenhausgesellschaft: "Es mangelt an Hebammen." Schrobenhausen ist kein Einzelfall, erklärt Fuchshuber anlässlich des Internationalen Hebammentags am 5. Mai: "Dass Hebammennachwuchs fehlt, ist in mehreren bayerischen Kliniken ein aktuelles Thema."

Immer mehr Hebammen ziehen sich nach den Beobachtungen der Krankenhausgesellschaft aus der Geburt zurück. So entgehen sie den Versicherungsprämien. "Leider entschließen sich gleichzeitig zu wenige Hebammen, die Stellenangebote unserer Kliniken anzunehmen", sagt Fuchshuber. Viele lehnten eine Festanstellung ab.

Dem Bayerischen Landesamt für Statistik zufolge waren 2014 (aktuellere Zahlen liegen nicht vor) 770 Beleghebammen sowie 707 fest angestellte Hebammen in bayerischen Klinken tätig. Insgesamt gab es 3.628 Hebammen und Entbindungspfleger. Auf 100.000 gebärfähige Frauen zwischen 15 und 44 Jahren kamen damit 157 Hebammen. Eigentlich eine gute Relation. 2003 gab es erst knapp 2.400 Hebammen. 94 kamen damals auf 100.000 gebärfähige Frauen.

Verteilung der Hebammen ist das Problem

Die absolute Anzahl der Hebammen ist laut Astrid Giesen, Vorsitzende des Bayerischen Hebammenverbands, denn auch nicht das Problem: "Zahlreiche Kolleginnen arbeiten jedoch nur sehr wenig." Die Frauen entscheiden sich der Regensburger Hebamme zufolge für einen 450-Euro-Job, weil sonst sofort hohe Beiträge zur Sozialversicherung anfallen würden. Diese Situation könnte nur dadurch geändert werden, dass die Beiträge zur Krankenkasse an den Verdienst angepasst würden: "Derzeit ist es so, dass man gleich mit einem hohen Betrag einsteigen muss."

Hebamme zu sein, bedeutet auch nicht unbedingt, sich in der Geburtshilfe zu engagieren. Manche Frauen übernehmen nur noch die Geburtsvorbereitung und die Nachsorge. "Teilweise betrifft dies auch Frauen, die lange in der Geburtshilfe tätig waren", sagt Giesen. Hinter diesem Rückzug stehen laut Giese massive Ängste.

Hebammen stehen bei Fehlern schnell am Pranger

Denn wenn etwas bei der Geburt schiefläuft, müsse irgendwer als Schuldiger an den Pranger gestellt werden: "Die Schuldfrage im deutschen Haftungsrecht tut überhaupt nicht gut. Es kommt dadurch zu Prozessen gegen einzelne Personen, die extrem belastend sind." Der Verband fordert stattdessen ein offenes Fehlermanagement in den Kliniken einzuführen. Und er tritt ein für einen Haftpflichtfonds, der für Schäden aufkommt, die über einer bestimmten Deckungssumme liegen. "Damit könnte die Preisspirale bei den Prämien gestoppt werden", heißt es auf der Homepage des Bundesverbandes.

Der Rückzug aus der Geburtshilfe macht es für Krankenhäuser so schwer, Hebammen zu gewinnen. Zwei bis drei Monate dauert es zum Beispiel für die Kliniken der Schwesternschaft München derzeit, eine ausgeschriebene Hebammen-Stelle zu besetzen. Der Alltag auf einer großen Geburtshilfestation sei "anstrengend", bestätigt Sprecherin Monisha Das. In den vergangenen Jahren wechselten deshalb einige Hebammen von den Kliniken der Schwesternschaft in kleinere Häuser mit weniger Geburten.

"Der feste Job in einer Geburtshilfeabteilung ist stressig", gibt auch Eduard Fuchshuber von der Bayerischen Krankenhausgesellschaft zu. Vor allem dann, wenn mehr als 300 Geburten jährlich anfallen. Dies wiederum ist durch die Zusammenlegung kleinerer Geburtshilfen immer häufiger der Fall.

Im ländlichen Raum ist Nachwuchs besonders rar

Dass es im vor allen Dingen ländlichen Raum zusehends weniger Geburtshilfeabteilungen und weniger niedergelassene Hebammen gibt, macht auch dem Landkreistag Sorgen. "Schwangere sollten bei normalem Schwangerschaftsverlauf die Geburt in überschaubarer Entfernung organisieren können", sagt Gesundheitsreferent Klaus Schulenburg. Dies gebiete der Grundsatz, dass die Lebensverhältnisse überall in Bayern gleichwertig sein sollen. Die Krankenhäuser versuchten, das Problem zu lösen, indem sie Belegabteilungen zu Hauptabteilungen umfunktionierten. Durch veränderte Schicht- und Bereitschaftsdienste soll Schulenburg zufolge zudem die Dienstbelastung für einzelne Hebammen minimiert werden.

"Die Arbeit von Hebammen ist viel wert. Hebammen leisten rund um die Uhr einen unschätzbaren Dienst an Mutter und Kind", betont Martina Klenk, Präsidentin des Deutschen Hebammenverbands. Aber das allein reiche nicht, die Nachwuchsprobleme zu lösen. Sie fordert von der Politik Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen: "Hebammen arbeiten derzeit häufig unter schwierigen Bedingungen bei geringer Vergütung".

Pat Christ


Geburtshilfe

Hebammen starten Umfrage zur Versorgungslage



Der baden-württembergische Hebammenverband hat eine Umfrage zur Versorgungssituation mit Hebammen im Land gestartet. Weil die Politik nicht auf die "wiederholte Forderung nach einer Ist-Analyse zur Hebammenversorgung" eingegangen sei, habe man das nun "selbst in die Hand genommen", sagte die erste Vorsitzende des Verbandes, Jutta Eichenauer, am 1. Mai. Die Online-Befragung über Fragebögen richte sich an Hebammen sowie an Frauen, die eine Hebammenbetreuung hatten, und an jene, keine Hebamme gefunden haben.

Immer häufiger meldeten sich Frauen beim Hebammenverband, die keine Hebamme finden, sagte Eichenauer. Und dies, obwohl sie einen rechtlichen Anspruch auf Hebammenhilfe vor, während und nach der Geburt hätten. Die über die Fragebögen erhobenen Daten könnten künftig Auskunft darüber geben, wo es sich bei einer nicht in Anspruch genommenen Hebammenhilfe um eine Notlage und wo um einen freiwilligen Verzicht gehandelt habe. Der Verband bitte deshalb alle Frauen und Hebammen, die Fragebögen auszufüllen.

Der Hebammenverband Baden-Württemberg vertritt nah eigenen Angaben die beruflichen Interessen von 2820 Hebammen und 148 werdenden Hebammen im Südwesten.



Spielsucht

Experten für mehr Verbraucherschutz im Glücksspiel



Die Fachstelle für Glücksspiel und Medienkonsum der Evangelischen Gesellschaft (eva) Stuttgart fordert mehr Verbraucherschutz im Glücksspielwesen. Die Stuttgarter Suchtspezialisten schließen sich mit ihrer Forderung dem "Düsseldorfer Kreis" an, der im März in Berlin einen Entwurf für ein entsprechendes Konzept veröffentlicht hat, teilte die eva am 29. April in Stuttgart mit.

Der "Düsseldorfer Kreis" fordert ein die Spielformen übergreifendes Verbraucherschutzkonzept. Er wolle Glücksspiel nicht verbieten, hieß es weiter. Ziel sei es, Minderjährige vom Glücksspiel abzuhalten und zu verhindern, dass Erwachsene spielsüchtig werden.

Zu den konkreten Maßnahmen, die der Kreis vorschlägt, gehören Sperrzonen für Glücksspiel im Umfeld von Schulen, leicht zugängliche Informationen über die Risiken und über Suchthilfe und eine ausgearbeitete Präventionsstruktur. Dazu sollen beispielsweise Spielhallenmitarbeiter darin geschult werden, problematisches Spielverhalten von Kunden zu erkennen und diese darauf anzusprechen.

Im "Düsseldorfer Kreis" haben sich Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Suchthilfe, Suchtprävention und -beratung sowie staatliche und private Glücksspielanbieter zusammengeschlossen, um den Verbraucherschutz zu stärken.



Kundgebung

Pflegekräfte demonstrieren für bessere Arbeitsbedingungen



Pflegekräfte aus ganz Bayern gehen wieder für bessere Arbeitsbedingungen auf die Straße. Eine Kundgebung aller großen Wohlfahrtsverbände findet am "Tag der Pflege" am 12. Mai in Nürnberg statt, teilte die Diakonie Bayern am 3. Mai mit. Die Pflege sei einer der schönsten Berufe überhaupt, erklärte Michael Groß, Geschäftsführer des Caritasverbandes Nürnberger Land den Aufruf, "wir sind aber nicht damit einverstanden, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch schlechte Rahmenbedingungen immer weiter in die Enge getrieben werden."

Unter dem Motto "Wir pflegen Bayern!" kritisieren die Beschäftigten in der Pflege zu wenig Zeit für pflegebedürftige Menschen und zu viel Dokumentationsaufwand. Trotz jahrelanger Beschwerden habe sich in diesen Bereichen nicht viel geändert. Geändert werden muss nach Auffassung der Wohlfahrtsverbände der Personalschlüssel sowohl in der stationären wie der ambulanten Pflege. Die Kassen hätten momentan Milliardenüberschüsse, stellte Groß fest.

Die Wohlfahrtsverbände erwarten von der Politik ein "gutes Gesamtangebot" stationärer und ambulanter Pflegeformen. "Für Vielfalt in der Pflege" lautet daher eine Parole der Demonstration. Die amtierende Sprecherin der Bezirksarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege, Sandra Schumann, betonte außerdem die Kompetenz der Pflegekräfte, auf die die pflegebedürftigen Menschen und ihre Angehörigen dringend angewiesen seien.



Studie

Ambulanten Diensten fehlen Tausende Pflegekräfte



Ambulanten Pflegediensten fehlt es einer neuen Studie zufolge massiv an Fachpersonal. Zwar wachse der Bereich der ambulanten Pflege in Deutschland kontinuierlich, doch werde dieser Trend durch den Personalmängel begrenzt, heißt es in dem am 29. April in Köln veröffentlichten "Pflegethermometer 2016" des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung. "Im ambulanten Sektor sind bereits erhebliche Lücken im Personalbereich erkennbar, die nicht mehr zu schließen sind", schreiben die Autoren. Je nach Modellrechnung fehlen demnach aktuell 21.200 bis 37.200 voll ausgebildete Pflegekräfte.

Für die Studie befragten die Wissenschaftler des Instituts 1.653 Leitungskräfte von ambulanten Diensten. Mehr als die Hälfte gab an, dass sie im vergangenen Jahr auf Anfragen möglicher neuer Kunden nicht reagieren konnten. Nur jeder zehnte Dienst gab an, 2015 mehr Bewerbungen erhalten zu haben, als er Stellen ausgeschrieben hatte.

Hinzu komme, dass nur rund ein Drittel der Beschäftigten bei den Pflegediensten Vollzeit arbeiten, erklären die Forscher weiter. Die Beschäftigten leiden der Studie zufolge unter einer hohen Arbeitsbelastung, die sich in einer Zunahme von Überstunden und Krankschreibungen niederschlägt.

Zudem beklagten die ambulanten Dienste eine Unterfinanzierung von einzelnen Leistungen. Zu den Leistungen, die nicht kostendeckend abgerechnet werden können, zählen demnach die Betreuung in Krisensituationen, die Sterbebegleitung, Beratungsbesuche und Anfahrtswege von über 25 Kilometern.



Behinderung

Verband verabschiedet Resolution gegen Teilhabegesetz



Der Verwaltungsrat des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV) hat in Berlin einstimmig eine Resolution gegen das von der Bundesregierung geplante Bundesteilhabegesetz verabschiedet. "Blinde, sehbehinderte und taubblinde Menschen dürfen nicht zu Verlierern des Gesetzes werden", betonte der Verband am 2. Mai. heißt es in dem Papier.

Die Resolution besteht aus zehn Themenbereichen, in denen der Verband massiven Nachbesserungsbedarf sieht: vom völligen Ausschluss sehbehinderter Menschen von der Eingliederungshilfe über Bildungseinschränkungen bis zu Benachteiligungen bei der Blindenhilfe.

Auslöser ist der Referentenentwurf des Bundesteilhabegesetzes, der jüngst veröffentlicht wurde. "Für die Menschen, die wir vertreten, ist das eine Liste der Grausamkeiten", stellte Präsidentin Renate Reymann fest. Nicht immer stecke unbedingt Absicht dahinter: "Ich glaube, dass beispielsweise die Versorgung blinder und sehbehinderter Studenten mit Hilfsmitteln schlicht und ergreifend vergessen wurde."

Was die große Linie des Gesetzentwurfes anbelangt, sieht es allerdings anders aus: "Die Bundesregierung setzt ihre Prioritäten in anderen Politikbereichen und behinderte Menschen fallen dabei hinten runter", rügt Reymann. Bereits in der Einführung zum Entwurf wird die Absicht bekundet, auf die Kostenbremse zu treten: "Das heißt mit anderen Worten doch klipp und klar: Im Behindertenbereich muss gespart werden, für mehr Gerechtigkeit und echte Teilhabe ist kein Geld da."

Der DBSV hat beschlossen, für eine Verbesserung des Teilhabegesetzes zu kämpfen: "Dieses Gesetzesvorhaben ist einmal mit dem Anspruch angetreten, die Situation behinderter Menschen spürbar zu verbessern."



Diakonie

Bischof Dröge würdigt 175 Jahre Diakonissenhaus in Teltow



Bischof Markus Dröge hat die Arbeit des Evangelischen Diakonissenhauses Berlin Teltow Lehnin zu dessen 175. Gründungsjubiläum als eine "Segensgeschichte für viele Menschen" gewürdigt. In einem Festgottesdienst in Teltow bei Berlin erinnerte Dröge am 1. Mai auch an die Anfänge der Diakonissenhäuser im 19. Jahrhundert und bezeichnete sie als "eine frühe Form, wie sich Frauen in der Gesellschaft und in der Kirche Gehör und Gestaltungskraft verschafft haben".

Frauen, die damals nicht glaubten, dass die Ehe die einzige Bestimmung des Mädchens ist, seien Diakonissen geworden, weil sie einen Beruf erlernen und gesellschaftliche Verantwortung übernehmen wollten. So hätten die Diakonissenhäuser nicht nur auf die sozialen Fragen der Zeit geantwortet, sondern auch die "Frauenfrage" in Gesellschaft und Kirche thematisiert, betonte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.

Die Gründung des Diakonissenhauses geht den Angaben zufolge auf eine Initiative von Maria Anna Amalie von Hessen-Homburg zurück, der Schwägerin von Friedrich Wilhelm III. von Preußen. So wurde zunächst 1841 das Magdalenenstift, ein Heim für "gefallene Mädchen", mit zwölf Betten in einem Mietshaus in Berlin eröffnet. Heute umfasst das Diakonissenhaus einen Unternehmensverbund mit den Schwerpunkten Gesundheit sowie Alten-, Jugend- und Behindertenhilfe und mehr als 2.300 Mitarbeitern.



Diakonie

Innere Mission warnt vor Chaos durch neue Asyl-Pläne



Organisations-Kollaps, zerstörte Helferstrukturen, mangelnde Schulbildung für junge Geflüchtete - die Innere Mission München (IM) fürchtet wegen neuer Regelungen auf Bundes- und Landesebene massive Probleme und Gefahren für das Asylverfahren in Bayern. Bedenklich seien etwa Pläne für das geplante zentrale Ankunftszentrum für Flüchtlinge in Bamberg sowie Elemente des neuen Bayerischen Integrationsgesetzes. "Die Probleme von Morgen werden hier heute gemacht", warnte IM-Vorstand Günter Bauer am 2. Mai in München.

"Man stellt sich anscheinend vor, es reicht, wenn Menschen den Ort wechseln", sagte Bauer mit Blick auf die neue zentrale Einrichtung in Bamberg. Außer Acht gelassen werde aber, dass auch "Infrastrukturen, bürgerschaftliches Engagement und Netzwerke" an anderen Erstaufnahmeeinrichtungen entstanden seien. Flüchtlinge würden nach den neuen Plänen "im Schnelldurchgang etikettiert und hin- und hergeschoben wie Stückgut". Zugleich drohten neue Engpässe: "Man stelle sich vor, es kommen in Bamberg 10.000 Menschen in einer Woche an. Was macht das mit einer Stadt?" Bauer forderte eine gezielte Landesentwicklungsplanung auch für Asyleinrichtungen.

Äußerst kritisch sehen die IM-Experten auch einen Passus im Entwurf des Integrationsgesetzes: Die Regelung löse die Schulpflicht für Kinder in Erstaufnahmeeinrichtungen auf, sagte Andrea Betz, Abteilungsleiterin Hilfen für Flüchtlinge, Migration und Integration. Es sei "unsäglich, dass Kindern Bildung verwehrt ist". Allein in München seien mehrere hundert minderjährige Geflüchtete betroffen. Ob angedachte "bildungsähnliche Angebote" das Problem auffangen können, sei völlig unklar.

Zugleich stelle man fest, dass vor allem die Regierung von Oberbayern die Trägerschaft für Flüchtlings-Unterkünfte zunehmend allein nach Kostenkriterien vergebe, berichtete Betz. Gewerbliche Dienstleiter erhielten zudem neben Sicherheits- und Hausmeisterdiensten auch Aufgaben für soziale Betreuung übertragen. Teils seien dabei statt Fachkräften nur mehr Studenten im Einsatz; auch die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen sei in derartigen Fällen erschwert. Aus anderen Regierungsbezirken Bayerns seien solche Tendenzen allerdings bislang nicht bekannt.



Kriminalität

Knapp fünf Jahre Haft für Erzieher wegen Missbrauch



Ein ehemaliger Erzieher ist wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes vom Landgericht Darmstadt zu vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Zugrunde liegen zwei Fälle schweren sexuellen Missbrauchs und drei Fälle von sexuellem Missbrauch, alle an demselben Kind, sowie der Besitz kinderpornografischen Materials, wie der Vorsitzende Richter Marc Euler am 3. Mai beim Urteilsspruch ausführte. Der 29-Jährige war Erzieher im evangelischen Kindergarten in Roßdorf bei Darmstadt gewesen und im August vergangenen Jahres nach der Offenbarung des Kindes inhaftiert worden.

Euler warf dem Angeklagten vor, im Wissen um seine pädophile Neigung "wie ein Wolf im Schafspelz" Kindergärtner geworden zu sein. Er habe in mehreren Stufen Normen überschritten. Zunächst habe er sich 7.900 kinderpornografische Dateien im illegalen Teil des Internets besorgt, obwohl er gewusst haben musste, dass die dargestellten Kinder zu diesen Bildern und Filmen gezwungen würden. Dann habe er Kindern im Schlafraum der Kita die Hose weggezogen und sie fotografiert. Schließlich habe er fünfmal in unterschiedlicher Weise mit Fingern an den Geschlechtsorganen und dem Po eines Mädchens manipuliert.

Besonders schwer wiegt nach den Worten des Richters, dass der Angeklagte die Schutzzone eines Kindergartens missachtet hat. "Ein Kindergarten ist kein Selbstbedienungsladen für Pädophilie", sagte Euler. "Pädagogen wissen das." Der Angeklagte habe bewusst die abgeschiedene Situation des Mittagsschlafs der Kinder für seine Taten abgewartet und ein schutzbefohlenes Kind missbraucht. Die Tat sei nur zufällig herausgekommen, als das Kind unbefangen zu Hause davon erzählte. Strafmildernd sei zu würdigen, dass der Angeklagte nicht vorbestraft sei und ein volles Geständnis abgelegt habe.

"Ich bereue es", sagt der Angeklagte in seinem Schlusswort. Er sei selbst fassungslos über seine Taten. "Ich will in Zukunft alles daran setzen, dass ich kein Kind mehr missbrauche." Er wolle in Freiheit fortziehen und einen beruflichen Neuanfang machen. Der Angeklagte bat die anwesende Mutter des Opfers um Verzeihung: "Ich würde nichts lieber tun, als die Tat rückgängig zu machen."

Oberstaatsanwalt Wolfgang Sattler hatte sechs Jahre und zehn Monate Haft gefordert. Die Verteidigung hatte auf höchstens zwei Jahre Haft auf Bewährung wegen eines minderschweren Falls von sexuellem Missbrauch plädiert. Verteidiger Jürgen Rath kündigte an, Revision vor dem Bundesgerichtshof einzulegen.



Behinderung

München auf Platz eins beim Thema Barrierefreiheit



München belegt vor Frankfurt am Main beim Thema Barrierefreiheit den ersten Platz unter den fünf einwohnerstärksten Metropolen Deutschlands. Das hat eine aktuelle Umfrage des Marktforschungsinstituts Innofact AG im Auftrag der Aktion Mensch ergeben. Wie die Hilfsorganisation am 3. Mai in Bonn weiter mitteilte, folgen auf den Plätzen drei bis fünf folgen Hamburg, Berlin und Köln.

Wie bereits 2012 wurden Bewohner der fünf Metropolen sowie aus ganz Deutschland aufgefordert, die Barrierefreiheit ihrer Stadt zu bewerten. Frankfurt liegt in der Gesamtbewertung über dem Bundesdurchschnitt und verteidigt damit auch den zweiten Platz aus 2012. So bestätigen den Angaben zufolge 50 Prozent der Befragten, dass öffentliche Anlagen, Gebäude und Freizeitanlagen in Frankfurt sehr gut auf die Belange von Menschen mit Behinderung eingerichtet sind. Bundesweit sind nur 42 Prozent der Befragten dieser Meinung, beim Spitzenreiter München sind es 54 Prozent.

Menschen mit Behinderungen scheinen heute auch besser in das gesellschaftliche Leben der Stadt am Main eingebunden zu sein als noch vor vier Jahren, bewertet die Aktion Mensch das Umfrageergebnis: 45 Prozent der Mitbürger meinen demnach, in Frankfurt habe sich diesbezüglich viel bewegt, in 2012 waren es 35 Prozent. Handlungsbedarf sehen 80 Prozent der Bewohner im öffentlichen Nahverkehr, in Zügen und Flugzeugen. Darauf folgt der Wunsch nach Verbesserungen beim privaten Wohnen, hinsichtlich der Nutzbarkeit der öffentlichen Infrastruktur und bei der Zugänglichkeit von Gebäuden und Plätzen.

Für die Studie wurden online 1.295 Menschen zwischen 18 und 65 Jahren in den betreffenden Städten sowie bundesweit weitere 1.000 Bundesbürger zwischen 18 und 65 Jahren befragt. Anlass der repräsentativen Umfrage ist der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am 5. Mai.




sozial-Recht

Oberlandesgericht

Therapie für psychisch Kranke in Sicherungsverwahrung Pflicht




Patienten der Forensischen Psychiatrie des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in Dortmund.
epd-bild / Friedrich Stark
Psychisch kranke Straftäter haben in der Sicherungsverwahrung Anspruch auf Therapie. Erhalten sie diese nicht, müssen sie auf Bewährung wieder entlassen werden.

Die Unterbringung in einer Vollzugsanstalt ist unverhältnismäßig und damit rechtswidrig, wenn die Anstalt keine angeordnete individuelle und intensive Betreuung anbietet, entschied das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) Hamburg in einem am 28. April bekanntgegebenen Beschluss. Nach der richterlichen Entscheidung haben die Strafvollstreckungsbehörden sechs Monate Zeit, eine Therapie zu organisieren.

Schwerer sexueller Missbrauch

Damit bekam ein psychisch kranker Straftäter recht, der 2004 wegen mehrfachen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und der "unerlaubten Verbrauchsüberlassung" von Drogen zu einer viereinhalbjährigen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt wurde. Das Gericht hatte entschieden, dass der Mann in der Sicherungsverwahrung eine kontinuierliche und tragfähige psychotherapeutische Behandlung erhalten sollte. So sollte die Gefährlichkeit des Untergebrachten gemindert werden.

Doch die Vollzugsanstalt bot keine Therapiemöglichkeiten an. Am 27. März 2015 hatte das OLG daher entschieden, dass der Mann außerhalb der Vollzugsanstalt in den Praxisräumen eines externen Therapeuten eine Therapie machen sollte. Um eine Flucht zu verhindern, sollte dann ein Beamter vor der Türe oder den Fenstern des Praxisraumes Wache schieben.

Doch die Strafvollstreckungsbehörden hatten es bis März 2016 nicht geschafft, diese Anordnungen umzusetzen. Daraufhin hatte das Landgericht die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zur Bewährung ausgesetzt.

Vollzugsanstalt blieb untätig

Diese Entscheidung bestätigte nun auch das OLG. Eine Sicherungsverwahrung sei nach dem Gesetz nur zulässig, wenn der Untergebrachte die Möglichkeit einer individuellen und intensiven - insbesondere einer psychotherapeutischen - Behandlung erhält. Kommen dem die Vollzugsanstalten nicht nach, müssen die Strafvollstreckungskammern eine sechsmonatige Frist setzen. Werde diese Frist nicht eingehalten, sei die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung unverhältnismäßig. Der Untergebrachte müsse nach dem Gesetz dann auf Bewährung entlassen werden.

Hier sei verbindlich festgelegt worden, dass dem Mann eine Therapiemöglichkeit außerhalb der Vollzugsanstalt in externen Therapieräumen angeboten werden muss. Die Justizbehörden hatten dabei nur die Möglichkeit, sich an die Frist zu halten oder eine gerichtliche Änderung der angeordneten Maßnahme zu erwirken. Die Vollzugsanstalt sei aber untätig geblieben.

Der Sexualstraftäter sei daher aus der Sicherungsverwahrung zu entlassen. Das OLG ordnete dabei an, dass der Mann eine "elektronische Fußfessel" tragen und eine Therapie durchführen muss. Auch der Kontakt zu Kindern und Jugendlichen wurde ihm untersagt.

Az.: 1 Ws 49/16

Frank Leth


Bundesverfassungsgericht

Persönliche Anhörung vor einer Betreuung ist Pflicht



Vor der Anordnung einer Betreuung muss das Gericht die Betroffenen persönlich anhören. Andernfalls werde nicht nur ihr Anspruch auf rechtliches Gehör, sondern auch ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am 4. Mai veröffentlichten Beschluss. Nur im absoluten Ausnahmefall, etwa bei Gefahr im Verzug, dürfe diese Anhörung zunächst unterbleiben, müsse dann aber nachgeholt werden.

Die Karlsruher Richter gaben einer psychisch kranken Hamburgerin recht, die im Dezember 2010 vom Amtsgericht unter vorläufige Betreuung gestellt wurde. Im Juni und August 2011 beantragte der gerichtlich bestellte Betreuer eine Verlängerung der Betreuung. Das Amtsgericht hatte dem jedes Mal zugestimmt, ohne die Frau jedoch vorher persönlich zu befragen.

Die zunächst noch in einer Klinik untergebrachte Frau legte bereits gegen die erste Verlängerung ihrer Betreuung Beschwerde ein. Sie habe sich mittlerweile selbst ein "Gesundheitsnetz" aufgebaut und sei mit der Betreuung nicht einverstanden, argumentierte sie.

Erst als ein Gutachten vom Oktober 2011 der Frau bescheinigte, dass trotz psychischer Krankheit kein Grund für die Verlängerung der Betreuung erkannt werden könne, wurde diese wieder aufgehoben. Gerichtlich wollte die Frau nun festgestellt wissen, dass das Vorgehen von Amts- und Landgericht rechtswidrig war.

Das bestätigte nun das Bundesverfassungsgericht. Die Anordnung einer Betreuung beeinträchtigt das Recht, sich in eigenverantwortlicher Gestaltung des eigenen Schicksals frei entfalten zu können. Dieses Recht dürfe nur dann eingeschränkt werden, wenn die Voraussetzungen für die Einrichtung oder Verlängerung einer Betreuung auch genau aufgeklärt wurden.

Az: 1 BvR 184/13



Bundesgerichtshof

Beweislastumkehr bei fehlender Einwilligung in Operation



Willigt ein Patient nicht wirksam in eine Operation ein, gilt für Klinik und Arzt bei aufgetretenen Gesundheitsschäden eine Beweislastumkehr. Dann müssen sie beweisen, dass der Patient ohne den rechtswidrig ausgeführten Eingriff unter denselben Gesundheitsbeschwerden leiden würde, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am 26. April veröffentlichten Urteil. Gelingt dieser Beweis nicht, kann dies einen Schadenersatz- und Schmerzensgeldanspruch begründen.

Konkret ging es um ein 2001 geborenes Mädchen, bei dem ein gutartiger Tumor festgestellt wurde. Das Geschwulst konnte nur teilweise entfernt werden. Es verblieb eine Lähmung auf der rechten Seite. Als sich nach dem Eingriff in dem verbliebenen Tumor noch eine Zyste bildete, rieten die behandelnden Ärzte, die dabei entstandene Flüssigkeit abzuleiten.

Die Eltern willigten in diesen Eingriff auch ein. Doch der Operateur versuchte stattdessen eine vollständige Entfernung des Tumors. Das Kind war danach fast ganz gelähmt, blind und konnte nie sprechen. Es starb im Alter von zwölf Jahren.

Noch vor ihrem Tod hatten die Eltern für ihre Tochter Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von 200.000 Euro verlangt. Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz sprach ihnen aber nur 50.000 Euro Schadenersatz zu. Die Eltern hätten nicht nachgewiesen, dass wegen der Operation der Krankheitsverlauf besonders schwer sich entwickelt habe.

Der BGH hob dieses Urteil auf. Die fehlende wirksame Einwilligung in die Operation führe zu einer Beweislastumkehr. Es sei damit nicht Sache der Eltern gewesen, zu beweisen, dass die Behandlung der Zyste zu ähnlich schweren Folgen geführt hätte wie die Entfernung des Tumors. Das OLG müsse daher die Höhe von Schadenersatz und Schmerzensgeld neu festsetzen.

Az.: VI ZR 467/14



Landessozialgericht

Hartz-IV-Aufstocker muss keinen Kindesunterhalt zahlen



Hartz-IV-Bezieher müssen von ihrem Arbeitslosengeld II keine Kindesunterhaltszahlungen leisten. Auch zusätzliche Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit sind bis zum gesetzlichen Erwerbstätigen-Freibetrag geschützt, entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in einem am 26. April bekanntgegebenen Urteil. Das Jugendamt kann dann keine Unterhaltszahlungen verlangen.

Im konkreten Fall forderte das Jugendamt der Stadt Hannover von einem 37-jährigen Hartz-IV-Aufstocker Unterhaltszahlungen für seine zwölfjährige Tochter. Neben seinen Einkünften aus seiner Erwerbstätigkeit in Höhe von monatlich 700 Euro erhielt er ergänzendes Arbeitslosengeld II.

Als Erwerbstätigen stand dem Mann jedoch ein Freibetrag zu. Nach den gesetzlichen Bestimmungen können dabei Hartz-IV-Aufstocker neben dem ihnen gewährten Existenzminimum und der Übernahme der Unterkunftskosten insgesamt 100 Euro von ihren Erwerbseinkünften behalten. Für den Teil der monatlichen Einkünfte, der über die 100-Euro-Grenze liegt, wird ein Freibetrag von 20 Prozent und für jenen Teil der über 1.000 Euro liegt, ein Freibetrag von zehn Prozent gewährt.

Hier hatte das Jugendamt nun vom Jobcent verlangt, dass 50 Euro des gewährten Freibetrages für Unterhaltszahlungen zu leisten seien. Der Freibetrag sei höher als das übliche Arbeitslosengeld II und gehöre damit nicht zum geschützten Existenzminimum.

Das LSG stellte in seinem Urteil vom 21. Januar 2016 jedoch klar, dass das Jugendamt von dem Arbeitslosengeld-II-Empfänger keine Unterhaltszahlungen fordern kann. Dies gelte sowohl für das Arbeitslosengeld II als auch für den gewährten Freibetrag. Denn Ziel des Erwerbstätigenfreibetrages sei es, die Arbeitstätigkeit durch eine Vergünstigung zu fördern und damit die öffentlichen Kassen durch Erzielung eigenen Einkommens zu entlasten.

Az.: L 6 AS 1200/13



Bundesfinanzhof

Arbeitslosmeldung für Kindergeldanspruch ausreichend



Eine "Arbeitslosmeldung" bei der Arbeitsagentur reicht für Kinder unter 21 Jahren für einen Kindergeldanspruch aus. Die Kinder müssen nicht zusätzlich erklären, dass sie auch "arbeitssuchend" sind, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am 27. April veröffentlichten Urteil. Die Familienkasse dürfe deshalb nicht, wie im verhandelten Fall geschehen, das Kindergeld verweigern.

Nach dem Gesetz besteht für Kinder bis zum 21. Geburtstag ein Kindergeldanspruch, wenn sie nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen und bei der Arbeitsagentur als arbeitssuchend gemeldet sind. Darüber hinaus besteht ein Anspruch während des Ausbildungsverhältnisses bis zum 25. Lebensjahr.

Im konkreten Fall hatte die 19-jährige Tochter der Klägerin sich 2010 nach ihrem Ausbildungsende für zwei Monate arbeitslos gemeldet, um dann einen neuen Job zu beginnen. Damit ihre Mutter für sie weiter Kindergeld bekommen konnte, sollte sie einen Vordruck der Arbeitsagentur ausfüllen. Darauf stand: "Ich suche einen ... Arbeitsplatz ... Ausbildungsplatz ... nur Beratung, keine Stellensuche". Doch statt eine der Optionen anzukreuzen, gab die Tochter lediglich den Zeitraum ihrer Arbeitslosigkeit bekannt.

Die Familienkasse strich daraufhin das Kindergeld. Die Tochter habe nur auf ihre Arbeitslosigkeit hingewiesen - nicht aber, dass sie "arbeitssuchend" sei. Dies sei aber Voraussetzung für eine Kindergeldzahlung.

Der BFH sprach der Mutter jedoch Kindergeld zu. Eine einfache Arbeitslosmeldung reiche für den Anspruch aus. Der Nachweis, dass tatsächlich eine Arbeit gesucht werde, sei für den Kindergeldanspruch nicht erforderlich.

Az.: V R 22/15



Bundesverwaltungsgericht

Einbürgerung durch Geburt erleichtert



In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern können nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts leichter Anspruch auf Einbürgerung haben als bislang angenommen. Danach kann auch ein zunächst befristeter Aufenthalt eines Elternteils zu dem für eine Einbürgerung erforderlichen Daueraufenthalt von acht Jahren mitzählen, urteilten die Leipziger Richter am 26. April.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen kann ein Kind ausländischer Eltern eingebürgert werden, wenn ein Elternteil mindestens acht Jahre "rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt" in Deutschland hat und außerdem am Tag der Geburt ein unbefristetes Aufenthaltsrecht hat.

Im konkreten Fall sprach nun das Bundesverwaltungsgericht einer 2013 in Deutschland geborenen Tochter israelischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit zu. Der Vater war zu Studienzwecken 1999 nach Deutschland gekommen. Fünf Jahre später heiratete er eine Deutsche und erhielt ein "Aufenthaltsrecht aus familiären Gründen". Nach der Scheidung 2006 studierte er Medizin und erhielt eine "Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung". 2011 folgte ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht.

Für die 2013 geborene Tochter beantragte der Vater die Einbürgerung. Die Ausländerbehörde der Stadt Erlangen lehnte dies ab. Der Vater sei zunächst nur zum Studieren in Deutschland gewesen und habe erst ab 2010 hier seinen "gewöhnlichen Aufenthalt". Damit sei die Acht-Jahres-Frist nicht erfüllt.

Das Bundesverwaltungsgericht folgte dem nicht. Ein rechtmäßiger Aufenthalt könne sich auch aus einer Aufenthaltserlaubnis für eine Berufsausbildung ergeben. Denn nach dem Aufenthaltsgesetz aus 2005 könne ein Ausbildungs-Aufenthalt in einen Daueraufenthalt münden. Trotz wechselnder Aufenthaltszwecke liege daher im vorliegenden Fall ein "gewöhnlicher Aufenthalt" von mehr als acht Jahren vor.

Az.: 1 C 9.15



Sozialgericht

Sozialpädagogin ist abhängig Beschäftigte



Pädagogische Mitarbeiter einer Frühförderstelle für behinderte Kinder sind einem Urteil das Sozialgerichts Dortmund zufolge keine selbstständigen Honorarkräfte, sondern unterliegen als Beschäftigte der Sozialversicherungspflicht. Mit dem Urteil vom 2. Mai wies das Gericht die Klage der Einrichtung gegen eine Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung des Bundes (DRV) ab.

Im vorliegenden Fall habe eine Pädagogin aus Unna ihre Tätigkeit nach Maßgabe der inhaltlichen Konzeption und organisatorischen Vorgaben der Einrichtung ausgeübt, stellte das Sozialgericht in seinem Urteil klar und sprach von einem maßgeblichen Indiz für eine abhängige Beschäftigung.

Die Mitarbeiterin, der wesentliche Arbeitsmittel und Räumlichkeiten gestellt worden seien, sei eng in die Arbeitsorganisation der Frühförderstelle eingebunden gewesen. Der Abschluss eines Vertrages über eine freie Mitarbeit rechtfertige es nicht, die Mitarbeiterin dem Schutz des Sozialversicherungsrechts zu entziehen, erklärte das Sozialgericht. Es komme nicht auf die Vertragsgestaltung, sondern auf die tatsächlichen Umstände der Tätigkeit an.

Az: S 34 R 2052/12



Bundesverwaltungsgericht

Deutschland bei Fristversäumnis für Asyl zuständig



Wenn Deutschland einen über ein anderes EU-Land eingereisten Flüchtling nicht fristgerecht dorthin zurückschickt, wird es selbst für den Asylantrag zuständig. Dies gilt zumindest dann, wenn der andere Staat nach Ablauf der im EU-Recht festgelegten Fristen den Flüchtling nicht mehr zurücknehmen will, urteilte am 27. April das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Damit kann ein iranischer Flüchtling in Deutschland sein Asylverfahren beantragen. Der Asylbewerber war 2015 ins Bundesgebiet eingereist. Ein Datenabgleich ergab, dass er bereits in Ungarn einen Asylantrag gestellt hatte. Damit wäre Ungarn für das Verfahren zuständig.

Ungarn wollte den Iraner wieder aufnehmen. Doch Deutschland schickte den Flüchtling nicht innerhalb der dafür vorgeschriebenen sechsmonatigen Frist zurück. Der Iraner meinte, dass nun Deutschland für sein Asylverfahren zuständig sei.

Dies bestätigte das Bundesverwaltungsgericht. Dies sei zumindest dann der Fall, wenn das Einreiseland sich nach Ablauf der Frist weigert, den Flüchtling wieder aufzunehmen.

Ob dies auch gilt, wenn sich das Einreiseland trotz Fristablaufs weiter aufnahmebereit zeigt, soll in anderen Fällen demnächst der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entscheiden.

Az.: 1 C 24.15 (Bundesverwaltungsgericht)

Az.: C-63/15 und C-155/15 (EuGH)




sozial-Köpfe

Sven Halldorn als bpa-Geschäftsführer im Amt




Sven Halldorn
epd-bild/ bpa
Sven Halldorn (50) hat am 2. Mai sein Amt als neuer Geschäftsführer des bpa Arbeitgeberverbandes angetreten. Er ist promovierter Volkswirt und war zuletzt als Politikberater tätig.

"Wir freuen uns, mit Sven Halldorn einen gut vernetzten, politisch erfahrenen und hoch kompetenten Geschäftsführer für unseren Verband gefunden zu haben", teilte bpa- Arbeitgeberpräsident Rainer Brüderle am 2. Mai in Berlin mit. Er komme in einen stetig wachsenden Verband, der nach nicht einmal einem Jahr seiner Gründung bereits über 1.700 Mitgliedseinrichtungen vertrete.

Halldorn war Referent im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium, Büroleiter im Deutschen Bundestag, Fraktionsreferent und Geschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Später bekleidete er das Amt des Bundesgeschäftsführers des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft und war Abteilungsleiter im Bundesministerium für Wirtschaft.



Weitere Personalien



Manuela Schwesig (41), Bundesfamilienministerin (SPD), ist zurück aus der Babypause. "Bin wieder an Bord", meldete die Ministerin am 2. Mai über den Kurznachrichtendienst Twitter. Dazu veröffentlichte sie ein Bild von sich am Schreibtisch in Berlin. Schwesig hatte am 8. März ihr zweites Kind Julia zur Welt gebracht. Nach dem Mutterschutz nehme nun ihr Mann Elternzeit, verriet sie.

Peter Dabrock, evangelischer Theologe, ist zum neuen Vorsitzenden des Deutschen Ethikrats gewählt worden. Stellvertreter wurden die Neurowissenschaftlerin Katrin Amunts, der Psychologe und Gerontologe Andreas Kruse sowie die Medizinethikerin Claudia Wiesemann. Dabrock lehrt systematische Theologie mit dem Schwerpunkt Ethik an der Universität Erlangen. Er gehört dem Ethikrat bereits seit 2012 an und war bisher stellvertretender Vorsitzender. Dabrock ist von der CDU/CSU-Fraktion für den Ethikrat vorgeschlagen worden. Dabrock arbeitet in der Evangelischen Kirche in Deutschland in der Kammer für öffentliche Verantwortung mit. Der Hochschullehrer ist auch Vorstandsmitglied der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer.

Thomas Middelhoff, der zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilte frühere Bertelsmann- und Arcandor-Manager, hat am 2. Mai bei den von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel seinen Dienst als Hilfskraft angetreten. Middelhoff arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen in Bielefeld-Eckardtsheim. Er war 2014 wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Den Angaben nach hatte Middelhoff selbst wegen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung angefragt. Voraussichtlich für eineinhalb Jahre soll er in der diakonischen Einrichtung arbeiten. Zu seinen Aufgaben gehören Hilfsarbeiten, Materialtransport, Hauswirtschaft und Botendienste, wie die von Bodelschwingschen Stiftungen mitteilten.

Annemarie Dose, die Gründerin der "Hamburger Tafel", ist im Alter von 87 Jahren in Hamburg gestorben. 18 Jahre lang war sie 1. Vorsitzende und gab die Leitung erst Ende 2012 mit 84 Jahren an Achim Müller ab. 2009 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Mit ihrem Charme, ihrer Herzlichkeit und ihrer Hartnäckigkeit habe sie die "Hamburger Tafel" aufgebaut und geprägt, sagte Geschäftsführer Ralf Taubenheim. "Sie hat sich um die Stadt und ihre Bedürftigen verdient gemacht." Derzeit sammeln 120 Ehrenamtliche mit zehn Kühlfahrzeugen wöchentlich rund 35 Tonnen Lebensmittel ein und verteilen sie.

Rudolf Henke, Mitglied des Deutschen Bundestages, Vorsitzender des Marburger Bundes und Präsident der Ärztekammer Nordrhein, ist für seine Verdienste um das öffentliche Gesundheitswesen mit der Johann-Peter-Frank-Medaille ausgezeichnet worden. Der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes verlieh den Ehrenpreis am 28. April in Reutlingen. Die Leiterin des Kölner Gesundheitsamtes, Anne Bunte, bezeichnete den Preisträger als engagierten Vertreter der ärztlichen Selbstverwaltung. Für ihn heiße Subsidiarität, da zu helfen, wo Hilfe fehle. "Und so setzt sich Rudlof Henke seit Jahren für Menschen ein, die aufgrund von Krankheit oder sozialer Situation Unterstützungsbedarf haben oder diskriminiert werden." Sein persönlicher Einsatz gelte vor allem Menschen mit HIV/ AIDS und in der Obdachlosigkeit.

Stefan Merz aus Kammerstein im Landkreis Roth und Matthias Dreher aus Augsburg sind neue stellvertretende Landespfarrer der Johanniter-Unfallhilfe in Bayern. Sie wurden jetzt in ihre Ämter eingeführt. Ihre Arbeit sollen Merz in Franken und der Oberpfalz und Dreher im Süden Bayerns koordinieren. In ganz Bayern sind rund 20 Pfarrer und Diakone als Standortgeistliche tätig. Sie begleiten etwa Kriseninterventionsteams und sind Ansprechpersonen bei Problemen und nach belastenden Einsätzen. Merz organisiert seit 2013 für das Dekanat Schwabach die Notfallseelsorge und ist Regionalpfarrer der Johanniter in Mittelfranken und für die Ausbildung der Kriseninterventions-Einsatzkräfte zuständig. Matthias Dreher war bisher Regionalverbandspfarrer in Schwaben.

Petra-Maria Schumm-Draeger ist neue Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin. Die Professorin und Endokrinologin mit Schwerpunkt Diabetologie vom Klinikum München-Bogenhausen löste Professor Gerd Hasenfuß aus Göttingen ab, der nun das Amt des 1. Stellvertretenden Vorsitzenden übernimmt. Schumm-Draeger leitet die Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Angiologie des Klinikums Bogenhausen in München. Seit 2002 im Klinikum Bogenhausen, leitet sie dort die Arbeitsgruppe "Grundlagen und Klinische Forschung" zur experimentellen und klinischen Endokrinologie, Diabetologie sowie Angiologie.

Birgit Diezel (58) bleibt Vorsitzende der Thüringer Lebenshilfe. Die CDU-Politikerin und ehemalige Präsidentin des Thüringer Landtages wurde in Jena im Amt bestätigt. In den Landesvorstand wurden außerdem Vertreter aus den verschiedenen Mitgliedsorganisationen der Lebenshilfe Thüringen gewählt: Heike Schreer, Claudia Geiken, Wolfgang Nowak und Hartmut Kalthoff. Ebenso zogen in den Vorstand ein: Christine Domey, Jürgen Born, Werner Leukefeld und Dirk Wessely.




sozial-Termine



Die wichtigsten Fachveranstaltungen bis Juni

Mai

11.-13.5. Leipzig:

Deutscher Stiftungstag 2016 "Älter - bunter - anders: Demografischer Wandel und Stiftungen"

des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen

Tel.: 030/89794777

12.5. Köln:

Seminar "Compliance in sozialtätigen Unternehmen"

der Unternehmensberatung Solidaris

Tel.: 02203/8997221

www.solidaris.de

12.5. Stuttgart:

Seminar "Informationen zum Umgang mit Klienten mit finanziellen

Problemen und Überschuldung"

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 07961/959881

www.akademiesued.org

17.5. Münster:

Seminar "Flexibilisierung der Beschäftigungsverhältnisse"

der BPG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Tel.: 0251/48204-12

www.bpg-muenster.de/seminarangebote-bpg-unternehmensgruppe

17.5. Dresden:

Seminar "Unternehmenskooperation - rechtliche Möglichkeiten,

Grenzen und Risiken"

des Paritätischen Bildungswerks Sachsen

www.parisax.de

17.-20.5. Hamburg:

Suchttherapietage "Diagnose - Hilfe oder Etikett?"

des Zentrums für Interdisziplinierte Suchtforschung

Tel.: 040/741054203

www.suchttherapietage.de

23.-25.5. Würzburg:

Seminar "Menschen auf der Flucht - eine Jahrhundertherausforderung"

der Akademie Frankenwarte

Tel.: 0931/804 64 340

www.frankenwarte.de

31.5. Köln:

Seminar "Integrierte Finanzplanung und Berichtswesen in Krankenhäusern"

der Solidaris Unternehmensgruppe

Tel.: 02203/8997221

www.solidaris.de

Juni

1.6. Leipzig

Tagung "Alternative Finanzierungsformen in der Sozialwirtschaft"

der Deutschen Gesellschaft für Management und Controlling in der Sozialwirtschaft

in Kooperation mit den Sozialforen Leipzig

Tel.: 02642/932-409

www.dgcs.de

2.-3.6. Paderborn:

Seminar "Sterben Menschen mit Demenz anders? Begleitung und Bedürfnisse am Lebensende"

der IN VIA Akademie

Tel.: 05251/290838

www.invia-akadmie.de

6.-8.6. Hannover:

Seminar "Sand im Getriebe? Als betriebswirtschaftlich

Verantwortliche(r) wirksam handeln"

der Fortbildungs-Akademie des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/200-1700

www.fak-caritas.de

9.6. Münster:

Seminar ‘"Erfolg durch optimale Personalsteuerung in der Altenhilfe‘"

der BPG Unternehmensberatungsgesellschaft

Tel.: 0251/48204-12

www.bpg-muenster.de/seminarangebote-bpg-unternehmensgruppe

13.-15.6. Bonn:

Seminar "Interventionen in der Paar- und Familienberatung - humorvoll, lösungsorientiert, provokant"

des Sozialdienstes katholischer Frauen

Tel.: 0231/5570260

14.6. Frankfurt a.M.:

Fachtag "Vom Kind aus denken?! Inklusives SGB VIII"

des Evangelischen Erziehungsverbandes mit Kooperationspartnern

Tel.: 0511/390881

www.erev.de

15.-17.6. Brüssel:

Seminar "Die EU und die Caritas: Was die EU für die Caritasarbeit in Deutschland bedeutet"

der Fortbildungs-Akademie des Deutschen Caritasverbandes

Tel.: 0761/200-1700

www.fak-caritas.de

21.6. Stuttgart:

Seminar "Datenschutz - ein Managementthema für soziale Einrichtungen"

der Paritätischen Akademie Süd

Tel.: 07961/959881

22.6. Köln:

Workshop "Kostenträgerrechnung in der Somatik: Theorie und Praxis"

der Solidaris Unternehmensgruppe

Tel.:02203/8997-221

www.solidaris.de

22.6. Berlin:

3. CKiD-Jahrestagung "Für die Ewigkeit? Christliche Krankenhäuser zwischen Transformation und Beharrlichkeit"

der Christlichen Krankenhäuser in Deutschland

Tel.: 030/8019860

www.christliche-krankenhaeuser.de

28.6. Frankfurt a.M.:

Fachtag "Datenschutz in der Erziehungshilfe"

des Bundesverbandes katholischer Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfe

Tel.: 0761/200-756

www.bvke.de